Beiträge von Sudhana im Thema „Selbstmord im Buddhismus“

    accinca:
    Ellviral:

    Die Hinterbliebenen sind die, die die Reste seines Lebens, sein hinterlassenes seiner Handlungen (Karma) aufarbeiten müssen.
    Einer der sich aus Feigheit dem Feind entzogen hat, Feigheit vor dem Feind und sein Feind war das Leben das er so nicht wollte,
    einfach weg, und seine Hinterlassenschaft bleibt der Arbeit der Lebenden überlassen, die die nicht flüchten.


    Könnte eine Parole in einer Militärdiktatur sein.


    Schlimmer noch :D. Das ist echter Samurai-Geist. No One Here Gets Out Alive. Das mal akzeptiert, bleibt nur noch die Frage zu beantworten, was für eine Art Mensch man ist. Ob man in seinen Stiefeln stirbt oder auf den Knien.


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    Hallo Fred,
    ich bin kein Experte auf dem Gebiet, aber ich bezweifle, dass es eine genau definierbare Grenze zwischen "Wahnsinn" und "Normalität" gibt. Krank sind wir irgendwie fast alle, wobei es kaum Geheilte gibt, sonst nur mehr oder weniger schwere Fälle. Es leuchtet allerdings auch ein, dass der schwerere Fall stärker leidet.


    Ich möchte noch einmal einen Punkt hervorheben, der vielleicht etwas untergegangen war: buddhistische Ethik ist Situationsethik. Die Entscheidung, die wir handelnd treffen, ist immer auch eine ethische Entscheidung - optimalerweise eine spontan getroffene, mit der wir hinterher auch zurecht kommen. Abstrakte Ideale - wenn man denn nicht glauben mag, dass uns ein hilfreicher Gott eine Liste davon als Orientierungshilfe mit auf den Weg gegeben hat - sind da wenig hilfreich. Weil es sinnvoller ist, sein Handeln auf die konkrete, sich uns präsentierende Situation zu richten als auf abstrakte Ideale - Hirngespinste. Eher das handeln lassen, was Schopenhauer als Quelle des Mitgefühls - und damit Quelle jeder Ethik - identifiziert hat.


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    keks:

    Das hat so auszusehen, dass man sich an Vereinbarungen haelt und nicht im Nachhinein eigene Regeln aufstellt und damit daNn Menschen vor den Kopf stoesst ;)


    Das würde ich als Minimalanforderung einschätzen.

    keks:

    Solltest du ein Selbst finden dann sag Bescheid damit ich es auch endlich mal sehen kann :) Man muss das nicht verkomplizieren.


    Sicher nicht. Wenn das Selbst aber nur Resultat von Fehlwahrnehmung* bzw. der Auswertung von Fehlwahrnehmungen ist, besteht kein Grund, ein solches Selbst anderen solchen Selbsten vorzuziehen. Das geht dann über die Minimalanforderung schon etwas hinaus.


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    * man kann hier statt "Fehlwahrnehmung" problemlos "Wahrnehmung in einem leidhaften Modus" setzen

    Morpho:

    Wie s ausschaut, lässt DL die Frage der Kompetenz für Sterbehilfe und Selbstmord völlig offen, anders als Nils.


    Ja. Das nennt sich situative Ethik. Das gab's bei den Buddhisten schon seit 2 Jahrtausenden, bevor die Existentialisten hier auf den Trichter kamen.


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    accinca:
    Sudhana:

    Wo hast Du denn den Quatsch mit dem "vergiftet" her? ()


    Diese Interpretation wird dadurch genährt, das der Buddha zu dieser Gelegenheit verkündet hat, das kein Anderer von dieser Mahlzeit essen solle, denn er kenne keinen in der Welt, der wenn er davon Essen würde, keinen Schaden erlitte, außer ihm, und er möchte, das später niemand über den Spender etwas schlechtes sagt. Da sich diese mysteriöse Gegebenheit aber auch noch kurz vor seinem tatsächlichen Tode ereignete, konnte man das natürlich denken. Ob das allerdings auch wahr und das Essen einen Einfluß darauf hatte wissen wir nicht.-


    Mir scheint, wir haben da ein Missverständnis. Vergiftet - so, wie es Nils formuliert hat - hieße, dass jemand dem Essen (sei es nun ein Pilzgericht oder Schweinefleisch gewesen) ein Gift hinzugefügt, mithin das Essen vergiftet hat. Dafür gibt der überlieferte Bericht nicht den geringsten Anhaltspunkt, das ist blanke Spekulation / Fantasie.


    Du scheinst mir hingegen hier von der "Interpretation" Selbstmord zu sprechen. Worauf diese Interpretation beruht, ist mir schon klar - ich habe das Mahaparanibbana Sutta auch gelesen. Der Text legt in der Tat nahe, dass Buddha die gesundheitsschädliche Wirkung der dargebotenen Speise frühzeitig erkannte. Trotzdem wies er die Speise nicht zurück. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung einer Essensspende dem Bhikku (was Buddha selbst einschließt) nicht erlaubt ist. Vorausgesetzt, sie wird als Dana und nicht in (erkannter) böser Absicht (z.B. als vergiftete Speise) gegeben.


    Dieses Nicht-Zurückweisen lässt sich nur dann als Selbstmord interpretieren, wenn man Buddha eine Selbstmordabsicht unterstellt - d.h. den Willen, sich zu töten. Dies wäre gleichzeitig die Unterstellung eines parajika-Verstoßes, denn anders als bei Channa, Godhika und Vakkali liegt hier kein akzeptabler Grund (unerträgliche Schmerzen oder wiederholter Rückfall aus dem Zustand der Befreiung) vor. Zumindest lässt sich ein solcher Grund nicht dem überlieferten Bericht entnehmen - auch für eine solche Interpretation muss man zusätzlich auf Fantasie und Spekulation zurückgreifen. Die altersbedingten Rückenschmerzen Buddhas sind sicherlich nicht mit den Schmerzen Channas gleichzusetzen. Hinzu kommt, dass es mit Sicherheit weniger unangenehme (schmerzhafte) Arten der Selbsttötung gibt als eine Lebensmittelvergiftung. Dagegen sind Rückenschmerzen pillepalle. Vielleicht wichtigster Punkt: man würde Buddha überdies eine bewusste Lüge unterstellen, denn laut Text sagte er ja deutlich, er könne den Verzehr dieser Essensspende überleben. Noch kurz vor seinem Tod erklärte er, er hätte seinen Tod abwenden können, wenn er durch Bitten dazu bestimmt worden wäre, dies zu wollen. Möglicherweise war die entscheidende Ursache des Todes eben nicht die unzuträgliche Essensspende sondern entweder die ausgebliebene Bitte, weiterzuleben oder es trat zur Lebensmittelvergiftung eine weitere Erkrankung bzw. die Überanstrengung durch die fortgesetzte Reise als Komplikation hinzu. Das würde jedenfalls zu dem Schluss führen, dass sich Buddha bei seiner Aussage, er sei in der Lage, die Lebensmittelvergiftung zu verkraften, nur dem Anschein nach irrte. Beides (die ausgebliebene Bitte bzw. eine hinzugetretene Komplikation) sind Interpretationen, die der Text bei näherer Analyse zulässt, was für die Interpretation einer Selbstmordabsicht mE nicht zutrifft.


    Der entscheidende Punkt ist hier tatsächlich das Wollen. Es war hier schlicht kein Wille vorhanden. Keiner, sich zu vergiften um daran zu sterben und keiner, die Vergiftung zu überleben. Lediglich der Wille, Andere davor zu bewahren, ebenfalls von dem gespendeten Gericht zu essen. Buddha ließ der Sache einfach ohne Widerstand ihren natürlichen Lauf; er nutzte sein (wie der Text andeutet, übernatürliches) Wissen über die Schädlichkeit der Essensspende nicht, um aktiv sein Leben zu verlängern - nur dazu, Schaden von Anderen abzuwenden. Es gab für ihn nichts mehr zu tun, was einen Willen zum Weiterleben erfordert hätte. Er war den Weg zur Befreiung bis zum Ende gegangen und er hinterließ seinen Mitmenschen den von ihm gelehrten Dharma und die von ihm gegründete und geformte Praxisgemeinschaft des Sangha. Es gab für ihn aber auch keinen Grund, den Eingang in das Parinibbana zu wollen. Dann wäre er nicht wunschlos gewesen - was sein Erwachen in Zweifel zöge. Zumindest nennt der überlieferte Bericht keinen Grund und gibt auch keine Anhaltspunkte für einen solchen.


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    Nils:

    Es ist doch egal, ob er bewusst vergiftetet Fleisch oder vergiftete Pilze aß.


    Wo hast Du denn den Quatsch mit dem "vergiftet" her?
    http://www.palikanon.com/digha/d16_4.htm#16.4.3

    Nils:

    So etwas nennt man auf deutsch Selbsttötung.


    So etwas nennt man anzunehmen, was kommt und loszulassen, was geht. Es ist dem Bhikku nicht erlaubt, Dana abzulehnen. Und das Essen, das Cundo Buddha und seinen Begleitern spendete, war Dana und kein Mordanschlag.

    Nils:

    Wenn man an den Palikanon glaubt, wird jedenfalls deutlich, dass Buddha in bestimmten Fällen die Selbsttötung akzeptiert hat.


    Ja, bei einem schwerkranken Arhat und bei zwei Mönchen, die an der Schwelle zur Arhatschaft standen und diese während des Sterbeprozesses überschritten. Insgesamt 3 Fälle in 45 Jahren. Hingegen über 60 Fälle von Suizid, die Buddha ausdrücklich nicht akzeptiert hat. Und das sind nur die Fälle, in denen Migalandika Sterbehilfe leistete. "Nicht angemessen", "nicht förderlich", "nicht passend", "unwürdig", "nicht erlaubt", "es sollte nicht getan werden."

    Nils:

    man kann mit seiner Lehre durchaus den Weg der Sterbehilfeorganisationen unterstützen.


    Können Sterbehilfeorganisationen beurteilen, wer ein Arhat ist oder an der Schwelle zur Arhatschaft steht? Wohl kaum. "Wer da, Sāriputto, den einen Körper ablegt und einen anderen Körper annimmt, der, sag' ich, ist tadelhaft." Können Sterbehilfeorganisationen darüber urteilen?


    Wenn Du unbedingt Sterbehilfeorganisationen unterstützen willst, dann tu Dir keinen Zwang an. Aber lass Buddha da raus, auf den kannst Du Dich nicht berufen.
    "Wenn ein Bhikku absichtlich ein menschliches Wesen tötet oder jemanden sucht, es zu töten [...] oder jemanden verleitet, zu sterben, ist auch er aus der Sangha ausgeschlossen". Ersetze mal spasseshalber "ein Bhikku" durch "eine Sterbehilfeorganisation". Auch, wenn man die nicht aus der Sangha ausschließen kann - glaubst Du allen Ernstes, Buddha hätte bei denen das gut geheißen, was er den Mönchen ausdrücklich untersagte?

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    Mirco:

    Auch entlastet er die Tat nicht. Er stellt heraus, daß der Täter tadellos ist.
    Das gilt nicht in Bezug auf die Tat, sondern in Bezug darauf, daß er nicht wieder geboren wird.


    Ich lese das ein wenig - aber nicht grundsätzlich - anders. Er tadelt die Tat nicht - anders, als den Selbstmord der Mönche in Bhikkuvibhanga Parajika 3. Er lobt die Tat allerdings auch nicht.


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    accinca:

    Es gibt sogar manche, welche die Berichte um den Tod des Buddha selber als eine Selbsttötung deuten.


    Halte ich für eine Fehlinterpretation. Man kann zwar argumentieren, dass Buddha seinen Tod nicht verhindert hat (angeblich, weil ihn niemand darum gebeten hat). Dafür, dass er ihn aktiv herbeigeführt und/oder sogar gewollt hat, sehe ich keine nachvollziehbaren Belege. Und ich denke, ohne aktives und willentliches Herbeiführen kann man wohl kaum von einer Selbsttötung sprechen. Nicht nach der allgemein üblichen Definition jedenfalls.


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    Morpho:

    und die einzige sutra zur thematik


    Definitiv nicht. Neben Channa (S.XXXV.87 / M. 144) wären auf jeden Fall noch Godhika (S.IV.23) und Vakkali (S.XXII.87) zu nennen.

    Morpho:

    wie kommt klein wiki dann auf eine "differenzierte, schwankende betrachtung " ?
    ich will s gar nicht wissen.


    Gut so. Wikipedia ist nun wirklich keine zuverlässige Quelle, aus der man etwas über den Dharma lernen kann. In Fragen buddhistischer Ethik ist der Vinaya eine deutlich zuverlässigere Quelle, da ist die Betrachtung durchaus nicht "schwankend". Im Bhikkuvibhanga, Parajika 3 wird im ersten Bericht der Fall einiger Bhikkus von Vesali erörtert, die asubha-bhavana geübt hatten und aus Weltekel Selbstmord begangen bzw. einander getötet hatten oder den betrügerischen Einsiedler Migalandika veranlasst hatten, sie gegen Überlassung ihrer Gewänder und Schalen zu töten. Buddha legte zunächst (auf Bitte Anandas) ausführlich die Methode der Achtsamkeit auf den Atem (offensichtlich als weniger 'gefährliche' Methode) dar, woraus man schließen kann, dass er damit implizit die Methode asubha-bhavana als für Viele zu gefährlich verwarf. Anschließend entschied er:

    Zitat

    "Ihr Bhikkus, es ist nicht angemessen für diese Bhikkus, es ist nicht förderlich, es ist nicht passend, es ist eines Einsiedlers unwürdig, es ist nicht erlaubt, es sollte nicht getan werden. Wie konnten diese Bhikkus ihr eigenes Leben nehmen ... und sagen ... "diese Schale und Robe sollen dir gehören"? Es wird kein Vertrauen in denen erwecken, die keines haben ... und, ihr Bhikkus, diese Übungsregel sollte so rezitiert werden: Wenn ein Bhikku absichtlich ein menschliches Wesen tötet oder jemanden veranlasst, es zu töten, ist auch er aus der Sangha ausgeschlossen."


    Dies wird im Vinaya als vorläufige Regelung angeführt. Offensichtlich fällt der Selbstmord - ob nun selbst ausgeführt oder durch einen anderen auf eigene Veranlassung ausgeführt - unter die Übungsregel des Nicht-Tötens (panatipata veramani).


    Die Unsinnigkeit des Verhaltens dieser Bhikkus demonstriert Kashyapa (wenn auch aus ganz anderem Anlass) mit einem etwas makaberen Gleichnis, wobei ich mich beim zitieren auf das Fazit beschränke:

    Zitat

    Es treiben da ... Asketen und Priester, die tugendhaft sind, edle Vorsätze haben, das Unreife nicht hervor, warten vielmehr die Reife ab, als Weise. Es brauchen ... Asketen und Priester, die tugendhaft sind, edle Vorsätze haben, das Leben. Je mehr und mehr ... Asketen und Priester, die tugendhaft sind, edle Vorsätze haben, eine geraume, lange Zeit hindurch bestehen, desto mehr und mehr machen sie sich hochverdient: denn sie wandeln vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Mitleid zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.
    DN 23, Pāyāsirājañña Sutta


    Der zweite Bericht zu Parajika 3 behandelt den Fall von sechs Bhikkus, die einen kranken Laienanhänger veranlasst hatten, Selbstmord zu begehen. Übrigens vorwiegend duch Begierde nach dessen schöner Frau motiviert, die dann das Verhalten dieser heiligen Brüder öffentlich und zum Skandal machte. Das führte dann zur endgültigen Regelung:

    Zitat

    "Wenn ein Bhikku absichtlich ein menschliches Wesen tötet oder jemanden sucht, es zu töten oder den Tod preist oder jemanden verleitet zu sterben, indem er sagt: >>Guter Mann, was nützt dir dieses erbärmliche, mühsame Leben. Der Tod ist besser für dich als das Leben<< - wenn [er], so denkend und dies beabsichtigend, den Tod auf verschiedene Weise preist oder jemanden verleitet, zu sterben, ist auch er aus der Sangha ausgeschlossen."


    Bei den oben angeführten Channa, Godhika und Vakkali werden Ausnahmen betrachtet. Das hat nichts mit "schwankender Betrachtung" zu tun, sondern mit dem Vermeiden einer starren, rigoristischen Dogmatik. Mittlerer Weg. So, wenn zum einen ein nachvollziehbarer Grund für die Selbsttötung vorliegt und zum anderen das Heilsziel der Befreiung erlangt wurde (Channa). Der Fall Vakkalis liegt insofern anders, als auch er zwar an einer ernsten, unheilbaren Krankheit litt, aber Arhatschaft noch nicht erlangt hatte. Buddha hatte sich jedoch in diesem Fall in einem Gespräch mit ihm überzeugt, dass er die Voraussetzungen dafür erlangt hatte, während des Sterbeprozesses in die Befreiung einzutreten. Godhika wiederum hatte bereits (sechs mal) Befreiung erreicht, fiel jedoch jedes Mal wieder zurück. Daher suchte er, den Zustand der Befreiung durch Selbsttötung in diesem Zustand zu 'fixieren' und so einen nochmaligen Rückfall zu verhindern. Aus der Existenz solcher ziemlich exakt definierter 'Ausnahmen' eine "schwankende Betrachtung" konstruieren zu wollen, ist natürlich Schwachsinn. Das gilt auch für den Versuch, Selbstmord mit der Aussicht auf Sukhavati zu rechtfertigen. Nur weil man Nembutsu übt, hat man noch lange keine Befreiung erlangt und man erlangt sie auch nicht durch einen Selbstmord. Nils: wärest du ein Bhikku gewesen, dann wärest du jetzt keiner mehr. Zu Fall gekommen und durch Bruch der 3. Pratimoksha-Regel selbst aus der Sangha ausgeschlossen. Saubere Leistung.


    Ergänzend sei hinzugefügt, dass der Vinaya deutlich zwischen vollendetem und versuchtem Selbstmord unterscheidet, letzteres ist kein parajika dhamma (Niederlage), kein "Ausschluss durch Begehen", sondern dukkata (schlecht Getanes), das ein Bekenntnis vor einem tadelsfreien Bhikku erfordert - modern könnte man sagen: eine Gesprächstherapie


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    Zunächst einmal - Selbstmord ist keine schlechte Angewohnheit und es wird auch nicht zu einer. Das ist Quatsch und genauso abgedreht, wie es sich anhört, auch wenn Lama Ole das sagt.


    Selbstmord ist zweifellos eine Möglichkeit, die persönliche Leiderfahrung zu beenden, indem man die Person - das, was persönliches Leid erfährt - vernichtet. Das ist Resignation, Aufgeben - und das hat Anspruch auf Mitgefühl und Verständnis. Aber das ist natürlich nicht der Ausweg aus dem Problem des Leidens, den Buddha gelehrt hat, es ist vielmehr der Sieg des Leidens.


    Grundsätzlich bewertet buddhistische Ethik Handeln vorrangig unter dem Gesichtspunkt des Nicht-Verletzens (ahimsa). Dieser Grundsatz des Nicht-Verletzens gilt universell; also nicht nur für den Umgang mit Anderen sondern auch für den mit sich selbst. Das sollte und kann man natürlich nicht einfach schematisch umsetzen. Was ist z.B., wenn ein Verletzen notwendig ist, um schwerer wiegendes Verletzen zu vermeiden? Etwa die Amputation eines Unterschenkels bei einem sog. Diabetikerfuß. Einfache, allgemeingültige Regeln gibt es da nicht. Man muss also Abwägen und dabei sollte man sich nicht der Täuschung hingeben, man könne für Andere gültige Abwägungen treffen.


    Buddha hat unter bestimmten Voraussetzungen Selbstmord als "nicht tadelnswert" bezeichnet - speziell, wenn Befreiung (wie bei dem schon genannten Arhat Channa) bereits erfahren war, diese Freiheit von den uns gesetzten Bedingungen, die wir erleiden, jedoch aufgrund der besonderen Natur eben dieser Bedingungen (zum Beispiel einer extrem schmerzhaften Erkrankung) nur sehr schwer zu 'verteidigen' (d.h. aufrecht zu erhalten) ist. Es gibt also in Buddhas Lehre keine grundsätzliche Ablehnung des Selbstmordes aus moralischen oder ethischen Gründen. Es gibt jedoch das Gegenargument, dass die Tatsache der Existenz als Mensch die optimale Voraussetzung dafür bietet, den Weg zur Befreiung von Leid kennenzulernen und bis zum Ende zu gehen. Diese außergewöhnliche Gelegenheit ist es wert, dafür ein erhebliches Maß an persönlicher Leiderfahrung in Kauf zu nehmen. Eine Grenze zu ziehen, bei deren Überschreiten die Chance der Befreiung den Schmerz nicht mehr aufwiegt, kann stets nur Sache des Einzelnen sein. Die ethische Diskussion um Sterbehilfe dreht sich ja dann folgerichtig auch um ein anderes Problem. Nämlich, ob bzw. wie weit es erlaubt sein soll, Menschen, die diese sich selbst gesetzte Grenze überschritten zu haben glauben, aus Mitgefühl oder Profitinteresse bei der Selbsttötung behilflich zu sein.


    In dem von Dir geschilderten Fall stellt sich mir allerdings die Frage, ob der Hintergrund eine depressive Erkrankung ist. Depression ist - unbehandelt oder falsch behandelt - eine potentiell tödliche Erkrankung. Ich denke, eine Selbsttötung als Symptom einer (depressiven) Erkrankung ist eine andere Sache als eine Selbsttötung zur Beendigung der persönlichen Erfahrung nicht mehr erträglicher Schmerzen.


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    P.S.: "drei-Leben-Theorie" ist eine spezielle Auslegung der Doktrin bedingten Entstehens (pratityasamutpada). Ganz andere Baustelle - mache deswegen besser einen eigenen Thread auf.