Beiträge von fotost im Thema „War der Gautama Buddha geistig fix und fertig?“

    Irmin82:

    ...
    Aber dem Glauben (Schriften) nach, war er allwissend.
    Das ist das Gleiche wie mit Jesus. Glaubst du Jesus ist wirklich übers Wasser gegangen?


    Das hängt alles vollkommen von der Definition von Begriffen ab.
    Nach den Schriften hat Buddha sich neue Wissensinhalte angeeignet und sein Verhalten geändert. Normalerweise nennt man das 'Lernen' und wer noch etwas lernen muß sollte vielleicht nicht als allwissend bezeichnet werden.


    Lies Dir mal in Ruhe Mahāvagga VI.01-15 http://www.palikanon.com/vinaya/mahavagga/mv06_01-15.htm durch. Hier wird sehr schön geschrieben, wie Buddha in der Meditation neue Gedanken bekommt und wie er diese Gedanken hinterher wiederholt abändert/anpaßt. Das hat nichts mit dem Begriff Allwissenheit zu tun, der hier und heute etwa durch das Christentum geprägt sind.


    Ich habe kein Problem damit Buddha zuzuschreiben, daß im Augenblick der Erleuchtung alle Kerngedanken der Lehre bereits von ihm gesehen und vollkommen verstanden waren.


    Und zum Thema - Jesus über Wasser gehend. Das ist auch wieder eine reine Betrachtungsgeschichte. Ich bin schon häufig über Wasser gegangen. Ab -5°C über zwei Wochen hier kein großes Problem. Im Gegensatz zu Jesus gibt es bei mir dafür lebende Zeugen und Fotoaufnahmen :angel:


    Ob Jesus gelebt hat weiß ich nicht. Ich denke man würde seinen Anhängern nicht gerecht, wenn man solche Geschichten rein wörtlich nimmt. Was sich in diesem Bild ausdrückt sind für mich zwei sehr unterschiedliche Elemente. Fischfang im Mittelmeer dürfte damals eine der wichtigsten Erwerbsquellen gewesen sein. Wie gefährlich das Mittelmeer ist sehen wir jede Woche bei den Berichten aus Libyen. Damals waren die Boote viel kleiner und bestimmt ziemlich unsicher. In der Geschichte drückt sich ganz simpel die Erkenntnis der eigenen Verletzbarkeit aus und der Wunsch etwas zu finden, das Rettung und Sicherheit verspricht. Das wäre eine recht einfache Betrachtungsebene auf Wunscherfüllungsidee. (Siehe die Diskussion über Schlangen im Buddhismus hier kürzlich).


    Die zweite Ebene wäre abstrakter und reicht an die 'buddhistischer Mönch geht durch Wände' Geschichte heran. Wir alle kennen das in irgendeinem Zusammenhang. Es herrscht Chaos, alle rennen kopflos herum und machen aktionistischen Unfug nur um einige Menschen herrscht Ruhe, sie sind fokussiert und inmitten der tobenden Wellen bewegen sie sich sicher und zielorientiert. Sie gehen mitten im Sturm 'auf dem Wasser'. Die Deutung in dieser Richtung ist nicht Wunscherfüllung sondern das Aufzeigen einer Alternative.


    In diesem Zusammenhang hier eine Selbsteinschätzung Buddhas.



    A.IV.36 Weltüberwindung - 6. Doṇa Sutta

    Zitat


    Wenn die Triebe versiegt sind, wenn keine weiteren Wiedergeburten mehr erfolgen werden werden Kategorien einfach sinnlos

    Spock:
    Freeman reloaded:

    Ich will damit sagen, er war nicht allwissend, sondern er war halt ein Mensch...


    Ich denke das "allwissend" bezieht sich nicht auf etwas "objektives" (zB. Urknall), sondern "allwissend" in Bezug auf das was er postulierte zB. die 4 Edlen, Vergänglichkeit der Phänomene (dharmas) und deren Zusammengesetztsein, usw.


    Wir müssen mit unseren kulturellen Vorprägungen christlicher Art immer wieder aufpassen, Begriffe, die vorbelastet sind nicht einfach 1:1 in buddhistischem Kontext zu verwenden.


    Allwissend, allmächtig etc. haben bei uns einfach Bedeutungen die im Hinterkopf mitlaufen, ob wir es möchten oder nicht.


    Wobei diese ganzen Begriffe schon im christlichen Kontext ausgesprochen zweifelhaft sind.
    Kennt der allwissende Gott der Christen ein Rätsel, das so schwierig ist, daß er die Lösung dazu nicht kennt?

    Hat er noch etwas dazugelernt..?


    Ich vermute, er hat durchaus noch gelernt und sich entwickelt.


    Auf jeden Fall hat er gelernt, die Darstellung der Lehre an sehr verschiedene Empfänger anzupassen, Einige konnte sehr direkt mit philosophischen Konzepten konfrontiert werden, andere mußten mit Texten angesprochen werden, die Bezüge zum Hinduismus hatten, andere brauchten bildhafte Umschreibungen.


    Er hat auch gelernt, daß es manchmal einfacher sein kann, eine Organisation zu gründen als mit allen Kleinigkeiten der Verwaltung befasst zu sein.


    In dem Zusammenhang wird ganz deutlich, daß er in Einzelpunkten (die nicht direkt zur Lehre gehören) durchaus auch seine Meinung oder Anweisungen geändert hat. Das es die direkte Erlaubnis Buddhas gibt, die Lehre in unwichtigen Punkten auch ohne ihn anzupassen zeigt, daß er die Lehre nicht für dogmatisch abgeschlossen gehalten hat.