Namaste!
Snoopy:
Sagt Buddha nicht, dass wir "seine" Lehren hinterfragen sollen. Bzw. das wir den Buddhismus hinterfragen sollen? Wo bleibt das hinterfragen, wenn man sich keine tiefsinnigen Gedanken machen soll/darf?
Ich gebe Dir Recht: Hônen's und auch Shinran's Lehren widersprechen im Hinblick auf das Vertrauen dem Kalamer Sutra.
Shinran hat über 20 Jahre als hochgelehrter und äußerst anerkannter Mönch auf dem Hiei-san den synkrethischen Buddhismus der Tendai Shû studiert, bevor er für sich festgestellt hat, dass er so nicht das Erwachen erlangen wird.
Er wurde dann Hônen's Schüler, wobei auch Hônen dies in Bezug auf die eigene Person genauso erfahren hatte.
So kamen folglich beide zu demselben Schluß, nämlich dass sie allein durch das Nenbutsu errettet werden konnten.
Wir haben es hier mit hochgeachteten Tendai-Mönchen zu tun, denen wahrscheinlich eine glanzvolle Karriere mit gesellschaftlichem Einfluss bevorgestanden hätte, wenn sie den synkretischen Lehren ihrer Schule weiterhin gefolgt wären.
Durch ihren jeweiligen Traditionsbruch verloren sie jeweils einen Großteil ihres religiösen Ansehens bei vielen etablierten hohen Geistlichen und wurden dann auch politisch und religiös verfolgt und verbannt.
Die Entscheidung gegen die Vielen Übungen und für das Eine Nenbutsu kam bei beiden aus tiefster, jeweils persönlich geprüfter Überzeugung hervor.
Insoweit kann man vielleicht sagen, dass dem Anhänger der Jôdo Shû bzw. der Jôdo Shinshû (und/oder eben von Hônen oder Shinran) die Prüfung laut Kalamer Sutra bereits abgenommen wurde.
Ich persönlich, als Zen-Praktizierender und Nenbutsu-Übender, sehe für mich auch keine Möglichkeit, aus eigener Anstrengung das Erwachen zu erfahren. Aber auch in der Sôtô Shû wird ja die Auffassung vertreten, dass dies nicht (ausschließlich?) aus eigener Anstrenung geschieht: "Da verrichten das Land, die Gräser und Bäume, Zäune und Mauern, Ziegel und Kiesel, alle Dinge im Dharma-Reich der zehn Richtungen das Werk der Buddhas. Daher werden die Wesen, die die so erzeugten Wohltaten von Wind und Wasser genießen, auf geheimnisvolle Weise durch die wundersame und unfassbare Wandlungskraft Buddhas unterstützt und manifestieren ein persönliches Erwachen. Dies ist das Verdienst von Absichtslosigkeit, das Verdienst von Nicht-Künstlichkeit. Dies ist das Erwecken des Gedankens der Erleuchtung." [Sôtô Kyôkai Shushôgi III,17].
Mir persönlich bringt deshalb die Sichtweise des chinesischen Zen-Meisters Yongming (904 – 975) sehr viel:
„Mit Zen aber ohne dem Weg des Reinen Landes, werden neun von zehn Menschen auf Abwegen geraten. Wenn der Tod plötzlich kommt, müssen sie ihm augenblicklich folgen.
Mit dem Weg des Reinen Landes aber ohne Zen, werden zehntausend von zehntausend die Geburt erlangen. Wenn jemand Amida von Angesicht zu Angesicht schauen kann, warum sollte er sich darum Sorgen machen nicht die Erleuchtung zu erlangen?
Mit beidem, Zen und dem Weg des Reinen Landes, ist es wie mit einem Tiger dem Hörner gewachsen sind. Man wird ein Lehrer der Menschen in diesem Leben sein, und ein buddhistischer Patriarch im nächsten.“
Aber mit dieser Sichtweise gehört man im japanischen Buddhismus, zumindest bei der Sôtô Shû und Rinzai Shû, und wohl auch bei der Jôdo Shû und der Jôdo Shinshû, zu den Außenseitern.
Snoopy:
Tja, die Sache mit dem Zettel... Wo bleibt die bedingungslose Hingabe derer, die diesen Zettel dann lesen. Da gibt es kein Vertrauen. Ohne Erklärung werden sie den Zettel lesen und nicht wissen was gemeint ist, sie werden ihn vernichten und das wars. Kein Vertrauen, keine Hingebung, auch kein zehnfaches Nennen...
Ippen Shonin war in dieser Hinsicht noch radikaler als Hônen oder Shinran, denn er war zu der Überzeugung gelangt, dass bereits ein einmaliges Nennen des Nenbutsu - selbst wenn man es "versehentlich" liest - ausreichen kann. Vertrauen, Hingabe, Glaube oder Überzeugung sah er als unwesentliche Eigenkräfte an, von welchen die Errettung durch Amida niemals abhängen könnte.
Snoopy:
Also als viel wichtiger sehe ich diese Frage jetzt nicht, denn ich glaube schon, dass es nach dem Leben in irgendeinem Sinne weitergeht und da möchte ich schon...naja ich sag mal, darauf vorbereitet sein. Denn was bringt mir ein schönes Leben vor dem "Tod", wenn ich (da ich ja nunmal an Wiedergeburt (in welchem Sinne auch immer) glaube) danach ein schlechtes/schlimmes Leben führen muss.
Allein die Tatsache, dass künftige Leben außerst fragwürdig bleiben sollte einen dazu führen, aus diesem Leben das Beste zu machen. Ich rede hier keinesfalls von "Genuß ohne Reue" - ganz im Gegenteil: denn ganz unabhängig von Reinkarnationen oder Wiedergeburten funktioniert das Gesetz von Ursache und Wirkung auch in diesem Leben ganz beachtlich!
Was nützt einem letztlich ein Leben, dass man so eigentlich nicht führen will, wenn man am Ende feststellt, dass danach nichts mehr kommt? In dem Fall wäre dann wohl Reue die größte Sünde.
Der tibetische Heilige Milarepa hat mal gesagt:
"Meine Religion ist es,
ohne Bedauern
zu leben
und zu sterben."
Ich denke darauf kommt es letztlich an: auf beides. Ohne Bedauern leben, und ohne Bedauern sterben.
Snoopy:
Sehr richtig. Leider nirgends. Fast nirgends...
Naja, wie dem auch sei, du hast wahrscheinlich Recht, dass es dazu dient, das jetzige Leben positiver zu machen. Vielleicht merke ich wirklich irgendwann, dass ich schon gerettet war. Vielleicht merke ich es auch erst dann, wenn ich die Augen schließe und für Tod erklärt werde. Man weiß es ja nicht.
Ich möchte einfach Dinge hinterfragen, bevor ich danach handel bzw. sie glaube...
Am Hinterfragen an sich ist sicherlich nichts negatives, solange es in konstruktiver Weise geschieht.
Und das Schöne am Nenbutsu ist doch auch, dass es so simpel ist.
Auch wenn ich - aus selbst zu verantwortenden Gründen - meine tägliche Zazen-Praxis vernachlässige oder ausfallen lasse, für ein paar
Namu-Amida-Butsu,
Namu-Amida-Bu oder
Namandabu
reicht es alle Male, und hat man erstmal angefangen, werden es sogar meinst mehr als zehn
< gasshô >
Benkei
Namu-Amida-Butsu