Beiträge von Aravind im Thema „Sexualität und Befreiung: Ist die kritische Sicht des Buddha auf Sexualität für heutige Praktizierende relevant?“

    Ich kann (mag? 8)) mir ja nicht so viele Lehrreden merken. Deshalb versuche ich immer, einen Zugang über die Grundsätze zu finden.


    Wenn ich in einer Umgebung "besser" meditieren kann (mehr Weisheit entwickle), warum sollte ich das nicht nutzen?


    Aber natürlich hat diese Umgebung nach der zweiten edlen Wahrheit keinen Bestand. Wie oben bemerkt: Der schöne Hain wird zur Moskitokinderstube.

    Ergo: Wenn meine Praxis von dieser Umgebung abhängt, dann funktioniert das auf Dauer nicht; dann ist es eine Anhaftung und ein Hindernis und sollte überwunden werden.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    PS: Ich fürchte jedoch, die Anhaftungen an Sexualität kann man nur am Rande mit dem Genuss eines schönen Wäldchens vergleichen...


    Deshalb sollte man "spirituellen Fortschritt" besser an dem Wachstum von Gleichmut, Mitgefühl und Einsicht messen.

    Wenn im Zuge der Enthaltsamkeit feindselige Reaktionen und Aversionen zunehmen, möchte ich nicht von einem spirituellen Wachstum sprechen, eher von dem Gegenteil.

    Das sehe ich auch so. Sexualität zu unterdrücken ist erst mal vor allem ein Willensakt. Im Gleichmut gegenüber den Trieben, ohne sie zu unterdrücken, zeigt sich der Fortschritt (u.a.).


    Das ist natürlich eine klassische orthodoxe Idee: Man greift sich das Thema raus, das für die meisten Menschen am schwierigsten zu verändern ist, und behauptet, der Fortschritt in Bezug auf alles andere wäre Kinderkram.

    Wo stehe ich da selbst: Ich würde sagen, eher abseits. :) Die Überwindung von Sexualität und romantischen Beziehungen steht noch nicht mal auf meiner spirituellen Todo-Liste.


    Liebe Grüße, Aravind.

    Im eigenen Erleben sehe ich, dass Begierden, denen ich nicht mehr nachgebe, schwächer werden. Seltener auftreten. Und ich bin sehr weit davon entfernt, spirituell fortgeschritten zu sein.

    Ja, das kann ich bestätigen (auch den letzten Satz :) ).


    Bei Sexualität, Wut und Schokolade glaube ich nicht an ein vollständiges Verlöschen des Auftretens der Begierde.


    Liebe Grüße, Aravind.

    Die Person erhebt sich, muss sich erheben, über das nur fühlende Wesen. Nicht die Grundbedürfnisse müssen transformiert werden, sonder das sie als Person transformiert wurden. Der Satz Buddhas: Das ist nicht mein, das ist nicht mein Ich, das ist nicht mein Selbst. hat hier seine volle Wirkung.

    :like:


    Vorbei-gehen-lassen würde ich allerdings als praktische Umsetzung des Los-Lassens verstehen (auf das Zugreifen verzichten), ich kann da keinen Widerspruch erkennen.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Ich lebe seit Jahren ohne "zärtliche Berührungen", erfreue mich bester körperlicher und geistiger Gesundheit und habe auch überhaupt kein Bedürfnis mehr danach - und nein ich habe keine psychische Erkrankung,

    Ja, ja, das behaupten alle... ;)


    (Sorry, die Vorlage war zu einladend, ich wollte der Begierde nicht widerstehen... :kiss:)


    Liebe Grüße, Aravind.

    Diese Lehrrede des Buddha verstehe ich doch noch ganz anderes als du.

    Das Feuer ist das Ergebnis der Vorbereitung.

    Genau, schreib ich ja.


    Die Vorbereitung (das austrocknen des Holzes) ist in zwei Phasen aufgeteilt.

    Der erste Schritt besteht darin auf die Ausübung und Genuß der Begierden zu verzichten.

    Ja, da trennen sich unsere Interpretationen voneinander, wenn auch meiner Meinung nach nicht sehr weit. In meiner bescheidenen Praxiswelt wäre das aus dem Wasser ziehen der Schritt, die Begierden überhaupt erst einmal achtsam zu betrachten und als solche zu erkennen. Das Trocknen an Land wäre dann das Überwinden.


    Ich glaube, ich bin nur langsamer und vorsichtiger als Du, das Ergebnis könnte das gleiche sein.


    Liebe Grüße, Aravind.

    Der Punkt ist nicht unbedingt das überwinden der Anhaftungen

    Wenn nach der zweiten Edlen Wahrheit die Anhaftungen der Grund für das Leiden sind, wie soll man das Leiden dann ohne Überwindung der Anhaftungen überwinden?


    Aber das scheint in diesem Faden ein grundsätzliches Thema zu sein. Genuss ist doch im Sinne des Buddha kein Problem, sondern die Anhaftung daran. (Wenn ich allerdings genauer darüber nachdenke, könnte der Begriff "Genuß" durchaus Anhaftung beinhalten, aber dann meinen wir eh das selbe). Hunger und Gedanken beispielsweise wird man nicht loswerden, das sind körperliche Reaktionen, da kann man noch so lange praktizieren.


    Wie man damit umgeht, ob man auch glücklich sein kann, wenn man Hunger verspürt, da zeigt sich doch die Entwicklung. Aber das ist nur meine bescheidene Sichtweise.


    sondern das Lebenslange halten der Überwindung an den Sinnesvergnügen.

    Den Teil des Satzes verstehe ich nicht. Evt. ein Tippfehler; hilfst Du mir?


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Was meinst du, Aggivessana? Könnte der Mann ein Feuer entfachen und Hitze erzeugen,


    indem er den Reibestock an dem nassen, grünen Stück Holz, das im Wasser liegt, reibt?"


    "Nein, Meister Gotama. Warum nicht? Weil es ein nasses, grünes Stück Holz ist, das im Wasser liegt.


    Der Mann würde schließlich nur Erschöpfung und Enttäuschung ernten."

    Ich finde, diese Gleichnisse drücken eine realistische Vorgehensweise ganz gut aus; vielen Dank, Accinca!


    Meine laienhafte Interpretation:


    • Wenn man "das Feuer entfachen" will, bedarf das der Vorarbeit
    • Es macht keinen Sinn, gleich mit dem Schwierigsten anzufangen (der Überwindung von Trieben, die wir als existentiell erleben), denn sonst erntet man nur "Erschöpfung und Enttäuschung"
    • Wenn man lange genug "getrocknet ist", kann man auch die schwierigeren Anhaftungen überwinden. Von Verzicht ist da nicht die Rede. Es wird auch nicht behauptet, dass das einfach wäre.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    PS: Den Widerspruch, dass Mönche von Anfang an enthaltsam leben sollen, klammere ich mal aus. Ich habe nur Erfahrungen als Laie.

    Wenn ich mir die Vergewaltigungs-Probleme im heutigen Indien anschaue, ist diese Kultur aber auch irgendwo mal entschieden falsch abgebogen. Einer atavistischen Sexualität ursächlich weniger Gestörtheit zuzuweisen, scheint mir arg romantisierend.

    Das kann ich aus eigener Anschaung bestätigen. In Indien gibt es ganz ohne christlichen Einfluss eine puritanische und unglaublich verklemmte Einstellung zu Körperlichkeit und Sexualität. Ohne Aufforderung darf man einer Frau nicht mal die Hand geben.


    Gibt es irgendwelche Hinweise, dass das vor 2500 Jahren anders war?


    Liebe Grüße, Aravind.

    Frieden-und-Freude:

    Denn Nikotin führt eben nicht zu einem Rauschzustand. Es hat eher aufputschende Wirkung, so wie Koffein, das in Kaffee oder Schwarztee enthalten ist. Und Kaffee- oder Schwarztee-Konsum gilt ebenfalls als harmlose Gewohnheit, die Mönchen gestattet ist.


    Ich persönlich halte diese Auslegung für Quatsch. Schmerzen soll man transzendieren, man kann es aber nicht ertragen, müde zu sein?


    Man putscht sich doch auf, weil man die Situation, in der man ist, ablehnt. Man will wach sein statt müde. Das ist IMHO eine klassische Aversion aus dem Gebiet "Hass", eine Anhaftung, die man irgendwann überwinden will.


    Darüber hinaus kommt man durch Aufputschen in eine Stimmung, die rechte Rede und rechtes Denken erschwert.


    Dito für das Rauchen. Man will den Nikotinkater nicht, deshalb greift man zur Zigarette. Hass und Gier.


    Bevor mich jemand falsch versteht, ich bin weder orthodox noch streng. Man muss und kann ja nicht alle Anhaftungen sofort aufgeben.

    "Regelverstöße" schön reden mag ich aber nicht.


    Ebenso: Nicht nach Mittag essen, aber Süßigkeiten erlauben. Fleisch essen, aber trickreich begründen, warum das nicht dem Gebot, kein Leben zu nehmen, entgegen steht.


    Für solche Volten haben wir schon die katholische Kirche (Fleisch/Fisch/Biber, Bier als Fastenspeise, Maultaschen, ...)


    Liebe Grüße. Aravind.

    PS: Ich bin von Natur aus morgens hellwach, deswegen komme ich mit wenig oder auch keinem Koffein aus. :P Glück gehabt! :)