Namaste!
Sei mir gegrüßt, Athos!
Obwohl Sudhana ja schon vieles klargestellt hat, möchte ich noch ein bisschen was ergänzen.
Athos:
Wenn ich bislang richtig verstehe, so haben doch Theravada und Vajrajana ein paar Dinge gemeinsam:
- Die Zufluchtnahme zu Buddha, Dharma, Sangha
- Die fünf Silas
- Die vier edlen Wahrheiten
- Der achtfache Pfad
- Der Zusammenhang von Karma, Wiedergeburt und angestrebter Befreiung (Nirvana)
- Eine zum Erreichen der Befreiung nötige Praxis (Meditation, Ngöndro u.s.w.)
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Das vorbezeichnete gilt für alle buddhistischen Schulen, wobei allerdings jeweils die Schwerpunkte anders gesetzt werden und die genannten Punkte teilweise auch als "vorläufig" angesehen werden können, wenn die jeweilige Schule ihre eigenen Praktiken/Dokrin darüberstellt.
Athos:
Gelten diese Dinge auch für den Shin-Buddhismus? Und wenn ja, wie sieht die Praxis denn im Shin-Buddhismus aus (im Vergleich zu Theravada und Vajrajana)?
Zunächst einmal ist es wichtig festzustellen, dass der Shin-Buddhismus nur eine Strömung im japanischen Buddhismus ist, nämlich die Jôdo Shinshû, die ihrerseits auch aus mehreren Unterschulen besteht [die beiden größten sind die Jôdo Shinshû Nishi-Honganji-ha und die Jôdo Shinshû Higashi-Honganji-ha].
Alle Zweige der Jôdo Shinshû werden zum Jôdomon ["Weg/Tor des Reinen Landes", chin. "Jingtu"] gezählt. In Indien bzw. Zentralasien, wo er entstanden ist, und noch heute in China und Tibet (sic!) ist der "Weg des Reinen" Landes eher ein Übungsweg, also keine buddhistische Richtung / Schule im engeren Sinne. Es geht um die Vergegenwärtigung des Buddhas Amitabha/Amitayus/Amita/Amida um in sein Reines Land hingeboren zu werden. Die einfachste, universellste Form dieser Vergegenwärtigung ist die Namensanrufung (jap. "Nenbutsu", chin. "Nienfo").
Auch in Japan war diese Praxis zunächst einmal ein Übungsweg unter anderen Übungswegen, der vor allem Laien ansprach. Das Nenbutsu war also auch den alten Schulen, Kegon Shû, Tendai Shû, Shingon Shû usf. nicht unbekannt, und noch heute wird es auch von Priestern dieser Schulen ausgeübt.
Insbesondere Hônen Shonin (*1133 bis +1212) predigte im zwölften Jahrhundert das "exklusive Nenbutsu" und kührte es für seine Anhänger zur Hauptpraxis. Daraus entstand dann die Jôdo Shû ["Schule des Reinen Landes"]. Nach Hônen's Tod spaltete sich die Jôdo Shû aufgrund differierender Ansichten über die Art der Übung und die Gnade des Buddha Amida in mehrere Traditionen, von denen die folgenden noch heute bestehen:
Jôdo Shû Chinzei-ha, von Shoko Benchô Shonin (*1162 bis +1238) gegründet,
Jôdo Shû Seizan-ha, von Zenne-bo Shoku Shonin (*1177 bis +1247) gegründet
Jôdo Shinshû, von Shinran Shonin (*1173 bis +1263) gegründet [das ist der Shin-Buddhismus!]
Ji Shû, von Ippen Shonin (*1234 bis +1289) gegründet.
Als eigenständige Jôdomon-Schulen werden in Japan zusätzlich noch die
Yûzû Nenbutsu Shû, von Ryônin Shonin (*1072 bis +1132) und die
Tendai Shû Shinzei-ha, von Shinzei Shonin (*1443 bis +1495) gegründet,
genannt.
[Das Wort "Shonin" ist übrigens ein Ehren-Titel für einen bedeutenden Geistlichen des japanischen Buddhismus und kein Nachname!]
Außerhalb Japans sind, soweit mir bekannt ist, nur die Jôdo Shinshû und die Jôdo Shû Chinzei-ha vertreten, wobei die Shinshû weltweit und auch in Deutschland präsent ist, während die Chinzei-ha außerhalb Japans nur in den USA, Kanada und Brasilien Tempel unterhält.
In der Tradition der Jôdo Shinshû, dem Shinbuddhismus, kennt man auch alle der von Dir genannten Grundelemente des Buddhismus.
[Shinbuddhismus ist folglich nur diese spezielle Form des auf Amida bezogenen Buddhismus, der Oberbegriff, der auch die anderen Schulen und Übungswege umfasst ist "Reines Land-Buddhismus" oder vielleicht auch "Amida-Buddhismus"]
Der Schwerpunkt liegt im Shinbuddhismus aber auf der Zufluchtnahme zum Buddha Amida, dem Vertrauen darauf, dass man durch ihn - also durch die Andere Kraft (und nicht durch eigene Anstrengungen!) - durch seine Gnade die Befreiung erlangt.
Die eigentliche Praxis, die auf ein solches Vertrauen beruht, ist dann Dankbarkeit.
Dankbarkeit gegenüber dem Buddha Amida für seine Gnade und Rettungskraft, gegenüber Buddha Shakyamuni und die Sangha, die uns diese Gnade offenbarten.
< gasshô >
Benkei
Namu-Amida-Butsu