Sherab Yönten:
Ich behaupte ja nicht, dass es nicht auch Missverständnisse auf der schriftlichen Ebene geben würde. Aber ich bleibe bei meiner Ansicht, dass eine Kommunikation in Real Life eine andere Qualität hat (sowohl im Positiven wie auch im Negativen) wie im virtuellen Bereich.
Ich habe z.B. manchmal eine ironische Art, die so klingt als ob sie ernst gemeint sei. Das ist eine Mischung aus Ernst und Übertreibung. Das versteht nicht jeder, nicht einmal im persönlichen Umgang, da die dazu passende Mimik, Gestik und der Tonfall auf den ersten Blick passend ernst erscheinen. Es gibt aber Menschen, die das sofort verstehen, und mit denen es keine Missverständnisse deshalb gibt. Die machen das dann mit, wir reizen das aus und amüsieren uns köstlich. Zuschauer, die nicht so gestrickt sind, verstehen das nicht und nehmen das ernst. Dabei ist das sehr wohl zu durchschauen. Man muss nur genauer auf den Tonfall hören, auf ein paar Füllwörter, Blicke, Gesten, Bewegungen. Und dann natürlich den immer absurder werdenden Inhalt durchschauen.
Aber oft sind Leute dann von Anfang an derart vom Inhalt gebannt und auf ihn konzentriert, dass sie das Drumherum übersehen, und auch das Hochschaukeln ins Absurde nicht mehr wahrnehmen. Es entsteht eine Ausgangsvorstellung, die sie dann immer weiter füttern, egal wie absurd die Konversation dann wird.
Es wäre einfacher, wenn wir diese Sprechsituation kennzeichnen würden, also das Schild "Ironie" umhängen oder auf einer Bühne stehen würden.
Genau dasselbe geschieht im Schriftlichen. Die Leute lesen ein paar Wörter und Sätze, die lösen bestimmte Emotionen aus, und dann geht der Film im Kopf ab. Hier im Forum gibt es auch eine Erwartungshaltung: Das ist ein buddhistisches Forum, und da hat man alles ernst zu meinen, immer freundlich und nett zu formulieren, nie zu kritisieren, mit allen sanft umzugehen, alles gelten zu lassen und zu tolerieren … Das Setting spielt eine große Rolle dabei, inwieweit wir uns für das Geschriebene öffnen. Und natürlich, ob wir jemanden mögen oder nicht.
Vor ein paar Jahren habe ich angefangen mich ein bisschen darin zu üben, sobald mir ein Post unsympathisch erscheint, ihn innerlich mit verschiedenen Stimmen zu lesen und mir vorzustellen, dass ihn andere Personen schreiben. Das verändert meine Bereitschaft mich dem Text zu öffnen. Natürlich finde ich dann nicht plötzlich alles toll und mag jeden. Aber ein paar Usern gegenüber hat sich meine Sicht verändert.