Beiträge von Niemand im Thema „Auch "Nichts" ist nur ein Konzept/Thema Nachtodliches“

    Ich war mal als Kind auf einer Hochzeit und saß mit anderen Kindern im sommernächtlichen Biergarten. Die Erwachsenen haben drinnen getanzt und gefeiert und wir saßen um unseren Tisch und haben mit einer Taschenlampe in den stillen Himmel geleuchtet und uns gefragt was um die ganzen Sterne eigentlich drum rum ist. Bzgl. des Nichts sind wir auch nicht wirklich zu einer zufriedenstellenden Erklärung gekommen, aber das war einer meiner schönsten Abende :)

    Das kommt darauf an.

    Wenn "Dein Wille geschehe" angestrebt wird, weil man dafür etwas bekommt, ist die Motivation wieder das eigene Ich.

    Erst wenn "Dein Wille geschehe" angestrebt wird, um Gott zu erfreuen, unabhängig von den Konsequenzen für einen selbst, sind wir bei Selbstlosigkeit.

    Ich kenne Gläubige, die mittlerweile selbst so befreit sind, dass es ihnen egal ist, ob Gott sie in die Hölle wirft, solange sie ihm dort dienen können.

    Wenn ich allen Ernstes sage "Dein Wille geschehe", dann heißt das ja, dass es eben nicht MEIN Wille ist, den ich durchsetzen will. Sicher wird das aber oft so praktiziert, dass man heimlich ein "wenn's mir dann besser geht" dahinter setzt. Wie ernst es einem damit ist sieht man ja nur in schwierigen Situationen - wenn man damit hinaus geht. Da wird dann auch jedes Hindernis zur Übung - genau da wo ich merke, dass es doch wieder um mich geht. Da hilft "Dein Wille geschehe" zu erkennen, wo man die Grenze zieht und auf was man sein Augenmerk richten sollte. Hat auch was von einem Koan.

    Gott gefallen wollen bedingt aber wieder eine Vorstellung von Gott und dann wäre es wieder "Etwas". Auch hier muss das "Dein" ja zu dem "Ganz Anderen" werden, das man garnicht erst versucht zu verstehen. Man schickt den Satz wie in dem Märchen also bildlich gesehen ins Ofenrohr.

    Jede Ebene hinter dem Begrifflichen ist (ein) Nichts. Zumindest aus der Betrachtung des Begrifflichen heraus. Wo es keine Beschreibungen und Konzepte gibt, gibt es nichts zu benennen. Das ist die wahre Transzendenz, die immer "das ganz Andere" ist.

    Sobald dieses "ganz Andere" durch Begriffe in eine Form gegossen wird, entsteht eine Manifestationsebene, die nicht mehr Nichts ist; und die niemals im eigentlichen Sinne transzendent sein kann, weil sie nicht mehr "das ganz andere" ist, sondern mit dem Konzept identisch, in das sie gegossen wurde.

    Das Grundproblem interreligiöser Debatten ist, dass alle Menschen eine transzendente Erfahrung gemacht haben und die jeweiligen Lehrtraditionen diese Erfahrung in Begriffe gießen, was zu verschiedenen Konzepten führt. Die Gemeinsamkeit ist lediglich die transzendente Erfahrung, die das Entstehen dieser Konzepte bedingte.

    schön beschrieben.

    Tja, sobald man "Nichts" oder von mir aus auch "Das ganz Andere" sagt hat man's auch schon wieder verbockt. Deshalb vergisst man wohl auch am besten immer schnell wieder was man gesagt oder geschrieben hat und rechnet es sich nicht an. Dann kann sich keine Geschichte darum spinnen und man bleibt Anfänger, bzw. wird immer wieder zum Anfänger.

    Soviel ich weiß nannte Meister Eckhart Gott auch ein "Nichts". Ganz ohne Worte geht es eben nicht und das finde ich auch nicht schlimm. Es ist ja nur das Anhaften an den Worten und das kann einem in jeder Tradition passieren (sogar im Zen), wobei die Gefahr je nach Tradition vielleicht unterschiedlich groß ist.

    Beim Zen wird einem ja immer wieder gesagt man müsse alle Konzepte los lassen und sogar das kann wieder zum Konzept werden. Es gehört ja auch irgendwie dazu, dass wir uns erstmal an geeigneten Konzepten die Zähne ausbeißen und gute Konzepte weisen eben auch immer über sich hinaus.

    Ich finde, dass "Nichts" solange ein Konzept ist, wie man meint, darüber verfügen und es für seine Zwecke einsetzen zu können. Dann ist da eine Vorstellung von diesem "Nichts" und es ist ein Mittel zum Zweck, das solange nützlich ist, wie es zur Selbstoptimierung dient. Es wird als Hilfsmittel verdinglicht um so werden zu können, wie man sein will.

    Wenn sich der Spieß umdreht und man sich vom "Nichts" ohne eigene Vorgaben und Wünsche formen bzw. führen lässt, dann ist es kein Konzept mehr, sondern eine relativierende Seinsebene, die nicht erfasst oder besessen werden kann. Hinter allem, was dann erscheint und vergeht gibt es die Ebene "Nichts" und das ändert alles, obwohl es um "Nichts" geht.

    Ein Abgeben in die offene Weite verbunden mit dem Vertrauen, dass man es verwandelt aus dem Nichts zurück bekommt.

    Aber ist das nicht ein sehr technisches Verständnis, ein Tauschhandel, den man früher mit den Göttern einging? Ist das nicht eine reine Ich-Motivation? Etwas zu tun, weil man glaubt, "etwas" zu bekommen?

    nicht, wenn es mit der Grundintention von "Dein Wille Geschehe" gepaart ist.

    Normalerweise ist es ja so, dass wir meinen, alles selbst tun zu müssen oder auch zu können. Diese Einstellung finde ich viel egoistischer/überheblicher. Bei dem was ich beschrieben habe erkennt man wie gesagt seine Grenzen an - überschätzt sich nicht und gibt den Ball ab. Nicht um etwas zu bekommen, sondern um etwas zu lassen. Ob und wie etwas zurück kommt liegt nicht mehr in der eigenen Hand und da sollte auch nichts erwartet werden.

    Das ist doch auch ein Ausdruck von Hingabe und Demut.

    Weil es auch nicht darum gehen soll, vor der Welt davon zu laufen oder sich zu verkriechen habe ich auch geschrieben "Ich habe MEINEN Teil getan", aber ich nehme mich eben nicht so wichtig, dass ich meine alles machen zu können.

    Nun ja, Beten als Hinwendung zum Unbeschreiblichen bleibt da bei mir jetzt übrig. Nicht im Sinne von Bitten, da wäre das Unbeschreibliche eine gewährende Instanz, eher im Sinne von Anbetung oder Verehrung.

    Vielleicht könnte man das was ich meine so beschreiben:

    Ein Abgeben in die offene Weite verbunden mit dem Vertrauen, dass man es verwandelt aus dem Nichts zurück bekommt. Ich habe meinen Teil gewissenhaft getan und der Rest liegt eben nicht mehr in MEINER Hand. Ein Akt des demütigen Anerkennens der eigenen Grenzen.

    Oder auch einfach mal seine Dankbarkeit in die Weite schicken.

    Es geht eben um kein "Etwas", an das man sich in seiner Schutzbedürftigkeit wendet.

    Wenn wir nicht vertrauen und immer bei uns selbst bleiben, werden wir unser Wissen nicht vermehren. Vertrauen ist erst einmal das, was uns für eine Quelle öffnet. Dadurch haben wir erst den Zugang, um zu lernen.

    Das Verstandesmäßige Wissen wird als begrenztes Halbwissen erkannt und ist dann eben nicht mehr die Quelle der persönlichen Wahrheit und das gibt den Raum frei für ein anderes "Wissen", das man aber nicht haben kann, sondern nur im Augenblick die Gelegenheit geben kann (bzw. nicht verbauen) zur Entfaltung zu kommen. Das ist für mich "Nicht-Wissen", weil es eben nicht um das Wissenseigentum geht. Unwissen ist wiederum, wenn man etwas nicht in seinem persönlichen "Wissensschatz" hat.

    Ich finde zum Beispiel auch, dass das gute alte Beten bei dem Thema auch eine gute Stütze ist. Ohne Vorstellung wer oder was einem zuhört, aber vertrauensvoll ausgeführt.

    Da würde mich interessieren in wen oder was bei solchem Beten vertraut wird?

    Mein Lehrer hat mal einen wirklich außergewöhnlichen Vortrag über das Beten gehalten. Wie sich das mit dem Vertrauen und dem "Gegenüber" verhält hat er anhand eines Märchens der Gebrüder Grimm "Die Gänsemagd" verdeutlicht:

    http://gutenberg.spiegel.de/buch/-6248/57


    mehr kann ich dazu gerade auch nicht sagen, aber als er die Schlüsselstellen aus dem Märchen in Kurzform wieder gegeben hat, da hat sich wirklich was bzgl. meines Zugangs dazu verändert. (Ich hielt bis vor ein paar Jahren noch so ziemlich garnichts davon)

    Ich denke, eine Quelle über sich zu akzeptieren, besonders wenn es um Bereiche geht, die sich durch die eigene Wahrnehmung nicht erschließen, ist eine praktische Umsetzung von Vertrauen und das Ego vom Thron zu werfe. Deswegen halte ich mich auch nach wie vor noch an "Offenbarungsreligion", weil es die (für mich) aktivste Form ist, Hingebung zu erlernen.

    ja, seh ich auch so, aber man muss die Quelle nicht greifen können/wollen. Ich finde zum Beispiel auch, dass das gute alte Beten bei dem Thema auch eine gute Stütze ist. Ohne Vorstellung wer oder was einem zuhört, aber vertrauensvoll ausgeführt.

    Zumindest nicht aus sich selbst heraus. Meistens sind aber sehr viel erfahrener und deshalb eine gute Quelle

    Mein Lehrer sagt zum Beispiel, dass er immer weniger weiß, je länger er übt und genau das merkt man und kann es sich als Vorbild nehmen.

    Es gibt keinen. Allerdings kann Vertrauen in eine Quelle das Nicht-Wissen beseitigen.

    kannst Du das nochmal ausführlicher beschreiben?

    Fǎ Fá

    das könnte ich jetzt wiederum so unterschreiben.

    Also das Stichwort "Vertrauen" auf jeden Fall und gleichzeitig das "Nicht-Wissen" und eine wachsende Bereitschaft, es bei diesem "Nicht-Wissen" auszuhalten. Die Lehrer und Meister wissen's ja auch nicht, wenn sie ehrlich sind - so wie Meiner z.B. :)

    Braucht es denn überhaupt eine eindeutige Bestätigung oder wäre das auch wieder nur der Strohhalmgreifer?

    Ich glaub sehen können wir wohl nur was es nicht ist (Du hast das ja so ähnlich beschrieben).


    Da stellt sich mir gerade die Frage, was der Unterschied zwischen Vertrauen und Nicht-Wissen überhaupt ist.

    Ich glaube auf dem Weg hilft die Erkenntnis, dass das Sein nicht mit der Geburt beginnt und nicht mit dem Tod endet.

    Interessant ist ja oft, dass man sich nie Gedanken darüber macht, wann im Sterben man tot ist und wenn man in der Geburt lebendig wird. Beides sind allerdings Prozesse. Wenn wir davon sprechen, nicht lebendig zu sein, beziehen wir uns oft auf einen Zeitpunkt vor der Geburt und nach dem Tod, aber wirklich die Phasen des Sterben und Geboren werdens beleuchten wir gar nicht.

    meine Sicht der Dinge ist eher so, dass das, worum es geht nie tot sein kann und auch nicht geboren wird. Es kennt keinen Begriff von Zeit. Man hat in seinem Leben die Chance, sich diesem Zeitlosen anzuvertrauen und wenn man das tut, dann spielen Geburt und Tod unseres eigenen Körpers nicht mehr die Hauptrolle. Wir können sehen, dass das, was in uns lebt schon vor der eigenen Geburt da war und nach dem individuellen Tod nicht aufhört. Wenn man sich als zeitweilige Behausung des Lebens versteht und nicht als Inbegriff des einzig wahren Lebens, dann ist das die Freiheit, die die Grenze sprengt.

    Ich würde deshalb auch gerne so formulieren, dass man nicht geboren wird, sondern dass "Es" in einem geboren wird und dass man nicht stirbt, sondern dass "Es" aufhört diese konkrete Gestalt zu verwenden. Geburt und Tod wären dann nur sowas wie Randmarken einer speziellen Ausprägung die endlich ist, aber das Ganze wird weiter geführt in immer neuen Formen.


    Das Problem ist, dass wir meinen, mit unserem konkreten Leben etwas Besonderes erreichen zu müssen, aber ich finde es ist eher so, dass wir möglichst viel vom zeitlosen Leben in uns zulassen sollten. Dann geht es nicht um unseren Erfolg, sondern um ein gelungenes Leben, das uns garnicht selbst gehört. Es gehört niemand speziellem und irgendwo auch allem zugleich. Es ist jedem zugänglich und trotzdem oft nicht erkennbar. Deshalb gibt es eigentlich nichts sinnvolleres zu tun, als danach Ausschau zu halten.

    Ich glaube auf dem Weg hilft die Erkenntnis, dass das Sein nicht mit der Geburt beginnt und nicht mit dem Tod endet. Wenn man nicht ständig mit der Dauerrenovierung des Selbstbildes/Ichs beschäftigt ist, dann dämmert es einem, dass in den Pausen zwischen den Renovierungsarbeiten das Leben trotzdem vollzogen wird, aber ganz ohne Zutun.

    Das Leben ist also nicht auf mein Tun angewiesen um sich auszudrücken, deshalb wird es von meiner Geburt oder meinem Tod auch nicht beeinflusst. Es nutzt während meiner körperlichen Existenz nur die Gelegenheit, sich auf die sich bietende, ganz spezielle Art und Weise auszudrücken.


    Wenn wir ein Problem mit dem Tod haben, dann hat das m.E. mit Stolz zu tun. Wir meinen, dass unsere Interpretation des Lebens die Wichtigste ist und dass das Leben uns gehört, wo es doch eigentlich andersrum ist und nichts mit Besitz zu tun hat.