Beiträge von Sudhana im Thema „Gampopa: Juwelenschmuck der Befreiung“

    Liebe mkha',

    Fakt ist jedoch: das, was in den (tib.-buddḥ) Schriften steht, wurde auch genauso gelehrt.

    das steht ja auch gar nicht in Zweifel. Die Frage ist zum einen, ob diese Lehren auf empirischer Erfahrung oder schlichter Fantasie beruhen. Darauf aufbauend: sind solche Lehren allegorisch zu verstehen oder faktisch? Und unabhängig davon zum anderen - was ist die Intention solcher Lehren und wie (falls überhaupt) werden sie dieser Intention gerecht? Damals - und vor allem heute.

    Es stellt sich jeweils die Frage: möchte ich mich mit den Originallehren, sei es Theravada, Mahayana (Yogacara), Mahayana (Svatantrika/ Prasaṅgika), Vajrayana, etc. auseinandersetzen, ....


    ...oder möchte ich nur das lernen, was unter Entfernung all dessen, was "hier im Westen" nicht passt, übrigbleibt. Wäre es dann nicht ehrlicher, die "Neu-Kreation" z.B. Geistestraining in Anlehnung an den Buddhismus zu nenneṇ?

    Du konstruierst da einen Gegensatz, der so gar nicht existiert. Kläre, was für Dich in diesem Zusammenhang "lernen" bedeutet. Sich "mit Originallehren [...] auseinandersetzen" heisst zumindest für mich nicht, sie gläubig und unkritisch zu rezipieren, sondern sich um ein Verständnis ihrer Funktion und damit ihrer Intention und Wirkung zu bemühen. Dabei geht es nicht um "Neu-Kreation", sondern um eine Interpretation aus dem historischen Entstehungskontext heraus, die erst ein angemessenes Anwenden auf den aktuellen Kontext ermöglicht. Geht es denn um Verständnis (und daraus begründetes Handeln) oder geht es um Glaube (nach dem Motto: "es steht geschrieben")?

    wäre ein anderes Procedere, als die Abänderung der Lehrinhalte, angezeigt.

    Es geht überhaupt nicht um eine "Abänderung der Lehrinhalte". Es geht um die Form, die den Inhalten gegeben wird - und die ist unvermeidlich historisch und kulturell bedingt. Und weil es anitya gibt, geht das Verständnis der Inhalte verloren, wenn man ihre Formen nicht historisch-kritisch untersucht und interpretiert, sondern sie stattdessen schlicht glaubt.


    Gampopa hat auch nichts anderes getan, als sein Verständnis der Inhalte in eine Form zu kleiden, die seinen lokalen und temporären Bedingungen entsprach - Zentraltibet im 11. Jahrhundert. Ob damit auch eine "Abänderung der Lehrinhalte" verbunden war (so was soll gelegentlich vorkommen), darüber kann man geteilter Meinung sein. In den ältesten buddhistischen Texten findest Du z.B. diese ganze Höllen-Kosmologie noch nicht. Irgendwann wurde da igendwas "geändert". Form oder Inhalt? Ist aber auch gar nicht Thema hier ...


    Die Frage ist doch - was machst Du hier und heute mit und aus so einem Text? Mir persönlich reicht Auschwitz oder Hiroshima als Illustration von akusala vipāka völlig aus - das ist für ein Verständnis davon nicht nur naheliegender, sondern auch deutlich konkreter als die Schauergeschichten von diversen kalten und heißen Höllen und Nebenhöllen. Und allemal schaurig genug.


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    Für mich war es schon immer ein Vorteil des Buddhismus gegenüber anderen Religionen, dass der Buddhismus tendenziell flexibler und anpassungsfähiger ist. Man nennt diese Flexibilität ja auch "geschickte Mittel".

    Das "geschickte Mittel" hier, in diesem Thread, ist sog. schwarze Pädagogik. Und genau da - im Drohen mit Höllen, mit genüßlichen Schilderungen, die offensichtlich sadistischen Fantasien entspringen - treffen sich solche 'Buddhismen' mit anderen Religionen. Das mag ein Mittel sein, um Menschen, denen ohne solch anschauliche Horrorstories die erste Wahrheit nicht zu vermitteln ist, zu einem ethisch heilsamen Handeln anzuhalten. Für "geschickt" halte ich das trotzdem nicht. Insbesondere, weil solche Methoden, die statt an Vernunft und Einsicht an irrationale Ängste appellieren, zum Missbrauch einladen - und folgerichtig auch immer wieder missbraucht wurden und werden. Nicht nur im Christentum ...


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