Wir Menschen von heute sind ja geradezu besessen von der Vorstellung, eine kleine Entität in einer großen Welt zu sein. Viele Zen-Buddhisten setzen dem als eine Art Glaubenssatz Vorstellungen wie "alles ist der Eine Geist" u.ä. entgegen, ohne dass sich dies dann auf Dauer entgültig gegen das andere durchsetzen kann oder umgekehrt. Was dabei herauskommt, ist allerhand Wünschen und Sehnen und das Gefühl, es im Zen irgendwie nicht ganz richtig zu machen.
Meinem Verständnis nach lässt sich dieser Widerspruch nicht lösen, indem man bestimmte Lehren übernimmt oder tiefschürfenden Metaphern nachspürt, sondern nur durch genaues Hinschauen auf das, was unmittelbar gegeben ist. Wenn du denkst (oder es so empfindest) 'hier bin ich, da vorne ist der Himmel', dann kannst du von dem Himmel nur wissen, indem du ihn wahrnimmst und als Himmel verstehst; ich dito. Dieser Ort, an dem du den Himmel wahrnimmst und als Himmel verstehst und an dem du dich wahrnimmst und als Ich verstehst, ist deine ganze Wirklichkeit. Dieser Ort ist alles, was du hast. Selbst die Vorstellung, dass der Himmel unabhängig von dir und deiner Wahrnehmung existiert, ist ebenfalls nichts anderes, als eine weitere Wahrnehmung von dir, die ebenfalls in genau diesem Moment an genau diesem Ort stattfindet (wichtig sich in diesem Zusammenhang in Erinnerung zu rufen, dass in der buddhistischen Terminologie Gedanken als Wahrnehmung und der denkende Geist als 6. Sinnesorgan verstanden wird).
Zitat
"Erwachen ist wie die Spiegelung des Mondes im Wasser. Der Mond wird nicht nass, das Wasser bleibt unberührt." Dogen
Tai