Beiträge von Sudhana im Thema „Jhanas im Zazen?“

    Stawrogin:

    Eine Frage hätte ich dennoch noch


    Diese Frage hat sich vermutlich jeder mehr als einmal gestellt, der Zazen übt. Das lässt nach und hört irgendwann auf. Von dieser Frage ging grundsätzlich auch Dōgen aus - auch, wenn sie bei ihm etwas anders formuliert ist: wenn alle Wesen von Anbeginn an die Buddhanatur besitzen, warum dann Übung? Um die Antwort darauf zu finden, ging er nach China. Er formulierte die Antwort als Prinzip der Einheit von Übung und Erwachen (shushō-ichinyo) und permanenter Übung (gyōji).


    Vielleicht gibt dies hier weiter Aufschluss.


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    Stawrogin:

    1. Gibt es etwas vergleichbares im Zen das denn Jhanas im Pali-Kanon gleicht.


    Ja. Das nennt sich gaomu sihui / kōmoku shihai (槁木死灰). Es bedeutet 'totes Holz [und] kalte Asche' (wobei es hier nicht um Holzasche, sondern um die Asche einer kremierten Leiche geht). Diese recht drastische Bezeichnung stammt aus dem Bodhidharma-Kapitel des Linjian Lu von Juefan Huihong (1071-1128), einem Meister der Linji / Rinzai-Tradition. Er bezeichnet damit die dhyāna-Praxis und widerspricht der irrigen Auffassung, Bodhidharmas 9 Jahre der Wandbetrachtung im Shaolin Si sei dhyāna-Praxis gewesen. Er fügt hinzu: "er hörte bei dhyāna nicht auf und gleichzeitig ging er nicht gegen dhyāna - so, wie die Kunst der Weissagung aus Yin und Yang entspringt ohne gegen Yin und Yang zu gehen". Dōgen hatte auf Empfehlung seines Meisters Tiantong Rujing (Tendo Nyōjō) das Linjian Lu studiert und zitiert (und erläutert) diese Passage in Shōbōgenzō Butsudō und in Shōbōgenzō Gyōji. In der Kōroku-Fassung des Fukan Zazen Gi schreibt Dōgen: "Zazen ist nicht die dhyāna-Übung, es ist nur das Dharma-Tor von Behaglichkeit und Freude. Es ist die Übung und Bestätigung höchsten Erwachens." Fast gleichlautend im Shōbōgenzō Zazen Gi: "Zazen ist nicht die dhyāna-Übung, es ist nur das Dharma-Tor von großer Behaglichkeit und Freude. Es ist reine Übung und Bestätigung."


    Was Samādhi angeht, so ist dies verschieden von Śīla und Prajñā - diese drei sind das 'dreifache Studium', sangaku, des achtfachen Pfades. Die Zen-Übung ist eine holistische Übung - Śīla, Prajñā und Samādhi sind lediglich drei verschiedene Blickwinkel von außen auf dieses eine Üben. So wird es im Plattform-Sutra von Huineng dargelegt.

    Stawrogin:

    2. Sich der Vergänglichkeit aller Dinge bewusst werden im Zazen so wie in Vipassana, Ergibt sich das automatisch ohne "geistige Gedanken-Kontemplation" oder spielt das fokussieren des Geistes auf die "Vergänglichkeit" im Zazen einfach keine entscheidende Rolle?

    Im Zazen wird der Geist nicht fokussiert - im Gegenteil, der Fokus wird geöffnet, bis er verschwindet. Damit verschwindet auch der Geist - der nichts anderes ist, als die Funktion des Fokussierens. Das geht nur, wenn man nichts im Fokus hat - also alles, was im Fokus ist, loslässt. Zazen dient auch nicht der Bewusstwerdung von Vergänglichkeit (oder, btw. von sonst irgend etwas). Zazen ist "reine Übung und Bestätigung" der Buddhanatur, busshō, und eben diese Buddhanatur ist nichts anderes als "Vergänglichkeit", mujō-busshō. Sich dessen bewusst zu sein, heisst davon getrennt zu sein.

    Stawrogin:

    3. Kann man Nyanaponikas "Reines Beobachten" mit Zazen gleichsetzen?

    Ich weiss nicht, was Nyanaponika mit "Reines Beobachten" beschreibt. Auf Zazen scheint mir eine solche Beschreibung nicht zu treffen. Wenn man sich Zazen in einer Beschreibung nähern will, ist es "Reines Sitzen" und nichts als das. Kein Beobachter, kein beobachten, nicht Beobachtetes; namarupa abgelöst und abgefallen, shinjin datsuraku. Oder: sich selbst empfangen und genießen, jijuyu.


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