kilaya:Übrigens noch ein Gedanke, der zu beiden Themen passt: die Überlegenheit der eigenen Religion und "Rasse" in den alten Religionen, Kulten und schamanischen Bewegungen gründet sich möglicherweise oft darin, dass man das Zentrum des Universums in den eigenen Mythen in der Mitte des eigenen Volkes platziert hat. Ob Weltenbaum oder Berg Meru: wenn das Zentrum des spirituellen Universums in der Mitte des eigenen Wirkungsbereichs liegt, dann muss ja alles, was weiter entfernt ist, irgendwie "unterlegen" sein. Was natürlich in mehrfacher Hinsicht ein bedauerliches Missverständnis ist, denn der Sinn solcher Mythen ist im übertragenen Sinne zu sehen und nicht wortwörtlich zu nehmen.
War das so? Völker und "Rassen" sind doch eher neuere Erscheinungen. Unserer Vorfahren lebten in Sippen und Stämmen, Begriffe wie "Germanen" wurden zb. von den Römern erfunden als Sammelbegriff für all die Stämme.
Wäre ein Nordmann oder ein Sachse nach Griechenland gezogen, so hätte er dort auch seine Götter wiedererkannt. Sie hätten halt andere Namen gehabt... Beispiel Tius (Tyr) = Zeus. Freya = Aphrodite usw. es gab absolut keinen Grund sich hier in irgendeiner Art und Weise überlegen zu fühlen.
Auch die römischen Götter ließen sich problemlos in den eigenen Pantheon einordnen.
Auch wenn weltweit quasi immer wieder die selben Archetypen auftreten als Götter, so ergeben dann aber doch von Kontinent zu Kontinent Unterschiede.
Und natürlich muss man hier anmerken, dass dies nicht nur auf Kontinente beschränkt ist. Europa stellt hier zwar keine Ausnahme dar, war aber durch die Völkerwanderungen kulturell eh schon durchgemischt.
Anders sieht es natürlich zb. in Tibet aus. Als schwer zugängliches Hochland konnte sich dort isoliert über die Jahrhunderte eine eigene, nicht vermischte Kultur entwickeln. Dazu kam dann noch die willentliche Abschottung von der Außenwelt.
Dadurch ist auch Leid entstanden, wie der Dalai Lama selbstkritisch fest stellt.Seine vorsichtige Öffnung ist nicht allein der Not des tibetischen Volkes geschuldet, auch wenn dies natürlich der Auslöser war.
Die chinesische Besatzung und willentliche Vermischung der Kulturen in Tibet ist sowohl menschlich als auch religiös / kulturell eine Katastrophe.
Die tibetischen Götter und Geistwesen sind geprägt vom Jahrhunderte langem Leben der Menschen unter härtesten Bedingungen. Jetzt wo durch die Machenschaften der Chinesen der natürliche Lebenslauf vieler Tiber auf dramatische Weise verändert wurde (Vom Nomaden zum Sesshaften) wird sich mittelfristig auch der Blick auf die Götter verändern und damit auch die Felder.
Das ist eine Mammutaufgabe für die Geistlichen Tibets.
Eben auch deshalb, aus der Erfahrung heraus, dass Abschottung auch Leid mit sich bringt, sollte man hier auch offen sein für neue Lösungen. Niemand garantiert das kulturelle Überleben des tibetischen Volkes. Der spirituelle Reichtum aber wenn verloren geht, wäre ein immenser Schaden, ich glaube für die ganze Menschheit.