Beiträge von Sudhana im Thema „Spiritueller Materialismus“

    Tychiades:

    Ich hätte da noch einen ausgezeichneten Chateau Batailley Grand Cru, Pauillac von 1989 ....


    Na denn Prost.


    Trinke, bis die Nase glänzt
    rot wie ein Karfunkel
    dass du eine Leuchte hast
    in des Daseins Dunkel.


    :clown:

    Tychiades:

    Schluss. Aus. Ende.


    Gut. Was mich angeht, so werde ich heute abend noch ein wenig in Shōbōgenzō Bukkyō blättern. Mit Dōgen bin ich bislang ganz gut gefahren.


    Zitat

    Not knowing the one mind as the Buddha’s teaching and not hearing the Buddha’s teaching as the one mind, they say that there is the Buddha’s teaching outside of the one mind.
    [...]
    why would Old Man Śākyamuni have instituted teachings and methods that could have no place in the everyday conduct of Buddhists? Old Man Śākyamuni intended, already, to create teachings and methods to be transmitted one-to-one: what Buddhist patriarch would wish to destroy them? Therefore, the meaning of “the one mind that is the supreme vehicle” is just the three vehicles and the twelve divisions of the teaching, and is just the Mahayana treasury and the Hinayana treasury.


    ()

    Morpho:

    Schätze er meint die Denktätigkeit, Sudhana.
    S.11.12.(Nahrungstoffe) Da tut er ganz recht mit Entreizung.


    Du meinst sicher S.12.11. Natürlich ist von āhāra die Rede. Essen, Berührung, Denktätigkeit und Bewußtsein. Bei mir auch :), pars pro toto.


    Was den Umgang mit āhāra angeht, besteht sicher auch kein Dissenz. Ob man das nun neumännisch "Entreizung" oder Nicht-anhaften nennt ...


    ()

    Tychiades:
    Sudhana:


    Es ist ja nicht so, dass die Schriften für Huineng ein Hindernis gewesen wären - es war ein Vers des Diamantsutra, das ihn erwachen ließ ...


    Solche Sätze liebe ich - aus X folgt Y - beim einen war es ein Kiesel, beim anderen ein Furz, vielleicht war es garnicht der Vers, sondern die Stimme - der Kuckuck, lauter Metaphern. Wenn dieses, dann jenes - hat mit den Schriften nichts zu tun. Vielleicht aber mit dem Sammeln von Holz? Alles spekulativ. Es ist einfach nur eine Zuschreibung.


    Ist ja alles richtig. Nur kommt bezeichnenderweise niemand auf die Idee, der Kiesel, der Furz, der Kuckuck müsse nun "vernichtet" werden.

    Tychiades:

    Ich sehe es so: er war bereits erwacht und als die Worte in sein Bewusstsein drangen, erkannte er die Einheit seines Zustandes mit den Worten. Es ging im ein Licht auf.


    Das sehe ich nicht anders. Für ihn waren diese Worte eine Spur. Eine Spur ist etwas, das man hinter sich lässt - auch und gerade, wenn man ihr folgt. Warum sich mit dem sinnlosen Versuch aufhalten, Spuren zu vernichten?

    Tychiades:

    Vernichtung meint ja hier zu erkennen, das das alles vergänglich ist - es ist eigentlich ungeboren.


    Nun - wenn Du "Vernichtung" mit einer Erkenntnis gleichsetzt, dann ist das Vernichtung einer falschen Sicht. Das hat ausschließlich etwas mit Dir und Deiner Sicht zu tun aber nichts mit den "Spuren" oder den "Schriften und Studien".

    Tychiades:

    Und dann macht man eben doch ein Fass auf, öffnet wie Konserven das Zeug und wärmt es auf, es ernährte den Geist eine Weile und schuf eine Menge an Vorstellungen, Ansichten und Illusionen.


    Ja- Konserven wie MN 117 oder Dōgens Aigō. Oder diese hier:

    Tychiades:

    "Durch Nahrung ist dieser Mensch geworden. Auf Nahrung gestützt ist die Nahrung zu überwinden."


    - und wenn man dann ein wenig weiter löffelt, schmeckt es so:

    Zitat

    Mit Bezug worauf aber wurde dies gesagt? Da nimmt, o Schwester, der Mönch weise besonnen die Almosenspeise zu sich, nicht etwa zum Vergnügen oder aus Betörung, nicht um üppig und schön zu werden; sondern eben nur zur Erhaltung und Fristung dieses Körpers, um Schaden zu verhüten und den heiligen Wandel zu ermöglichen; im Gedanken: 'Auf diese Weise werde ich das alte Gefühl stillen und keine neuen Beschwerden aufkommen lassen, und langes Leben, Unbescholtenheit und Wohlbefinden wird mir beschieden sein'. Nach einiger Zeit überwindet er nun, auf Nahrung gestützt, die Nahrung. Wurde also gesagt: 'Durch Nahrung, o Schwester, ist dieser Körper geworden; auf Nahrung gestützt, ist die Nahrung zu überwinden', so wurde dies eben darum gesagt.


    Heisst 'Nahrung überwinden' nun, Buddha Shakyamuni hätte nach seinem Erwachen keine Nahrung mehr "zur Erhaltung und Fristung dieses Körpers, um Schaden zu verhüten und den heiligen Wandel zu ermöglichen" benutzt?


    Übrigens - wenn schon Konserve, bin ich eher für solche Kost (ist natürlich reine Geschmackssache):

    Zitat

    Große Leere des Himmels


    Diesen Mond des Herz-Geistes
    betrachtend obwohl
    im Dunkel irrend, seine
    Formen und Farben liebend
    (Dōgen, ōzora ni)


    Tychiades:

    Die Spuren, um die es hier geht, sind ja nicht sichtbar, sondern sie offenbaren sich, dem der sie sucht.


    Sie sind sichtbar für das Buddha-Auge.

    Zitat

    Die Zahl jener, die sehen können, ist eine Zahl, die nur ein Buddha zählen kann. Ohne es zu bemerken waren sie alle in der Lage, den Spuren von Buddhas Pfad zu folgen. Wenn diese Spuren für dein Auge sichtbar sind, bist du zweifellos in der Gegenwart von Buddhas und wirst ihre Fußspuren mit denen anderer vergleichen können. Wenn du diesen Vergleich machst, wirst du in der Lage sein, die Spuren eines Buddha zu erkennen, wie auch die Größe und Tiefe der Spuren, die dieser Buddha hinterlassen hat und durch die Betrachtung dieser Buddha-Spuren werden dir deine eigenen Spuren klar werden. Wenn wir lernen, was diese Spuren eines Buddhas sind, nennen wir sie Buddhadharma - das heisst, unser wahres Selbst.
    (Shōbōgenzō Yuibutsu Yobutsu)


    ()

    Tychiades:

    Wer sein Schriften und Studien für nichtig erkennen kann und sie daher vernichten kann - das ist die wahre Tradition, in der Zen übertragen wird.


    Das möchte ich dann doch noch aufgreifen, da hier der Bezug zu 'spirituellem Materialismus' etwas deutlicher ist. Bei solchen Aussagen denke ich dann an das schöne Bild des irren Liang, wo Huineng das Sutra zerreisst:

    Schön pathetisch und so ikonoklastisch ... - und dabei selbst eine Ikone. 8) Historisch ist das in etwa so ernst zu nehmen wie die Geschichte, Huineng sei Analphabet gewesen (wobei die eine die andere erklären würde). Es handelt sich tatsächlich nur um ein Bild, eine Metapher - und keine sonderlich geglückte, weil missverständlich, wie ich finde. Es ist ja nicht so, dass die Schriften für Huineng ein Hindernis gewesen wären - es war ein Vers des Diamantsutra, das ihn erwachen ließ ...


    Zweifellos sollte man "Schriften und Studien", wenn man mit ihnen fertig ist, hinter sich lassen, sie loslassen. Wer darüber hinaus noch meint, er müsse sie vernichten, der hat sie dann allerdings nicht wirklich losgelassen. Und der sollte seine Schriften auch nicht in einem Internetforum veröffentlichen, wo er sie nicht mehr löschen kann. :) Heisst es nicht: "kein Anhäufen, kein Vernichten"? Wir folgen auf unserem Weg den Spuren der Älteren und hinterlassen dabei unvermeidlich selbst Spuren. Den Spuren der Buddhas vor uns mit ganzem Körper-und-Geist zu folgen - das ist die wahre Tradition, in der Zen übertragen wird. Die Mühe, die "eigenen" Spuren zu verwischen, sollte man sich nur machen, wenn sie in die Irre geführt haben. Loslassen ist nicht vernichten, loslassen ist geben.

    Zitat

    “Geben” meint, nicht zu begehren. Auch wenn einem im Grunde nichts wirklich gehört, hält uns das nicht vom Geben ab. Verachtet selbst eine kleine Gabe nicht, ihr Geben wird mit Sicherheit Früchte tragen. Daher sollten wir auch eine Zeile oder einen Vers der Lehre geben und so guten Samen für dieses und andere Leben säen. Wir könnten auch einen Cent oder ein einziges Grasblättchen von unseren Ressourcen geben, um eine gute Grundlage für diese und andere Welten zu legen. Die Lehre ist eine Ressource, und Ressourcen sind die Lehre. Ohne Belohnung oder Dank von anderen zu begehren, teilen wir einfach unsere Stärke mit ihnen. Fährboote zur Verfügung stellen und Brücken bauen sind auch vollendetes Geben.
    (Sōtō Kyōkai Shushōgi)


    ()

    Schroedinger: zunächst - ich habe den Eindruck, Du argumentierst etwas inkonsistent. Zuerst schreibst Du

    Tychiades:

    letztlich muss man dann doch seine eigene Rezitationspraxis finden


    Dann präzisierst Du

    Tychiades:

    Mit "eigener Praxis" meinte ich das anfängliche haften an einem bestimmten Tun


    - anders gesagt: man muss "letztlich" das anfängliche haften an einem bestimmten Tun finden? Nun ja, das ist ... zumindest missverständlich. Wie schon angedeutet ist für mich "zu eigener Praxis finden" doch eher das "haften an einem bestimmten Tun" verlieren. Nun heisst es wiederum bei Dir:

    Tychiades:

    Ich meine, da gibt es letztlich nichts "eigenes".


    Etwas "eigenes" gibt es insofern nicht, als es natürlich keinen "Eigner" der Praxis gibt. Trotzdem hat jede empirische Person entsprechend der Ursachen und Bedingungen, aus denen heraus sie existiert - und praktiziert - eine spezifische Praxis. Meine Praxis ist nicht Deine Praxis und es wäre auch nicht sinnvoll, wollte ich meine zu Deiner machen oder umgekehrt, Nachahmung hin oder her. Dass es auf einer anderen Ebene - ohne mein und dein - nur eine Praxis gibt, ist eine andere Geschichte. Auf dieser Ebene "eine Praxis" gibt es dann aber auch keine Sōtō-Praxis, keine Zenpraxis, keine buddhistische Praxis. Nicht einmal heilsame oder unheilsame Praxis.


    Du schreibst:

    Tychiades:

    Nachahmung ist ja ganz wesentlich für die Praxis - denn die wird ja gezeigt, bezeugt und da geht es um das "wie".


    Nachahmung ist zweifellos wesentlich für das Erlernen der Praxis. Genau das ist, was ich "das anfängliche haften an einem bestimmten Tun" nennen würde. Man haftet nachahmend am Tun Anderer an und erlernt es so. Praxis wird zu "eigener" Praxis, indem man sie sich - durch Nachahmung - aneignet, wobei das Aneignen durch Nachahmung aber kein Kopieren, sondern ein Sich-Anverwandeln ist. Das ist der Schritt von Nachahmung zu Ausübung. Vom Anhaften an einem bestimmten Tun zur Verschmelzung mit diesem Tun. Da ist dann kein Nachahmender mehr und kein Tun, das nachgeahmt wird - diese Trennung ist aufgehoben. Das ist für mich "eigene Praxis" und "wissen was man tut". Dieses "wissen was man tut" schließt selbstverständlich auch das Wissen um das "wie" des Tuns ein. Das "was" eines Tuns, einer Handlung, ist notwendig immer auch ein "wie", das Tun hat keine Substanz.

    Tychiades:

    Das Bewusstsein kann nicht "voll bewusst" werden.


    Ich rede nicht davon, sich eines Bewusstseins bewusst zu sein. Die Rede ist von einem voll bewussten Tun, von einem wachen im-Moment-Sein. Das ist dann auch kein Bewusstsein von einem Tun, sondern Bewusstsein des Tuns. Keine Trennung. Die momentane Praxis ist das Bewusstsein und das Bewusstsein ist die momentane Praxis, von Moment zu Moment.

    Tychiades:

    Und wenn Körper-Geist abfällt, da ist nichts bewusst, im Sinne von intentional.


    Das ist richtig - aber was hat das mit unserem Thema zu tun? Zunächst einmal: "intentional" ist eine Sache des "warum", nicht des "was" oder "wie". Dass es mir um ein "warum" allenfalls im Kontext der Zusammenstellung eines "Begleitprogramms", wie Du es nennst, geht, dachte ich eigentlich hinlänglich klar gestellt zu haben. Ansonsten: es geht hier um Praxis, die in einer Nicht-Praxis gründet. Ich hatte "meinen" Praxisbegriff erst gestern hier in diesem Thread kurz dargestellt:
    http://www.buddhaland.de/viewt…&t=16333&start=30#p345641
    Zur Verdeutlichung, dass dieser Praxisbegriff nicht "meiner" ist, sondern auf der Defintion eines ältern "Verständigen" beruht:
    http://www.buddhaland.de/viewt…t=15513&start=150#p317882
    Dies ist natürlich ein allgemeiner Praxisbegriff - d.h. er umfasst die gesamte Praxis. Das schließt aber selbstverständlich die rituelle Praxis in der Zendo, Dein "Begleitprogramm", mit ein. Um nun auch noch ein paar Worte über das "warum" zu verlieren, über Intentionalität (oder schlicht: Funktion): dieses "Begleitprogramm" ist das "Scharnier" oder Verbindungsglied zwischen der Nicht-Praxis des Anhaltens und der alltäglichen Praxis auf dem Marktplatz. Das ist die Funktion ritueller Praxis und entsprechend dieser Funktion sollte das "Begleitprogramm" als geschicktes Mittel konstruiert sein - auch wenn es zweifellos Leute gibt, die das "nicht brauchen".


    Was nun "wenn Körper-Geist abfällt" angeht, so ist das für mich eine Angelegenheit der Nicht-Praxis und daher hier nicht Thema. Jedenfalls nicht meines. Es mag Menschen geben, die rituelle Praxis oder sogar Alltagspraxis mit abgefallenem Körper-Geist ausüben. Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe kein Problem damit einzuräumen, dass dies jenseits meines Horizontes liegt. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob Du das so gemeint hattest.


    Zu Deiner Ergänzung bzgl. des Rezitationsbüchleins der Sōtōshū - ich "steh' auf so was" auch nicht. Es (und insbesondere die deutsche Übersetzung) ist auch sicher nicht dazu gedacht, dessen Texte nun täglich "abzuarbeiten". Es ist ein "Katalog der Tradition" und für so was gedacht:

    Tychiades:

    Wenn ich in der Funktion bin, andere auf ein gemeinschaftliches Tun hin zu sammeln, dann kann ich mir natürlich überlegen und aussuchen, was ich machen will - und was ich nehme aus dem Katalog der Tradition.


    - und natürlich auch für so was:

    Sudhana:

    Und gleich, wie eng man der Tradition dann folgt (was zumindest hinsichtlich "verständig" und "unverständig" Unsicheren allemal zu empfehlen ist), ist es doch auf jeden Fall hilfreich, sie zu studieren.


    ()

    Sudhana:

    Wobei das "seine eigene Praxis finden" für mich heisst, zu wissen, was man tut - weniger warum man es tut


    Tychiades:

    Mit "eigener Praxis" meinte ich das anfängliche haften an einem bestimmten Tun - wo man wissen muss, was man tut - aber davon muss man sich wieder lösen und eben es tun ohne warum und ohne was.


    Dann meinen wir mit "zu eigener Praxis finden" wohl nicht dasselbe. Zu wissen, was man tut, heisst für mich, sich seines Tuns unmittelbar bewusst zu sein. Da ist kein Raum für Rationalisierungen, für ein "warum" - da ist nur der gegenwärtige Moment des "was" und ungetrennt davon das Bewusstsein von "was".* In diesem Moment ist da eben auch nur das Tun und nichts, das an diesem Tun haftet oder nicht. Ohne zu wissen, was man tut, spult man nur wie eine Maschine mechanisch ein eingegebenes Programm ab. Das kann auch ein Roboter.


    Wenn man zu dieser Praxis gefunden hat, dann ist das eine "eigene" insofern da die Praxis der "Verständigen" nicht einfach imitiert wird. Dieses Imitieren ist für mich "das anfängliche haften an einem bestimmten Tun".


    ()


    *Im Zusammenhang mit Rezitation fällt mir da das Eko ein, dass in den Sesshin meiner Übungsgemeinschaft zum Abschluss rezitiert wird: "Mit vollem Bewusstsein haben wir ..."

    Tychiades:

    Das ist ein interessantes Thema - Erfahrung ist ja nur die eine Seite, die andere ist die, wie die Praxis der "Verständigen" aussieht, also wie Erfahrung sich realisiert, z.B. welche Rezitationen und welche nicht.


    Ein mE bedenkenswerter Punkt ist, dass die Erfahrung mit einer bestimmten Praxis nicht einfach konstant ist. Das merkt man zwangsläufig, wenn man sie eine Weile konstant ausübt. Die Erfahrungen liegen dann z.B. (so jedenfalls meine Erfahrung :) ) in einen ziemlich weiten Bereich zwischen 'lästig' / 'Pflichterfüllung' einerseits und 'berauschend' / 'euphorisierend' andererseits. Mit der Zeit gewöhnt man sich dann einfach ab, eine Praxis mit persönlichen Erfahrungen zu verbinden. D.h. bestimmte Erfahrungen zu erwarten oder - wenn die Erwartung nicht erfüllt wird - die Erfahrung zu hinterfragen. Das führt nur zu Vorstellungen, wie sich eine Praxis 'anfühlen' soll, welche Erfahrungen sie hervorrufen soll und in der Folge dann noch womöglich zu Vorstellungen wie 'gute Praxis heute' und 'schlechte Praxis heute'. Das ist alles mindfuck, ist 'meine Praxis'. Auch eine Form von 'spirituellem Materialismus'. Dazu braucht man nicht ein einziges Buch lesen - es gibt Leute, die kriegen das ganz problemlos auch so hin.


    Die Praxis der "Verständigen" ist da eher ein geeigneter Wegweiser. Genau darauf gründet der Wert der Tradition, die (hoffentlich) überwiegend die Praxis von "Verständigen" und weniger die von "Unverständigen" weitergibt. Und gleich, wie eng man der Tradition dann folgt (was zumindest hinsichtlich "verständig" und "unverständig" Unsicheren allemal zu empfehlen ist), ist es doch auf jeden Fall hilfreich, sie zu studieren. Bei allem Traditionalismus darf man dabei jedoch nicht übersehen, dass eine tradierte Praxis, die das Prinzip stetigen Wandels ignoriert, irgendwann dem geänderten Gefüge von Ursachen und Bedingungen unter denen sie geübt wird, nicht mehr adäquat ist und an Sklerose eingeht.

    Tychiades:

    Wenn man wenig Beziehung zu "traditioneller" Praxis hat, dann sind Bücher auch ganz hilfreich


    Bücher können durchaus auch "ganz hilfreich" sein, wenn man viel Beziehung zu "traditioneller" Praxis hat. Es gibt auch "Verständige", die Bücher schreiben. Man sollte dann halt auch selbst verständig genug sein, sie zu verstehen. Dazu wiederum sind persönliche Erfahrungen mit einer bestimmten Praxis dann durchaus notwendig. Menzan Zuihos kinhin ki und kinhin ki monge beispielsweise wird wohl kaum jemand studieren, der wenig Beziehung zu traditioneller Praxis hat - und mit Sicherheit niemand, der nur erfahren will, was er in der Übung erfahren soll. Der würde da auch nicht fündig, davon abgesehen.

    Tychiades:

    aber letztlich muss man dann doch seine eigene Rezitationspraxis finden - man kann sie aber auch weglassen


    So ist es. Wobei das "seine eigene Praxis finden" für mich heisst, zu wissen, was man tut - weniger warum man es tut. Wohingegen es im Rahmen der Gestaltung / Formung gemeinschaftlicher Praxis schon sinnvoll ist, die Funktion eines bestimmten Tuns (was nicht notwendig ein "warum" bedeutet) zu bedenken.


    ()

    @morpho und Moosgarten:


    Wir reiben uns hier an einer mE nebensächlichen Frage und sind ins offtopic abgedriftet. Ich denke, es ist hinreichend deutlich geworden, dass das explizite 'Widmen' / die 'Verdienstübertragung' des durch Rezitation erzeugten (oder nicht-erzeugten) Verdienstes im japanischen Zen übliche formale Praxis ist, dass die formale Praxis der Rezitation (zu der im japanischen Zen üblicherweise auch die Rezitation des Ekō gehört) von dem jeweiligen Leiter der Praxisgemeinschaft frei und selbstverantwortlich gestaltet werden kann (auch innerhalb der japanischen Sōtōshū, ob die Vorgaben im Rinzai da strenger sind, weiss ich nicht) und dass im Gegensatz dazu im koreanischen Seon explizites Widmen nicht üblich ist. Für die Erweiterung meines Blickwinkels in dieser Hinsicht möchte ich mich bedanken. Ansonsten ist dieses spezielle Thema eher etwas für das Zen-Unterforum. Ein durchaus interessantes, weil speziell im Westen das Thema Rezitationen immer wieder Diskussionsgegenstand ist. Wieviel, in welcher Sprache, ob überhaupt usw. usf. Dass ich persönlich zumindest einem 'Zuviel' durchaus skeptisch gegenüber stehe (und auch warum), hatte ich ja deutlich gemacht. Auch, dass ich der Auffassung, Rezitation erzeuge Verdienst, generell skeptisch gegenüber stehe – daher auch meine Frage: warum überhaupt rezitieren? (Nicht, dass ich jetzt persönlich ein Problem damit hätte ...)


    Zur Erinnerung – ich hatte die formale Rezitationspraxis im Zen ja nur als ein Beispiel für eine Art des Umgangs mit 'Verdienst' (Jap. kudoku, Skrt. punya) angeführt. Die, die es interessiert, können dazu im schon genannten Diamantsutra näheren Aufschluss dazu finden, etwa in diesem Abschnitt:

    Zitat

    O Subhuti, diese Abhandlung des Gesetzes ist unfassbar und unvergleichlich. Und diese Abhandlung des Gesetzes hat der Tathagatha zum Nutzen jener gelehrt, die den höchsten Pfad betreten haben, den besten Pfad. Und jene, die diese Abhandlung des Gesetzes lernen werden, sie im Gedächtnis bewahren werden, sie rezitieren, verstehen und vollständig Anderen erklären werden, der Tathagatha, o Subhuti, kennt sie durch das Wissen des Erwachten, der Tathagatha, o Subhuti, sieht sie durch das Auge des Erwachten. All diese Wesen, o Subhuti, werden mit einer unermesslichen Anhäufung von Verdienst ausgestattet, sie werden mit einer unfassbaren, unvergleichlichen, unermesslichen und unermessenen Anhäufung von Verdienst ausgestattet. All diese Wesen, o Subhuti, werden sich gleichfalls des Erwachens erinnern, es rezitieren und verstehen.

    - wobei natürlich auch das hier nicht übersehen werden sollte:

    Zitat

    der Tathagatha sprach von der Anhäufung von Verdienst [punyaskandha] als einer Nicht-Anhäufung [askandha]. Auf diese Weise spricht der Tathagatha von Anhäufung von Verdienst


    Hier setzt natürlich auch Bodhidharmas 'mukudoku' an. Bemerkenswert für unser Thema hier ist, dass sich das Diamantsutra sehr eingehend mit dem Zusammenhang von dana und punya ('Verdienst') befasst; insbesondere erläutert, wie ein Bodhisattva dana übt und dabei aufzeigt, wie 'spiritueller Materialismus' (zur Erinnerung: das ist unser Thema hier) vermieden wird. Dazu hatte ich eingangs dieser Diskussion schon ein Zitat gegeben. Ich fände es sinnvoll, die Diskussion des doch sehr speziellen Themas Rezitation im Zen hier abzuschließen – wobei ich kein Problem habe einzuräumen, dass ich das Abdriften in diese Richtung vor allem mir selbst zuzuschreiben habe. Wie oben schon angedeutet – das wäre vielleicht ein Thema für das Zen-Unterforum.


    Vielleicht können wir ja an einen Punkt zurückkehren, an dem die Diskussion mE noch ontopic war. Konkret:

    Sudhana:

    Grundsätzlich verweist die Frage auf ein tieferes Problem, nämlich die Rolle von 'Verdienst' bzw. dessen karmischem Anhäufen in der buddhistischen Praxis


    ()

    Sherab Yönten:

    Bisher hatte ich angenommen, die gängige formale Praxis im Zen sei Zazen (also Nur - Sitzen). Werden vor dem Zazen auch noch Texte rezitiert?


    Die zentrale rituelle Praxis im Zen ist Zazen. Rituelle Praxis ist aber auch Gehmeditation (kinhin) Sutrenrezitation (fugin), Niederwerfungen (pai), gemeinsames Essen (oryoki) und Teetrinken (sarei), das Anlegen der Robe (takkesa), Bettelgang (takuhatsu) und manuelle Arbeit (samu).


    "Zentral" bedeutet, dass die anderen Formen aus eben dieser zentralen Form erwachsen. Die ich persönlich übrigens nicht als Praxis, sondern als Nicht-Praxis auffasse. Als 'Anhalten' im Sinne Aryadevas / Kanadevas. Oder auch als 'Zentrieren' der Praxis, wobei Zazen das stille Auge im Zentrum des Sturms der Praxis ist :) .


    ()

    Morpho:

    'Gedenken' - 'Huldigung' ja


    Das lass ich jetzt mal glatt unkommentiert, obwohl es mich da schon ein wenig in den Fingern juckt.

    Morpho:

    Weisst du, mit dem Provinz Zen ist das immer so ne Sache, wobei Großstadt Zen

    Lustige Schubladenbeschriftungen hast Du da. Nun ja, jeder sortiert sich die Welt, wie er meint, es zu brauchen ...


    Während menschliche Fähigkeiten scharf oder stumpf sind,
    hat der Weg keine Patriarchen des Südens oder des Nordens.


    - geschweige denn Patriarchen der Großstadt oder der Provinz.


    ()

    Moosgarten:

    Jaja, schon klar, und warum soll man dann noch n Eko draufgeben?


    Bei Euch wäre das vielleicht 'Draufgabe'. Woanders ist es organischer Teil der Form. Ist Hinsetzen und Aufstehen eine 'Draufgabe' zum Nur-Sitzen? Ist das Reinigen der Essensschale eine 'Draufgabe' zum Nur-Essen? Wenn ja - warum lässt man es dann nicht einfach weg?


    ()

    Morpho:
    Sudhana:


    dann rezitieren alle wieder gemeinsam die Widmung an alle Buddhas, Ehrwüdige, Bodhisattvas, Mahasattvas und die große Prajñāpāramitā. ()



    Ich konnte mir jetzt 'The Soto School scriptures for daily service and practice' (B.Eko) nicht richtig anschauen; der obige Satz haut iwo nicht hin.


    In dem Abschnitt findest Du auch nur die Eko-Texte, die der Kokyō alleine rezitiert. Ansonsten - das Buch stellt die Praxis am Eiheiji dar. Das ist zwar Standard, aber von dem wird natürlich auch abgewichen, insbesondere im Westen.
    Hier: https://www.youtube.com/watch?v=yRCtYk12fcQ kannst Du hören, wie z.B. am Daihizan Fumonji die Honzon jōgu - Rezitation variiert wird. Nach dem Shingyō wird noch (ab 4.06) das Daihi shu eingefügt, das Ekō (ab 7.15) wird entsprechend mit der Nennung des Daihi shu ergänzt, es folgt (ab 8.18) das gemeinsame ji ho san shi ... (etwa: Alle Buddhas in Raum und Zeit / alle Geehrten, Bodhisattvas, Mahasattvas / Maha-Prajnaparamita), mit dem im Eiheiji die Morgenrezitation (chōka fugin) in der Buddha-Halle (butsuden) abgeschlossen wird. Das Ganze ist eine verkürzte Form der Morgenrezitation (ryaku chōka fugin), wie sie während Sesshin üblich ist - allerdings nicht die Eiheiji-Standardform, bei der für Shingyō und Daihi shu jeweils ein eigenes Ekō (und kein gemeinsames) rezitiert wird.


    Der Leiter des Tempels ist in der Gestaltung der fugin (Rezitationszeremonien) frei; wie weit er sich an den Sotoshu-Standard hält, ist seine Sache. Wie wir von Moosgarten gelesen haben, macht da auch Antaiji sein eigenes Ding.


    ()

    Moosgarten:

    Weil es "Nur-Rezitieren" ist, wie "Nur-Essen", "Nur-Sitzen" usw.


    Versteh ich nicht so recht. Wenn das Herzsutra (oder das Sandokai, das Shushogi, wasauchimmer) rezitiert wird, ist das Nur-Rezitation. Wenn das zugehörige Eko rezitiert wird, ist das Nur-Rezitation. Wenn das 'ji ho san shi' rezitiert wird, ist das Nur-Rezitation. Zumindest wird das geübt, wenn schon nicht ausgeübt. Egal, ob einer spricht oder alle - gesprochen wird mit einer Stimme. Nur-Sitzen hat seine Form. Nur-Essen hat seine Form. Nur-Atmen hat seine Form. Und Nur-Rezitation hat seine Form. Aber es nicht die Form, die Rezitation zu Nur-Rezitation macht.


    ()

    Moosgarten:

    "Wir", haha, machen übrigens auch kein Eko - aus dem selben Grund, warum es die Koreaner beim Kido nicht machen.


    Interessant. Magst Du dich zu dem Grund etwas ausführlicher äußern?


    ()

    Morpho:

    Wie meinst du denn wie der Verdienst aussieht der durch Rezitation erzeugt wird, wenn denn, - unter Berücksichtigung 'kein Verdienst' ?


    Warum sollte ich Deine Frage beantworten, wenn Du Deinerseits auf meine nicht antwortest?
    Mit Gegenfragen ausweichen kann ich auch.


    ()

    Morpho:

    Warum fragst du wo du nicht fragen willst ?


    Tu ich ja nicht. Weil ich eh nicht mit einer Antwort rechne, nachdem ich auf diese Frage:

    Sudhana:

    Wieso rezitiert ihr eigentlich?


    schon keine bekommen habe.

    Morpho:

    Ich weiss nur, es steht "bei uns" nich explizit wo drüber.


    "Bei uns" steht das auch nicht "explizit wo drüber". Da wird gemeinsam rezitiert, z.B. das Herzsutra, dann rezitiert der die Rezitation leitende Assistent eine Widmung, dann rezitieren alle wieder gemeinsam die Widmung an alle Buddhas, Ehrwüdige, Bodhisattvas, Mahasattvas und die große Prajñāpāramitā. Damit wird unmissverständlich deutlich, wofür die Rezitationszeremonie (fugin) abgehalten wird - dass da nicht nur eine Weile unverständliches Zeugs vor sich hin gebrabbelt wird, weil es so herrlich exotisch klingt und auch, dass wir das nicht für irgendeinen persönlichen spirituellen Gewinn (wie auch immer der aussehen soll), also "für uns" tun.


    Ich will ja gar nicht ausschließen, dass es "bei euch" (was auch immer das konkret heisst) keine Widmung / Verdienstübertragung gibt. Bei nahezu allen in den Westen importierten Traditionen (meine nicht ausgenommen) ist speziell die Liturgie kräftig beschnitten worden, da fällt schon das eine oder andere unter Tisch. Was noch nicht heißt, dass es darum schade wäre. Wobei ich mich (und Dich) allerdings frage, was Rezitation für einen Sinn außer Erzeugung von Verdienst (jap. kudoku) haben soll. Falls es keinen anderen Sinn hat, frage ich, was im Kontext Zen / mukudoku die Erzeugung von kudoku für einen Sinn haben soll, wenn dieses nicht allen Wesen gewidmet wird. Rezitation ist praktizierte Dana-Paramita - und das soll für die Praktizierenden durch die Form der Praxis auch erfahrbar werden.


    Ich bin ja da durchaus offen für vernünftige Antworten auf diese Fragen - ich lerne gerne dazu, wie das woanders gemacht wird (in diesem Zusammenhang auch Danke an @kilaya). Es ist das ja keine Frage von "richtig" oder "falsch".


    ()

    Morpho:

    Kido. Von einer 'Widmung' da weiss ich nichts. Ich vermeine aber, die ist da eh intus, aber eher so:
    man gibt sich selbst.


    Ich will ja jetzt nicht fragen, ob Du eigentlich weisst, was ihr da beim Rezitieren eigentlich macht. Vielleicht heisst das bei Euch statt 'Widmung' Verdienstübertragung oder sonstwie. Ist jedenfalls unverzichtbarer Bestandteil einer formalen Rezitation. 回向 oder 廻向. Im japanischen Zen ekō. Falls Du in einer chinesischen Tradition praktizierst, spricht sich das huíxiàng aus, in einer koreanischen hoehyang, in einer vietnamesischen hồi hướng. Vielleicht fragst Du einfach mal Deinen Lehrer / Deine Lehrerin danach.


    ()

    Morpho:

    und wir rezitieren viel, aber von verdienst diesbzgl. hab ich "bei uns" noch nie was gehört.


    Gibt es bei Euch nach der Rezitation kein Eko? Genau das ist die Formel, mit der kudoku gewidmet / übertragen wird. Andere Frage: Wieso rezitiert ihr eigentlich?


    ()

    Morpho:

    Wie egoistisch ist es denn nicht zu geben, da man dies und das befürchtet ?


    Wie beim Geben kommt es auch beim Nicht-Geben auf die Motivation an. Geben mit egoistischer Intention ist kein Dana, sondern eine Investition, die auf Rendite spekuliert. Nicht-Geben aus egoistischer Intention ist Anhaften an Besitz. Beides sind Ausdrucksformen von Gier.


    Ohne Ego gibt es weder Geben noch Nicht-Geben. Wo nichts ist, das etwas 'hat' kann auch nichts gegeben oder verweigert werden.


    ()


    Ich möchte mich zu dem Thema speziell aus dem Blickwinkel der (genauer: meiner) Zenpraxis äußern. Es gibt zwei Arten von Dana. Die Art Dana, die für einen Bodhisattva angemessen ist, beschreibt das Diamantsutra:


    Zitat

    Und wiederum, o Subhuti, sollte ein Bodhisattva kein Dana üben und dabei an Objekten haften; er sollte kein Dana üben und dabei an irgend etwas haften; er sollte kein Dana üben und dabei an Form haften; er sollte kein Dana üben und dabei an den besonderen Eigenschaften von Klang, Geruch, Geschmack und Berührung haften. Denn so, o Subhuti, sollte ein edelgesinnter Bodhisattva Dana üben, dass er nicht einmal an dem Gedanken einer Verursachung haftet. Und warum? Weil das Maß des Verdienstes dieses Bodhisattva, o Subhuti, der Dana übt, ohne an irgend etwas zu haften, nicht einfach zu fassen [sinngemäß: unfasslich, unermesslich] ist.
    (Vajracchedikā-prajñāpāramitā-sūtra, Abschnitt IV)


    Die andere Art hatte ich schon mit einem Zitat umschrieben, zur Erinnerung daraus hier nochmals der erste Satz:

    Zitat

    The largest portion (51.6 percent) of believers turned to religion out of a hope that the divine would bring them material benefits.


    Grundsätzlich verweist die Frage auf ein tieferes Problem, nämlich die Rolle von 'Verdienst' bzw. dessen karmischem Anhäufen in der buddhistischen Praxis, was wiederum ein Teil der Problematik der karma-Lehre ist. Genauer: nicht die karma-Lehre ist problematisch, sondern ihr Verständnis. Ich will jetzt hier nicht die X-te Auflage der Karmadiskussion anstoßen - nur darauf verweisen, dass die Position des Chan / Zen hier explizit eine radikale ist: mukudoku, "kein Verdienst", ist eines der Paradigmen der Zen-Tradition. Tiefes Erwachen wird nicht durch Anhäufen von Verdienst verwirklicht, also als Ergebnis zu schaffender Ursachen und Bedingungen, sondern als direkte, unmittelbare Manifestation des Tathāgatha. Trotzdem existiert kudoku (Verdienst). Ob allerdings das in der traditionellen formalen Zenpraxis in verschiedenen Formen (vor allem durch Rezitation verschiedener Texte) rituell erzeugte kudoku tatsächlich existiert - auch, wenn es unmittelbar nach Erzeugung ebenso rituell 'gewidmet' wird, also nicht für den erzeugenden Bodhisattva erzeugt wird - ist eine andere Frage.


    Psychologisch ergibt sich da das Problem, dass das erzeugen und anschließende widmen ('verschenken', Dana) von Verdienst selbst als verdienstvoll empfunden wird. Das wäre nicht Sinn der Sache, auch dies ist "spiritueller Materialismus" - die subtilere Form, die @kilaya angesprochen hat. Von daher bin ich kein Freund extensiver Rezitationen und noch weniger extensiver Widmungen, die in traditioneller formaler Zenpraxis sehr viel mehr Raum einnimmt, als Außenstehende gewöhnlich vermuten. Wenn etwa täglich die ganze Liste der Buddhas und Patriarchen als mit dem kudoku der vorangehenden Rezitation zu bedenkender Personen "heruntergebetet" wird, sehe ich auf der einen Seite die Gefahr eines sinnlosen Ritualismus (dann schon lieber konkret Spenden für soziale Projekte sammeln, auch wenn dieses Verdienst 'nur' ein ermessliches ist), auf der anderen die Gefahr, dass der Praktizierende solches Tun als etwas in irgendeiner Weise Nützliches missversteht. Es ist schon schwierig genug, dieses Missverständnis in Bezug auf Zazen zu überwinden.


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