Frieden-und-Freude:Dein Beispiel von Huineng und auch Deine letzte Bemerkung dazu hat mir noch einmal besser verständlich gemacht, was von Moosgarten und von Dir gemeint war:
Permanente Übung nicht im Sinne eines formellen Trainings, bei dem es ja immer auch "Ziele" gibt und "Erwartungen", diese Ziele zu erreichen, sondern sich selbst, das Leben und den Alltag genau so annehmen, wie es gerade ist: das Holzsammeln von Huineng.
Ein wenig mehr steckt schon noch dahinter; speziell bei Huineng die Manifestation des 'Geistgrundes' (心地 - vgl. dazu im Palikanon etwa MN.49.25 oder A.I.10) ohne Irrtum, ohne Ignoranz, ohne Unterbrechung. Dies definiert Huineng als śīla, prajñā und samādhi. Das ist Inhalt von 'Übung' und diese Übung ist stets dieselbe - also ohne Stufen. Näheren Aufschluss dazu kann man im 8. Abschnitt des sog. Platformsutra (den gesammelten Lehren Huinengs) finden, der nicht zufällig den Titel 'unvermittelt und graduell' trägt. Wobei selbstredend die Effizienz gradueller Übung nie in Frage gestellt wird. Die Effizienz der Übung - ob nun unvermittelt oder graduell - ist vom Übenden abhängig.
Frieden-und-Freude:Mir ist inzwischen auch klarer geworden, warum Zen-Praktizierende so stark gegen das "graduelle Training" opponieren.
Insofern gibt es da beim "graduellen Training" auch nichts, gegen das man opponieren müsste. Lediglich die Auffassung, "graduelles Training" sei der einzige mögliche Weg authentischer (d.h. zur Überwindung von duhkha führender) buddhistischer Übung.
Frieden-und-Freude:Wenn ich den Zen-Weg betrachte, so wie ich ihn inzwischen (möglicherweise besser) verstanden habe, bleibt es für mich weiterhin eine offene Frage, ob es wirklich ausreicht, alles einfach anzunehmen, wie es ist, ohne das eigene Leben und Handeln zu beurteilen? Wenn ein Zen-Praktizierender beispielsweise dazu neigt, feindselig auf andere zu reagieren, nimmt er dieses Verhalten auch einfach bloß an?
Er nimmt es als momentanen Stand seiner Übung an.
Frieden-und-Freude:Besteht nicht die Gefahr, dass das Annehmen des eigenen Lebens, so wie es nun einmal ist, bei manchen Zen-Praktizierenden bloße Rechtfertigungen sind, um eben nicht an sich arbeiten zu müssen?
Ja - wobei ich dann nicht mehr von einem "Zen-Praktizierenden" sprechen würde. Das ist dann eben keine Übung - Übung ist konstantes arbeiten an sich selbst. Ansonsten zeigt gerade dieser Punkt die Wichtigkeit der Begleitung durch (wenigstens) einen Kalyāṇamitra und den saṃgha.
()