Morpho:
und die einzige sutra zur thematik
Definitiv nicht. Neben Channa (S.XXXV.87 / M. 144) wären auf jeden Fall noch Godhika (S.IV.23) und Vakkali (S.XXII.87) zu nennen.
Morpho:
wie kommt klein wiki dann auf eine "differenzierte, schwankende betrachtung " ?
ich will s gar nicht wissen.
Gut so. Wikipedia ist nun wirklich keine zuverlässige Quelle, aus der man etwas über den Dharma lernen kann. In Fragen buddhistischer Ethik ist der Vinaya eine deutlich zuverlässigere Quelle, da ist die Betrachtung durchaus nicht "schwankend". Im Bhikkuvibhanga, Parajika 3 wird im ersten Bericht der Fall einiger Bhikkus von Vesali erörtert, die asubha-bhavana geübt hatten und aus Weltekel Selbstmord begangen bzw. einander getötet hatten oder den betrügerischen Einsiedler Migalandika veranlasst hatten, sie gegen Überlassung ihrer Gewänder und Schalen zu töten. Buddha legte zunächst (auf Bitte Anandas) ausführlich die Methode der Achtsamkeit auf den Atem (offensichtlich als weniger 'gefährliche' Methode) dar, woraus man schließen kann, dass er damit implizit die Methode asubha-bhavana als für Viele zu gefährlich verwarf. Anschließend entschied er:
Zitat
"Ihr Bhikkus, es ist nicht angemessen für diese Bhikkus, es ist nicht förderlich, es ist nicht passend, es ist eines Einsiedlers unwürdig, es ist nicht erlaubt, es sollte nicht getan werden. Wie konnten diese Bhikkus ihr eigenes Leben nehmen ... und sagen ... "diese Schale und Robe sollen dir gehören"? Es wird kein Vertrauen in denen erwecken, die keines haben ... und, ihr Bhikkus, diese Übungsregel sollte so rezitiert werden: Wenn ein Bhikku absichtlich ein menschliches Wesen tötet oder jemanden veranlasst, es zu töten, ist auch er aus der Sangha ausgeschlossen."
Dies wird im Vinaya als vorläufige Regelung angeführt. Offensichtlich fällt der Selbstmord - ob nun selbst ausgeführt oder durch einen anderen auf eigene Veranlassung ausgeführt - unter die Übungsregel des Nicht-Tötens (panatipata veramani).
Die Unsinnigkeit des Verhaltens dieser Bhikkus demonstriert Kashyapa (wenn auch aus ganz anderem Anlass) mit einem etwas makaberen Gleichnis, wobei ich mich beim zitieren auf das Fazit beschränke:
Zitat
Es treiben da ... Asketen und Priester, die tugendhaft sind, edle Vorsätze haben, das Unreife nicht hervor, warten vielmehr die Reife ab, als Weise. Es brauchen ... Asketen und Priester, die tugendhaft sind, edle Vorsätze haben, das Leben. Je mehr und mehr ... Asketen und Priester, die tugendhaft sind, edle Vorsätze haben, eine geraume, lange Zeit hindurch bestehen, desto mehr und mehr machen sie sich hochverdient: denn sie wandeln vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Mitleid zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.
DN 23, Pāyāsirājañña Sutta
Der zweite Bericht zu Parajika 3 behandelt den Fall von sechs Bhikkus, die einen kranken Laienanhänger veranlasst hatten, Selbstmord zu begehen. Übrigens vorwiegend duch Begierde nach dessen schöner Frau motiviert, die dann das Verhalten dieser heiligen Brüder öffentlich und zum Skandal machte. Das führte dann zur endgültigen Regelung:
Zitat
"Wenn ein Bhikku absichtlich ein menschliches Wesen tötet oder jemanden sucht, es zu töten oder den Tod preist oder jemanden verleitet zu sterben, indem er sagt: >>Guter Mann, was nützt dir dieses erbärmliche, mühsame Leben. Der Tod ist besser für dich als das Leben<< - wenn [er], so denkend und dies beabsichtigend, den Tod auf verschiedene Weise preist oder jemanden verleitet, zu sterben, ist auch er aus der Sangha ausgeschlossen."
Bei den oben angeführten Channa, Godhika und Vakkali werden Ausnahmen betrachtet. Das hat nichts mit "schwankender Betrachtung" zu tun, sondern mit dem Vermeiden einer starren, rigoristischen Dogmatik. Mittlerer Weg. So, wenn zum einen ein nachvollziehbarer Grund für die Selbsttötung vorliegt und zum anderen das Heilsziel der Befreiung erlangt wurde (Channa). Der Fall Vakkalis liegt insofern anders, als auch er zwar an einer ernsten, unheilbaren Krankheit litt, aber Arhatschaft noch nicht erlangt hatte. Buddha hatte sich jedoch in diesem Fall in einem Gespräch mit ihm überzeugt, dass er die Voraussetzungen dafür erlangt hatte, während des Sterbeprozesses in die Befreiung einzutreten. Godhika wiederum hatte bereits (sechs mal) Befreiung erreicht, fiel jedoch jedes Mal wieder zurück. Daher suchte er, den Zustand der Befreiung durch Selbsttötung in diesem Zustand zu 'fixieren' und so einen nochmaligen Rückfall zu verhindern. Aus der Existenz solcher ziemlich exakt definierter 'Ausnahmen' eine "schwankende Betrachtung" konstruieren zu wollen, ist natürlich Schwachsinn. Das gilt auch für den Versuch, Selbstmord mit der Aussicht auf Sukhavati zu rechtfertigen. Nur weil man Nembutsu übt, hat man noch lange keine Befreiung erlangt und man erlangt sie auch nicht durch einen Selbstmord. Nils: wärest du ein Bhikku gewesen, dann wärest du jetzt keiner mehr. Zu Fall gekommen und durch Bruch der 3. Pratimoksha-Regel selbst aus der Sangha ausgeschlossen. Saubere Leistung.
Ergänzend sei hinzugefügt, dass der Vinaya deutlich zwischen vollendetem und versuchtem Selbstmord unterscheidet, letzteres ist kein parajika dhamma (Niederlage), kein "Ausschluss durch Begehen", sondern dukkata (schlecht Getanes), das ein Bekenntnis vor einem tadelsfreien Bhikku erfordert - modern könnte man sagen: eine Gesprächstherapie
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