Beiträge von Baika im Thema „Rohatsu-Sesshin: Wer hat es erfunden?“

    In meiner bisherigen Wahrnehmung habe ich das Rohatsu-Sesshin als etwas übergeordnet empfunden. Daher rührte auch die Threadfrage, wer für die besondere Rolle verantwortlich ist und wann diese in den „allgemeinen Klosteralltag“ eingeführt und übernommen worden ist.


    Beruht die besondere Rolle einfach wirklich „nur“ auf den Bodhi-Tag ( 釈迦成道会, Shaka-Jōdō-e), weil im klösterlichen Alltag „Intensiv-Sesshins“ ohnehin regelmäßiger Bestandteil der Praxis sind?


    Ein Blick ins klösterliche Leben des deutschen Klosters DAIHIZAN FUMONJI (Soto-Shu) gibt da etwas mehr Aufschluss (Link zum Jahresprogramm 2018: https://www.eisenbuch.de/jahresprogramm/jahresprogramm-2018/ ). Dort wird ein weiteres Intensiv-Sesshin angeboten. Es hat den Namen „Nirvana-Sesshin“. Auch stösst man beim Studieren des Jahresprogramms auf den Begriff „Ango“.


    Dazu aus einem Vortrag aus dem Jahr 2008 des Abtes Fumon Shoju Nakagawa Roshi folgende erklärende Zitate:

    Zitat

    (…) doch möchte ich gleich anfügen, zwei Wochen wären noch besser, und wenn es ginge, ein ganzer Monat, oder drei Monate. Das wäre nämlich dann eine vollständige Übungsperiode, wie man sie schon zur Zeit Buddhas praktiziert hat. In Indien gibt es die Regenzeit. Und weil man da nicht wandern konnte, blieben Mönche und Nonnen während der Regenzeit an einem bestimmten Ort und führten zusammen neunzig Tage lang eine Trainingsperiode durch, japanisch ango genannt. Diese Tradition kam später nach China. Dort ist es die Winterzeit, in der man wegen der Kälte nicht wandern kann. Deshalb haben die Chinesen das Winter- Ango eingeführt, und später auch noch ein Sommer-Ango, also zwei Trainingsperioden pro Jahr. (…)

    Halten wir fest: Früher war alles länger, intensiver und härter.


    Wirklich bemerkenswert ist seine Kritik zur allgemeinen Praxis!

    Zitat

    (…) Leider haben die Trainingsperioden in China und auch in Japan immer mehr ihren ursprünglichen Inhalt verloren, sie sind im Lauf der Zeit zum Formalismus geworden, zu einem bloßen Ritual. Heutzutage ist das klassische Ango fast ganz verschwunden, abgesehen von einigen kleinen Klöstern in Japan und einigen Klöstern in den USA.
    Ango-Training bedeutete ursprünglich: neunzig Tage lang morgens um zwei Uhr aufstehen und abends um zehn Uhr ins Bett gehen, also eine Schlafzeit von weniger als vier Stunden. Außerdem hatte man nur eine Mahlzeit pro Tag. Solche Art Praxis wurde von Buddha ‚auf dem mittleren Weg gehen‘ genannt. Damals hat man eben die Dinge anders gesehen als heute. Quelle: https://www.eisenbuch.de/klost…tag-um-tag-ist-guter-tag/

    Wie bereits erwähnt, der Vortrag stammt aus dem Jahr 2008. Er hat aber bis dato seinen prominenten Platz auf der Webseite. Von daher kann wohl davon ausgehen, dass die Kritik bis in die Gegenwart anhält?!


    Ein Laie wie ich, blickt da schon mit Scham auf die eigene „schäbige“ Praxis. Sich aufdrängende Selbstzweifel, ob man da auf seinem „Weg“ überhaupt nennenswerte „Wegstrecke“ zurücklegen kann, muss man wohl mit einer großen Portion Gleichmut begegnen? ^^

    void:

    Was es gibt sind Texte anlässlich des Rohatsu.
    Auf so einen Text bezieht sich etwa Shodo Harada Roshi in "Der Weg des Zazen".

    Danke Dir! zu Beginn finden sich darin schon die ersten interessanten Informationen (den gesamten Text habe ich noch nicht gelesen):

    Zitat

    Das Rohatsu Osesshin ist der Höhepunkt eines Übungsjahres, ein Zeitpunkt, zu dem sich jeder einem abschließenden Bewertung des vergangenen Übungsjahres gegenüber sieht.

    Die Sichtweise eines „Höhepunktes eines Übungsjahres“ kann ich mir bezogen auf ein Klosterleben gut vorstellen. Etwas gegen die Monotonie tun...Motivation steigern...in der dunklen Winterzeit. Den Aspekt der „Bewertung“ finde ich etwas befremdlich :?

    void:


    Es gibt eine Sammlung von Hakuin Zenjis Schriften namens Rohatsu Jisshu. Dabei handelt es sich um eine Sammlung seiner Lehrreden, die an jedem Abend der Woche des Rohatsu Osesshins gehalten wurden. Hakuin spricht aus seiner eigenen Erfahrung heraus um seine Schüler anzuspornen und ihnen Energie für ihre Übung zu geben. Diese Textsammlung ist das Werk von Hakuins Schüler Torei Zenji. Sie ist unveröffentlicht und wird wegen ihrer schonungslosen Strenge ausschließlich in den Zendos für die Mönche und Nonnen verwendet. In diesem Text finden wir den Weg des Zazen, Den Weg in Samadhi einzutauchen und Den Weg zu Atmen (Sussoukan), beschrieben. Sie werden alle in großem Detail gelehrt.

    Gibt es Vergleichbares auch im Soto? Also spezielle Texte zum Rohatsu-Sesshin?


    („schonungslose Strenge“ bei Meister Hakuin. Darunter kann ich mir etwas vorstellen, ich lese zurzeit sein Werk „Authentisches Zen“. Echt sehr speziell.)

    void:

    Ich frage mich, wie Rohatsu im Soto, wo man ja der "Erleuchtungsanstrenung" eher kritisch gegenübersteht, gesehen wird.

    Gute Frage!

    :like: Es freut mich sehr, wenn ich für gute Laune sorgen konnte. :)


    Vielleicht habe ich meine Frage zu ungenau/missverständlich gestellt? Ich versuche es nochmal. Meines Wissens nach, hat sich -bezogen auf den Mahayana- nur im Zen diese besondere Form (einwöchiges Sesshin bis zum „Bodhi-Day“) als Tradition entwickelt.
    Ich möchte wissen, wer hat die Idee dazu gehabt? Und wann war das?