Beiträge von Sudhana im Thema „Fachliteratur“

    void:

    Mir kam das ein wenig unglaubwürdig vor und ich hätte mir gedacht, dass in den meisten Kontexten auf Vegetarier Rücksicht genommen wird. Es würde mich interessieren, ob es jemand gibt, der sich besser auskennt und diese Praxis bestätigen oder dementieren kann.

    Das Problem ist wohl: speziell aus nichtbuddhistischen Ländern stammende, neu ordinierte Bhikkus haben gelegentlich (noch) Probleme, ihren Laienunterstützern deutlich zu machen, was sie möchten .... 8) Die Alteingesessenen sind da geübter.


    Zitat

    The other common Theravadin justification for meat eating goes like this. “Monks get what they need by begging and should eat whatever they are given without picking and choosing.” Like a few other claims of Theravada, this explanation of the theory bears little resemblance to the reality. The reality is that monks nearly always get exactly what they want. When the average monk wants something he simply buys it himself or when one of his supporters asks him what he needs he replies; “I need A, B and C.” The more strict monks will resort to hints, a slightly changed expression or insinuations. Either way, lay people are more than happy to provide monks with all their needs and most of their wants as well, and if a monk wanted a vegetarian diet he would get it without any difficulty at all.


    ... von einem solchen, aus Australien stammenden, Bhikkhu, der immer wieder interessante Einblicke in den real existierenden Theravada eröffnet. Komplett hier: https://www.bhantedhammika.net/to-eat-or-not-to-eat-meat zu lesen. Auch für Mahayanin lehrreich, insbesondere das Kapitel "Problematic Vegetarians".


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    BlackLady:

    Es IST eine religionswissenschaftliche Arbeit (ich kann auch den Kommentar hoffentlich nicht nicht nachvollziehen). Ich studiere Theologie und schreibe sie im Fachbereich systematische Theologie.

    Der Kommentar "hoffentlich" war der Formulierung Deiner Anfrage geschuldet; die machte deutlich, dass Du von Buddhismus äußerst wenig weisst, während die Anfrage (zumindest mir) nahelegte, dass es um eine religionskomparatistische Studie geht. Das würde bei solchen Ausgangsvoraussetzungen mit ziemlicher Sicherheit in die Hose gehen - daher das "hoffentlich".


    Dass dem nicht so ist, ist ja nun klargestellt. In diese Richtung zielte übrigens auch schon mein einleitender Satz.


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    Spock:

    Im PK gibt's auch ein Knoblauch-Kapitel

    Es handelt sich hier um eine Bestimmung, die sich nur im Bhikkhuni Patimokkha findet und mW im Patimokkha der Mönche kein Gegenstück hat. Die Ursache dieser Regelung wird im Bhikkhunivibhanga geschildert: ein Laienbekenner erlaubte den Bhikkhuni, sich von seinem Feld mit Knoblauch zu versorgen, wobei eine Bhikkhuni namens Thullanandā deutlich zu ausgiebig Gebrauch von dieser Erlaubnis zur Selbstbedienung machte, was zu Kritik (nicht zuletzt von Thullanandās Ordensschwestern) und schließlich zu dem Verbot führte. Also eine rein "erzieherische Maßnahme".


    Dafür gibt es für Bhikkhu ein Gegenstück hinsichtlich Zwiebeln: zwar nicht im Patimokkha (jedenfalls habe ich dort keine einschlägige Bestimmung gefunden) aber im Cullavagga, Khandaka 5, Kapitel 34 des Vinaya. Auch hier ist der Hintergrund ein völlig anderer als im Śūraṅgama (im Brahmajāla wird keine Begründung genannt): Ein Bhikkhu, der nach Verzehr von Zwiebeln ziemlich gemieft haben muss, setzte sich während eines Lehrvortrags abseits, um die Anderen nicht zu stören. Da ihn der Verzehr also davon abhielt, den Dhamma zu hören, wurde das Verbot ausgesprochen.


    NB: Als eines Tages Sariputta heftig unter Blähungen litt und Mogallana erzählte, früher hätten ihm bei solchen Beschwerden Zwiebeln geholfen, trug Mogallana den Fall Buddha vor und dieser erlaubte den Verzehr von Zwiebeln aus medizinischen Gründen :).


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    Es wäre sinnvoll zu wissen, in welchem Fach diese Bachelor-Arbeit geschrieben werden soll. Eine religionswissenschaftliche Arbeit scheint es wohl eher nicht zu sein (hoffentlich). Generell ist "Speisegebote/Vorschriften" eine Kategorie, die schon im Kontext Christentum kaum noch sinnvoll anzuwenden ist. Die Speisegebote des Judentums (und die des durch sie inspirierten des Islam) sind archaisch-magisch, es geht da um den Antagonismus Reinheit / Unreinheit. Eine Ablösung von diesen Speisegeboten gab es im Christentum bereits beim sog. Apostelkonzil (nicht vollständig, aber in sehr weitem Ausmaß) und schließlich endgültig beim ersten ökumenischen Konzil (Nicäa, 375 n.d.Z.). Bei den christlichen Fastengeboten handelt es sich typologisch um etwas völlig anderes, nämlich um Bußübungen. Bezeichnend ist, dass diese Fastengebote (die in den verschiedenen christlichen Kirchen durchaus uneinheitlich sind) lediglich temporäre Gültigkeit haben.


    Beides - Speisegebote und Fastengebote - haben nun wiederum keine Parallele im Buddhismus. Insofern kann da jeder "Vergleich" nur einer von Äpfeln mit Birnen sein. Um mit dem zu beginnen, was noch am ehesten an ein Speisegebot erinnert: dem Vinaya-Ordinierten ("Mönchen" bzw. "Nonnen") untersagten Verzehr von Fleisch, das von Menschen, Hunden, Pferden, Elefanten, Leoparden, Tigern, Löwen, Bären, Hyänen und Schlangen stammt. Wie unmissverständlich aus dem Kontext bzw. der Begründung dieser Ordensregel hervorgeht (Vinaya, Mahavagga, Khandhaka 6, Kap. 23) entstammt dieses Gebot nicht irgendwelchen Konzepten von Reinheit / Unreinheit, sondern es ist vielmehr ein Reflex auf bei anderen Bevölkerungsgruppen bestehende Speisetabus. Deren Respektierung soll Diffamierung des Ordens oder Schlimmerem durch eben diese Bevölkerungsgruppen vorbeugen und nicht zuletzt auch Angehörigen dieser Gruppen nicht die Hinwendung zum Buddhadharma erschweren (Zitat: "Dies nützt nicht, O Närrischer, der Bekehrung der Unbekehrten", a.a.O.). Es geht hier also um soziale Akzeptanz des Mönchsordens durch Außenstehende, die sich solchen Speisetabus unterwerfen.


    Ansonsten gibt es im Vinaya umfangreiche Bestimmungen darüber, wie mit Essensspenden umzugehen ist. Dabei gibt es grundsätzlich - von den o.g. Ausnahmen abgesehen - keine Speisetabus. Bei den sonstigen Bestimmungen geht es darum, in Bezug auf das Essen zu gewährleisten, dass der Ordinierte einen "mittleren Weg" zwischen Askese und Hedonismus geht. Es geht also nicht um magisch-rituelle Reinigungspraktiken wie bei der Beachtung von Tabus (trefe, harām) oder um Bußübungen wie beim Fasten, sondern um Beschränkung auf das Notwendige und um die soziale Akzeptanz dieser Lebensweise. Dies sollen die diversen Regelungen des Vinaya gewährleisten, was umso deutlicher wird, wenn man sich nicht nur die bloße Auflistung der Regeln im Pratimoksha anschaut, sondern deren jeweiligen Anlass und Begründung im Vinaya studiert. Dass etwa ein Christ die Regelung, Nahrung nur zwischen Sonnenaufgang und Mittag zu sich zu nehmen, als asketisch empfindet, ist lediglich eine Außensicht - als 'asketisch' galten insbesondere zu Buddhas Zeiten ganz andere Praktiken, die - da sie Buddha selbst ausgeübt und als nicht zielführend verworfen hatte - anschaulich in verschiedenen Sutren geschildert werden.


    Der buddhistische Umgang mit Nahrung ist also nicht durch rituell-magische Vorstellungen von Reinheit bestimmt und er ist nicht asketisch im Sinne einer (temporären) Bußübung, er ist vielmehr Teil einer wesentlich ethisch bestimmten Lebensweise. Leitmotive dieses Ethos sind hinsichtlich persönlicher Lebensführung die Aufhebung von Begierde und Hass (in psychoanalytischer Diktion: Lust und Unlust) als Handlungsantrieben in einem 'mittleren Weg' und in sozialer Hinsicht das prinzip ahimsa (Nicht-Verletzen), wobei der 'soziale Raum' nicht nur alle Menschen ungeachtet ihrer sozialen, politischen, kulturellen und religiösen Zuordnungen umfasst, sondern 'alle (fühlenden) Wesen', sarvasattva. Somit ist unausweichlich die Frage des Fleischverzehrs von zentraler Bedeutung.


    Ein entsprechendes Speisegebot (Fleisch als Nahrung abzulehnen), das von Teilen des Ordens um Devadatta propagiert wurde, hat Buddha explizit abgelehnt - zum einen wegen der hinter diesem Vorschlag stehenden asketischen Tendenz, aber vor allem auch um zu verdeutlichen, dass Ordinierten als Bettlern keine Wahlfreiheit hinsichtlich dessen, was sie als Spende empfangen bzw. annehmen, zusteht. Von den oben erwähnten Ausnahmen (Nahrungstabus Außenstehender betreffend) abgesehen, muss alles angenommen werden, was gespendet wird. Auch Fleisch. Es darf hinsichtlich Nahrung auch nicht um bestimmte Nahrung (z.B. Fleisch) gebeten, geschweige denn solche gefordert werden. Erbitten ist lediglich - eine entsprechende Erkrankung vorausgesetzt - bei als Medikament eingestuften Lebensmitteln wie z.B. Honig zulässig. Einen Ausweg aus dem Dilemma, durch Annahme von Fleisch mittelbar gegen das ahimsa-Prinzip zu verstoßen, ist da der (etwas faule) Kompromiss "gesehen, gehört, vermutet" (daß das Tier für den Spendenempfänger getötet wurde): Jivaka Sutta, MN 55. Recht eingehend auf religionswissenschaftlichem Niveau wird die Frage des Vegetarianismus im Pali-Buddhismus in einem Artikel James Stewarts im Journal of Buddhist Ethics, Vol. 17, 2010 behandelt. Als PDF hier herunterladbar: http://www.shabkar.org/downloa…Diet_in_Pali_Buddhism.pdf


    Es kann nicht überraschen, dass dieser Kompromiss von Vielen als wenig befriedigend bzw. inkonsequent empfunden wurde. Insbesondere im Mahayana wurde eine andere Sichtweise vertreten, da wird die - wie indirekt auch immer - karmische Beteiligung des Empfängers fleischlicher Nahrung an den Umständen, Ursachen und Bedingungen ihrer Erzeugung, insbesondere des Tötens, als eindeutig unheilsam gewertet. Hinzu kommt noch, dass durch das Annehmen von Fleisch dem unheilsamen Handeln der Fleischerzeuger (Züchter, Schlachter, Köche ...) Vorschub geleistet und ihnen damit durch den Empfänger geschadet wird.


    In etlichen Mahāyana-Sutren (u.a. - um nur die wichtigsten zu nennen - Mahāyāna Mahāparinirvāṇa Sūtra, Laṅkāvatāra Sūtra, Śūraṅgama Sūtra) wird daher der Verzehr von Fleisch unmissverständlich unter allen Umständen als unheilsam eingestuft. Entsprechend wird in Ostasien bei der Bodhisattva-Ordination (die zusätzlich zur Vinaya-Ordination oder auch von Laien empfangen wird) u.a. auch das Gelübde abgelegt, nicht absichtlich / bewusst Fleisch zu essen, und zwar als drittes von 48 sekundären Gelübden, zusätzlich zu 10 primären. Diese Bodhisattva-Gelübde sind in dem (erst in China entstandenen) Mahāyana Brahmajāla Sūtra enthalten. Interessanterweise wird im vierten der 48 sekundären Gelübde auch dem Genuss der fünf 'stechend riechenden Kräuter' entsagt (Asafoetida, Knoblauch, Zwiebel, Lauch und Schnittlauch). Dies wiederum beruht auf einer Passage des Śūraṅgama Sūtra, wonach diese Kräuter in gekochtem Zustand insbesondere bei in ihrer Übungspraxis wenig Fortgeschrittenen sexuell anregend wirken, in rohem Zustand den Gleichmut stören können. Auch hier also kein rituell-magischer und kein asketischer, sondern ein rein diätetischer Hintergrund.


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