Beiträge von Tai im Thema „Koan“

    Monday:

    Das Diamantsutra sagt ganz klar - Form ist Leere und Leere ist Form.


    Meinst du das Herzsutra?
    Sicher kann man auch das Diamantsutra in diesem Sinne auslegen - da würde mich dann interessieren, aus welchen Textstellen du das so ableitest (echtes Interesse, da ich die Auslegung des Diamant-Sutras stets spannend finde).

    Bakram:


    "... es existieren x Wirklichkeiten nebeneinander.


    Woher weißt du das? Gibst du der Vorstellung Raum, dass es neben deiner eigenen noch andere Wirklichkeiten gäbe, dann kann dies doch gar nicht anders, als Ausdruck deiner eigenen, unmittelbar genau jetzt gegebenen Wirklichkeit/So-heit sein. Diese ist schließlich die einzige für dich erfahrbare und genau du bist dasjenige, das sie erfährt. Die Wirklichkeit der anderen, von der du weißt oder die du dir vorstellst, ist daher aus der einzigen, für dich erfahrbaren Perspektive - nämlich deiner eigenen - letztlich immer zugleich deine eigene Wirklichkeit/So-heit.


    Die Koanfrage kann dir dabei helfen, dich in deiner Zen-Praxis auf dieses genau jetzt Gegebene zu fokussieren ohne zugleich damit in Form von begrifflichem Denken zu spielen. "Was ist dies?", aber auch "Mu" sind als Fragen authentischer Ausdruck dieser Erfahrung. Begriffe wie "nonsense" oder "sense" sind nach meiner Erfahrung weniger gut geeignet, zu beschreiben, worum es in der Koanpraxis geht. Und "Interpretierbedürftigkeit" spielt in Bezug auf Koanpraxis vor allem insofern eine Rolle, als man sagen kann, dass du, wenn du anfängst, zu interpretieren, die eigentliche Koanfrage bereits verloren hast.


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    Tai

    Ellviral:
    Tai:

    Das wäre dann der Ton von Hand und Wange.

    30 Stockschläge für dein immer noch suchen.


    Wenn schon, dann hätte ich die 30 verdient, weil ich nicht ganz und gar durchdrungen bin vom Geist des Suchens. Diesen zu erwecken, Tag und Nacht, von Augenblick zu Augenblick, ist, worum es bei der Koanarbeit geht. Koan = Frage. Koanpraxis heißt nichts anderes, als sich dem großen, alles durchdringenden Zweifel zu stellen.


    (Wenn du dir die Fälle einmal genauer anschaust, wirst du feststellen, dass immer diejenigen die Schläge bekommen, die glauben, gefunden zu haben indem sie sich an irgendeinen Unsinn klammern.)


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    Tai

    snoopy2001:

    Der Ton einer Hand?


    Hat schon jemand mal ne Ohrfeige bekommen?


    Das wäre dann der Ton von Hand und Wange.

    Monday:


    Was ist das? - ist schon korrekt und letztlich die Grundstruktur des Koan, sei es Mu oder Klatschen der einen Hand.


    Sehe ich ebenso. Dies heißt aber nicht, dass deswegen in jedem Koan zwangsläufig nach "was ist ...?" gefragt werden müsste oder sollte. In der Praxis mit "Mu" - da du es anführst - wird meines Wissens aus guten Gründen i.a.R. auch nicht gefragt "Was ist Mu?", sondern einfach "Mu", "Mu?" oder "Warum Mu?" als Ableitung von der Frage: "Warum antwortet Joshu auf die Frage nach der Buddhanatur eines Hundes mit Mu?".


    Monday:


    Wenn man weiß, wie das Klatschen der einen Hand gezeigt wird, dann ist die Frage "was ist das" auch klar.


    Ja. Das wäre dann die Antwort zur Aufforderung: "Zeige mir das Klatschen der einen Hand!" Eine wunderbare Einleitung in die Praxis des "Was ist das?". Das Schöne an "Hörst du das Klatschen der einen Hand?" und "Mu" ist ja, das sie, so wie sie sind (also ohne erst auf das "Was ist das?" zurückgeführt werden zu müssten) und ebenso wie "Was ist das?" als lebenslange Hauptkoan verwendet werden können. Dass für einen Schüler, der Tag und Nacht mit Mu als Hauptkoan Zen praktiziert, "Mu" und "Was ist das?" oder "Hörst du das Klatschen der einen Hand?" ab einem gewissen Punkt eins sein mögen, steht auf einem anderen Blatt.


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    Tai

    Stero:

    Es sollte wohl richtigerweise einfach lauten "Wie klingt das Klatschen einer Hand?"


    Wenn du die Frage so stellst, musst du aber auch damit rechnen, dass die Befragten allerhand Vergleiche bemühen im Sinne von "es klingt wie dieses oder jenes." Eine klarere Auslegung scheint mir daher die Frage "Hörst du das Klatschen der einen Hand?" zu sein. Mitunter findet man auch die Lesart: "Lausche auf das Klatschen der einen Hand!"


    Die im Wikipedia-Artikel über Hakuin zu findende (und daher leider auch im Internet kursierende) Version "Was ist das Klatschen der einen Hand?" halte ich für ungeeignet - sie ist in dieser Form auch kein Koan.


    Ich wünschte, jemand der sich im Gegensatz zu mir dabei nicht nur auf eigene Koanpraxis, sondern auch auf profunde Japanischkenntnisse/Originalquellenbezug stützen könnte, würde das mal korrigieren.


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    Tai

    Hallo Stero,


    ich würde deine Frage so beantworten:


    1. Ein Koan ist in erster Linie eine Frage. Diese wird entweder direkt gestellt oder durch einen im Sachverhalt enthaltenen Widerspruch impliziert. Die Herausgeber der großen Koansammlungen haben solche aus dem Sachverhalt hervorgehende Fragen häufig in ihren Kommentaren aufgeworfen. Arbeitest du unter der Anleitung eines Zen-Meisters mit einem Koan (was sehr zu empfehlen ist) wird er oder sie dir die entsprechende Frage(n) stellen.


    2. Wird deinem Intellekt eine Frage/ein Widerspruch zum Fraße vorgeworfen, macht er sich automatisch daran, sie zu lösen. Die Koanfrage ist aber immer so beschaffen, dass sie intelektuell nicht gelöst werden kann (Meister Wumen Huikai vergleicht im Kommentar zum ersten Fall des Mumonkans das Koan mit einer heißen Eisenkugel, die du verschluckt hast und trotz Erbrechen nicht ausspucken kannst). Intellektuell gewonnene Antworten, die du deinem Zen-Meister vorlegst, würden dann entsprechend zurückgewiesen. Das Koan ist allerdings auch keineswegs ein Paradox, sondern eine klare, unmissverständliche Aussage, die nichts verbirgt und nichts zurückhält.


    3. Der Fragende wird letztlich auf dasjenige zurückgeworfen, das fragt und dabei gleichzeitig eins mit allen Erscheinungen ist. Besonders die als 'Hauptkoan' verwendeten Fälle haben einen solchen ganzheitlichen Fokus, während die sogenannten Nebenkoan i.d.R. sehr präzise einen ganz bestimmten Aspekt der Verblendung eines Schülers oder Meisters zum Ausdruck bringen. Da es letztlich aber unsinnig ist, zwischen einem Koan, das du dir stellst und der Person, die sich die Frage stellt, zu unterscheiden, sind somit auch die sogenannten Hauptkoan und Nebenkoan Ausdruck derselben unmittelbar gegebenen Wirklichkeit.


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    Tai