Beiträge von Sudhana im Thema „Der Begriff "Lamaismus"“

    Turmalin:

    o.k. ehrwürdigster Volldurchblicker. Dann änder doch mal deinen Namen im Profil.


    Danke für den Hinweis. Hab ich gerade versucht, geht aber nicht. Der Benutzername lässt sich im Profil nicht ändern.


    Aber ich weiss schon, worauf Ihr aus seid - mich deswegen extra abmelden, das könnte Euch so passen. Wer weiss, ob mein neuer Account dann auch freigeschaltet wird ...


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    Sunu:

    Mann kann den Begriff Lamaismus sicher so auffassen, als würde es dabei um die Lehre des Lamas gehen und nicht um die Lehre Buddhas.


    Ja klar - wenn man glaubt, dass beides nichts miteinander zu tun hat ...

    Sunu:

    Ich denke es ist völlig normal, dass jeder so angesprochen werden möchte, wie er sich auch selber nennt.


    Oh - in dem Fall bitte ich darum, zukünftig mit "ehrwürdigster Volldurchblicker" angesprochen zu werden. "Eure Heiligkeit" und "Ozean der Weisheit" ist, wenn ich richtig informiert bin, ja schon vergeben. :grinsen:


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    Turmalin:

    Außerdem ist das Forum Anfängergeist ja noch online. Man könnte das beleben und dort klar sagen, dass Leute gesperrt werden, die diesen Begriff verwenden.


    Das wäre ein Verbot, einen allgemein gebräuchlichen religionswissenschaftlichen Fachbegriff zu verwenden. Nicht, dass ich an diesem Begriff hängen würde oder dass ich ihn hier außerhalb dieses Threads jemals verwendet hätte - aber solch eine (wissenschaftsfeindliche) Zensurmaßnahme wäre für mich Anlass, mich umgehend hier abzumelden. Reicht es nicht aus, dass das Tibet-Unterforum ohnehin schon 'beschützende Werkstätte' ist?


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    Sunu:
    wiki:

    Edward Conze problematisiert, dass der Begriff „Lamaismus“ eine Trennung von tibetischer und indischer Tradition impliziert.[22]


    Gerade den letzten Punkt kann ich persönlich irgendwie ganz gut nachvollziehen


    Dann würde ich empfehlen, das auch tatsächlich einmal zu tun. Ich hatte ja bereits am 25.04. geschrieben:


    Sudhana:

    Dass das - wie wiederum laut Wikipedia (der von mir sehr geschätzte) Conze angeblich "problematisiert", "eine Trennung von tibetischer und indischer Tradition impliziert" vermag ich nicht zu erkennen.


    - und gerade wegen meiner Wertschätzung Conzes mittlerweile versucht, meinerseits dessen angebliche Argumentation nachzuvollziehen. Ergebnis dieses Versuchs:

      1.) in dem Wikipedia-Artikel wird unter [22] als Quelle angegeben: Edward Conze: A Short History of Buddhism. 2. Auflage. Oneworld 1993.
      2.) vermutlich wurde die Behauptung samt Quellenangabe ohne Überprüfung aus dem englischen Wikipedia-Artikel 'Tibetan Buddhism' übernommen. Evt. (weniger wahrscheinlich) auch umgekehrt. Warum ich dies vermute, wird gleich klar werden.
      3.) im Stichwortverzeichnis der angegebenen Quelle werden unter dem Stichwort 'Lamaism' vier Fundstellen gelistet. Bei keiner findet sich etwas in Richtung der von Wikipedia behaupteten 'Problematisierung'. Auch sonst nicht in dem schmalen (ohne Index und Bibliographie gerade mal 133 Seiten umfassenden) Büchlein. Vielmehr verwendet Conze den Begriff völlig unbefangen.


    Grundsätzlich angemerkt: seit Jahren mache ich immer wieder darauf aufmerksam, dass Wikipedia grundsätzlich keine vertrauenswürdige Quelle sondern lediglich als Einstiegsportal für ernsthafte Recherchen brauchbar ist. Wobei ich nicht bestreite, dass es auch qualitativ hochwertige Einträge gibt - nur fehlt eine durchgehende Verläßlichkeit. Was von dem Wikipedia-Artikel, der als Anlass und Begründung des UP herhalten musste, bleibt:


    Wikipedia:

    Als Lamaismus bezeichnen zahlreiche westliche Autoren und Tibetologen sowie einige tibetische Autoren ...


    und

    Wikipedia:

    Einige westliche Autoren lehnen den Begriff „Lamaismus“ als Bezeichnung für den tibetischen Buddhismus ab ...


    Angeführt als Beleg für das zweite Zitat werden dann lediglich zwei Autoren - davon einer zumindest mit falscher Quellenangabe wenn nicht (was ich stark vermute) gänzlich unberechtigt. Sicher könnte man weitere Autoren nennen - fragt sich nur, ob das dann auch seriöse Geisteswissenschaftler mit entsprechendem akademischen 'standing' sind. Da kann man hinsichtlich des Wikipedia-Artikels schon von (gezielter?) Desinformation sprechen.


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    void:

    Einen Religionswissenschaftler sollte sich ja nicht von der Innenperspektive vereinnehmen lassen. Aber es ist ja überhaupt nicht einsichtig, warum ein Angehöriger seiner Religion sich beim praktizieren seiner Religion einer religioswissenscaftliche Begrifflichkeit der Aussenperspektive vorschreiben lassen sollte.


    Hmmm ... Irgendwie habe ich das aber ganz anders in Erinnerung, wer da wem etwas vorschreiben will. Okay, vielleicht ist "vorschreiben" ein etwas starkes Wort - aber es hieß doch immerhin:

    Sherab Yönten:

    Es wäre schön, wenn dieser Begriff für den tibetischen Buddhismus hier im Forum nicht (mehr) verwendet werden würde!


    kilaya:

    da er fast immer abwertend benutzt wird zur heutigen Zeit, wäre es ein Zeichen des Respekts, ihn lieber nicht zu verwenden.


    morpho:

    Der Begriff wird hier nicht verwendet und da gilt auch keine Extrawurst


    kilaya:

    der von Dir gewählte Begriff wird vorwiegend abwertend genutzt und ist daher noch weniger geeignet, als alles andere. Es sei denn, man besteht darauf, den Gesprächspartner zu ärgern.


    usw. usf. - da wird wohl eher umgekehrt ein Schuh draus, oder? Eine Aufforderung, "aus der Innenperspektive" heraus diesen Begriff zu verwenden bzw. den Versuch, dies vorzuschreiben, konnte ich in dem Thread hingegen beim besten Willen nicht entdecken. Was mich selbst angeht, eine kleine Erinnerung, was ich vor einer Woche geschrieben habe:

    Sudhana:

    Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, einen Begriff wie 'Lamaismus' zu vermeiden, wenn dieser (losgelöst von der Intention) von meinem Dialogpartner als respektlos empfunden wird - auch, wenn man es mit der political correctness wahrlich übertreiben kann und es eigentlich auch interessantere Probleme gibt.


    Btw folgte unmittelbar darauf noch eine Frage, die (wie andere auch) unbeantwortet geblieben ist:

    Sudhana:

    Aber die, die sich das wünschen, trotzdem mal gefragt - was macht ihr eigentlich, wenn nun der Ersatzbegriff, welcher auch immer es sein darf, ebenfalls "aus bestimmten Kreisen überwiegend abwertend verwendet" wird? Ist dann die nächste Streichung im Wortschatz fällig? Und soll man sich solche Streichungen wirklich durch "bestimmte Kreise" diktieren lassen?


    Aber dies nur nebenbei. Dass sich der Begriff 'Lamaismus' in einer Diskussion über dessen Verwendung nicht vermeiden lässt, wird mir hoffentlich entschuldigend angerechnet. Worum es mir ging, war vor allem, die in meinen Augen hanebüchene Begründung für den Wunsch nach Vermeidung eines an sich (anders als z.B. der Begriff 'Hinayana') völlig wertfreien religionswissenschaftlichen Begriffs zu hinterfragen. Dass dieser Begriff auch in nicht wertfreien Kontexten verwendet wird, kann ja wohl keine ernstzunehmende Begründung sein - zumindest ich nehme Leute, die so etwas tun, jedenfalls auch nicht ernst. Wohin so etwas führen kann, habe ich hier im letzten Absatz versucht, aufzuzeigen.


    Wobei - was mich überhaupt erst veranlasst hat, mich an dieser Diskussion zu beteiligen, das war der Versuch, Anderen allein schon wegen der Benutzung bestimmter Begriffe - hier eines eingeführten, in der einschlägigen Literatur seit gut 180 Jahren gebrauchten Fachbegriffs - eine diffamierende Gesinnung zu unterstellen. Man kann's mit der Paranoia wahrlich auch zu weit treiben ...


    Ich erspare mir und Euch, über die politischen und psychologischen Agenden, die hinter solch Orwell'scher Sprachpflege stehen könnten, öffentlich zu spekulieren. Daher ziehe ich auch hier vorerst meinen persönlichen Schlussstrich.


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    kilaya:

    Ich kann nur mit der neueren westlichen und negativ konnotierten aktuelleren chinesischen Verwendung kontern, für die ich ein paar kleine Beispiele gebracht habe.


    Es gibt da ein kluges Wort von einem gewissen Herrn Schiller: Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen. Ich fühle mich, was die Verwendung des Begriffs 'Lamaismus' angeht, mit Giuseppe Tucci - oder, um "neuere westliche" (und sogar deutschsprachige) renommierte Religionswissenschafter zu nennen, z.B. Karl-Heinz Golzio und Heinz Bechert - in guter Gesellschaft. Die, deren Gesellschaft man nicht so ohne weiteres 'gut' nennen möchte, wiegen dagegen leicht. Zu leicht, um mir von Ihnen den Sprachgebrauch vorschreiben zu lassen.


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    Übrigens: selbst im Sprachgebrauch des religiöser Diffamierung gewiss unverdächtigen Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland heisst die in der Mongolei verbreitete Religion "lamaistischer Buddhismus". Vielleicht organisiert ihr ja mal eine Petition an Siggi Pop, dass das endlich geändert wird ... 8)

    kilaya:

    Warum Lamaismus nicht als Oberbegriff geeignet ist (historischer Kontext) wurde schon mehrfach erklärt.


    "Erklärt" wurde überhaupt nichts. Jedenfalls nicht mir - nach meiner Wahrnehmung wurden lediglich irgendwelche diffusen Befindlichkeiten artikuliert. So hatte ich Dich vor mittlerweile einer Woche z.B. um eine Erklärung für diese Behauptung gebeten:

    Sudhana:
    kilaya:

    Der Begriff wurde und wird überwiegend abwertend oder aus Unverständnis verwendet


    Das hätte ich jetzt doch einmal gerne konkret belegt - alleine durch Insistieren und häufiges Wiederholen wird eine solche Behauptung ja nicht notwendig plausibel oder gar richtig.


    - jedoch ohne Erfolg. Was mich, nebenbei bemerkt, nicht überrascht hat.

    kilaya:

    Es gibt den Begriff auch in der Mongolistik, das erhebt ihn aber nicht zu einem geeigneten Oberbegriff. So wie das katholische Christentum auch kein "Priesterismus" ist.


    Wenn wir hier schon mit schiefen Vergleichen arbeiten, dann schon mit einem nicht ganz so schiefen: Katholizismus ist kein 'italienisches Christentum' und deutsche, polnische oder französische Katholiken sind keine 'italienischen Christen'. Nur mal so als Hinweis ...


    Kommen wir jetzt doch noch mal zum "historischen Kontext". Dass 'Lamaismus' lediglich die Übertragung des chinesischen lamajiao 喇嘛教 (wörtl. 'Lehre der Lamas') ist, hatte ich ja schon angemerkt. Der Begriff bezeichnete in China die Form des Buddhismus, der die neue Herrschaftselite nach dem Untergang der Ming-Dynastie anhing und die sich von der sonst in China üblichen unterschied. Dass das dieselbe Form ist, die auch in Tibet vorherrschend ist, wusste man natürlich. Aber man wusste auch, dass Mandschu (und Mongolen) nun einmal keine Tibeter sind. Genau diesem Umstand - den Gemeinsamkeiten von tibetischem, mandschurischem und mongolischem Buddhismus und deren Unterschied zum Buddhismus der Han-Chinesen - trug man mit dem Begriff lamajiao Rechnung.


    Das - dass diese Form des Buddhismus nicht auf Tibet beschränkt ist, sondern im gesamten Zentralasien und vom kaspischen Meer bis zur Pazifikküste des nordöstlichen China verbreitet ist - war auch Sándor Kőrösi Csoma bewusst, der den englischen Begriff 'lamaism' als Übersetzung von lamajiao in die westlichen Geisteswissenschaften einführte. Wem der Name nichts sagen sollte - Csoma ist der Begründer der Tibetologie, er verfasste als erster eine tibetische Grammatik und ein tibetisch-englisches Wörterbuch (1834). Und er war kein Schreibtischtäter - zwar gelangte er nicht nach Tibet selbst (die Einreise wurde ihm verweigert), aber nach Ladakh und nach Zanskar, wo er in ein buddhistisches Kloster eintrat. Er war auch der erste, der eine umfassende Darstellung des Kangyur, den er dort studierte, veröffentlichte und damit die spezifischen Lehren des Lamaismus im Westen bekannt machte. Das war 1835, nach einem über zehnjährigen Studium vor Ort. Das ist, wie gesagt, der Mann, dem wir den Begriff 'Lamaismus' verdanken.


    Csomas 'Analysis of the Kandjur' war das Standardwerk über den Lamaismus bis zum Erscheinen von Laurence Austin Waddells 'The Buddhism of Tibet or Lamaism' 1895. Waddell war eigentlich Arzt im englischen Indian Medical Service, er bereiste insbesondere im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts Sikkim und die nepalesisch-tibetische Grenzregion, 1903-1904 war er Teilnehmer der sog. Younghusband-Expedition nach Tibet, 1906-1908 Professor für Tibetisch am University College of London, danach widmete er sich der sumerischen Kultur. Nicht unerwähnt bleiben darf natürlich Giuseppe Tucci, einer der bedeutendsten Orientalisten überhaupt, ohne dessen Editionen und Übersetzungen (aus dem Sanskrit, dem Tibetischen und dem Chinesischen) der heutige Wissensstand über den Mahayana-Buddhismus ein deutlich niedrigerer wäre. Insbesondere zwischen 1932 und 1950 arbeitete er über Tibet; mit Feldarbeit 1933 und 1935 in Westtibet, 1937 und 1939 sowie 1948 in Zentraltibet einschließlich Lhasa. Hauptwerke dieser Schaffensperiode seine sieben Bände Indo-Tibetica (1932 - 1941 erschienen) und sein 'Tibetan Painted Scrolls' in zwei Bänden (1949). 1970 veröffentlichte er zusammen mit dem Mongolisten Walther Heissig auf Deutsch 'Die Religionen Tibets und der Mongolei' - seither und bis heute Standardwerk über den Lamaismus.


    Das ist der historische Kontext des Begriffs 'Lamaismus' - die drei genannten außergewöhnlichen Wissenschafter stehen nur für die wichtigsten Stationen seiner Begriffsgeschichte. Dazu mal grundsätzlich: entwickelte Begriffe sind das Werkzeug des Geisteswissenschaftlers und wie andere Werkzeuge auch entsorgt man Begriffe erst dann, wenn einem ein geeigneteres Werkzeug zur Verfügung steht. Und vor allem nicht nur aus dem Grund, weil irgendwelche Schwachmaten es sich herausnehmen, ebenfalls damit herumzuhantieren. Und nein - 'tibetischer Buddhismus' ist kein geeigneterer Begriff. Es ist ein ethnozentrischer Begriff, der seine Berechtigung für den tibetischen Kulturkreis hat - aber nicht für den mongolischen oder den Nordosten Chinas. Es mag ja hier im Westen Menschen geben, die sich als "tibetische Buddhisten" fühlen - quasi als Tibeter ehrenhalber. Es sei ihnen gegönnt, so lange sie nicht auch Angehörige anderer nichttibetischer Kulturen ungefragt dazu erklären. Aber es sei ihnen auch geraten, sich bewusst zu machen, dass der Überblick, den sie zu haben glauben, daher rührt, dass sie auf den Schultern von Riesen sitzen. Diesen wiederum pauschal "Abwertung" oder gar "Unverständnis" zu bescheinigen, zeugt mE eher davon, dass es mit dem Überblick nicht ganz so weit her ist.


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    Ja und? Das ist doch komplett Quatsch. Der Dalai Lama ist definitiv nicht das "Oberhaupt" der Kagyü, der Nyingma oder Sakya. Streng genommen nicht einmal der Gelug, das ist der Ganden Tripa. Politisches "Oberhaupt" Tibets ist er nun auch schon eine ganze Weile nicht mehr - 1975 war er allenfalls Oberhaupt einer von keinem Staat weltweit anerkannten Exilregierung.


    Soviel zur Seriosität und Fachkompetenz von Herrn Kirner.


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    mkha':

    ... aber, was auch immer die Menschen dieser Welt, seien es nun Experten oder „Laien-Weise“, zu Art und Umfang, dieser, den tibetischen Menschen wichtigen, Lehre glauben anmerken zu müssen, ist für die Tibeter, (und auch manch westlichen Schüler), irrelevant,


    Eben. Wo ist da das Problem? Hingegen:

    void:

    Der Begriff "Lamaismus" ist stark mit einer Aussenwahrnehmung der tibetischen Religion verbunden. Vielleicht passt der Begriff, wenn man sich der tibetischen Religion aus einer Distanz nährt und sich von manchen Details befremdet fühlt.


    Nicht ganz richtig (das "von manchen Details befremdet fühlt" ist Kappes), aber es geht zumindest in die richtige Richtung. 'Lamaismus' ist - wie schon angemerkt - ein taxonomischer Begriff, der bestimmte Formen mit gemeinsamen Merkmalen zusammenfasst und damit von anderen unterscheidet. Insofern natürlich eine (vergleichende) Außensicht voraussetzend - genauer: einen religionsphänomenologischen Ansatz. Als Ersatzbegriff ist 'tibetischer Buddhismus' schlicht ungeeignet, weil das, was man z.B. bei den Kalmücken findet, nun einmal kein 'tibetischer Buddhismus' ist, sondern kalmückischer. So wie das, was hier im Nachbarort im Diamantweg-Zentrum getrieben wird, ebenfalls kein 'tibetischer Buddhismus' ist. Genausowenig wie das, was ich praktiziere, 'japanischer Buddhismus' ist.


    Ansonsten - ich finde es ohnehin unerträglich, dass hier ständig der Begriff 'Buddhismus' verwendet wird. Das heisst Dharma oder Buddhadharma. 'Buddhismus' ist ein Begriff, der überwiegend von Außenstehenden in abwertender Absicht gebraucht wird. Es wäre schön, wenn dieser Begriff für den Buddhadharma hier im Forum nicht (mehr) verwendet werden würde! Viele werden das natürlich von sich weisen, sie würden 'Buddhismus' in abwertender Absicht verwenden. Aus meiner Sicht wäre eine Handlung, die die Aussage, nicht abwerten zu wollen, stützt, wenn diese sich freiwillig bereit erklären würden, auf den Begriff zu verzichten. Die Vehemenz, mit der auf der Verwendung des Begriffs 'Buddhismus' bestanden wird, wirkt auf mich konträr zur Erklärung, nicht abwerten zu wollen.


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    kilaya:

    Warum gehst Du nicht auf das Argument ein, dass der Begriff aus bestimmten Kreisen überwiegend abwertend verwendet wurde


    Hmm - Leute, die sich zu dieser speziellen Spielart des Buddhismus abwertend äußern, können das doch problemlos mit anderen Begriffen genauso gut tun. Der Begriff selbst ist jedenfalls rein deskriptiv und durch eine schlichte Übertragung des chinesischen lamajiao 喇嘛教 (wörtl. 'Lehre der Lamas') - was ja nun wirklich nicht falsch ist - in den abendländischen geisteswissenschaftlichen Begriffsapparat gelangt. Das ist übrigens - auch wenn das laut Wikipedia Donald Lopez so zu behaupten scheint - keine Abgrenzung gegen fojiao 佛教 (Buddhas Lehre, Buddhismus) sondern eine Unterform davon. Die Bezeichnung jiao 教 (Lehre, '-ismus') wird den unterschiedlichsten buddhistischen Lehren im Rahmen taxonomischer Systeme (panjiao 判教 - von denen es im Chinesischen einige gibt) zugeordnet. So gibt es - um nur zwei Beispiele herauszugreifen - dementsprechend auch die deskriptiven Bezeichnungen jingtujiao 淨土教 (Reines-Land-Lehre) oder chanjiao 禪教 ('Lehre des Chan / Zen') - was nun aber nicht impliziert, dass das kein fojiao 佛教 ist.

    kilaya:

    Der Begriff wurde und wird überwiegend abwertend oder aus Unverständnis verwendet


    Das hätte ich jetzt doch einmal gerne konkret belegt - alleine durch Insistieren und häufiges Wiederholen wird eine solche Behauptung ja nicht notwendig plausibel oder gar richtig. Der Begriff stammt jedenfalls in dieser Form (Lamaismus, lamaism) aus dem religionswissenschaftlich / ethnologischen Begriffsapparat und ist als wissenschaftlicher Begriff wertfrei. Was gemeint ist, ist erfreulich deutlich - wie das nun wiederum gemeint ist, ist eine völlig andere Geschichte. Jedenfalls - Abwertungen und Unverständnis behebt man nicht durch Sprach- oder Denkverbote.

    mkha':

    Für den Dalai Lama steht der tibetische Buddhismus ganz in der indischen Tradition.


    Ähmmm - ja? Und? Welche Form des Buddhismus tut das denn nicht? Dass das - wie wiederum laut Wikipedia (der von mir sehr geschätzte) Conze angeblich "problematisiert", "eine Trennung von tibetischer und indischer Tradition impliziert" vermag ich nicht zu erkennen. Dabei - wenn man schon so feinfühlig ist und stattdessen von "tibetischem Buddhismus" spricht, impliziert das nicht auch "eine Trennung von tibetischer und indischer Tradition"? So irgendwie?


    Dass nun der nordindische Buddhismus des 10. / 11. Jahrhunderts und der heutige Buddhismus in Tibet, auch wenn dieser zweifellos auf ersterem aufsetzt, identisch wären, wird hingegen wohl niemand ernsthaft behaupten wollen. Zum einen war die tibetische Rezeption (unvermeidlich) sowohl selektiv als auch eklektisch, zum anderen erfuhr der in Tibet rezipierte Buddhismus (genauso unvermeidlich) nicht unerhebliche Modifikationen u.a. durch autochthone religiöse Elemente (Schamanismus, Bön) insbesondere im rituellen Bereich - etwa die spezifische Ritualmusik, Bestattungsriten, Rauchopfer, Tormas usw. usf. Am auffälligsten natürlich die sog. chubilghanische Erbfolge. Sind dies nun eher Äußerlichkeiten, so gibt es natürlich auch inhaltlich Entwicklungen - neben einer spezifischen exegetischen Tradition (z.B. Zhentong) vor allem die Termas.


    Dass es unsinnig ist, statt von Lamaismus von Vajrayana zu sprechen, dürfte ja hinlänglich klar geworden sein. Auch die Bezeichnung 'tibetischer Buddhismus' ist zumindest dann irreführend, wenn etwa vom Buddhismus in Bhutan, Ladakh, Sikkim und Nepal die Rede ist. Erst recht, wenn es um den Buddhismus diverser mongolischer Ethnien von den Kalmücken im Westen bis zu den Burjaten und Daghur im Osten sowie den Mandschu geht, die man beim besten Willen keinem tibetischen Kulturraum zuordnen kann. Von den Ablegern z.B. in USA und Europa ganz zu schweigen ...


    Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, einen Begriff wie 'Lamaismus' zu vermeiden, wenn dieser (losgelöst von der Intention) von meinem Dialogpartner als respektlos empfunden wird - auch, wenn man es mit der political correctness wahrlich übertreiben kann und es eigentlich auch interessantere Probleme gibt. Aber die, die sich das wünschen, trotzdem mal gefragt - was macht ihr eigentlich, wenn nun der Ersatzbegriff, welcher auch immer es sein darf, ebenfalls "aus bestimmten Kreisen überwiegend abwertend verwendet" wird? Ist dann die nächste Streichung im Wortschatz fällig? Und soll man sich solche Streichungen wirklich durch "bestimmte Kreise" diktieren lassen?


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