Beiträge von Amdap im Thema „Kann man durch Meditieren freiwillig in den Tod übergehen?“

    Lieber fotost ,


    da Du die vorhergehenden Beiträge nicht gelesen hast, weise ich hiermit auf meine Antwort #23 hin, es ist eine klassische alte Methode im Tibetischen Buddhismus.

    Ich denke auch, sie bezieht sich am direktesten auf die Frage, die Sophie58467 gestellt hatte. Denn in dem Film geht es ja um Praktizierende des Tibetischen Buddhismus.

    Am besten ist es dargestellt - nach allem, was ich bisher gelesen habe - in dem Buch: "Der Geist überwindet den Tod" von Pönlop Rinpoche (Nyingma/Kagyü).

    Das von Dir genannte Buch besitze ich ebenfalls, ich mag aber nicht mehr drin lesen, weil mir beim Gedanken an den Autor übel wird. Aber das ist ein anderes Thema.

    Es gibt eine Methode im Tibetischen Buddhismus, die ist so uralt, dass sie mindestens noch aus dem Bön stammt. Das ist das sogenannte Phowa.

    Ich versuche das mal in stark verkürzter Form zu beschreiben:

    Man stellt sich über seinem Kopf den eigenen spirituellen Meister vor, wie er in abgewandeltem Lotossitz direkt über dem Kopf schwebt. Aber nicht ausschließlich schwebt, sondern mit einer Zehe dabei den Kopf berührt (daher: abgewandelter Lotossitz), genau da, wo sich die Große Fontanelle befindet.

    Im eigenen Körper stellt man sich eine Art leuchtende Energiekugel vor, die - unter Rezitation eines Bija-Mantras (Keimsilbe) und bestimmter Atemtechnik, rhythmisch vom Herzen aus, oder auch vom untersten Chakra aus, nach oben bis unter die Schädeldecke schießt. Dort kehrt sie wieder um, und der Vorgang beginnt von neuem.

    Diese Übung dient dazu, sich auf den Tod vorzubereiten, denn nach Tibetischer Tradition gibt es neun Körperöffnungen, durch welche das Bewusstsein den Körper verlassen kann, und die Große Fontanelle ist die beste von allen.

    Zu Lebzeiten ist es sehr wichtig, dass man immer wieder übt, dass die Energiekugel nach Ankunft unter der Schädeldecke umkehrt. Denn die Übung ist sehr gefährlich und darum heißt es, dass man sie ohne Anleitung eines spirituellen Lehrers nicht praktizieren darf.

    Wenn man dieses nun jahrelang mit Erfolg geübt hat, und man spürt, dass das Ende naht, dann kann ein so Fortgeschrittener die "Verfolgung" der Energiekugel mit dem Sterbeprozess synchronisieren, und wenn der genaue Zeitpunkt da ist, darf dieses leuchtende Etwas nun durch die Fontanelle treten und sich mit dem Geist des Meisters vereinen.


    Es heißt, dass man diesen Durchtritt niemals zu Lebzeiten, noch im vollen Besitz aller geistigen und körperlichen Kräfte, vollziehen darf, da das den Tod zur Folge hat.

    Mit anderen Worten: das würde den Tod künstlich vorziehen, aber das ist deshalb problematisch, weil ein Fortgeschrittener immer noch ein gewisses Ego besitzt und möglicherweise diesen Durchtritt aus Neugier oder aus eigenem Genuss, um sich zu berauschen, vollziehen will. Und das bewirkt dann das Gegenteil, das ist unheilsam, denn es geschieht nicht aus Selbstlosigkeit und Mitgefühl mit den fühlenden Wesen.


    Ich persönlich denke, dass es nur die Allerwenigsten sind, die nach jahrelanger Übung dieses bewusst durchführen und dann auch korrekt sterben könnten. Und ich bin sicher, dass Otto Normalmeditierer nach solchem jahrelangen Phowa, selbst wenn sie ungehorsam sind und den Austritt durch die Gr. Fontanelle in der Visualisation schaffen, es doch nicht schaffen, dadurch zu sterben. Denn es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man diese Praxis präzise visualisieren, oder ob man sich darüberhinaus mit allen inneren Kräften und ohne Ablenkung in diesen Prozess hineinversetzen kann.

    Selbst wenn ich mir zum Beispiel tausendmal visualisiere, dass ich nie Geld von meinem Konto abheben muss und mein Portemonnaie immer voll ist, egal was und wieviel ich kaufe: das funktioniert ja auch nicht. Und wenn ich mir tausendmal vorstelle, ich brauche meine Blumen nicht mehr zu gießen und sie bleiben immer von selbst feucht - auch das funktioniert nicht. Undsoweiter.

    Das Verbot, die Phowa-Praxis so durchzuführen, dass das Bewusstsein durch die Gr. Fontanelle austritt, steht nur deshalb so mahnend im Vordergrund, weil es ja sein könnte, dass es doch mal einen überaus Fortgeschrittenen geben könnte, dem das aus Versehen passiert, wenn er so übt. Das ist der Grund, warum sich Alle an dieses Verbot halten müssen.