Beiträge von Sudhana im Thema „Befindlichkeiten, Störgefühle und andere Illusionen“

    Doris Rasevic-Benz:

    Wir identifizieren und mit unseren Emotionen und wollen sie unbedingt behalten.
    Wir wollen jetzt aber unser verdammtes Recht auf unseren Zorn, unser Misstrauen, unsere Ängste, unsere Vorurteile behalten, und basta! "Ich bin wütend und DUUUUU bist schuld! Ich bin verletzt und DUUUUU bist schuld! …"
    Das ist Anhaften.

    Das Identifizieren mit den Emotionen ist schon in Ordnung - problematisch ist doch eher die Sicht, dass wir Emotionen haben, wo wir Emotionen sind. Das "behalten wollen" muss ja nun wirklich nicht sein, wenn man ein wenig lernfähig ist. Das Lernen muss man dann auch gar nicht groß mit "Rechte Anstrengung", "Rechte Achtsamkeit" o.ä. betiteln, eine Nummer kleiner geht auch. Selbstreflexion reicht - die Verbindung von Innen- und Außenwahrnehmung herstellen. Die Wahrnehmung "Was macht das mir?" (besser: aus mir) - gefolgt von dem (Meta-)Gefühl "Lasse ich das mit / aus mir machen - oder nicht?" Wenn die Kontrolle über Zulassen oder Nicht-Zulassen verloren geht (kommt in den besten Familien vor), dann Loslassen. Nennt sich praktische Vernunft - von Dingen, mit denen man nicht umgehen kann, die Finger zu lassen. Oder einfach Gelassenheit. Dazu braucht man kein Meister Eckhart sein - bei lernfähigen Menschen entwickelt sich das mit zunehmendem Lebensalter automatisch. Nennt sich deswegen Altersweisheit - die ist am billigsten zu haben. Irgendwann merkt man dann, dass man für seine Gefühle selbst verantwortlich ist. Dann geht man nicht notwendig frei von Anhaftung mit ihnen um, aber immerhin erwachsen.

    Doris Rasevic-Benz:

    Die Emotionen sind da, Störgefühle sind da. Es geht nicht um "richtig" oder "falsch". Es geht immer darum, sie als Illusionen, als Geistesprodukte zu erkennen und sie loszulassen.

    "Störgefühle" halte ich für einen ziemlich bescheuerten - sorry, ich meine natürlich irreführenden - Begriff, den ich bislang eigentlich nur mit den Adepten des dänischen Lama in Verbindung gebracht und für ein Eigengewächs gehalten habe. Danke für den Hinweis, dass damit nivarana gemeint sind. Solche Fachbegriffe anzugeben, ist ja doch recht nützlich, wenn es um Deutlichkeit geht - jedenfalls so lange hier im Westen noch jeder seine eigenen Übersetzungen basteln kann. Doch das nur nebenbei.


    Gefühle sind keine Illusionen (und sie "stören" auch nichts und niemanden) - auch, wenn es natürlich "Geistesprodukte" sind. Im Gegensatz zu den Objekten, auf die sie gerichtet sind, sind sie ziemlich real. Es geht so wenig um das Loslassen der Gefühle wie um das Zulassen - es geht um die Erkenntnis, dass sie ins Leere gerichtet sind. Dann sind sie ungebunden und man kann frei mit ihnen umgehen. Loslassen und Zulassen.

    Doris Rasevic-Benz:

    Das ist schwer, weil es Verzicht bedeutet: Askese.

    Der freie Umgang mit ungebundenen Gefühlen ist der Verzicht auf Fesseln. Als Askese würde ich das nicht bezeichnen. Aber - beängstigend ist das schon.

    Doris Rasevic-Benz:

    Es bedeutet, sich den Ängsten zu stellen, Verantwortung für sich zu übernehmen, erwachsen zu werden.
    Dagegen sträuben sich die Menschen. Ich glaube, das ist pure Angst.

    Trotzdem würde ich es eher als Masochismus bezeichnen.


    ()