fotost:
Sudhana:
Gehört zu den "in dieser Erklärung verkündeten Rechte(n) und Freiheiten" auch das Recht, sich in eine religiöse Gemeinschaft ordinieren zu lassen? Zum Beispiel zur katholischen Priesterin?
Ich halte das für eine absolut berechtigte Frage. Wenn es als Höhepunkt einer Religionsausübung betrachtet wird sich mit Pomp und Weihrauchgeschwenke vollkommen einer Religion und ihrer Verbreitung zu verschreiben, muß diese Frage gestellt werden!
Wer sich vollkommen einer Religion verschreibt - um Deinen Ausdruck benutzen - wird wohl auch nicht darum herumkommen, sich deren Vorgaben, die Eignung zu bestimmten Funktionen in der Religionsgemeinschaft betreffend, zu eigen zu machen. Organisierte Religion ist kein Wunschkonzert - und katholische Theologinnen, die sich grämen, dass sie nicht geweiht werden dürfen, haben sich mE leider die falsche Religion (oder doch zumindest die falsche Kirche) ausgesucht.
fotost:
(In Deutschland besonders auch ganz brutal unter dem Aspekt Arbeitsrecht!!)
Arbeitsrecht ist wieder eine andere Kiste. Wobei ich mit Sicherheit der Letzte wäre, die Privilegien und insbesondere das maßgeschneiderte Sonder-Arbeitsrecht der religiösen Körperschaften des öffentlichen Rechts in Deutschland gut zu heißen. Aber eine Priesterweihe ist ebenso wenig ein Arbeitsvertrag wie eine Vinaya-Ordination.
fotost:
Sudhana:
Ist der Vinaya ein "Gesetz" im Sinne dieser Erklärung?
Nein. Die Zivil- und Strafgesetze Thailands, Sri Lankas, Vietnams etc. ganz bestimmt.
Und was hat Zivil- und Strafrecht mit dem Vinaya zu tun? Sorry, da vermag ich nicht so recht zu folgen.
fotost:
Auch die von Italien Beim Vatikanstaat bin ich jetzt unsicher, ob der die allgemeine Erklärung der Menschenrechte jemals ratifiziert hat.
Hat er nicht. Auch nicht die Europäische Menschenrechtskonvention. Verständlich, weil man als Staat der katholischen Kirche sich natürlich nicht dem Prinzip weltanschaulicher Neutralität, also der strikten Trennung von Staat und Kirche, unterwerfen will. Als nächstes werden dann womöglich noch gleiche, freie und geheime Wahlen verlangt - und ein Heide (oder gar eine Heidin) zum Staatsoberhaupt gewählt ...
fotost:
Sudhana:
Gehört zur Religionsfreiheit - gerade im Sinn der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte - nicht gerade ganz wesentlich das Recht religiöser Gemeinschaften, ihre religiösen Angelegenheiten selbst zu regeln? Z.B. wer zu bestimmten Funktionen in der Gemeinschaft zugelassen wird und wer nicht? Ohne staatliche Eingriffe, ohne gesetzliche Vorschriften seitens des Staates?
Nein. Wir reden hier über Menschenrechte. Nicht über die Rechte von Organisationen, Multinationals, Staaten oder ähnlichem.
Wir reden hier über die Rechte von Menschen, die sich in einer religiösen Gemeinschaft zusammengeschlossen haben. Das wichtigste dieser Rechte ist, die Regeln dieser Gemeinschaft selbst zu definieren und nicht vom Staat diktiert zu bekommen - was in der Geschichte oft genug vorgekommen ist, selten mit heilsamem Effekt. Das ist Religionsfreiheit. Ihre Grenzen findet sie lediglich da, wo die Rechte Anderer berührt werden. Zu diesen Rechten gehört es nicht, in irgendeiner religiösen Gemeinschaft Anspruch auf ein Pöstchen zu haben. Wenn einem die Regeln (oder auch nur einzelne davon) einer religiösen Gemeinschaft nicht passen, dann muss man sich - sorry - halt eine andere suchen oder selbst eine aufmachen. Das - dies zu dürfen und zu können - ist wiederum ebenfalls Religionsfreiheit.
fotost:
Der Theravada-Sangha ist kein Land. Die Mitglieder der Sangha und ihre Tempel haben allerdings eine Postleitzahl und befinden sich in einem Land, deren Jurisdiktion sie unterstehen.
Ja, in den jeweiligen Ländern handelt es sich um juristische Personen - d.h. aus der Sicht des Staates um Rechtssubjekte. Die, wenn der Staat die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet hat, das staatlich garantierte Recht haben, ihre religiösen Angelegenheiten nach eigenem Gutdünken zu regeln, so lange man damit nicht in die Rechte Dritter eingreift. Und zwar auf der oben schon erwähnten Ebene Straf- und Zivilrecht. Ein Recht, überall mitspielen zu dürfen und darauf, dass die Regeln dann halt notfalls mittels staatlichem Zwang den eigenen mitgebrachten Voraussetzungen angepasst werden müssen, gibt es hingegen nicht. Das fällt nicht unter Straf- und Zivilrecht und auch nicht unter das Recht auf freie Religionsausübung, weil man gerade damit - mit staatlichem Zwang - in das Recht der Mitglieder dieser Gemeinschaft auf freie Religionsausübung eingreifen würde.
fotost:
Ob sich aus der Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte durch einen Staat nicht Konsequenzen für Religionsgemeinschaften ableiten lassen ist unsicher, weil es (veröffentlicht ) noch niemand versucht hat.
Die lassen sich durchaus ableiten und das wird auch getan. Aktuelles Beispiel ist die unsägliche Diskussion um ein Burka-Verbot. Oder vor nicht allzu langer Zeit hierzulande die ernstzunehmendere Diskussion über die Beschneidung - typischer Fall eines Grundrechtskonfliktes, wo Recht auf freie Religionsausübung und Recht auf körperliche Unversehrtheit kollidieren. Das Schächten von Tieren ist auch so ein Thema, bei dem die Grenzen der Inanspruchnahme der Religionsfreiheit immer wieder diskutiert werden.
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