Beiträge von Sudhana im Thema „Ohrfeigen im Zen“

    Tychiades:

    Ist sich selbst an der Nase herum führen nicht dasselbe wie in Illusionen sich verstricken?

    Nicht, wenn man die Nase loslassen kann. Was auch geht, wenn man erst einmal bemerkt hat, dass die Hand nicht an der Nase festgewachsen ist. Wenn man sich selbst dabei nicht so recht über den Weg traut, kann man auch eine Pappnase aufsetzen (ich bin am Rhein groß geworden, da ist das Tradition). :clown: Damit ist man dann auch gegen das Nasezwicken einigermaßen geschützt.

    Tychiades:

    Ich eigne mich recht gut als Trick- und Taschendieb.

    Da würd ich drauf wetten ...


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    Tychiades:

    Ich kann dir auch nicht in einem Internetforum in die Nase kneifen.

    Das könnte Dir so passen, alter Wadenbeisser. Im Ernst - so weit ich Dich kenne, scheint Dein Ding eher das An-der-Nase-herumführen als das In-die-Nase-zwicken zu sein. Ist ja auch in Ordnung, übe mich selbst gelegentlich darin. Notfalls führe ich mich sogar selbst an der Nase herum.


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    Tychiades:

    Es ist aber durchaus nötig, deutlich zu werden und entschieden gegen etwas aufzutreten. Z.B. gegen Ohrfeigen und gegen Beschönigung.

    Daher die Frage, welche Art Teeschale man im Süden benutzt. Mujaku wusste keine Antwort. Der konnte sich halt nicht in einem Internetforum kundig machen. :D


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    Holzklotz:

    Vorne drei drei, hinten drei drei

    Ich besteige mal diesen alten Banditengaul - ohne seinen Besitzer nun bis zum Godai zu verfolgen. Drei drei vorne wie hinten ist ja gut und schön und bestreiten will ich das auch nicht. Genau deswegen vermischen wir ja hier Drachen und Schlangen. Reden miteinander, statt uns um unseren eigenen Kram zu kümmern. Aber "Versachlichung", die Du kürzlich noch so begrüßt hattest, ist das nicht.


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    Für eine sachliche Herangehensweise sollte zunächst einmal klar gestellt werden, wovon man eigentlich spricht, wenn man hier von 'Tradition' spricht.


    Zunächst einmal gibt es eine Tradition von Körperstrafen, nicht nur in Ostasien, sondern auch im Westen. Wobei diese Tradition zumindest bei uns aus der Rechtspflege und aus dem öffentlichen Erziehungswesen verschwunden ist (genauer gesagt: eindeutig illegal ist). Darüber hinaus gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass Körperstrafen auch im privaten Bereich inakzeptabel sind und auch hier gibt es dann nicht nur Sanktionen in Form gesellschaftlicher Ächtung, sondern auch rechtlicher, wenn etwa Ehepartner oder Kinder geschlagen werden. Das ist "modern" und "liberal" - und auch, wenn ich diese Etikettierungen für wenig aussagekräftig halte, kann ich in dem, was sie hier etikettieren, nichts Negatives sehen. Tradition ist nicht an sich etwas Gutes - es gibt welche, auf die kann man ohne Bedauern verzichtern.


    Zu der speziellen Tradition, um die es hier geht, gehört z.B. auch das Züchtigungsrecht, das Äbte buddhistischer Klöster in China gegenüber ihren Mönchen hatten. Das war die traditionelle Art, wie in China in größeren sozialen Gemeinschaften (und die größeren Klöster hatten einige hundert Mönche) Ordnung aufrechterhalten und durchgesetzt wurde. In der Regel dürften die zum geflügelten Wort gewordenen "dreissig Stockschläge" allerdings für etwas nachvollziehbarere Vergehen verhängt worden sein, als das in den alten Geschichten und Präzedenzfällen der Fall ist - wo sie ja dann in der Regel auch gnädig erlassen werden. Im profanen, privaten Bereich fand dies seine Entsprechung (wenn auch nicht, wie in Klöstern, explizit durch Regeln festgelegt) natürlich in der Familie (bei wohlhabenden Familien das Dienstpersonal mit eingeschlossen) und im Bereich beruflicher Ausbildung (Mönch ist schließlich auch nur ein Beruf). Man kann das zusammenfassen als Körperstrafen mit erzieherischer Funktion (oder besser: Intention). Ich hatte dies als "eine nicht hinterfragte kulturelle Normalität" bezeichnet - wobei man hier noch einmal betonen sollte, dass es im Kontext unserer Diskussion hier nicht um kulturelle Normen etwa der fünfziger oder sechziger Jahre in Deutschland geht (auch ich kam in der Grundschule noch in den 'Genuss' von Prügelstrafen), sondern um die im China der Tang-Dynastie vorliegenden. Anders gesagt: die während der formativen Phase des klassischen Chan / Zen existierenden, die somit auf eben diese Formation Einfluss nahmen. Ein nicht nur geographisch, sondern auch zeitlich mit über einem Jahrtausend sehr ferner Raum. Genau hier - unter Berücksichtigung des im vorangegangenen Absatz gesagten - stellt sich dann auch die ebenfalls bereits angesprochene Frage kultureller Inkompatibilität. Das scheint zunächst eine nur theoretische Fragestellung zu sein, es geht dabei jedoch um die konkrete psychologische Disposition von Menschen heute und hier in unserem Kulturkreis. Anders ausgedrückt: um eine Frage der Inkulturation von Zen.


    Unbestritten ist, wie schon gesagt, dass der oben umrissene Kulturwandel im Westen relativ jungen Datums ist und deswegen (hauptsächlich) Ältere hinsichtlich erzieherischer Gewalt keine Inkompatibilität sehen. Oder auch vielleicht gerade deswegen eine solche sehen. Ich denke, das hängt davon ab, ob man zur "guten alten Zeit" und gerade solchen zumindest hier weitgehend überwundenen kulturellen Traditionen zurück will. Das mag jeder mit sich selbst ausmachen. Mit "Zen" hat das aber meines Erachtens herzlich wenig zu tun.


    Was nun hier - mE unzulässig - mit dem Aspekt von physischer Gewalt mit erzieherischer Intention vermengt wurde, sollte sauber davon getrennt werden: der aus Kontrollverlust von Affekten resultierende Gebrauch physischer Gewalt. Ellviral hatte da z.B. Ungeduld angesprochen, und das wurde dann ja auch aufgegriffen: "So kann es auch einmal, durch menschliche Schwäche, passieren, dass einem "Meister" der Geduldsfaden reißt und er handgreiflich wird" (um nun doch einmal zu zitieren). Beides, aus erzieherischer Intention resultierende und aus Kontrollverlust resultierende physische Gewalt sollte differenziert betrachtet und auch bewertet werden. Dass ich persönlich ersteres im Kontext eines inkulturierten Zen für inakzeptabel halte und das zweite generell für eine Disqualifikation eines "Meisters", ist sicher deutlich geworden. Auch insofern war die Diskussion zwischen IkkyuSan und mir sachbezogener, als es anscheinend hier wahrgenommen wurde.


    Wo auch deutlich getrennt werden sollte, das ist zwischen dem erzieherischen Gebrauch tatsächlicher physischer Gewalt, dem bokatsu (wobei ich hier natürlich speziell vom bo spreche, nicht vom katsu), und dem Gebrauch physischer Gewalt in Form literarischer Fiktion - auch dies wurde bereits von mir angesprochen. Letzteres hat ja, zumindest wenn ich meiner in dieser Hinsicht sicher begrenzten Wahrnehmung folge, weitgehend die physische Anwendung des bo, von Ohrfeigen, Boxhieben usw. ersetzt - und das bereits während der Song-Dynastie, also bevor und während Chan in Japan als Zen inkulturiert wurde. Hier wird ein sehr spezieller, aber im aktuellen, westlichen Inkulturationsprozess wichtiger Aspekt von Tadition angesprochen - nämlich die Frage, wie weit diese postfaktisch fabriziert ist. Da ist es dann durchaus von Vorteil, mit dem "Gelehrten-Zen" (das es nicht gibt, es gibt lediglich Zen-Gelehrte) ein wenig vertraut zu sein. Da wird man dann sehen, dass wir hier tatsächlich in großem Ausmaß eine fabrizierte Tradition überliefert bekommen - wobei das Ausmaß der Fabrikation aufgrund des großen zeitlichen Abstandes naturgemäß schwierig bestimmbar ist. Diese Fabrikation setzt bereits während der Tang-Dynastie ein und setzt sich vor allem in Form der hagiographischen Yulu-Literatur (der Quelle, aus der heraus die klassische Koan-Literatur entstand) bis in die Gegenwart in Form moderner 'Meister-Biographien' fort. Was ich übrigens mit etwas gemischten Gefühlen auch in meiner eigenen Tradition beobachte. Dieses Phänomen der Fabrikation findet sich auch in anderen Texten - gut belegt ist es insbesondere beim Tanjing, dem Plattform Sutra, mit seinen diversen Anwachsungen und Weglassungen in den verschiedenen Varianten von der Tang-Dynastie (die Dunhang-Manuskripte) bis hin zur mingzeitlichen Edition. Yanagida, McRae, Adamek, Heine und Bodiford (um nur einige Namen zu nennen) haben dazu wertvolle, weil desillusionierende Aufklärungsarbeit geleistet. Wer ernsthaft Zen übt, tut nach meiner Auffassung gut daran, die Arbeit dieser "Zen-Gelehrten" zumindest in ihren Grundzügen zu kennen und deren Ergebnisse nicht zu ignorieren.


    Hinsichtlich der Frage, ob speziell die bokatsu-Tradition ein unentbehrliches Element der Zen-Schulung ist oder ob eine solche ohne das Element physischer Gewaltanwendung (im Sinne erzieherischer Gewalt) zumindest "verwässert" wird, gilt es zu beachten, dass es hier lediglich um eine Teiltradition des Zen geht, worauf ich bereits wiederholt hingewiesen hatte. Bejaht man diese Frage, dann qualifiziert man damit die Guiyang-, Fayan- und die Caodong-Übertragunslinien als defizitär oder verwässert. Und - was wichtiger ist - ignoriert dabei völlig, dass Chan schon eine ganze Weile existierte, bevor Deshan und Huangbo auftraten und mit solchen 'geschickten Mitteln' arbeiteten. Ein Mittel - und um nicht mehr geht es hier, um eines von vielen Mitteln - ist grundsätzlich geschickt oder ungeschickt hinsichtlich der (zeitgebundenen) Umstände und Bedingungen, unter denen es angewandt wird. Das ist der "Kontext", von dem IkkyuSan schrieb und den auch ich nicht übersehe. Die eingangs dieses Absatzes angesprochene Frage reduziert sich damit auf die Frage, ob physische Gewalt unter den Umständen und Bedingungen westlicher Kultur des 21. Jahrhunderts und dadurch psychologisch disponierter Zen-Übender ein geschicktes oder ein ungeschicktes Mittel ist. Auf Tradition als Selbstzweck ist doch geschissen. Ohne genau diese Einstellung hätte es Chan und Zen nie gegeben.


    Ein beachtenswerter Aspekt, auf den ebenfalls bereits hingewiesen wurde, ist die Instrumentalisierung der Tradition gewalttätiger Rhetorik wie auch gewalttätiger Praxis - sei letztere nun 'echt' oder postfaktisch fabriziert - als Mittel zur theoretischen Begründung, um ein auf eine Vielzahl in aller Regel völlig 'unspiritueller' Faktoren zurückzuführendes, gewalttätiges Handeln im Bedarfsfall zu rechtfertigen. Das finden wir im sog. Samurai-Zen und in seiner entartetsten Form im 'Zen des kaiserlichen Weges'. Beispiele in Fülle finden sich u.a. bei Brian Victoria; mE sollte das Pflichtlektüre Jedes ernsthaft an Zen Interessierten sein.


    Um ein mögliches Missverständnis anzusprechen bzw. nochmals aufzugreifen: wie ich bereits am Anfang des Threads versucht habe deutlich zu machen, ist der kyosaku ein Thema für sich, dass nur mittelbar mit unserem Thema zu tun hat. Was zweifellos 'Außenstehenden' schwierig zu vermitteln ist (aber nicht nur denen). Der kyosaku ist nach meiner Auffassung kein erzieherisches, sondern ein (physio-)therapeutisches Mittel und hat vom diesem Grundsatz her mit physischer Gewalt so wenig zu tun wie eine Massage. Allerdings gibt es - auch das war angesprochen - einen weitverbreiteten stümperhaften Gebrauch, der häufig auch Missbrauch im Sinne affektiven Kontrollverlustes ist und darüber hinaus ist seine Anwendung aufgrund der oben angesprochenen psychologischen Disposition vieler westlicher Übenden problematisch.


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    void:

    Kampfsport ist eine sehr körperliche Art zum Zen zu kommen.

    Ich wäre der Letzte, das zu bestreiten. Um auch meinerseits mal aus dem Nähkästchen zu plaudern: mein Sifu kam vom Gongfu her, überließ die Gongfu-Schulung aber seinem Sohn, den er gut ausgebildet hatte. Mein Sifu fungierte da nur noch als Berater und lehrte ansonsten einen 'weichen' Stil, also Taijiquan, einschließlich Waffenformen (Schwert, Speer, Fächer). Dazu natürlich Quigong.


    Als ich einige Jahre die äußere Form und Quigong studiert hatte, gab er mir gelegentlich auch Lektionen über die Anwendung von neigong im 'Ernstfall' (Kampf). Ich werde das erste Mal nie vergessen - zuerst fragte er mich (vor Zeugen), ob er mir eine bestimmte Schlagform demonstrieren dürfe. Es war klar, dass ich das, worum es da ging, nicht durch bloße Nachahmung (wie bei der äußeren Form) und auch nicht durch Erklärungen lernen konnte; ich musste es körperlich erfahren, wenn ich genaueres darüber wissen wollte. Er sagte unmissverständlich, dass das eine schmerzhafte Erfahrung werden würde, auch wenn er sich sehr dabei zurückhalten würde. Er fragte mich, ob ich Herz- oder Kreislaufprobleme habe und verlangte darauf eine absolut ehrliche Antwort. Als ich mein Einverständnis erklärt hatte, gab er mir einen fast beiläufigen Schlag auf das Brustbein. Es fühlte sich an, als hätte er mir das Herz herausgerissen und dann losgelassen, so dass es mir in den Brustkorb zurückschnellte. Ich taumelte ein paar Meter zurück und hatte Glück, nicht kotzen zu müssen. Als meine Schnappatmung sich etwas beruhigt hatte, verbeugte ich mich und bedankte mich. Er hat auch später nie so etwas gemacht, ohne vorher ausdrücklich um Erlaubnis zu fragen - jedes Mal.


    Unsere Wege trennten sich übrigens nach einer Weile, weil ich mit ein paar anderen Sachen bei ihm nicht zurecht kam - u.a. seiner Einstellung zu Frauen. Vielleicht, weil ich zwischenzeitlich zum Zen und da zu einer 'meiner' Lehrerin gefunden hatte. Da ich nie wieder einen solch qualifizierten Sifu fand, war das auch das Ende meines Taijiquan-Studiums. Quigong praktiziere ich noch (auf der Grundlage dessen, was ich bei ihm gelernt habe) und das hält den Respekt und die Dankbarkeit ihm gegenüber lebendig.


    Übrigens - so etwas (was bei Kindern und Jugendlichen gelegentlich vorkam)

    void:

    da hat man sich auch häufiger mal einfach so gegenseitig ein Bein gestellt, einfach nur um Reflexe und Fallschule zu testen

    führte zu einer Verwarnung und im Wiederholungsfall zu einem kürzeren oder auch längeren Ausschluss vom Training.


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    Deine Antwort zeigt lediglich die Grenze Deines Verstehens und meiner Verständlichkeit auf. Schade – aber das klärt für mich abschließend, dass Du in diesem Thread nicht nur ein wenig advocatus diaboli gespielt hast. Es wäre ein bisschen viel verlangt, diese ganze Baustelle aufzuräumen; ich beschränke mich mal vorwiegend auf diesen einen Brocken und versuche, mich einfach auszudrücken:

    IkkyuSan:
    Sudhana:

    Ist dir schon einmal aufgefallen, dass man den einen Weg in zwei Richtungen gehen kann? Da kann man sogar hin und herlaufen.

    Ja und das steht für das "Gelehrtenzen", dass du hier repräsentierst.

    Mit „Gelehrtenzen“ hat das nun überhaupt nichts zu tun, sondern mit Leuten, die nicht wissen, wo es lang geht. Zwischen beidem ist kein kausaler Zusammenhang - weder in dieser noch in jener Richtung. Es hat vielmehr ganz praktisch etwas mit den kai zu tun, die da als Richtungsanzeiger dienen können. Zu dem Unterschied hatte ich ja schon etwas angemerkt. Jemandem eine Ohrfeige geben, um ihm zu einer Erkenntnis zu verhelfen. Eine Ohrfeige geben, um sich zu verteidigen. Sich dazu prophylaktisch von Experten im Ohrfeigen ausbilden und trainieren lassen (da kriegt das schon einen leichten Zug ins Paranoide). Ohrfeigen, um Andere zu verteidigen. Ohrfeigen, um Ideen zu verteidigen. Ohrfeigen um Andere zu erziehen, sie für ihre Dummheit zu bestrafen, so dass sie das tun, was sie unserer Ansicht nach tun sollten. Ohrfeigen, um die eigenen Lebensumstände auf Kosten der Geohrfeigten zu verbessern. Ohrfeigen aus Gewohnheit, aus Spass oder einfach, weil einem dabei einer abgeht. Das ist die eine Richtung, in der man den Weg gehen kann, ins zunehmend Pathologische. Über Gesundheit und Krankheit hatten wir ja auch schon gesprochen. Man kann den Weg auch in der anderen Richtung gehen. Wenn man nicht nur hin- und hergeht, kommt man da auch irgendwann an der Station "Jemandem eine Ohrfeige geben, um ihm zu einer Erkenntnis zu verhelfen" vorbei. Ist kein Ort, um sich auszuruhen. Entweder weiter oder zurück. Ist derselbe Weg. Anders gesagt: man kann den Scheiss mitmachen oder man kann es sich übend abgewöhnen. An der Koexistenz mit dem Anderen, z.B. mit der Gewalt, ändert das natürlich nichts. Trotzdem ist es ein anderes Koexistieren.


    Noch etwas dazu:

    IkkyuSan:

    Ja, aber wen DU als Meister bezeichnen würdest ist ja vollkommen unerheblich. Darum geht es ja auch in dieser ganzen Diskussion - jemand ist automatisch kein Meister, wenn er Gewalt anwendet. Doch - dann ist er immer noch ein Meister (kann mitunter sogar ein Erleuchtungszeugnis vorlegen oder wurde dazu innerhalb seiner Linie ernannt).

    Natürlich ist es völlig unerheblich für Andere, wen ich Meister nenne. Wie es für Andere gleichermaßen unerheblich ist, wen Du Meister nennst. 'Meister und Schüler’ ist lediglich eine Einigung über eine Aufgabenverteilung zwischen zwei Menschen, die für jeden Anderen völlig unerheblich ist. Wer dazu irgendwelchen Papierkram, Erleuchtungszeugnisse usw. braucht – meinetwegen, wenn man dem eigenen Urteil nicht traut. Aber ein Fetzen Papier macht ganz gewiss keinen zum Meister. Ansonsten - wer sich etwas davon verspricht, der lässt sich von seinem Meister halt auch ohrfeigen. Um die knappe Charakterisierung eines anderen Forumsteilnehmers aufzugreifen: da sucht jemand Autorität und deswegen unterwirft er sich Autorität und erlangt sie so – über Andere, die Autorität suchen. Ist nicht so mein Ding. Offensichtlich haben wir hinsichtlich 'Meister' unterschiedliche Standards. Dies festzustellen genügt mir - was Du damit anfängst, ist ausschließlich Deine Sache.


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    IkkyuSan:
    Zitat

    Und es hilft auch nichts, wenn Du jetzt so tust, als wäre Deine Gewalt-Rabulistik nur Allegorie oder wegen mir auch Zynismus (aka trollen) gewesen

    Tue ich ja nicht.

    Also, ich werde jetzt definitiv nicht anfangen, aus dem, was Du hier in diesem Thread bislang verzapft hast, zu zitieren. Es reicht, wenn es einmal hier steht. Und was ich dazu von meiner Seite zu sagen hatte, ist gesagt.

    IkkyuSan:

    das hier ist ein Forum, wo es mehrere Meinungen und Ansichten gibt (oder besser gesagt: geben sollte).

    Mal abgesehen davon, dass der Zeitvertreib hier ohne mehrere Meinungen und Ansichten ziemlich witzlos wäre, ist es doch sehr die Frage, ob es es nicht besser wäre, wenn wir alle dieselbe Sicht hätten. Die nun nicht unbedingt eine Meinung zu sein braucht. Zumindest könnte man sich dann den Unfug hier ersparen.

    IkkyuSan:

    Wenn du mich jedoch, in deinem Sinne, moralisch appellieren möchtest,

    Wie käme dazu? Was weiss ich denn von Dir, außer dass Du wie ich ein Mitteilungsbedürfnis hast und dies hier befriedigst? Mehr brauche ich auch nicht zu wissen. Um einen moralischen Appell an Dich müsstest Du mich schon bitten - und ich würde an Deiner Stelle nicht damit rechnen, dass diese Bitte erfüllt würde. Also lass es einfach.

    IkkyuSan:

    - dem einen Krankheit, dem anderen Gesundheit.

    Ist dir schon einmal aufgefallen, dass man den einen Weg in zwei Richtungen gehen kann? Da kann man sogar hin und herlaufen. Manche tun das sogar, ohne es zu merken. Auch, wenn es im Zen nicht ums Ankommen geht - ums Vorankommen geht es schon.

    IkkyuSan:

    Gewalt sollte nicht verherrlicht werden. Dennoch ist sie Bestandteil des Lebens UND des Zen Buddhismus - weil Zen Buddhismus nun eben auch lebensnah ist, und sich solcher Bilder auch bedient.

    Der Unterschied zwischen Bildern und dem, was abgebildet wird ist mir schon klar, den brauchst Du mir nicht erklären. Wenn Du in diesem Thread nur von Bildern und nicht von handfesten dramatischen Auftritten sprichst, dann hast Du zumindest ein Talent, Dich bemerkenswert unklar auszudrücken. Wenn es nicht das ist, fällt mir als plausible Alternative nur Zynismus ein. Auch dazu habe ich meinen Senf schon gegeben.

    IkkyuSan:

    So kann es auch einmal, durch menschliche Schwäche, passieren, dass einem "Meister" der Geduldsfaden reißt und er handgreiflich wird.

    Immerhin bedenkst Du den Meister mit Anführungszeichen. Jemanden, der seine Affekte nicht unter Kontrolle hat und so aus seiner Übung - die nicht zuletzt auch eine Übung in Geduld ist - fällt, würde ich nicht Meister nennen. Dazu gehe ich zu wählerisch mit solchen Titulaturen um.

    IkkyuSan:

    Meister oder Lehrer sind keine Übermenschen die makellos das Dharma lehren.

    Ich habe kein Problem damit, mit ihnen Mitgefühl zu haben. Wenn man das ernst nimmt, ist es ein Scheissjob. Aber er muss gemacht werden und es gibt welche, die kriegen das besser und welche, die kriegen das schlechter oder auch gar nicht hin.

    IkkyuSan:

    Doch genau dies wird in sie hineinprojiziert.

    Von mir gewiss nicht. Und so spontan fällt mir jetzt auch sonst niemand hier ein, dem Du das erklären müsstest. Zumal so umständlich, gewunden und unklar, dass Du erst auf der dritten Seite dieses Threads allmählich damit zu Potte kommst. Okay, ein "Meister", der Menschen, die ihm vertrauen, mit Ohrfeigen traktiert, gehört nicht zu denen, "die makellos das Dharma lehren". Schön, dass zumindest das jetzt geklärt ist - da sind wir doch tatsächlich mal einer Meinung

    IkkyuSan:

    Die Frage sollte lediglich darin bestehen, ob man die Anwendung von Gewalt als moralisch richtig empfindet - meine Antwort: Es kommt eben auf den Kontext an.

    In der Hinsicht bestand auch keinerlei Zweifel - und da kannst du Dich auch gerne noch mit den tibetischen Watschenmännern solidarisieren.

    IkkyuSan:

    Gewalt "verbannen" zu wollen wird nicht funktionieren, in keinerlei Weise.

    Bei Anderen natürlich nicht. Bei Dir schon - nur ist das dann auch kein Verbannen, sondern Koexistenz. Nicht immer friedliche. Aber man muss nicht jeden Scheiss mitmachen.


    ()

    Rührend, mir kommen die Tränen. Um nur ein Beispiel dafür zu nennen, was Du dabei übersiehst und worauf ich mit meinem letzten Posting vielleicht nicht deutlich genug hingewiesen habe: es ist das bokatsu, das im japanischen Zen das Einfallstor für das 'Zen des kaiserlichen Weges' geöffnet hat. Spätestens da hat das bokatsu Zen krank gemacht. Und ja, auch ein Sawaki Kodo war zeitweise von dieser Krankheit infiziert, wie auch das, was Du 'Gelehrten-Zen' zu nennen beliebst. Von Suzuki (D.T.) bis hin zu Nishida, der sich vielleicht doch besser etwas mehr mit dem Studium der kai befasst hätte als mit dem Heideggers.


    Und es hilft auch nichts, wenn Du jetzt so tust, als wäre Deine Gewalt-Rabulistik nur Allegorie oder wegen mir auch Zynismus (aka trollen) gewesen. Darum geht und ging es in diesem Thread nicht. Es geht hier um physische Gewalt und nicht um Monjus Schwert. Es ist das Schwert aus Stahl, das die Katze entzweischneidet. Monjus Schwert schneidet sie in eins. Zwar ist das zweiteilen der Katze Buddhas Tat, aber es ist auch ein Verbrechen.

    Zitat

    Dōgen sagte: "Buddhas Tat und die verbrecherische Tat sind zweierlei, obwohl sie innerhalb einer einzigen Handlung auftreten. [...] Diese Methode ist zwar in Ordnung, es ist aber besser, sie nicht zu benutzen."
    Shōbōgenzō Zuimonki I.6

    Und - im Hinblick auf die oben erwähnte Krankheit - bin ich weniger nachsichtig als Dōgen. Sie ist nicht in Ordnung.


    ()

    Moosgarten:
    IkkyuSan:

    Genau DAS ist der Kern - Finger abschneiden und Katzen zerhacken!


    Und DAS scheint mir eher ne "Kampfkunst"-Attitüde zu sein 8)


    Banzaaaaiiii!

    IkkyuSan:

    Genau DAS ist der Kern - Finger abschneiden und Katzen zerhacken!

    Wenn man diese Methode statt 棒喝 Stock-und-Schrei 掌棒 Ohrfeige-und-Stock getauft hätte, käme man auch schneller drauf, womit man es zu tun hat. Dafür gäbe es schon den äquivalenten Begriff als Übersetzung: Slapstick. Trotz aller verbalen Kraftmeierei scheinst du mir aber mehr der Typ Curly als Moe zu sein. Aber das kommt vielleicht noch mit der Übung. Also noch'n Übungsvideo: https://www.youtube.com/watch?v=u4ZgVRJ-H8U


    ()

    void:

    Aber was ist dann mit all den Stöcken in den Zen Koans?

    Dazu hatte ich im Zusammenhang mit dem Zitat aus dem Linji Lu bereits etwas geschrieben. Um das zu wiederholen: es handelt sich um einen Lehrstil, der in lediglich zwei der fünf klassischen Zenschulen entwickelt und 'gepflegt' wurde, Japanisch bokatsu. Möglicherweise hat das zu einer Zeit und in einer Kultur 'funktioniert', in der brutale Körperstrafen schon bei geringen Verfehlungen und Folter als Methode strafrechtlicher Ermittlungstätigkeit eine nicht hinterfragte kulturelle Normalität war. Möglicherweise - wie viel von diesen Geschichtchen 'echt' ist und wie viel literarische Fiktion, ist umstritten und letzlich auch nicht zweifelsfrei zu klären. Guteis Finger oder auch Nansens Katze jedenfalls halte ich für solche drastische Fiktionen. Auch im alten China liefen Zenmeister nicht beständig mit einer Schere herum, um bei Bedarf Finger abzuschneiden und schon gar nicht waren sie mit Schwertern bewaffnet, um Katzen zu zerhacken. Und wer glaubt, solche Methoden seien im Zen der Kern der Übertragung und unverzichtbar, der hat noch viel zu kapieren.


    Wie auch immer - ich stelle sehr in Zweifel, dass der bokatsu-Stil unter völlig anderen kulturellen Bedingungen und damit deutlich veränderter psychologischer Disposition funktionieren kann. Praktische Erfahrung damit habe ich nicht - und auch nicht den geringsten Bedarf dafür. Da haben sich andere Lehrstile als von beständigerem Nutzen erwiesen.


    ()

    Tychiades:

    Der Zendo-Leiter kann dich anweisen, [...]
    Wenn du den Anweisungen nicht folgst, darfst du nicht ins Zendo.

    Wobei das keine willkürlichen Anweisungen sind - sie regeln die gemeinsame Praxis und eben diesen Regeln gemeinsamer Praxis 'unterwirft' man sich als Gemeinschaft - nicht dem Zendo-Leiter (der sich selbst natürlich als Teil der Gemeinschaft auch diesen Regeln 'unterwirft').


    ()

    Morpho:

    Die Versionen die ich gelesen habe sind viel.kürzer,also mit wesentlich weniger Schimpfwörtern.Kann es sein, hier wurde was ausgeschmückt?

    Ein wenig wurde da schon "ausgeschmückt". Es empfiehlt sich, beim Linji Lu auf die Übersetzung von Ruth Fuller-Sasaki zurückzugreifen; da kann man sich im Zweifelsfall auch den Originaltext anschauen und prüfen. Die "Ausschmückungen" sind halb so schlimm - völlig daneben ist hingegen diese Passage: "Nach all dem gibt es kein größeres Buddha Dharma als das von Obaku". Das ist nicht nur sinnentstellend, das ist gerade das Gegenteil von dem, was Linji sagt: 元來黃檗佛法無多子. Und das bei einer der Kernaussagen, um die es in dieser Passage geht (die zweite folgt im unmittelbaren Anschluss an das Zitat und wurde weggelassen). Würde ich jetzt (Fuller-Sasaki folgend, die ihre Übersetzung dieser Passage ausführlich und nachvollziehbar begründet) mit "an Obakus Buddhadharma ist nicht viel dran" übersetzen. Kleiner Hinweis: Wenn man schon mit länglichen Zitaten argumentiert, sollte man auch wissen, was man da zitiert. Das heisst nicht einfach (und das auch noch ohne Quellenangabe) abschreiben, sondern prüfen - nicht zuletzt auch das eigene Verständnis des Zitats.


    Bei Fuller-Sasaki findet man übrigens auch den Querverweis zu Linjis Biographie im Zutang ji (祖堂集, 'Annalen der Halle der Vorfahren'), der ein wenig Hintergrund zu der Begegnung Linjis mit Dayu (jap. Daigu) gibt - "als die Nacht kam, saß er vor Dayu und sprach über das Yuqie lun (瑜伽論, 'Abhandlung über die Stadien der Yogācāra-Praxis'), über Weishi-Philosophie [die Weishi zong ist die chinesische Yogācāra-Schule] und warf schwierige Fragen auf". Es liegt hier eine bemerkenswerte Parallele zur Entwicklung Deshan Xuanjiangs vor, nur dass letzterer nicht vom Weishi, sondern vom Sanlun (Madhyamaka) bzw. dem Diamantsutra her seinen Zugang fand. Die Parallelität geht noch weiter - so wie Linji wurde auch Deshan zur Gründerfigur einer der fünf klassischen Schulen - die dann allerdings unter dem Namen seines Dharma-Enkels Yunmen Wenyan (der sein initialisierendes Erwachen erfahren haben soll, als ihm Muzhou das Bein brach) firmierte. Damit - mit diesen beiden Schulen - haben wir auch die, deren spezieller Lehrstil japanisch als Bokatsu (etwa: Stock-und-Schrei) bezeichnet wird. Beide Schulen verschmolzen dann miteinander, noch bevor dieser Lehrstil nach Japan kam. Jedenfalls - das Prügeln und Anbrüllen, Bokatsu, ist nicht 'Zen an sich', sondern ein bestimmter Lehrstil des Zen, der in den drei anderen klassischen Schulen, insbesondere in der Caodong- bzw. Sōtō-Tradition, nicht 'gepflegt' wurde bzw. wird. Das gehört mE im Kontext dieses Themas deutlich klar gestellt.

    Morpho:

    Ich finde das Thema im Moment nicht angebracht.

    Das sehe ich nun nicht so. Wenn ich das unter dem Gesichtspunkt der Inkulturation und kultureller Inkompatibilitäten betrachte, der sich in der Sogyal-Lakar-Diskussion (bevor diese abgewürgt wurde) herausgeschält hat, betrachte, haben wir hier ein durchaus vergleichbares Problem.

    Morpho:

    Man könnte z.b. auch drauf kommen(ein Andersfährtiger), dass derlei der gewöhnliche Umgang unter Zen's sei

    Ich hoffe, oben klargestellt zu haben, dass es um einen bestimmten Zen-Lehrstil geht. Ansonsten bin ich der Ansicht, dass das Linji lu etliche bemerkens- und bedenkenswerte Aussagen enthält, sich über einige Strecken aber eher liest, als handele es sich um ein Drehbuch für einen Slapstick-Film mit den drei Stooges. Hoffe, damit jetzt nicht den Rinzai-Leuten hier auf die Zehen getreten zu sein - ist nur meine persönliche Auffassung.

    Morpho:

    Man muss ganz klar unterscheiden zwischen egobasierten Käse und einem erweckenden Anstoss im Moment desr Dhyana-Anhaftung.

    Genau.


    ()

    Tara4U:

    Als völlig Unkundige im Zen frage ich, wie so ein wie auch immer gearteter Schlag das Ego lösen kann...

    Das geht auch nicht. Es geht beim kyosaku um 'nicht schlagen' und 'nicht geschlagen werden'. Ich hatte versucht, das im ersten Abschnitt meines letzten Postings zu beschreiben. Es ist eben kein Schlag, sieht nur so aus und hört sich so an (ziemlich spektakulär, wenn es richtig gut gemacht wird). Das Ego des Empfangenden löst sich dabei in den seltensten Fällen - dafür kommen noch 9.999 andere Dinge genauso in Frage. Aber es tut dem Rücken gut (wenn der Schläger was drauf hat) und hebt die Stimmung. Ist so das Zen-Gegenstück zu einer Bierzeltschlägerei ... So wenig da die Schlägerei der eigentliche Zweck ist (grundsätzlich geht es ums gemeinsame Bierbesäufnis) sondern nur (für einige zumindest) der Höhepunkt des Abends, ist das auch mit dem kyosaku. Man sitzt ein wenig zusammen und ab und zu haut Dir einer eine Latte ins Kreuz. Letzteres ist natürlich viel stilvoller. Ist wie Nō-Theater im Vergleich zu RTL ...


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    Tychiades:

    Ohrfeigen im Zen kenne ich nicht.

    Die, von denen in der klasischen Literatur berichtet wird, wurden halt nicht angezeigt, weil sie den Geohrfeigten erwachen ließen.

    Tychiades:

    Es wäre auch ein Grund so jemanden anzuzeigen, denn es erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung und ist zudem ein Mißbrauch und eine Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses.

    ja - wenn der Ohrfeige kein großes Erwachen folgt, dann ist es genau das. Und da gibt es auch nur einen Versuch, kein "vielleicht klappt's das nächste Mal". Wer sich für einen Meister hält und mit Ohrfeigen arbeiten will, sollte sich erst mal um eine gute Rechtsschutzversicherung kümmern. Sowas gibt's - ich kenne da einen, der hat Anwälte mit echt beeindruckenden Briefköpfen.

    Tychiades:

    Aus diesem Grund bittet man auch durch Gassho um den Kyusaku.

    Ja, zumindest im Westen scheint das vernünftigerweise üblich zu sein. Wobei das dann aber auch wieder so ungesunde Sachen wie Gruppenzwang und Statusdenken ('kyosaku für Fortgeschrittene') hervorrufen kann. Ist eine kitzlige Sache ... Aber es gibt sicher auch Leute, die brauchen das. Wenn's hilft und freiwillig ist ...


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    Der kyosaku ist eine große Herforderung - für den, der ihn führt. Wobei der wegen mir nicht gleich 'das Schwert, das tötet und lebendig macht' führen muss. Es reicht, wenn er mit guter Technik genau die Stelle trifft, wo der Schlag hinsoll und dass dieser Schlag ohne Ego geführt wird und damit keine Spur zu fest oder zu weich ist. Nach solch einem Schlag lösen sich unmittelbar die Verspannungen in der Rückenmuskulatur und eine angenehme Wärme breitet sich über den Rücken aus. Man richtet sich auf und sitzt gelöster und wacher und gibt dies auch an die Mitsitzenden weiter.


    Üblich ist es in meiner Praxisgemeinschaft nicht. Deswegen habe ich es nur ein-, zweimal mit einem meiner Lehrer (der vorher in einer Traditionslinie geübt hatte, wo mit dem kyosaku gearbeitet wurde) geteilt. Das Problem ist - es gibt zu viele Stümper, die den kyosaku führen. Jedenfalls nach dem, was man sich so erzählt. Da gibt es Leute, die Dir die Latte aufs Schulterblatt knallen und meinen, sie müssten Dich zur Erleuchtung prügeln. Gute japanische Tradition - ich erinnere mich, mal in einer (durchaus seriösen) Veröffentlichung davon gelesen habe, dass es da noch im letzten Jahrhundert (endlich) einen größeren Skandal gab, als ein Novize totgeprügelt wurde.


    Als der Begründer meiner Übungstradition die Aufsicht über das Novizentraining am Eiheiji übernahm, schaffte er den kyosaku ab. Das ist unsere Tradition. Und dies in sie aufzunehmen, war nach meinem Dafürhalten eine gute Entscheidung. Für diese gibt es neben der genannten Tradition auch gute Gründe, die mit spezifisch westlichen kulturellen Prägungen zusammenhängen. Da ist es für Viele ausgesprochen schwierig, sich von der Vorstellung 'schlagen' bzw. 'geschlagen werden' und den damit verbundenen negativen Konnotationen frei zu machen. Da reicht es schon, während des Zazen akustisch mitzubekommen, wie ein Anderer "geschlagen" wird. Das ist das Gegenteil dessen, wofür der kyosaku da ist. Er soll Spannungen lösen und keine verursachen. Das nenne ich 'niedrige Schwelle zum Dojo' - und ich halte das für ein gesundes Rezept (und meine Sangha für den Beweis dafür).


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