Beiträge von void im Thema „Nirwana und Brahman“

    raterz:

    das ding ist, dass die "buddhnatur" in ein paar fahrzeugen des mahayana keine theorie, sondern praxis ist.


    für mich ist das kein theoretisches gebilde, sondern erfahrung.


    Es spielt in bestimmten Formen der Praxis eine Rolle. Aber ist es an so einer Stelle nicht ( als Konzept) ersetzbar? Wenn man versucht jenseits der eigenen Verblendungen zu der Sicht vorzustoßen die ein Befreiter hätte, dann kann man dies als einen Vorstoß zu der ursprünglicheren, weil unverblendeten Sicht sehen. Zur Buddhatur eben. Aber wenn man den Begriff weglässt, dann ist die mit ihm verbundene Praxis ebenso möglich.


    Nur weil ein Konzept darin erfolgreich ist auf eine Praxis zu verweisen, bedeutet das nicht, dass das Konzept für die Praxis essentiell ist.

    Punk:

    Naja. Immerhin gingen alle späteren Entwicklungen nicht von Buddha oder Buddhas aus, insofern sind diese bis zu einem gewissen Grad Verblendung unterworfen.


    Der Begriff wird unterschiedlich definiert. Im Mahayana ist ein Buddha jemand der vollständige Befreiung erlangt hat, also im Sprachgebrauch des Palikanon ein Arhat. Während man im Theravada nicht alle Erwachte Erwachte nennt sondern dies als einen Art Titel nur dem historischen Buddha zugesteht. Als demjenigen der die Lehre neu verkündet hat. So das nicht jeder Arhat etwas beisteuern kann, was womöglich leicht abweicht.


    Punk:

    Insofern ist Accinca doch nur konsequent.


    Ja. Natürlich. Und ich sehe ihn sogar als redlich und wohlmeinende an. Er will die Lehre Shkyamuni rein halten und nicht durch Fremdfähriges und andere Religionen verändert wissen. Es ist sehr wichtig, das jemand diese Position vertritt. Weil es ja nicht ausgeschlossen ist, das sich die anderen irren.

    Arthur1788:

    Ja, die Idee von
    Aber spielt die "Buddhanatur" im Zen nicht eine viel größere Rolle als beispielsweise im Theravada?


    Der Begriff Buddanatur ist ein Mahayana-Begriff. Seine Aufgabe ist die, auszusagen dass die Möglichkeit zu Befreiung nichts Fernes und Abgehobenes ist.


    Wenn man den Begriff Buddanatur zu einem metaphysischen, Absoluten und Göttlichen verklärt, dann ist das aber eher irreführend, weswegen es man dann auch so eine erhabenen Illusionen töten sollte.


    Wobei accina ja jemand ist, der dazu neigt nur den Palikanon als Fundament anzuerkennen und alle weiteren Entwicklungen als Verirrungen abzutun. Was dann leider nicht sehr mit Respekt vereinbar zu sein scheint.

    Ellviral:
    accinca:


    Die eigentliche Illusion dahinter ist nicht nur
    das weg sein, sondern vor alle auch das nicht weg
    sein bzw. zu glauben da wäre ein ewiges, schon immer
    da gewesenes, nur unentdecktes Etwas. Sowas führt nämlich
    nur zum Anhaften.

    also Göttliches.


    In vielen Religionen wird ja das individuelle Ich mit seiner egoistischen Perspektive über stiegen. Aber das Transzendente in das man da gerät ( und das als das Göttliche beschrieben wird) ist oft eben das "kollektive Ich": Die Liebe, die Gemeinschaft, das allgemeine Wohl. Das Ich verlöscht um sich im Wir wiederzufinden.


    Der Buddha geht damit sehr diplomatisch um, indem er diese Göttluche in der Form von Devas und Brachma ( jetzt nicht Brachman) nicht leugnet und oft sogar respektiert ( das Allgemeinwohl und das Soziale sind ja wirklich sehr wichtig) aber eben als Teil von Samsara sieht.

    raterz:


    zum asketisch-yogischen und der lebenskraft ist zu sagen, dass erkenntnis auch über die lebenskraft führt. ohne diese energie kann man so manche blockaden, die die weisheit verhindern nicht "knacken" oder auflösen.
    es braucht aber nicht nur diese kraft, sondern auch die technik und bereitschaft diese einzusetzen.


    Als Jugendlicher war ich ja begeistert von Kampfsport und Star Wars. Ich sah da die Spiritualität ganz nerdig/technisch als eine Fortsetzung des Kampsports an. So wie es im Kampfsort um eine Beherrschung des Körpers geht, sah ich Spiritualität als eine daran anschließende Beherrschung des Geistes an. Wo man dann - wie Meister Yoda - weil alle Energiekanäle kontrolliert sind, übermenschliche Kräfte aktivieren kann, zu denen dann eben auch übermenschluche Weisheit gehört. Spiritualität ist Zuwachs an Energie und Macht.


    In so einer Vision fehlt jedes Moment des Resignation. Es gibt keine Entsagung, Enttauschung, Geduld und Bescheidenheit. Kein Schrumpfen sondern nur Wachsen.


    Während ich jetzt dazu neige, Spiritualität nicht als Machtzuwachs zu sehen, sondern als etwas, was den Wunsch alles zu Kontrollieren radikal in Zweifel zieht.

    Arthur1788:

    Gilt dein Postulat auch für dezidiert asketische Bewegungen im Hinduismus wie Advaita Vedanta?


    Leider habe ich da nicht genügend Ahnung, um da eine gute Antwort zu geben. Aber ich hatte es so verstanden, dass das asketische nicht als Infragestellung des Weltlichen dient sondern beides in einer dialektischen Beziehung stehten.


    Das Asketische und Yogische ist keine Kraftlosgkeit sondern ein Ansammeln von Lebenskraft. Indem man auf Sexualität verzichtet schottet man sich nicht von eine Kraftquelle ab, sondern verzichtet nur darauf das sich die Kraft durch Manifestation erschöpft. Weswegen z.B Shiva sowohl für Sexualität und Lebenskraft steht als eben auch der Gott der Yogis ist. Askese erlaubt einem näher an der Lebenskraft zu sein statt diese in Ehe, Familie, Erfolg oder Reichtum zu erschöpfen. So wie "die Bank" beim Monopoly ist man nicht Teil des Spiels aber gleichzeitig zentraler Teil des Spiels.


    Besonders krass kommt die duialektische Beziehung in der Schlüsselszene der Bhagavad Gita zum tragen, in der der junge Fürst Arjuna zwischen seiner Pflicht genüber seinem eigenen Klan und seiner Zuneigung gegenüber seinen Verwandten auf der Gegenseite gebeutelt wird. Krishna als Verköperung von Vishnu und damit der kosmischen Ordnung zeigt ihm auf, dass die Welt Täuschung ist und zwischen Entsagung und Plichterfüllung eigentlich kein Unterschied beseteht. Indem man die Feinde tötet, besiegt man die eignen Verblendungen und indem man sein Königs-Dharma erfüllt, dient man der Weisheit. Weltensagung und Weltbejahung treffen sich in einem Punkt. "Brachman ist Atman und Atman ist Brachman"


    Es gibt Punkt, wo im Mahayana das "Form ist Leere.Leere ist Form" in einer ähnlichen Form verstanden wurde, und dann Samurai gleichzeitig Töten und der Befreiung nahe sehen dürfen. Aber das sehe ich eher als eine Verirrung als eine legitime Lesart.

    Im Hinduismus unterscheidet man in 4 Lebensziele (Puruṣārtha)

    • Dharma( Erfüllung der Kastenplicht)
    • Artha ( Ruhm und Ehre)
    • Kama ( Lust)
    • Moksha ( Befreiung)


    Hier ist es aber nicht so wie im Buddhismus, das Befreiung den anderen " weltlichen Zielen" entgegengesetzt gedacht, sondern alle 4 Ziele werden ernst genommen. Der Hinduismus ist im Grunde seines Wesens eine Lebensbejahende Religion.


    Mal von deinem Avatar ausgehend:Wenn Buddhismus Schopenhauer ist, der den "Willen zum Leben" kritisch sieht, dann ist der Hinduismus Nietzsche und seiner Bejahung des "Willens zur Macht" näher.


    Moksha ist zwar die Befreiung es steht aber mit dem wovon es befreit in so einem dialektischen Verhältnis. Der alte Weise hat der Welt entsagt er segnet aber den jungen lebensstrozenden Krieger, weil er weiss das Atman und Brach man zwei Seiten einer Medaille sind.

    Ellviral:

    Das ist ja wie mein Erkennen das Ashoka nicht ein Buddha-Lehre Förderer war sondern ein Buddhismus-Unterstützer. Einer der Erkannte das die Buddha-Lehre auf garkeinen Fall seine Machtansprüche decken würde, das tat nur der Buddhismus mit seine Klöstern, den Waren und Gold Umschlagplätzen des Buddhismus. Buddha-Natur ist eine gute Erfindung eines nicht den Daseinsmerkmalen entsprechenden Bewusstseins.


    Es ist zu einfach, Ashoka mit Mahayana zu assoziieren:


    Die Entsehung des Mahāsāṅghika war einiges vor Ashoka beim zweiten buddhitischen Konzil. Während Ashoka zwar auch Mahasanghika-Klöster förderte selber jedoch einen Thervada-Lehrer hatte. Er standdem 3 buddhitischen Konzil vor, das ein reines Theravada-Konzil war.Und es war ja auch Ashoka der damals Theravada-Mönch nach Sri Lanka sandte und also die Tradition begründete, in der der Palikanon aufgeschrieben wurde. Es war also eben auch der Thervada der sich da der Macht annäherte.



    Der Begriff Buddhanatur tauchte dagegen erst viel später im Nirvana Sutra (1 Jah nach Christi) auf. Und indem Buddhanatur etwas ist, das allen gleichsam zugestanden wird, beinhaltet es sogar ein anti-hierarchisches Element.

    Arthur1788:

    War das als Antwort auf meine letzte Frage gedacht? Wenn ja versteh ich sie nicht ganz.


    Es war ein Exkurs, dessen Aufgabe es war den Unterschied zwischen Brachman und Anatman auf den sozialen Entstehungskontext hin zu weiten.


    Zitat

    :grinsen: Ist damit gemeint, dass die Rückbesinnung auf brahmanische Elemente ein Versuch war, den Buddhismus stärker zu einer Massenbewegung und für die politischen Eliten akzeptabel zu machen?


    Zu Buddhas Zeiten war die vedischen Religion und auch deren Eliten in einer Krise. Sowohl die Entsagungsbewegung aus der Brachmanenkaste (die Sannyasins) aus der die Upanishaden kamen, als auch die aus den anderen Kasten ( Buddhismus, Jainismus) waren eine Antwort darauf. Man befand sich kurzzeitig in einer Schwerelosigkeit, weil die sozialen Kräfte der Stammesgesellschaften ihre Stärke verloren hatten, aber die entstehenden multiethnischen Königreiche noch keine eigene Ideologie hatten. Erst Ashoka, der beide Entsagungsbewegungen förderte, machte sie zur Legitimation seiner Herrschaft. Und vermischte sie mit seiner eigenen Ideologie, in der Dharma mit dem Allgemeinwohl Verknüpfung wurde.

    Am Anfang war ja der Buddhismus eine Religion der Entsagung und Verneinung. In der man sich eben von dem Sozialen ( Familie, Sippe, Kaste, Staat) wegbewegte.


    Während "Religion" traditionellerweise ja das Soziale und Gemeinsame betont. Die Gesellschaftsordnung wird legitimiert, indem sie in der kosmischen Ordnung verankert wird. Das sich Religion kritisch zur Macht stellt ( wie im frühen Christentum, bei den Propheten, bei Buddha) ist selten und normaler ist es, so eine Reichsideologie zu sein.


    Was ja dann im Christentum unter Konstantin und im Buddhismus unter Ashoka passiert ist.

    Arthur1788:

    Aber zurück zum Thema: Wie könnte man den Unterschied zwischen Brahman und Nirwana auf den Punkt bringen?


    Im Hinduismus gibt es hinter der Täuschung so etwas wie das wahre Wesen der Dinge. Und dieses wahre Wesen ist die Grundlage der ganzen Ordnung der Welt. Währen im Buddhismus sowohl "Wesen" als auch "Grundlage" als auch Ordnung negiert werden. Und nur mehr eine vielfache Bedingtheit übrig bleibt.

    wikibook:

    Der Unterschied zwischen dem Buddhismus und dem Hinduismus in Bezug auf das höchste Ziel besteht darin, dass der Begriff Nirwana die Leerheit (die Ich-Auflösung) und der Begriff Brahman die Einheit (das Einheitsbewusstsein, die Fülle) betont.


    "Leerheit" bedeutet nicht Ich-Auflösung. Die Auflösung von Täuschungen ist ja auch im Hinduismus sehr wichtig. Leerheit bedeutet "Leerheit von inhärenter Existenz' - also die Abwesenheit eines festen Wesenkerns.


    Dieser Wikibook ist komisch und einseitig. Allein, die Idee Hinduismus nicht als einen Überbegriff für ganz unterschiedliche Vorstellungen und Praktiken zu sehen, ist zweifelhaft.