Beiträge von Schroedinger im Thema „Ist die Übertragung des Zen in das Politische der Faschismus?“

    mogun:
    Tychiades:

    Das ist jetzt deine Interpretation der Stelle.
    Darum geht es aber nicht. Es geht um das, was Lacan "passe" nennt, Übertragung und zwar im Rahmen einer Lehranalyse, an derem Ende die Anerkennung als Analytiker durch eine Lehrautorität der Schule steht. Das ist nicht das Meister-Schüler-Verhältnis, sondern eine Institution.


    Das Zitat stammt aus dem letzten Kapitel „Leerheit lernen und lehren“, wo es um die Auflösung des Lehrer/Schüler-Verhältnisses geht.


    Ich hab' das Buch vor mir liegen.
    Was soll deine Bemerkung nun?
    Wenn dieses, dann jenes - wenn der Schüler erscheint, erscheint der Meister. Wenn der Schüler verschwindet, verschwindet der Meister.


    Der Autor hat sehr viel gelesen und vieles davon zusammen getackert, aber es ist mir nicht ersichtlich, was das Ganze soll - nun gut, eine Dissertation ist daraus geworden, weil eine Fakultät das akzeptiert hat.
    Da ich Lacan sehr schätze und das Buch in meiner UB ausleihbar ist, versuche ich beim Lesen heraus zu finden, was der Autor eigentlich da "vernäht" hat - es sieht so aus, als habe da jemand, der ein bißchen vertraut mit der Zen-Literatur ist, ein paar Koan kennt und Dogen gelesen hat, aufgrund seines Psychologie-Studiums Lacan drauf gesetzt, so einen Aufhänger, wobei mal das eine - Zen- als Aufhänger dient und mal das andere - Lacan. Die Arbeit hat keine Einleitung und keinen Schluß. Der Doktorvater, Peter Gottwald, macht ja auch in Zen - hat das so als was Besonderes in seiner Einleitung lobend hervorgehoben und deshalb selbst ein langes Vorwort als Einführung verfasst. Es ist kein Wunder, dass kein Schwein sich dafür interessiert. Das Lesen der ausufernden Zitatensammlung ist eine Zumutung.


    Das ist jetzt deine Interpretation der Stelle.
    Darum geht es aber nicht. Es geht um das, was Lacan "passe" nennt, Übertragung und zwar im Rahmen einer Lehranalyse, an derem Ende die Anerkennung als Analytiker durch eine Lehrautorität der Schule steht. Das ist nicht das Meister-Schüler-Verhältnis, sondern eine Institution. Diese Institution hatte Freud geschaffen und das ist ja üblich im Medizin-Bereich, wo es ja auch um Körperverletzung geht und in Analogie dazu geht es in der Psychoanalyse um Seelenverletzung.


    Die Zen-Tradition hat nicht dieses Problem. Da wird nichts übertragen. Allerdings gibt es Leute, die glauben, es würde was übertragen und es gäbe sowas wie Autorität, die man institutionalisieren könne. Der Weg hat keine Autorität. Der Meister hat keine Autorität.
    Jede Institutionalisierung ist eine Verfehlung der Zen-Praxis!!
    Und das gilt nach Lacan auch für die Psychoanalyse. Das hat er erkannt und vertreten -
    u.a. auch, weil er aus der Institution ausgeschlossen worden ist :)


    Zitat


    Es geht im Kern um die Frage, wie man hierarchische Strukturen rechtfertigen kann, dass man sie eben nicht auf die Gesellschaft übertragen darf.


    Es geht im Kern darum, wie Autorität in einer auf Gleichheit begründeten Gesellschaft zu rechtfertigen ist. Da haben wir im Staat das Gewaltmonopol, das durch das Volk per Gesetzgebung übertragen ist und "im Namen des Volkes" ausgeübt wird. Und das beinhaltet auch die Möglichkeit der totalitären Herrschaft (des Volkes). Es geht letztlich immer um das Verhältnis von Mehrheit und Minderheit und wie die Mehrheit die Minderheit schützt bzw. die Schwachen schützt.
    L. Tenbreul hat ein eigenartiges Verständnis der Zen-Praxis, was möglicherweise aus der langen Beziehung zum AZI sich erklärt.
    Nun ist zu fragen, wie einer dazu kommt, zu glauben, es gäbe im Zen eine Hierarchie? Wenn ich in ein Zendo gehe und mich nicht den Regeln entsprechend verhalte, werde ich u.U. ausgeschlossen. Das hat mit Rechten und Pflichten etwas zu tun und mit Ordnung(en). Hierarchie ist eine Form der Ordnung. Eigentum ist auch eine Form der Ordnung. Das hat alles was mit Gesellschaft zu tun und das Schöne an der Zen-Praxis besteht ja darin, dass sie in jeder Gesellschaftsordnung ausgeübt werden kann.


    Um das mal auf den Thread-Zusammenhang zurück zu lenken:
    Uchiyama hat auch damit gemeint, dass Kensho oder Satori als Objekte des Begehrens nicht dem Bodaishin (Geist, der das Erwachen anstrebt) entspricht, sondern es gelte die sogenannten sozialen Tugenden wie sie die Silas abbilden anzustreben. Das sei dem Buddhismus angemessen. Insofern muss sich auch die Generation der "Krieger-Zen" Leute genau an diesem Maß messen lassen.
    Aber genau wie eine Geisteshaltung zum Faschismus führen kann, genau so kann eine andere Geisteshaltung zu einer offenen Gesellschaft führen. Die geistige Haltung des Buddhismus ist "offene Weite", um mal so eine Formel des Zen zu benutzen. Bereits eine Praxis, die auf persönlichen Gewinn zielt, wie z.B. Wohlbefinden, ist nicht offen, sondern verschließt sich allem, was diesem Wohlbefinden entgegensteht.

    Morpho:
    Tychiades:

    Ich geh' mal davon aus, dass es unwichtig ist, was da mit "fixt an" gemeint ist - ich hab' nämlich null Ahnung.


    Hab ich doch geschrieben.
    Er fixt eher mit Awareness und Awaken an als dass er iwo kritisiert. Das ist bei allen Traditionellen so, genau wie das Einflechten von Warnungen in Bezug auf Selbsgefälligkeit. Aber wenn du mich fragst, finde ich das modernistische weit selbstgefälliger als das tradierte Zen.


    Ja - es ist unwichtig.

    Moosgarten:

    nach meiner Erinnerung ist das gleich auf den ersten Seiten des Teils II, unmittelbar nach der lustigen Geschichte mit den beiden Studenten die unter dem Wärmetisch versuchen, ihrer Lehrerin näher zu kommen :)
    Buch ist ständig verborgt.


    Ach ja - ich erinnere mich. Das finde ich dann. Super. Danke.
    Ich hab's - es ist meine Lieblingsstelle -jedenfalls der Beginn des Abschnitts auf S- 49 - "Es ist wichtiger, daß euer Zazen von eurer Frau und von euern Kindern gebilligt wird als von einem Zen-Meister." usw. Das brauch' ich heute abend.

    Moosgarten:


    Bezogen auf die Fragestellung gibt Kosho Uchiyama in seiner Besprechung Dogens "Tenzo Kyokun" für mich hinreichend Auskunft (aus dem Gedächtnis wiedergegeben)*:


    Nur wenn eure Umgebung die Güte (Platzhalter auch für alle anderen sozialen Qualitäten) spürt, die von euch ausgeht, steht ihr wahrhaft in der Buddhalehre, wahrhaftiger als wenn ihr Kensho oder Satori hättet. Zazen, Kensho und Satori ohne Beziehung dazu (also ohne "öffentlichen" Erweis) sind wie eine Vergiftung und Droge, das hat nichts mit Buddhismus zu tun. Unter diesen Umständen ist es besser mit Zazen aufzuhören.


    * "Zen für Küche und Leben"


    Ok - mir würde es aber sehr helfen, wenn du mir die genaue Stelle oder wenigstens den Abschnitt in Zen für Küche und Leben mal angeben könntest. Ich möchte nämlich diesen Aspekt der Fixierung auf Kensho/Satori besprechen.

    Moosgarten:
    Zitat

    Ansonsten ist es eine Art Werbefilm für Leute, die mal ihren Japanaufenthalt ( wollte ich immer schon mal hin ) mit einer mehrmonatigen Zen-Kloster-Erfahrung ( wollte ich schon immer mal machen )verbinden wollen. Antaji könnte ohne die Hilfe dieser netten Leute ja nicht überleben.


    Woher weißt du das nun schon wieder?


    Von Leuten, die den Film gesehen haben. Und meinten, so ein großes Reisfeld und Anwesen kann man ja nicht zu zweit oder dritt bewirtschaften.


    Zitat


    OT:
    Der Film ist übrigens weder ein Auftragswerk, nichts Abgesprochenes, auch keine Doku - sondern einfach die persönlichen Impressionen eines Filmemachers, der allerdings diesen Ort langjährig kennt.


    Das muss man nicht in Auftrag geben. Aber Muho hat das sicherlich genehmigt und die Schweizer Schauspielerin sowieso und die anderen waren sicherlich auch einverstanden, dass sie da mitspielen. Und so macht der Film dann einfach seine Sache, er verbreitet sich im Medium, als Medium. Das ist auch so in Ordnung.
    Und alles für nothing - .

    Moosgarten:

    wenn die Leute endlich anfangen ehrlich mit sich selbst zu sein und sich darin anderen anvertrauen.


    Warum sollte man sich anderen anvertrauen und was hat das mit ehrlich sein zu tun?

    Zitat


    In "Zazen for Nothing" wird das lediglich mal öffentlich gemacht - wozu es eigentlich nicht ursprünglich bestimmt war - aber gibt auch keinen Grund, das "geheim" zu machen.


    Was wird in "Zen for Nothing" öffentlich gemacht?
    Da fehlen doch ganz wesentlich Dinge, nämlich die Frage, wo denn die andere Hälfte von Muho lebt?
    Ansonsten ist es eine Art Werbefilm für Leute, die mal ihren Japanaufenthalt ( wollte ich immer schon mal hin ) mit einer mehrmonatigen Zen-Kloster-Erfahrung ( wollte ich schon immer mal machen )
    verbinden wollen. Antaji könnte ohne die Hilfe dieser netten Leute ja nicht überleben. Das ist jetzt keine Kritik am Konzept von Muho, aber vielleicht arbeitet ja seine Frau noch fürs Familieneinkommen. Diese Seite wurde ja ausgeblendet. Es wurde nur der große Abenteuerspielplatz gezeigt, mit ein bißchen spirituellem Drum-und-dran.

    Sudhana:

    Danke für die Recherche des Originalzitates (auch wenn es immer noch kein direktes Zitat Tenbreuls, sondern eines von Adam ist) - das ist auf jeden Fall hilfreich.

    Zitat

    Die Zen-Praxis, eins zu eins in eine politische Programmatik übersetzt, so der Zen-Meister L.T. Tenbreul in einem Gespräch mit dem Autor, liefe auf Faschismus hinaus.


    Vorbehaltlich der gar nicht so unwesentlichen Frage, wie und ob so etwas denn überhaupt möglich wäre (mE liegt hier ein eklatanter Kategorienfehler vor), ergibt das so noch halbwegs einen Sinn. Zen-Praxis trägt die Merkmale hoher Disziplin, vorbehaltloser Hingabe, Negation des Egos und - wenn in einem (insbesondere traditionellen) institutionellen Rahmen ausgeübt - auch das der widerstandslosen Einordnung in eine Hierarchie. "Übersetzt" in eine politische Programmatik ist dies in der Tat kompatibel mit Kernbegriffen faschistischer Ideologie wie Führerprinzip und Gleichschaltung.


    Da liegt dann schon das Motiv der japanischen Zen-Buddhisten offen für eine mehr oder weniger starke Bereitwilligkeit sich in das autoritäre Militärregime einzufügen. Das passte ja zusammen.
    Und da das Satori als Siegel zu sehen ist und also die Überlegenheit über den Rest mit Brief und Siegel bedeutet - den Tenno mal ausgenommen, aber der war/ist ja gottgleich - sah man sich berechtigt zur Führerschaft. Bis heute.
    Eine durchaus ähnliche Struktur haben wir in den Arbeitsbeziehungen in der Industrie und auch hier hat sich eine nahezu natürliche Beziehung zum Faschismus ergeben. Wie man inzwischen mitbekam, gibt es bei Samsung ja noch diese militärisch- autoritäre Hierarchie.

    Zitat


    Wenn man hier die bekannte nationalsozialistische Parole "Du bist nichts, dein Volk ist alles" aufgreift, kann man (in freilich stark simplifizierter und vergröberter Form) Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzeigen: während der erste Halbsatz durchaus auch als Leitmotiv der Zen-Praxis herhalten könnte, ist der zweite Halbsatz im Kontext 'Zen' schlicht das falsche Komplement. Vor allem, wenn 'Volk' im Sinne einer geschlossenen, ethnisch und ideologisch uniformen Gemeinschaft verstanden wird, deren Bestreben gut sozialdarwinistisch die Dominanz über andere Gemeinschaften bzw. als außerhalb der Gemeinschaft stehend definierte Menschen ist. Da braucht nicht einmal betont zu werden, dass die zwangsläufige Konsequenz einer solchen politischen Programmatik Verfolgung (nach innen) und Krieg (nach außen) ist. Wenn man aus der Zen-Praxis etwas lernen kann, dann das: wenn Du nichts bist, dann ist ist dein Volk erst recht nichts. Das 'Du' (was auch immer es tatsächlich sein mag) ist zumindest ein konkreter Ansatzpunkt für die Praxis. 'Volk' ist hingegen ein rein abstrakter Begriff, ein Kriterium, das willkürlich auf eine Summe von 'Dus' angewandt wird. Was (da diese ja 'nichts' sein sollen) alleine schon das schwachsinnige der Parole, das Volk sei 'alles' verdeutlicht. Denn der Faschist versteht ja unter diesem 'alles' keineswegs ein aufsummiertes 'nichts' ...


    Faschismus ist insofern der passende Begriff, im Sinne von "Bund" - da ja ein Volk (WIR) auf einen Führer (ICH) gebündelt und gebunden wird. Wobei sich Volk und Führer ja irgendwie erst einmal zu diesem Bund finden - und dann alle, die da nicht gebunden werden wollen oder sollen und also IHR - werden, auslöschen. So etwas wird letztlich hergestellt. Und genau diesen Herstellungsprozess sollte man sich genau ansehen, denn der findet aktuell tatsächlich auf globaler Ebene statt.

    mogun:

    Laut Jochen Adam ("Ich und das Begehren in den Fluchten der Signifikanten", S. 310) hat Ludger Tenbreul gesagt, dass Zen, auf das Politische übertragen, geradewegs zum Faschismus führe.


    Wenn man eine Seitenangabe macht, das Buch aber garnicht vor sich liegen hat, also auch nicht weiß, ob das was man da vermeintlich hier weiter tratscht - wahr ist - dann nennt man das wie?


    In dem besagten Buch von Jochen Adam, findet sich Ludger Tenbreul zwar auf Seite 310 erwähnt, aber in der Anmerkung 716 und zu dem Thema "passe" dt. Durchgang, in dem Lacan den Übergang vom Lernenden zum Lehrenden in der Psychoanalyse bezeichnet. Inwieweit es überhaupt Sinn macht den Lacanschen Begriff auf Zen zu üertragen, will ich hier nicht debattieren, wäre aber ein gutes Thema für eine Bachelorarbeit.
    In Anmerkung 716 heißt es:

    Zitat

    Die Zen-Praxis, eins zu eins in eine politische Programmatik übersetzt, so der Zen-Meister L.T. Tenbreul in einem Gespräch mit dem Autor, liefe auf Faschismus hinaus.


    mogun:


    Historisch spricht ja einiges dafür.


    Da spricht historisch garnichts dafür. Und das ist auch nicht das, was Victoria beschrieben hatte.

    Ellviral:
    Tychiades:

    Sie ist nur möglich, wenn man sich selbst als nichtig ansieht - also wenn man die Selbstvernichtung aktiv annimmt. Das ist dann schon eine Weise von Erleuchtung, in dem Sinn, wie Dogen sie bezeichnet hat, als Übung: Übung ist Erleuchtung.
    Und wer sich da empört, das ist der Teil, der um sein Überleben kämpft. Aber, wie Sheng-yen das mal in einem Interview sagte: kein Entkommen für das Ego.

    Selbst/Ego - vernichtung. Ich bin nur ein sehr sehr Kleines Etwas, aber ich bin etwas.


    Es kommt da keineswegs auf Größe oder Kleinheit an. Es ist ja konkret und insofern eine Totalität. Du bist eben Alles.

    mogun:


    Wie ich mir Demut vorstelle, habe ich hier beschrieben: http://www.buddhaland.de/viewt…&t=16177&start=30#p340261 Sie ist Verlust und stellt einen vor ein Nichts. Nur dann kann man beginnen.


    Sie ist nur möglich, wenn man sich selbst als nichtig ansieht - also wenn man die Selbstvernichtung aktiv annimmt. Das ist dann schon eine Weise von Erleuchtung, in dem Sinn, wie Dogen sie bezeichnet hat, als Übung: Übung ist Erleuchtung.
    Und wer sich da empört, das ist der Teil, der um sein Überleben kämpft. Aber, wie Sheng-yen das mal in einem Interview sagte: kein Entkommen für das Ego.

    Morpho:
    Tychiades:


    Einigen wir uns darauf, dass "Meister" nichts über Eigenschaften aussagt, wie auch Erleuchtung. Es sind bestenfalls Etiketten, die man irgendwohin anhängt.


    Wir einigten uns bisher auf gar nix.


    Das war auch bloß ein Vorschlag und wenn du dich nicht auf nix einigen willst - so what!

    Zitat


    Für mich ist es ganz selbstverständlich, dass ein/e MeisterIn denn auch ein/e MeisterIn (ergo: ein/e PatriarchIn) zu sein hat, sonst ist es eben kein/e MeisterIn. MeisterIn bedeutet Dharma-MeisterIn. Er/sie kann also unter jedweden Bedingungen die Dharmas "meistern".


    Irgendwas zu "meistern" - das ist dein Wunschdenken. Zunächst sind das Leute, die in einer Tradition praktiziert haben und dann in diese Funktion berufen werden. Ob sie da was "meistern", ist irrelevant. Es würde ja bedeuten, dass es da Maßstäbe gibt, an denen so jemand von jemandem gemessen wird. Tja - das macht man, wenn man sich so einen "Meister" aussucht - nur, mit welchem Maß mißt man da? Man hat Wünsche, Vorstellungen und Hoffnungen - und das alles wird zwangsläufig enttäuscht werden.


    Zitat


    Das setzt Erwachen voraus bzw. ein irreversibles Verlöschen von Unwissenheit.


    Klar - das ist gegeben, wenn einer tot ist. Also paranirvana. Solange einer noch lebt, muss er damit rechnen, dass sein Erwachen und sein Wissen eine Illusion ist. Und das sollte er auch so sehen. Und das sollte auch der Schüler so sehen.

    Zitat


    Das bedeutet a la Lehre zumindest den 'Stromeintritt' bzw. a la Zen-Sprech: das Durchschreiten des Tores. Ich verstehe nicht im mindesten wie man die Notwendigkeit des'Großen Todes' und des 'Satorie' leugnen kann- bei aller Liebe. Das ist doch faktisch das Kennzeichen des Zen Weges- eine irreversible Überwindung des Ego.


    Das siehst du so - aber dies gibt es nur, wenn jemand irreversible tot ist und Asche ist. Den Großen Tod sterben bedeutet sich genau darüber im Klaren zu sein. Man leugnet nicht die Notwendigkeit sondern Satori ist kein Faktum, weder pro noch post. Wie Dogen es im Genjokoan sagte:

    Zitat

    Wer die Lehre noch nicht vollkommen in Körper und Geist aufgenommen hat, meint, dass er ihr bereits genüge.
    Wenn die Lehre Körper und Geist ganz ausfüllt, dann merkt einer, dass noch etwas fehlt.

    Morpho:

    Na zum Glück lässt sich Zen nicht auf Japanisches oder von Verfehlungen der Japaner beschränken. Und ganz ehrlich. Ein Meister der ins "alte Nest" zurück fallen würde, war und ist überhaupt keiner. Dann wurde oder wird der nur be-titelnd so bezeichnet.


    Einigen wir uns darauf, dass "Meister" nichts über Eigenschaften aussagt, wie auch Erleuchtung. Es sind bestenfalls Etiketten, die man irgendwohin anhängt.

    Morpho:

    Der russisch-jap. Krieg war 1904/1905. Ab wann galt Sawaki denn als ein "Meister" ? und Abt war er doch ja noch sehr viel später, nach 45 @ tychiades bzgl. "entsetzt". Ps: du implizierst, das Tempelvorsteher und Meister an Kriegshandlungen beteiligt waren und dann noch um des Erweisens von Patriotismus willens ?


    Ich impliziere garnichts. Lies mal Victoria, da kannste diese Implikationen selbst lesen. Da geht es darum, dass die "alten Meister, Äbte oder ähnliches" ihre vergangenen Taten verdrängt haben und der gute Victoria ihnen jetzt den Spiegel vorhält. Dass Japan mit Nazi-Deutschland eine Allianz hatte, ist ja bekannt. Und dass das auch bedeutete, dass man Schnittmengen in der Ideologie hat, ist ja auch nicht überraschend. Japan ist bis heute rassistisch - auch nicht unbekannt.


    Die biographischen Daten von Sawaki kannst du dir auch selbst zurecht stricken.

    mogun:
    Tychiades:

    Kennst du ihn? Oder hast du nur "was gelesen" und willst dich über Zen-Faschismus empören?


    Ich besitze das Buch nicht, aber mich würde schon interessieren, ob jemand das Buch besitzt und es mir erklären kann.


    Du besitzt das Buch von Jochen Adam nicht, schreibst aber, dass das Zitat auf S. 310 steht.
    Interessant.


    mogun:


    Und ich empöre mich nicht über den Zen-Faschismus, sondern lese das erste Mal das Buch von Brian Victoria und bin lediglich etwas entsetzt.


    Soweit ich damals, bei Erscheinen, die Debatten mitgekriegt habe, waren solche Leute "entsetzt", die sich Illusionen über Zen-Meister gemacht haben. Zen-Meister oder Tempelvorsteher sind Menschen in Lebenssituationen und damals war Japan im Krieg und die Buddhisten wollten zeigen, dass sie besonders gute Patrioten waren, gerade nachdem man sie ja staatlicherseits bekämpft hatte.


    mogun:


    Ich lese parallel die Kritik an seinem Werk, seine Antworten auf diese Kritik und versuche das Phänomen zu verstehen.


    Victoria ist mal Methodist gewesen und also solcher hat er seine christlichen Moralvorstellungen auf die Japaner übertragen. Da bleibt Enttäuschung nicht aus.


    Zitat

    Victoria, a native Nebraskan, arrived in Japan as a Methodist missionary in 1961. He studied Japanese religions to better understand the people he was hoping to convert and soon found himself drawn to Buddhism, especially Zen Buddhism, because of its emphasis on peace and harmony and its apparent lack of a history of violence, which had such a pronounced effect on Western religions. After several visits to Eihei-ji in Fukui Prefecture, he eventually embraced Zen and was ordained as a Soto Zen priest in 1964.


    http://www.thezensite.com/ZenE…is_of_Brian_Victoria.html


    mogun:


    Ich kenne die Umstände nicht, in denen Patriarchen wie Kodo Sawaki aufwuchsen und ich will auch nicht über sie urteilen. Aber mich gruselt seine Beschreibung von der Schlacht im Baolisi-Tempel, wo er seine Feinde in ein Loch jagt, um sie dann nacheinander "gut zu erledigen". Und dann stolpere ich über ein Zitat von Tenbreul und erkundige mich, ob das stimmt und ob jemand weiß, was er meint. Antworten habe ich aber bisher noch nicht bekommen.


    Noch mal und bitte auch zum Mitschreiben:
    Muho stellt das richtig, was Victoria falsch verbreitet, weil Victoria die richtige Quellenlage nicht zur KEnntnis nehmen will und bisher das nicht berichtigt hat.


    Muho:

    Am Schluss möchte ich noch auf ein weiteres Missverständnis eingehen, das die Person Sawaki Kôdô Rôshis betrifft. Manche Gerüchtemacher wollen uns glauben machen, dass er ein faschistischer Kriegshetzer gewesen sei. Illustriert wird das durch Zitate wie dieses: „Meine Kameraden und ich konnten gar nicht genug davon bekommen, Menschen zu töten. In der Schlacht am Baolisi-Tempel jagte ich unsere Feinde in ein Loch, wodurch ich sie sehr gut nacheinander erledigen konnte.“


    Dieses Zitat stammt jedoch nicht von Sawaki selbst, sondern aus einem Buch von Sakai Tokugen, der den Rôshi in seiner Biografie Sawaki Kôdô Kikigaki (urspr. Zen ni ikiru) durch die entstellte Redeweise wie ein heroisches Großmaul klingen lässt, eine Tatsache, die er in seinem Vorwort zu dem Buch zugibt und sich ausdrücklich dafür entschuldigt. Was Sawaki im Jahr 1940 tatsächlich sagte, war folgendes:


    „Auch ich bin in den Russisch-Japanischen Krieg gezogen, um Menschen zu morden, bis ich es über hatte. In gewöhnlichen Zeiten hätte ich mich damit in große Schwierigkeiten gebracht. Doch heute lese ich schon wieder in der Zeitung, dass irgendwo ein Feind „vernichtet“ wird. Da wird davon gesprochen, dass er mit dem Maschinengewehr „weggeputzt“ wird. Das klingt fast so, als würden die Leute bei sich zu Hause sauber machen. In Wirklichkeit halten sie das Maschinengewehr auf den Feind gerichtet, um auch den letzten Mann noch „wegzuputzen“. Stell dir einmal vor, das würde hier in Tôkyô mitten auf der Ginza passieren, dass man die Passanten einfach so mit dem Maschinengewehr von der Straße putzt als wollte man Jagd auf wilde Tiere machen! Das wäre ein großes Problem, meinst du nicht? Verglichen damit waren die früheren Kriege fast vornehm. Da wurde nur eine Patrone auf einmal geschossen. Nicht so wie heute, wo die Soldaten mit dem Maschinengewehr um sich schießen, als würden sie ein Feld mit Wasser besprühen. Damals gab es auch noch keine riesigen Bomben oder Giftgas, mit dem man dem Feind mit einem Schlag den Garaus bereitet. So ungenau ging man da nicht vor. Auch ich habe einmal bei Baolisi den Feind in eine Grube getrieben und ermordert, und ich wurde dafür noch nicht einmal bestraft. Im Gegenteil: Nach dem Krieg bekam ich die Veteranenrente. Da kann man sehen, dass man für Mord nicht immer bestraft wird. Wofür man bestraft wird oder nicht, liegt an den Regeln und Gesetzen der Zeit. Und diese Regeln machen sich die Menschen nach selbst zurecht.“ (Zitat aus Shôdôka wo kataru, Seite 414, Daihôrinkaku, 1. Auflage Tôkyô 1940)[Fussnote: Wer sich für die Details dieser und anderer Zitate Sawakis während des Krieges interessiert, sei an den Briefwechsel zwischen mir und Brian Victoria verwiesen, der im englischen Teil der Homepage von Antaiji zu finden ist (antaiji.dogen-zen.de/eng/200801.shtml).]


    In: Tag für Tag ein guter Tag, S. 126.

    mogun:
    fotost:

    Ich finde den Thread Titel ebenfalls ziemlich unglücklich gewählt.


    Ich habe den Satz nicht erfunden, sondern es eine Bemerkung in Frageform wiedergegeben, die einer zentralen Person des deutschen Soto-Zen zugeschrieben wird. Und hier interessiert mich einfach, ob dieses Zitat so richtig wiedergegeben ist und was es bedeutet.


    Wenn das ein Zitat aus dem Buch ist, dann bringe es doch hier in seinem Zusammenhang mal ein. Oder hast du das Buch gar nicht? Und wie gesagt, meine Frage war - wer ist Jochen Adam? Inzwischen habe ich gelesen, er sei (2012) noch als freischaffender Philosoph und ordinierter Zen-Mönch in Berlin zu Vorträgen aufgelaufen - dann ist er irgendwie verschwunden.
    Kennst du ihn? Oder hast du nur "was gelesen" und willst dich über Zen-Faschismus empören?

    Festus:
    Tychiades:

    Wer ist Adam?


    https://www.amazon.de/Begehren…nspersonale/dp/3814220188


    Eine Möglichkeit mehr über etwas zu sabbeln. Vor allem wenn man nicht den Arsch in der Hose hat, sich selbst damit in der Praxis auseinander zu setzen.


    Googlen kann ich selbst - und so weit war ich bereits. Aber ich bin da schon etwas weiter - die Reihe in der diese 10 Jahre alte Diss. erschienen ist, gehört zur Uni Oldenburg. Der Klappentext

    Zitat

    Die Arbeit wird sowohl die psychoanalytische Diskussion als auch die Rezeption der Zentradition im Westen nachdrücklich beeinflussen.


    ist liebreizend. Was man eben so als Herausgeber von Reihenbänden so anpreist.
    Wer ist also Adam?
    Lacan und Zen ist ja auch ein alter Hut.


    Zu Gottwald:
    http://www.gaebler.info/2012/06/zen-lebenspraxis/


    Und noch was zum Thread Titel - Zen kann nicht übertragen werden - und daher auch nicht "ins Politische" - als Ideologie lässt sich alles verwenden und jede Ideologie ist letztlich "faschistisch" bzw. autoritär.


    Das Inhaltsverzeichnis der Arbeit:
    http://www.gbv.de/dms/hbz/toc/ht014797081.pdf