Beiträge von Sudhana im Thema „Zen für Manager“

    Auch hier noch mal etwas auf Englisch dazu. Thema des (ziemlich aktuellen) Sammelbandes, aus dem das Zitat stammt, ist zwar 'Achtsamkeit', aber das passt schon. 'Manager-Zen' ist nur ein Unterangebot des breiter aufgestellten 'Mindful Business', 'Corporate Mindfulness', 'Integral Business Leadership' usw. usf. - da die Namen meistens eingetragene Trademarks sind (bei 'Zen' kommt man da billiger davon) gibt es entsprechend viele. Ist ein bißchen wie bei Waschmittel - vor allem die Verpackungen unterscheiden sich. Wenn man meint, eine deutlichere "Vorstellung" davon zu benötigen, kann man sich im Juni mal da umsehen.


    Der im folgenden zitierte Autor ist Leiter der zenbuddhistischen Gemeinschaft Viento del Sur (in Argentinien), die wiederum zur Diamond Sangha gehört. Er zitiert hier seinerseits David Loy und Bhikku Bodhi.


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    Festus:

    Wenn du ein Fehlen empfindest, so liegt es an den Vorstellungen, die du dir in diesem Zusammenhang von Zen machst. Kein Drama. Man muss es nur wissen.


    ... was ja nun gleich wieder (mE unnötig) irgendwelche 'Vorstellungen' unterstellt. Unterstellungen sind auch Vorstellungen ...


    Da ich nicht an Seminaren von Kohtes oder Polenski und wen es da sonst noch in der Richtung gibt, teilgenommen habe, habe ich mir in dieser Hinsicht natürlich aus den mir zugänglichen Informationen Vorstellungen gebildet. Das ist also eine Vorstellung von "Manager-Zen". Zu dem Zen, das ich praktiziere, habe ich keine Vorstellung (eben weil ich es praktiziere, brauche ich das auch nicht) sondern eine Stellung.


    Du nennst Deine Vorstellung dieses "Manager-Zens" Bompu Zen. Nun - diese Schublade, die Guifeng Zongmi im 9. Jahrhundert beschriftet hat, ist mir noch etwas zu groß. Es gibt auch bei Bompu Zen Unterschiede. Deswegen mein Verweis auf die Überlieferungstradition dieses speziellen Bompu Zen. Samurai-Zen, kaiserliches Soldaten-Zen, Unternehmens-Zen. Der Verweis auf das Ethik-Defizit ist mehr als nur berechtigt. Das ist nicht notwendig ein Kennzeichen von Bompu Zen.

    Festus:

    Und es liegt natürlich an den Vorstellungen, die wir uns von Managern machen.


    Auch da kann ich dir nicht ohne weiteresw zustimmen. Das liegt mnE vielmehr an den Verheißungen, mit denen für diese ja nicht gerade billigen Veranstaltungen geworben wird. Offensichtlich entsprechen diesen Verheißungen ja adäquate Motive der Teilnehmer. Und offensichtlich lassen sich die Teilnehmer auch gerne als 'Führungskräfte' wahrnehmen und ansprechen. Braucht es darüber hinaus - neben dieser Selbstwahrnehmung und diesen Motiven - noch irgendwelche Vorstellungen von Managern, um zu sehen, was da getrieben wird?


    Da braucht man auch nicht Zongmis fünf Schubladen. Was es da zu sagen gibt, hat schon ein Älterer 200 Jahre früher gesagt, ohne dass dem irgendetwas hinzugefügt werden müsste: Der Elefant läuft nicht in der Spur des Hasen.


    Festus:

    Und hin und wieder soll es ja geschehen, dass Menschen, die so mit Zen in Kontakt kommen, angefixt werden, sich näher damit zu beschäftigen. Ich betrachte es als niederschwelliges Angebot.


    Das ist es im bestmöglichen Fall. Was ist es im schlechtestmöglichen? Um den Fall als 'erledigt' abzulegen, sollte man schon beides erwägen.


    Unten im Salon läuft ja gerade eine Diskussion über Žižeks Buddhismus-Kritik, in die ich mich nicht einmischen will. Vor allem, weil Žižek (der sonst oft Bedenkenswertes zu sagen hat) nicht wirklich Ahnung von Buddhismus hat. Aber was er kritisiert, kritisiert er durchaus zu recht. Und dieses 'was' hat durchaus etwas mit "niederschwelligen Angeboten" speziell hier im Westen zu tun. Nicht mit allen, aber doch mit einigen. Etwas ausführlicher dazu Franz Johannes Litsch: http://www.buddhanetz.org/dharma/zizek.htm


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    Carneol:

    Es sieht so aus, als ob man alle Manager am liebsten los wäre, Führungskräfte generell äußerst negativ vorverurteilt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie größere Unternehmen ohne kompetente Führungskräfte arbeitsfähig wären... und warum sollten diese nicht meditieren - vielleicht nicht vorrangig um übermorgen das Nirvana zu erreichen - sondern erstmal heute nicht umzukippen und den hohen Anforderungen genügen zu können.


    Ist ja alles gut und schön und habe ja auch echtes Mitgefühl mit den armen gestressten Managern, wenn sie für den Bonus, um sich Drittfrau, Zweitmercedes und Golfklub leisten zu können, auf den nächsten Herzinfarkt hinarbeiten. Wobei mir die von ihnen Geführten und Gemanagten, die sich 'nur' für ein halbwegs menschenwürdiges Überleben ihrer Familien krummlegen, allerdings schon etwas näher stehen - und sei es nur hinsichtlich Lebensumstände. Aber was soll das nun eigentlich mit Zen zu tun haben? Es geht mir doch gar nicht darum, jemanden "generell äußerst negativ vorzuverurteilen". Ich habe nicht das geringste Problem damit, einzuräumen, selbst ein verkorkstes Arschloch zu sein. Aber - um auf den Punkt zu kommen - wenn es bei Zen um irgendetwas geht, dann darum, genau dies zu erkennen und zu erkennen, warum das so ist. Darin können sich zweifellos auch Manager üben, wenn sie denn mal so weit gekommen sind, sich mit dem, was sie tun und wie sie es tun, unwohl zu fühlen. Bei dem sog. Manager-"Zen" geht es jedoch um etwas völlig anderes - nämlich darum, ein effektiveres Arschloch zu werden. Nicht zuletzt dadurch, dass man solche aufkeimenden Selbstzweifel therapiert. Deswegen sind alle diese Kohtes, Polenskis und Konsorten nichts anderes als Etikettenschwindler, die ihren Kunden unter dem Label 'Zen' Psycho-Wellness verkaufen. Manager-Zen ist das Räucherstäbchen, das der Geschäftsführer des Schlachthofs in seinem Büro abbrennt, um den Gestank von Blut und Tod nicht riechen zu müssen.


    Man sollte sich ruhig mal anschauen, welche Art von Tradition da weitergeführt wird. Daizen Brian Victoria formulierte es kurz so: Japans Niederlage im 2. Weltkrieg bedeutete "nicht der Untergang des Zen des kaiserlichen Wegs und des Soldaten-Zen, sondern lediglich seine Metamorphose und Wiedergeburt als Unternehmens-Zen". Es lohnt sich, bei Victoria (in 'Zen, Nationalismus und Krieg' und insbesondere 'Zen War Stories') zu studieren, was es mit dieser Art 'Zen' auf sich hatte und hat, um hinsichtlich des modischen Manager-'Zen' und seiner Profiteure zu einer Sichtweise jenseits von "Vermutungen, Urteilen, und Spekulationen" zu finden - nämlich einer historisch fundierten. Dass es dabei hilft, auch ein wenig von ganz stinknormalem Zen zu verstehen (was man Victoria als Zenpriester zugestehen darf), dürfte klar sein. Der von Dir verlinkte Werbeprospekt in der Zeit (dort bezeichnenderweise in der Rubrik "Karriere" veröffentlicht) leistet das eher nicht.


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    Carneol:

    So viele Vermutungen, Urteile, Spekulationen...


    Schaut mal hier, was die Leute selber dazu berichten:


    Meditation: Manager üben sich im Meditieren | ZEIT ONLINE
    http://www.zeit.de/karriere/be…-rotarier/komplettansicht


    Und? Bestätigt das nicht genau das, was Du "Vermutungen, Urteile, Spekulationen" nennst? Manager machen "Manager-Zen" um bessere Manager zu werden. Um zu lernen, "ohne Druck zu führen". Warum? Weil es effektiver ist. Weil "die klassische Form des Führens auf der Basis von Macht und Kontrolle [...] sich oft als ineffektiv erweist." Manager-Zen heißt, "Führungskräften mit erweiterter Bewusstseinsebene" "fest integriert im Geschäftsleben" "sowohl Austausch als auch Rückversicherung (zu) bieten".


    Das ist der moderne westliche Manager-Wunschtraum. Die Leute, die man über den Tisch zieht, sollen die dabei entstehende Reibungshitze gefälligst als Nestwärme empfinden. Dann kann man - sich mit anderen effektiveren Führern mit erweiterter Bewusstseinsebene austauschend und sich durch sie rückversichernd - sich einbilden, man drehe da irgendwie ein spirituelles Ding und sei nicht einfach ein verkorkstes Arschloch.


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