Beiträge von Schroedinger im Thema „Kann man das Sterben in der Meditation üben?“

    Sherab Yönten:
    Tychiades:

    Nein. Da werden keine Beobachtungen beschrieben, sondern es werden Vorstellungen beschrieben, die man schon irgendwo gelesen hat, z.B. bei dem Autor des Totenbuches. Insofern sind es keine objektiven Fakten, sondern Phantasien, wie es sein könnte.


    Lisa Freund ist eine erfahrene Sterbebegleiterin. Ich bin mir sicher, dass sie auch ihre eigenen Beobachtungen mit denen in der Literatur verglichen hat. Wer sich ein wenig intensiver mit dem Thema befasst, der weiß, dass der (äußere) Sterbeprozess von allen Lebewesen, sagen wir, ähnlich verläuft. Welche Literatur hast Du denn bisher gelesen, hast Du schon mal einen sterbenden Menschen begleitet und andere Erfahrungen gemacht?


    Also meine Erfahrungen sind ganz einfach - erst haucht jemand seinen Atem aus - und es geht eine sichtbare Entspannung durch den Körper - ein Los lassen eben - oder Fallen lassen. Das erfährt der Betreffende aber nicht mehr. Die weiteren Prozesse sind bekannt - Verfärbung des Körpers, weil das Blut nach unten sackt - Versteifung des Körpers, bekannt als Totenstarre - ich will das nicht im Einzelnen aufzählen. Der Zerfall von Materie ist nichts Spirituelles.
    Was deine erfahrene Sterbebegleiterin an Dingen aufzählt sind keine Fakten, sondern ihre, vermeintlich als buddhistisch behaupteten, Vorstellungen über einen Geist, der Körper verlässt. Das ist m.E. Versatzreligion, selbstgestrickt und sicherlich in manchen Kreisen angenehm.
    Bei vielen Sterbebegleitern habe ich erfahren, dass sich ihre Begleitung aus der eigenen Angst vor dem Tod nährt und sie deshalb die nähe zu Sterbenden suchen. Das ist verständlich, aber das ganze Getue ist auch eine fromme Art der Selbsttäuschung.

    Sherab Yönten:
    Tychiades:

    Im tibetischen Buddhismus glaubt man offenbar, dass Körper und Geist sich trennen und der Geist irgendwo ist.


    D.h. im Zen Buddhismus gibt es diesbezüglich eine andere Sichtweise? Interessant!
    Welche denn?


    Die vom vollständigen Zerfall der 5 khandas.
    http://www.palikanon.com/wtb/khandha.html


    Darüberhinaus lässt sich nur Spekulieren. Und das sind die berühmten falschen Ansichten. Das Netz der Ansichten im Digha Nikaya 1.4

    Sherab Yönten:

    die Beobachtungen, die im Link beschrieben werden jede (!) Person macht, die Sterbende begleitet. Wenn das nicht objektiv ist?


    Nein. Da werden keine Beobachtungen beschrieben, sondern es werden Vorstellungen beschrieben, die man schon irgendwo gelesen hat, z.B. bei dem Autor des Totenbuches. Insofern sind es keine objektiven Fakten, sondern Phantasien, wie es sein könnte.


    Du stellst hier drei Fragen - und beantwortest sie dann selbst:

    Zitat


    Das einzige, was man in diesem Leben üben könnte, ist das Loslassen. Den Geist flexibler machen.
    Nicht mehr anzuhaften.


    Damit nimmst du dir deine Offenheit gegenüber dem Sterben.
    Was ist denn unter Sterben und Sterbeprozess zu verstehen? Was ist denn Leben? Welchen Sinn hat das Sterben in der Meditation, d.h. im Leben?


    Natürlich gelingt es wirklich - das Sterben im Samadhi, wenn Körper-Geist abfallen - aber dann steht man wieder auf und erkennt, dass es nicht vollkommen ist. Man ist nicht wirklich gestorben.
    Insofern ist der Abgrund zwischen Tod und Meditation vorhanden. Daher ist eben Zazen auch eine Vorbereitung auf den wirklichen Tod.
    Nur gibt es da einen wesentlichen Unterschied in der Ansicht von Lisa Freund und dem Zen-Buddhismus. Im tibetischen Buddhismus glaubt man offenbar, dass Körper und Geist sich trennen und der Geist irgendwo ist. Nun gut, dass sind dann Ansichten über den "Übergang" vom Leben zum Tod und da gibt es entsprechende Totenriten. Es ist ja auch eine Erfahrung, dass der Körper in Phasen stirbt.


    Was das Sterben im Leben anbetrifft, so findet sich das eben als achtfacher Pfad - man gibt die drei Geistesgifte auf und lebt als Arhat weiter bis zum endgültigen Tod.