Beiträge von Karnataka im Thema „Mitleiden und Mitfühlenr“

    Gitti:

    Meine Mutter ist seit kurzem dement und lebt seit 4 Wochen in einem Pflegeheim. Sie ist noch relativ "gut drauf", vergisst aber immer mehr und fühlt sich in dem Heim - verständlicherweise - nicht wohl. Sie will immer "nach hause". Und das tut mir sehr weh. Ich leide richtig mit ihr, da ich mich sehr gut in ihre Gefühlswelt hinein versetzen kann. Wie kann ich das Mitleiden in Mitfühlen umwandeln? Der Zustand des Leidens tut mir nicht gut! Wer kann mir da helfen? Ich möchte doch für sie da sein.


    Hallo!


    Um der eigenen Mutter die so wichtige Unterstützung zu geben, darf man sich nicht vom Leid überwältigen lassen. Ich kann die Ratschläge, die der Dalai Lama gibt, weitergeben. Dabei geht es in erster Linie darum, dass wir etwas tun wollen, um anderen zu helfen. So erklärt der Dalai Lama ganz allgemein: Dieser Wunsch zu helfen zieht uns keineswegs auch noch selbst tiefer ins Unglück, sondern gibt uns im Gegenteil Kraft, Orientierung und Zielstrebigkeit. Wenn wir aus einer solchen Motivation heraus handeln, wirkt sich dies positiv für uns selbst und für die Menschen um uns herum aus. Entscheidend ist daher, sich die Fähigkeit deutlich zu machen, helfen zu können. Eine Fähigkeit, die wiederum positive Emotionen verlangt.


    Wie kann man Mitleiden in Mitfühlen verwandeln? Mitgefühl bedeutet nicht nur Mitleid und damit den starken Fokus auf das Leiden des anderen. Mitgefühl meint genauso liebevolle Güte. Liebevolle Güte konzentriert sich auf den Wunsch, dass die anderen glücklich sind. Damit beinhaltet sie auch eine Form der Mitfreude mit dem Glück der anderen. Dies ist keineswegs eine nur theoretische Unterscheidung, die sich aus dem Begriff Mitgefühl gewinnen lässt. So schreibt der Dalai Lama: Zwischen Mitgefühl und liebevoller Güte gibt es keine Abfolge; sie gehören zusammen wie die zwei Seiten einer Medaille. Obgleich ich selbst keine Erfahrung mit einer so belastenden Situation besitze, meine ich, dass die positive Emotion der einfühlsamen Mitfreude, für die es vielleicht auch Gelegenheiten gibt, ein hilfreiches Mittel darstellen kann, um die eigene Betroffenheit zu mildern. Vielleicht findest Du in der bewussten Mitfreude eine Unterstützung für den Umgang mit dem Leid deiner Mutter?


    Auch gibt es das eigene Leid um den sich abzeichnenden Verlust der kognitiven Fähigkeiten deiner Mutter. Ich weiß natürlich nicht, was dies für dich bedeutet. Ich glaube aber, dass wir den Gefühlen von Einsamkeit und Verzweiflung so begegnen sollten, dass sie uns schließlich helfen, das Gefühl der Verbundenheit mit den Menschen in unserem Umfeld zu vertiefen und Verständnis für deren Nöte zu entwickeln. Wenn das schließlich, nach einer Phase des großen Leides, gelingt, so bedeutet dies zweifellos einen Gewinn an Bewusstheit, Einfühlungsvermögen und innerem Reichtum, zu dem die belastende Situation verholfen hat.