Beiträge von Sudhana im Thema „Wer hat das Universum erschaffen?“

    void:

    Wobei ich glaube, dass es vielen Leuten bei der Idee eines Schöpfers eigentlich um etwas anderes geht: Wenn alles gewollt und geplant ist, dann hat es ja von Anfang an einen Sinn und so ein Sinn gibt einem Geborgenheit.


    Nicht notwendig. Da wäre ja noch die Theorie des "unintelligent design", für die dann mE doch sehr viel mehr empirische Belege sprechen. Von hier:



    bis hier:


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    Wie ich gerade sehe, wurde noch nicht auf das im Zusammenhang mit der Ausgangsfrage interessante Titthāyatanādi Sutta (AN.III.62) verwiesen. Natürlich beantwortet Buddha dort nicht die Frage, wer oder was "Alles" erschaffen hat, aber er äußert sich dort u.a. zu der Auffassung, dass "Alles" von einem Issara (etwa: "Herr", vgl. hebräisch "Adonāi" - mein Herr, Gebieter) erschaffen wurde.


    Er macht dabei auf die logischen Konsequenzen aufmerksam, die aus der Wahrheit einer solchen Auffassung folgen würden - so, dass dann z.B. auch asoziales Verhalten dem Willen dieses Issara entsprechen müsse. Das geht in Richtung des Theodizeeproblems, das auch schon in der frühen griechischen Philosophie als das entscheidende Dilemma dieser Auffassung erkannt wurde - zumindest wenn man dem postulierten Schöpfer auch noch unterstellt, er sei seiner Schöpfung gegenüber wohlwollend und nicht grausam.


    Buddha zielt jedoch vor allem auf einen anderen Punkt ab: den mit dieser Auffassung notwendig verbundenen Determinismus, den z.B. im Christentum (logisch konsequent) dann insbesondere Augustinus und auch Luther vertreten haben. Zum einen wird - so Buddha - damit die Verantwortung für jegliches, auch unheilsames Handeln, vom Handelnden selbst auf den Issara verschoben, zum anderen entfällt damit auch jeglicher Grund, sich aktiv um Befreiung (bzw. Überwindung von Duhkha), zumindest jedoch um heilsames Handeln zu bemühen. Das heisst, der mit der Auffassung einer Schöpfung durch einen Schöpfer verbundene Determinismus führt auf psychologischer Ebene zum Fatalismus. Buddha nennt Vertreter dieser Auffassung "geistig Unklare und unbeherrscht Lebende".


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    Guten Abend mkha'

    mkha':

    meine Frage an Dich basierte einfach auf Interesse an Deiner Intention.


    ... so wie meine Antwort an @Hund u.a. auf Interesse an seiner Intention basierte.

    mkha':

    Würde er nicht auch überlegen, dass diesem User vielleicht die Inhalte/ Zusammenhänge der buddhistischen Lehre noch nicht so geläufig sein könnten, … dass er möglicherweise dachte, er könne diese Sachverhalte irgendwo nachlesen, … oder aber durch Rückversicherung klarstellen, dass es in der buddh. Phil. nie solch eine Lehre gab.


    Das wäre ein Schluss, zu dem ein solches Interesse führen könnte. Mein Schluss geht eher in die Richtung, dass ich ihm seine 'Naivität' nicht so recht abkaufe. Wie auch immer - Jeder ist für seine Interessen und seine Schlüsse selbst verantwortlich und ob die dann tatsächlich etwas mit dem Gegenstand des Interesses zu tun haben, ist eine andere Frage.

    mkha':

    Ok, ... genug Theater um ein paar Worte, ... Dass kommt davon, wenn ältere Leute wider besseren Wissens zu neugierig sind! :shock: ... ;)


    Oder wenn sie sich spät abends im Internet herumtreiben, statt ins Bett zu gehen. Ist jetzt aber auch wirklich Schluss für heute ... I-O


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    mkha':
    Zitat

    Die Frage ist in der Tat naiv -


    Weshalb denn, Sudhana?


    Naiv ist die Frage "wer oder was Alles erschaffen hat", weil die Frage selbst durch ihre Formulierung die Antwort im Wesentlichen vorgibt: "Jemand" oder "Etwas". Anders gesagt: weil sie - eben naiv - voraussetzt, dass Alles (von Jemandem oder Etwas) "erschaffen" ist. Sinnvoll und nicht naiv ist diese Frage erst dann, wenn geklärt ist, ob Alles erschaffen ist. (Wobei das jetzt nur eine Wiederholung dessen ist, was ich bereits geschrieben habe).

    mkha':

    Naiv wäre es, alles zu glauben und nicht(s) zu (hinter-)fragen.


    Eben. Die genannte Voraussetzung der gestellten Frage ist unhinterfragt geglaubt. Sonst könnte und würde man die Frage so nicht ernsthaft stellen.

    mkha':
    Zitat

    ... was allerdings viele Menschen offensichtlich nicht davon abhält, darauf allen Ernstes eine Antwort zu geben.


    Findest Du das verwunderlich? Weshalb sollte ich einem Fragesteller nicht antworten?


    Zur ersten Frage: mich über Fragen und Antworten zu wundern, versuche ich mir abzugewöhnen :) . Das gelingt mir, glaube ich ganz gut - zumindest das hier angesprochene fromme Frage-und-Antwort-Spiel finde ich nun überhaupt nicht "verwunderlich". Zur zweiten: in die verlinkten Sutten, die Du @Hund angeboten hast, habe ich nur kurz 'reingeschaut (ich kenne sie, habe aber nur aufgrund Quellenangabe nicht gleich den Inhalt parat). Ich denke trotzdem nicht, dass sie eine Antwort auf @Hunds Frage enthalten - jedenfalls keine direkte, also nicht die, nach der er gefragt hat. Die hätte er beispielsweise bekommen, wenn er seine Frage stattdessen hier gestellt hätte. In diesem Sinn denke ich nicht, dass Du dem Fragesteller geantwortet hast. Den indirekten Verweis auf den 'Giftpfeil' (der nun sogar in Richtung Sinnlosigkeit, nicht nur Naivität der Frage geht) habe ich ja selbst noch einmal unterstrichen.


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    Hund:

    Danke für die Antworten, allerdings fällt niemals die warscheinliche "naiv-primitive" Frage des "Wers". Also nicht ob die Welt Ewig oder nicht Ewig ist, sondern Wer oder Was hat diese Welt erschaffen.


    Die Frage ist in der Tat naiv - was allerdings viele Menschen offensichtlich nicht davon abhält, darauf allen Ernstes eine Antwort zu geben. Die Frage setzt schon etwas voraus - nämlich die, dass alles, was ist, eben "geschaffen" ist. Aus dieser unbegründeten Voraussetzung wird dann fröhlich gefolgert, es müsse also einen Schöpfer geben - und es wird nach einem "Wer" oder "Was" gefragt. Wobei man natürlich übersieht, dass daraus ja auch die Frage folgen müsste, wer dann den Erschaffer geschaffen hat. Usw. usf. bis ins Unendliche. In der Logik nennt man so etwas einen regressus ad infinitum - das führt nirgendwo hin.


    Um dem vorzubeugen, wird dann einfach behauptet, der Erschaffer sei selbst nicht erschaffen - der sei halt einfach so da, ohne irgendeinen Grund, und erschaffe so vor sich hin - von Montag bis Samstag, am Sonntag legt er mal die Füße hoch und lässt sich selbst einen guten Mann sein. Warum man diese Vermutung - also, dass es nicht geschaffen ist, sondern einfach existiert - statt auf einen Schöpfer nicht gleich auf das angeblich von ihm Erschaffene anwendet, hat nur einen Grund: dann gäbe es keine Notwendigkeit für diesen Schöpfergott, für die entsprechenden Geschichten, die man sich über diesen Schöpfergott ausdenkt ('Religionen') und vor allem nicht für Priester, die diese Geschichten erzählen (und in der Regel recht komfortabel davon leben können).


    Etwas weniger naiv ist da schon die Frage, warum überhaupt etwas existiert und nicht nichts. Mal abgesehen davon, dass niemand darauf eine vernünftige und nachvollziehbare Antwort geben kann, gibt es wichtigere Fragen. Insofern gilt auch hier, bei dieser Frage, was Buddha im Cūḷamāluṅkya Sutta mit dem Gleichnis vom Giftpfeil verdeutlichen wollte.


    Mal grundsätzlich: der Begriff 'erschaffen' ist im Zusammenhang mit Buddhas Lehre völlig fehl am Platz. Buddha spricht hingegen von 'ergreifen'. "Die Welt" entsteht nicht durch 'Erschaffen', sondern durch 'Ergreifen', Upādāna. Upādāna ist ein Prozess - jedoch kein schöpferischer, sondern ein triebgesteuerter und Leiden erzeugender.


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