Hallo Yeshe,
danke für Deine Antwort, und entschuldige bitte, wenn mein Post übertrieben harsch klang (ich empfinde das inzwischen so, wenn ich es nochmal lese... ).
Yeshe:
Ich finde so eine Idee von Kernbuddhimus schwierig, vor allem wenn man, wie Batchelor, meint, alles rauswerfen zu können, was einem selber nicht in den Kram passt.
Ich lese diesen Vorwurf 'Alles Rauswerfen, was einem nicht in den Kram passt' oft, aber ich habe noch nie gesehen, dass dieser Vorwurf durch ein entsprechendes Textzitat belegt wird. Ist schon klar: Niemand würde wörtlich schreiben 'Ich werfe alles raus, was mir nicht in den Kram passt', aber ich sehe das auch nicht, wenn ich mir die 'Ergebnisse' von Batchelor anschaue.
Wenn der Buddhismus in eine neue Kultur Einzug hielt, hat er immer die dortigen Gegebenheiten eingearbeitet. Was wäre das bei einer weltweiten säkularen Gesellschaft (es geht ja diesmal nicht um ein bestimmtes Land, sondern um eine weltweite Denkweise, die der amerikanische Philosoph Benjamin Barber 'McWorld' nennt)?
Yeshe:
Das buddhistische Bekenntnis der DBU trage ich mit (bin da auch Mitglied). Ob das der Kern ist? Vielleicht ist das tolle am Buddhadharma, dass er gar keinen Kern hat, oder wenn, dann so einen wie "die Mitte des wolkenlosen Himmels" (Name eines Mahamudra-Textes). Die Frage wäre ansonsten sofort, ob der Kern die relative oder die absolute Ebene (oder beide) umfasst usw.
Eine mögliche Kernidee könnte auch sein, dass die Essenz des Buddhadharma die Befreiung fühlender Wesen aus Samsara ist.
Da stimme ich Dir voll zu. Ich mag Buddhadasa Bhikkhu sehr gerne. Eines seiner bekanntesten Bücher heißt 'Kernholz des Bodhibaums' und ich finde dort wenig, was sich nicht mit dem, was Batchelor schreibt, vereinbaren ließe. In einem seiner anderen Bücher ('Paticcasammupada') erklärt er, dass seiner Meinung nach die 'orthodoxe' Interpretation des bedingten Entstehens, die davon ausgeht, dass sich die Glieder über drei Leben erstrecken, von einer falschen Interpretation der Texte ausgeht.
David Loy, ein von vielen respektierter Gelehrter aus der Zen-Tradition, hat ein Buch geschrieben ('A New Buddhist Path'): Auch da finde ich wenig, was Batchelor widerspricht.
Vielleicht reagiere ich deswegen inzwischen manchmal so harsch, weil ich den Eindruck habe, dass viele, die Batchelor kritisieren, kein einziges Buch von ihm gelesen haben und auch keine Ahnung haben, auf welche Quellen und Anregungen - sowohl im zeitgenössischen Buddhismus als auch in der Ideengeschichte allgemein - er sich bezieht: Die gleichen Leute, die manchmal sehr schnell damit sind, recht abgelegene buddhistische Texte aus dem 13. Jahrhundert zu zitieren, haben von Bonhoeffer, Cupitt, Rorty, MacIntyre, Heidegger usw. (Leute, auf die sich Batchelor bezieht) nie einen Satz gelesen.
Genau so wenig, wie der tibetische Buddhismus oder Zen eine 'Widerlegung' des Theravada ist, ist Batchelors Ansatz eine 'Widerlegung' nicht-säkularer Ansätze: Alle haben ihre Berechtigung und ich möchte auf keine davon verzichten. Die Bereiche, in denen ich mich irren kann, sind endlos und reichen vom 'einzig richtigen Rezept für Erbsensuppe' über meine ethischen Entscheidungen bis zu meinem Verständnis des Dharma. Ich bin für alle Korrekturen und Alternativen dankbar.