Beiträge von Sudhana im Thema „Merkwürdiger Humor von Dzongsar Jamyang Khyentse“

    Ein weiterer langjähriger Geschäftspartner von Sogyal Lakar gibt sachdienliche Hinweise:
    https://www.facebook.com/sogya…e/posts/10156737337733345
    Die acht Schüler bzw. ehemaligen Schüler Sogyal Lakars sind also schuld an dessen Krebserkrankung. Wenn noch weitere Schüler deren Beispiel folgen, besteht die Gefahr, dass Rinpoche abnippelt ...


    Krisenbewältigung Rigpa-Style. Sorry - aber auf so etwas kann ich nur noch mit Zynismus reagieren.

    Lucy:

    Eigentlich war ich hier durch - auf sezieren habe ich keine Lust. Nur ein letzter Versuch:


    1. da niemand von den Betroffenen Anzeige erstattet, wer soll das an derer statt machen?

    Interessanter ist doch Frage, warum die "Betroffenen" keine Anzeige erstatten. Die "Betroffenen" - und das ist ziemlich typisch für Sekten - sind in aller Regel Menschen, die solche Dinge "mit sich machen lassen", weil ihnen ihre natürlichen psychischen Abwehrmechanismen abhanden gekommen sind. Missbraucher haben eine sehr gute Nase für solche Dinge. Wenn die Betroffenen dann irgendwann (oft ist dann schon eine Verjährung eingetreten oder die Vorgänge sind nicht mehr beweisbar) merken, was man mit ihnen gemacht hat, ist Scham eine typische Reaktion. Die Opfer wollen idR mit ihrem Missbrauch nicht an die Öffentlichkeit, sondern ihn so schnell wie möglich ad acta legen und vergessen. Was freilich nur zu häufig nicht funktioniert.


    Nebenbei - solche Leute sind gar nicht in der Lage, einen Lehrer kritisch und sorgfältig auf Herz und Nieren zu prüfen. Der ständige Verweis auf diese Voraussetzung des Guruyoga ist doch in den meisten Fällen nicht hilfreich, sondern nur eine billige Schuldzuweisung: selber schuld, hätten sie gründlicher geprüft ... Meines Erachtens trifft genau dies - Unfähigkeit zu einer ernsthaften Prüfung - auf alle Rigpa-Mitglieder zu. Zumindest auf die, die immer noch dabei sind. Jeder, der da länger dabei war, muss doch mitgekriegt haben, was läuft. Und sei es nur der widerliche Personenkult. Das sind etliche tausende von Wegsuchern, die sich da an der Nase herumführen ließen und lassen. Und ja - das ist eine "Grundsatzkritik", denn ich halte das, die fehlende Fähigkeit (oder der fehlende Wille), einen potentiellen Lehrer wirklich zu prüfen, generell für ein Problem des Guruyoga im Westen. Anscheinend reicht es als "Garantie" ja schon, wenn einer ethnischer Tibeter ist und von irgendwem zum Tulku und / oder Rinpoche gemacht wurde.


    Wobei es da ja noch die andere Sorte von "Betroffenen" gibt. Betroffen sind die allerdings erst, wenn ihr Verhalten öffentlich gemacht wird. Da kann man dann sich natürlich auch fragen, warum z.B. die Journalistin Mary Finnigan oder die Firma Cogent-Benger Productions nicht von Rigpa oder Sogyal Lakar wegen Verleumdung angezeigt wurden. Oder aktuell die acht Verfasser des offenen Briefs an Sogyal Lakar. Angezeigt wurde immerhin (ich hatte es hier erwähnt) der französische Opferanwalt Cesbron. Pikanterweise wegen der Bezeichnung Rigpas als "mouvement sectaire" und nicht wegen der konkreten Vorwürfe gegen Sogyal Lakar. Nun kenne ich die französische Rechtslage nicht, aber ich denke nicht, dass das dort eine unzulässige Meinungsäußerung ist. Da liegt für mich die Vermutung nahe, dass es Rigpa bei der Klage lediglich darum geht, möglichst frühzeitig herauszufinden, welches belastende Material genau Herrn Cesbron vorliegt und insbesondere, wer genau die zehn Opfer sind, deren Aussagen Herr Cesbron bislang gesammelt hat. Das ist Teil des "juristischen Flankenschutzes", von dem ich hier schon geschrieben hatte.

    Lucy:

    2. da nicht die eigenen, fortgeschrittenen Schüler die Orga leiten sollen, wer sollte es an derer statt tun?

    Das Problem ist doch gar nicht so sehr, dass "die eigenen, fortgeschrittenen Schüler die Orga leiten", sondern vor allem, dass es genau die unter ihnen sind, die ihr Schweigen über Sogyal Lakars Verhalten nicht gebrochen haben. Omertà heisst das in Mafiakreisen. Es ist bezeichnend, dass keiner der Kritiker aus den eigenen Reihen im neuen Leitungsgremium vertreten ist - das macht überdeutlich, dass man sich gar nicht erst mit dem, was da so alles schief gelaufen ist, auseinandersetzen will.


    Davon abgesehen wäre es im Sinne eines echten Neuanfangs durchaus angebracht gewesen, sich nach einem integren Lehrer außerhalb Rigpas umzusehen und ihm die sprituelle Leitung anzutragen.


    Nur nebenbei: dass es Sogyal in den Jahrzehnten, die er Rigpa geleitet hat, nicht fertiggebracht hat, auch nur einen Nachfolger heranzuziehen, der ein eigenes standing hat und nun übernehmen könnte, sondern dass man da auf ein Team aus 'halbfertigen' Schülern zurückgreifen muss, ist übrigens auch so ein Punkt, der für mich ziemlich auffällig nach Egomanie riecht ...

    Lucy:

    3. wie sollte eine gegenseitige Kontrolle der Lehrer aussehen, wie sie unser lieber tychiades hier vorschlägt?

    Das Stichwort ist hier "peer control" und ein zentrales Thema in all den Debatten, die in den letzten 50 Jahren über Missbrauch spiritueller Autorität geführt wurden. Da kann man die Kritik eben nicht alleine dem Fußvolk überlassen, sondern es müssen Menschen aus der peer group des Missbrauchers (d.h. mit vergleichbarer Autorität wie der Missbraucher) offen über ihre Wahrnehmung der Situation sprechen und nicht nach dem Motto "eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus" handeln. In genau dieser Hinsicht haben die drei jetzt ernannten Berater der Rigpa-Leitungsteams komplett und eklatant versagt und tun es noch. Was sicherlich genau der Grund ist, warum man sie überhaupt zu Beratern gemacht hat. Selbst dem Dalai Lama kann man hier vorwerfen, sich zu zaghaft und zu spät geäußert zu haben - aber immerhin hat er es getan.


    ()

    Zusammenfassend - die "spirituelle Leitung" des Ladens haben jetzt sieben enge und langjährige Schüler Sogyal Lakars übernommen - also aus dem inneren Kreis. Es ist wohl nicht zu gewagt, da die Vermutung zu äußern, dass die genauso Bescheid wussten was da läuft, wie die acht, die (spät genug) sich getraut haben, den Mund aufzumachen. Fast wäre man da versucht, das böse Wort 'Komplizenschaft' fallen zu lassen. Die acht Kritiker sind nun persona non grata, die Anderen aus dem inneren Kreis werden hingegen für ihre Diskretion mit entsprechenden Pöstchen belohnt. Um die dann wenigstens auch mit einem Minimum an "Autorität" auszustatten, haben die Berater. Wenig überraschend Leute, die die Rigpa-Infrastruktur schon länger nutzen, gewissermaßen Geschäftspartner Sogyal Lakars. Was von dem Witzbold DJK und seiner Einstellung zu Sogyals Missbrauch seiner Vertrauensstellung zu halten ist, wurde hier schon hinreichend erörtert. Der nächste im Bunde - Khenchen Namdrol Rinpoche - hat eine wirklich originelle Erklärung für die Vorgänge zu bieten:

    Zitat

    ... I think that this is maybe the magical manifestation of mimayan—non-human entities—trying to destroy the doctrine. In general Buddhism, in particular Nyingmapa, and especially the Rigpa sangha.

    Entsprechend sein Ratschlag zum angemessenen Umgang damit:

    Zitat

    what we need to do now is neutralize this. Just neutralize. Go into evenness and with faith towards the master [...] More than ever before and to inspire others with our examples in this way.

    So kriegt man die Krise gewuppt. Ob die Quotenfrau Mindrolling auch etwas Sachdienliches beizutragen hat, habe ich nicht weiter recherchiert - sie scheint schon durch ihr Schweigen hinreichend qualifiziert zu sein. Das ist ein klares Programm: Weiter so!


    Ansonsten hat man zum juristischen Flankenschutz schon mal eine renommierte und zweifellos entsprechend kostspielige Anwaltsfirma engagiert - Geld hat man schließlich genug, damit hat man ja schon 1994 die Sache hingebogen. In Frankreich scheint sich tatsächlich juristisch etwas zu bewegen: der Anwalt Jean-Baptiste Cesbron, der die Aussagen von 10 möglichen Missbrauchsopfern gesammelt und darüber in einem Interview berichtet hat, wird wegen des Interviews, in dem er Rigpa als "mouvement sectaire" bezeichnet hat, von Lerab Ling verklagt. Das muss die "glückliche Entwicklung" (évolution heureuse) sein, die die UBF (die französische Schwesterorganisation der DBU) zur Voraussetzung gemacht hat, die Suspendierung der Mitgliedschaft von Rigpa France und Lerab Ling wieder aufzuheben (bei der DBU beschränkt man sich hingegen auf mahnende Worte).


    Nunja - der Kurswert der Aktie Rigpa hatte halt einen Einbruch, das kriegt man mit der Zeit schon geregelt. Wäre ja nicht das erste Mal, und so lange die Zielgruppe solcher Unternehmen so nachhaltig lernresistent ist ...


    ()

    Tychiades:
    Lucy:

    Ich glaube nicht, dass das lustig sein sollte.


    Aber vielleicht zynisch?

    Ich persönlich finde es überflüssig, mehr oder weniger begründete Vermutungen anzustellen, ob der Herr Rinpoche das nun anders gemeint hat, als er es schrieb. Ich tue ihm die Ehre an, ihn ernst zu nehmen. Und da muss ich sagen: wo er recht hat, hat er recht.


    ()

    Für einen gelungenen Scherz - auch einen satirisch gemeinten - ist das 17-seitige Vertragswerk doch ein wenig zu umfangreich ausgefallen. Die etwas unappetitliche spätpubertäre Detailversessenheit (die dem Leser auch Sexalpraktiken wie Sodomie, Koprophilie und Nekrophilie nicht erspart) macht es nicht besser. Trotzdem ist das durchaus nicht unkomisch. Worum es geht, hat Dzongsar Khyentse in seinen ebenfalls recht umfangreichen Ausführungen zum Fall Sogyal Lakar (die hier ja auch diskutiert wurden) allerdings fertiggebracht, in nur einem Satz zu formulieren:

    Dzongsar Khyentse:

    it’s a Vajrayana master’s duty to warn aspiring students repeatedly and in advance about what they are letting themselves in for. Students must be warned about what they are about to undertake—the full picture, not just the highlights.

    Für westliche (und insbesondere amerikanische) Vajrayana-Einsteiger ist die kulturell angemessene Form einer solchen Warnung sicherlich ein privatrechtlicher Vertrag, wobei der Entwurf der fiktiven Anwaltsfirma 'Bender and Boner Law' (schon der Name ist einer der erwähnten spätpubertären Scherze) sicher eine gangbare Richtung zeigt. Was allerdings noch fehlt, ist ein Abschnitt mit Konventionalstrafen bei Vertragsverletzungen (aka 'Bruch der samaya').


    Nur bedenklich, dass der Scherz nicht nur auf das Konto von Sogyal Lakar und Konsorten geht, sondern vor allem auf Kosten von deren Opfern. Es ist leicht, sich über Gimpel lustig zu machen. Ich für meinen Teil nehme mir die Freiheit, auf Kosten des Vajrayana amüsiert zu sein ...


    ()