Beiträge von void im Thema „Gelassener Umgang mit Handwerkern“

    Cfant:

    Das Problem ist weitaus weiter gezogen.


    Ja, man kann das noch viel weiter ziehen: Ich finde es interessant, dass bei den Griechen der Schöpfergottes als Demiurg d.h. als "Werkmeister" bezeichnet wurde. Und während Platon noch relativ moderat nur bemängelte, dass dieser Werkmeister nicht sehr nachvollziehbar gearbeitet hatte und auch sehr schwer zu erreichen war, schlossen die Gnostiker aus dem Zustand der Schöpfung, dass der Werkmeister wohl charakterlich mangelhaft oder sogar unter Umständen ein wenig plemblem sei. So als Schöpfung betrachtet ist ja unsere Welt schon sehr mangelhaft. Von daher hatten die Gnostiker ein kosmisches Handwerkerproblem: Man sitzt quasi mit Rohrbruch in einer Fehlkonstruktion von Welt und jeder Versuch, den Konstrukteur via Anruf und Gebet zu erreichen scheitert.


    Keiner kommt und macht alles wieder gut - kein Messias und kein Zimmermann - die Leitung bleibt tot. Und man sitzt da, im unbefriedigenden, frustrierenden Schlamassel (Dukkha).

    Doris Rasevic-Benz:

    Allerdings ist ein Handwerker in der Regel auch darauf angewiesen, einen guten Ruf zu haben. Jedenfalls betrifft das kleine Betriebe. Wer einen guten Handwerker gefunden hat, der wird ihn sicher weiterempfehlen. Wie gut einer ist, das zeigt sich u.a. darin, dass er den kleinen Kunden nicht vernachlässigt, sondern ihm mit derselben Sorgfalt zu Diensten ist.


    In Bereichen, wo man auf eine persönliche Bezihung baut und auch an langfristigen Vertrauensverhältnissen interessiert ist, ist es natürlich wichtig, kein Vertrauen zu verspielen. Weil man, wie du sagst einen Ruf zu wahren hat - das was früher mit der Handwerkehre verbunden wurde.


    Aber gerade bei größeren, komerzeillen Auftraggebern ist es ja so, dass es da hauptsächlich um den Preis geht. Der Bauunternehmer hat einen bestimmten unglaublich knappen Preis ausgehandelt ( oder mit Dumping eine Ausschreibung gewonnen) zu dem er nur Pfusch liefern kann und Pfusch liefern muss. Und deswegen die Zulieferer und Handwerker darum konkurrieren lässt, wer am blligsten liefert, auch wenn das bedeutet, Verordnungen zu missachten, Schwarzarbeiter zu beschäftigen oder Leute auszubeuten. Je mehr Handwerker Teil von solchen "Wildweststrukturen" sind, in denen Kurzfristigkeit und knappes Budget regieren, desto weniger Integrität ist da drin. Was dann eben auch den eigentlich fairen und wohlmeinenden Privatkunden trifft.


    Neulich ist mir das Wort "Bönhase" begegnet, das einen unzünftigen,ehrlosen Handwerker bezeichnet.


      Dialektal verschiedenlautlich standen die Wörter Bön, Böhn, Bon, Been, Beun, Bün, Bühn, Bühne für den (Dach)boden der Behausungen, in denen zu den Zünften nicht zugelassene, seltener ausgestoßene Handwerker zu Zeiten der Zünfte entgegen den Zunftstatuten oder städtischen Vorschriften, also meist illegal, ihren erlernten Tätigkeiten nachgingen. Standen die Häuser traufseitig zur Straße, so waren die Böden oft miteinander verbunden und die Bönhasen konnte über mehrere Dachböden hinweg vor Kontrollen, Visitationen und Verfolgungen flüchten. Das Wort „Hase“ steht bildlich für die Flinkheit ihrer Flucht. Mit Bönhasen-Jagen bezeichnete man das Aufspüren und Verfolgen dieser „ungesetzlichen“ Handwerker durch die städtische Obrigkeit und die Zünfte: sie wurden dann wie Hasen über die Bön, den Dachboden ihrer Behausungen, gejagt.

    Das Spiegelbild des unzuverlässigen Handwerkers ist der unzuverlässige Kunde.


    Und da hat sich ja in den letzen Jahrzehnten sehr viel verändert. Gerade durch das Internet wurde ja die Vergleichbarkeit immer größer, und wenn man eine grösseren Auftrag hat, kann man Handwerker gegeneinander ausspielen und mit Dumpingpreisen abspeisen. Auch gibt ja ganze Portale für Schwarzarbeiter und Hobbyhandwerker. All dieses Denken in Kurzfristigkeit und Dumping setzt Handwerker unter Druck und nimmt ihnen den Puffer um etwas abzufedern. Wo man früher mittelfristig planen konnte, gibt es heute das Prinzip "Friss oder Stirb". Entweder du bist heute spotan um 8 da, oder wer anders kriegt den Auftrag. In so einer Situation muss man sich dann entscheiden, ob man anständig-blöd ist, und brav zu dem geht, mit dem man heute eigentlich einen Termin hat, oder ob man Druck und Rücksichtlosigkeit an denjenigen der nur mit einem Kleinauftrag winkt weitergibt.

    Also mich würde so ein Handwerker auch verrückt machen.


    Wir sind ja so auf eine Welt gepolt, wo alles eng getacktes ist und ineinandergreifen muss. Während es ja Teile der Weile gibt, wo alles viel mehr Chaos ist. Was einerseits bedeutet, dass man sich nicht so verlassen kann, das alles so funktioniert wie es soll. Was aber andererseits auch bedeutet, dass da viel Flexibilität und Anpassungfähigkeit da ist. Mir kommt es so vor, als haben da die Leute nicht einfach einen Plan "Morgen um 8 Uhr Handwerker" sondern, weil alles eh nicht so kommt wie geplant und der Bus schon garnicht- immer noch mindestens einen Plan B, C und D.


    Ich habe z.B früher mal versucht das Herzsutra auswendig zu lernen und hatte das dann immer im Handschuhfach, falls mal so ein Stau kommt. Und dann war der Stau nicht einfach nur ein Hindernis, sondern weider ein Anlass für ganz was anderes. Und ich habe das Gefühl, man müsste noch viel mehr Ausweichpläne deponieren. Wenn ich z.B irgendwo einen Wellness-Gutschein im Haus hätte, wo daraufsteht "Nur zu öffnen, falls Situation H eingetreten ist, würde ja alles ganz anders aussehen. Und man würde sich vielleicht wünschen, dass die Handwerker nicht immer so zuverlässig kämen.