Beiträge von Tai im Thema „Der ganze Mond und der ganze Himmel spiegeln sich in einem einzigen Tautropfen“

    Morpho:

    Und man müsste ja auch die meisten Zen Bücher in die Tonne kloppen, wenn man es nicht so mit Bedeutung hat.


    Bloß nicht! Meister Huang Po sagt es so:

    Zitat

    "Die 84000 Methoden, die den 84000 Formen des Leidens entgegenwirken sollen, sind nur Redewendungen, die Menschen zum Tor der Befreiung hinzuziehen. Keine von ihnen hat wahren Bestand. Alles loslassen ist Dharma. Das Loslassen aller Täuschungen aber lässt keinen Dharma zurück, auf den man sich stützen könnte." Huang Po, Geist des Zen, Kap. 13

    Andreas:

    einerseits soll ich meinen ganzen Körper und Geist in die Übung werfen, andererseits ist genau der Wille, dies zu tun, der eigentlichen Sache im Weg?


    Es ist ja völlig okay, dies zu wollen oder sich zu wünschen. Aber wenn du wirklich deinen ganzen Körper und Geist in die Übung wirfst, ist da einfach kein Platz mehr für den Wunsch oder die Vorstellung, deinen Körper und Geist in die Übung zu werfen. Genau das ist nach meinem Verständnis damit gemeint, wenn es heißt, den ganzen Körper und Geist in die Übung zu werfen (ich bin aber auch kein Dogen-Fachmann).


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    Holzklotz:
    Tai:

    Meinem Verständnis nach lässt sich dieser Widerspruch nicht lösen, indem man bestimmte Lehren übernimmt oder tiefschürfenden Metaphern nachspürt, sondern nur durch genaues Hinschauen auf das, was unmittelbar gegeben ist.


    ja, sicher nicht, aber trotzdem ist es ja eine Art Vorbereitung, dass man nicht so überrascht ist, wenn es sich einem "offenbart", oder?


    Das ist dann ein bisschen wie ein Maler, der versucht, sich das Malen abzugewöhnen indem er Bilder vom Nicht-Malen malt.


    Holzklotz:


    "Das was unmittelbar gegeben ist" ist ja auch nur eine Metapher ...


    Genau! :) Die Bedeutung solcher Weisheiten zu verstehen, bedeutet Bedeutungen zu erzeugen mit dem ganzen Rattenschwanz an Vorlieben und Abneigungen, der da mit dran hängt. Eine solche Vorgehensweise ist der im von IkkyuSan verlinkten Dharma Bankeis als 'ungeborener Buddha-Geist' bezeichneten Haltung genau entgegengesetzt. Andreas beschreibt im Eingangspost den Wunsch, ein das Ganze spiegelnder Tautropfen zu sein, was ja auch nichts anderes ist als die Sehnsucht danach, diesen 'ungeborenen Buddha-Geist' zu verkörpern. Ironischer Weise steht aber genau diese Sehnsucht nach dem ungebohrenen Bhudda-Geist der mit ungebohrener Buddha-Geist bezeichneten Haltung diametral entgegen.


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    Tai

    Wir Menschen von heute sind ja geradezu besessen von der Vorstellung, eine kleine Entität in einer großen Welt zu sein. Viele Zen-Buddhisten setzen dem als eine Art Glaubenssatz Vorstellungen wie "alles ist der Eine Geist" u.ä. entgegen, ohne dass sich dies dann auf Dauer entgültig gegen das andere durchsetzen kann oder umgekehrt. Was dabei herauskommt, ist allerhand Wünschen und Sehnen und das Gefühl, es im Zen irgendwie nicht ganz richtig zu machen.


    Meinem Verständnis nach lässt sich dieser Widerspruch nicht lösen, indem man bestimmte Lehren übernimmt oder tiefschürfenden Metaphern nachspürt, sondern nur durch genaues Hinschauen auf das, was unmittelbar gegeben ist. Wenn du denkst (oder es so empfindest) 'hier bin ich, da vorne ist der Himmel', dann kannst du von dem Himmel nur wissen, indem du ihn wahrnimmst und als Himmel verstehst; ich dito. Dieser Ort, an dem du den Himmel wahrnimmst und als Himmel verstehst und an dem du dich wahrnimmst und als Ich verstehst, ist deine ganze Wirklichkeit. Dieser Ort ist alles, was du hast. Selbst die Vorstellung, dass der Himmel unabhängig von dir und deiner Wahrnehmung existiert, ist ebenfalls nichts anderes, als eine weitere Wahrnehmung von dir, die ebenfalls in genau diesem Moment an genau diesem Ort stattfindet (wichtig sich in diesem Zusammenhang in Erinnerung zu rufen, dass in der buddhistischen Terminologie Gedanken als Wahrnehmung und der denkende Geist als 6. Sinnesorgan verstanden wird).


    Zitat

    "Erwachen ist wie die Spiegelung des Mondes im Wasser. Der Mond wird nicht nass, das Wasser bleibt unberührt." Dogen


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    Tai