Beiträge von Sudhana im Thema „Antaiji - war: Re: Was ist der Unterschied zwischen Samatha-Meditation und Vipassana-Meditation?“

    Morpho:
    Zitat

    Ich denke allerdings auch, dass die Kollisionen in Antaiji so hart sind, dass ein Lernen gar nicht ausbleiben kann.


    Wieso sollte das so sein ?


    Weil harte körperliche Arbeit (und dazu kann man auch das Sitzen in Zazen zählen) sehr deutlich mit angenehmen Phantasien kontrastiert - insbesondere, wenn es reichlich davon gibt. Körperliche Arbeit vertreibt aus selbstgebastelten Luftschlössern und bringt einen auf den Ackerboden der Wirklichkeit. Dann flüchtet man entweder oder man vergisst die Phantasien. So oder so hat man etwas gelernt.


    ()

    Morpho:

    die praxis würde also weniger zu wünschen übrig lassen, wenn bemerkt würde, dass es dharma praktiziert ?


    Nein. Dharmapraxis lässt weniger zu wünschen übrig, wenn dem Praktizierenden bewusst ist, dass sie ununterbrochen ist, gyōji. "24 Stunden am Tag". Immer und überall, nicht nur im Antaiji. Es mag allerdings sein, dass dort besonderes Gewicht auf Einsicht in gyōji gelegt wird.

    Morpho:

    - nicht selbst formuliert, sondern zitiert:
    Zenpraxis ist nichts weiter als ein Ausdruck natürlichen Lebens, ohne Ziel, nicht einmal Erleuchtung.


    Seufz ... Okay, Du hast mich - das würde ich so nicht ohne weiteres unterschreiben. Wenn auch nur wegen dem "ohne Ziel". Das klingt mir dann doch etwas zu selbst-genügsam. Wobei das "Ziel" mE sicher nicht "Erleuchtung" ist, sondern shishōbō zu praktizieren. Anders gesagt: seinen Gelübden gerecht zu werden; so man denn welche empfangen und genommen hat. Ob (und wenn, wie) das dasselbe ist wie das, was man im Antaiji unter "natürliches Leben ohne Ziel" versteht, müsste ggf. vor Ort geklärt werden. Mit "natürlichem Leben ohne Ziel", so, wie es einem in freier Wildbahn (statt domestiziert in einem buddhistischen Tempel) gelegentlich begegnet, habe auch ich gewisse Probleme. Andererseits weiss ich aus eigener Anschauung, wie vergnüglich ein natürliches Leben ohne Ziel sein kann. Das trifft aber sicher auch auf eines mit Ziel zu. Hängt vom Ziel ab. Und davon, was man unter "natürlich" versteht.


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    Morpho:
    Sudhana:


    Wählerischer Geschmack ist die weise oder oder unweise Unterscheidung der Ratlosen. Ist eine Entscheidung, sich der Praxisgemeinschaft Antaiji anzuschließen, in Deinen Augen unweise?


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    Erst mal nicht. Aber unweise ist sicherlich der Fantasie freien Lauf zu lassen, so wie dem Ärger.


    Nichts hemmt den Lauf der Phantasie so sehr wie die Erfahrung der prosaischen Wirklichkeit. Schlecht natürlich, wenn man die Möglichkeit, Wirklichkeit und Phantasie kollidieren zu lassen - d.h. zu lernen - nicht nutzt. Dann ist es zweifellos besser, sich den Phantasierens zu enthalten.


    Ich denke allerdings auch, dass die Kollisionen in Antaiji so hart sind, dass ein Lernen gar nicht ausbleiben kann.


    Morpho:

    Ich fände es auch unweise, an einem Kommuneleben hängenzubleiben und an einem Tempel, wo Wald,-Feld,-und Handwerksarbeiten eine so zentrale Rolle spielt. [...] wenn du ein Bein "im Zen" hast, fallen dir Dinge auf, wo du merkst, die entstehen aus Non-Kompatibilität.


    Inwiefern soll diese Art Arbeit 'inkompatibler' mit der Zenübung sein als beispielsweise ein Bürojob?

    Morpho:

    Ich habe gesehen, dass neuerdings ein idealtypischer Satz auf der Homesite verwendet wird: "Die 24 Stunden jedes einzelnen Tages sind unsere Praxis"


    Ist weniger spektakulär, als es auf den ersten Blick aussieht. Wem ginge das Anders? Das Problem ist doch nur, dass so Viele nicht bemerken, dass sie 24 Stunden am Tag praktizieren. Kein Wunder, wenn die Praxis dann so oft zu wünschen übrig lässt ....


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    Morpho:

    es geht dort schlicht nicht anders als das der unterhalt hartes brot ist


    Es geht nirgendwo anders, als dass der Unterhalt hartes Brot ist. Fragt sich nur, wer zu kauen und wer einfach nur zu schlucken hat.

    Morpho:

    da musst du kein goldenes experiment draus stricken.


    Und wenn, wäre es ohnehin nicht originell, nur Hyakujos 'ein Tag ohne Arbeit, ein Tag ohne Brot' wieder hochgerührt. Hat halt schon ewig keiner mehr versucht. Monachokratie ist halt bequemer.


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    Morpho:
    Sudhana:


    Nee, das ist eindeutig Deiner.


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    Antaiji, Soto - ODER 'Du'. Schon klar.


    Offensichtlich nicht. So wichtig es ist, zu wissen wo der eigene Bauchnabel sitzt, so wichtig ist es, gemeinsam zu üben und dabei, dies zu lernen, ist eine konkrete Gemeinschaft eine wertvolle Hilfe. Ich geniere mich nicht zu sagen, dass ich an 'meiner' konkreten Gemeinschaft anhafte - es sind schlicht Bindungen der Dankbarkeit.
    Zu Antaiji - was Muho Nölke da in Gang gesetzt hat, ist mE eines der derzeit interessantesten Experimente im Zen. Man mag es dafür kritisieren (oder auch loben), dass es auf einem Rückgriff (Hyakujos Goldene Regel) basiert oder für mangelnde Konsequenz, weil es halt ökonomisch nicht auschließlich auf eigenhändiger Landwirtschaftsarbeit beruht. Ich halte das für müßig. Wenn ich nicht so ein fauler, alter Sack wäre, würde ich mir das mal aus der Nähe anschauen, wie das funktioniert. Andererseits hält sich meine Neugier auch da etwas in Grenzen - es gibt für mich (und für niemand sonst will ich da sprechen) Naheliegenderes. Und wenn es mein Bauchnabel ist ...
    Persönlich halte ich Muho Nölke - nach allem, was ich von ihm gesehen und gehört habe - für einen würdigen Nachfolger Kodo Sawakis. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


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