Rudolf : um nicht unangemessen viel Zeit mit diesem Kram zu vertrödeln (offensichtlich magst Du Deine Interpretation ohnehin nicht nochmals mit dem Text abgleichen) nur zwei kurze Zitate. Zunächst Bernhard Weber-Brosamer und Dieter M. Back zu MMK I,1 (in: Die Philosophie der Leere. Mūlamadhyamaka-Kārikās. Übersetzung des buddhistischen Basistextes mit kommentierenden Einführungen, Beiträge zur Indologie 28, Harrasowitz 1997):
Damit ist von vornherein klar, dass Nāgārjuna keine Philosophie vertritt, die auf dem Prinzip der Kausalität aufbaut.
Das ist nicht nur die Einschätzung der westlichen Indologie und Philosophiegeschichte, sondern auch das Verständnis des Prasaṅgika-Madhyamaka, wie ihn die tibetische Gelug-Schule lehrt. So jedenfalls Jay Garfield, der (mW unwidersprochen) den Anspruch erhebt, in seiner kommentierten Übersetzung der MMK (The fundamental wisdom of the middle way. Nāgārjunas Mūlamadhyamakakārikā, Oxford University Press 1995) genau diese Lesart vorzustellen:
The argument against causation is tightly intertwined with the positive account of dependent arising and of the nature of the relation between conditions and the conditioned. Nāgārjuna begins by stating the conclusion (I: 1): Entities are neither self-caused nor do they come to be through the power of other entities. That is, there is no causation when causation is thought of as involving causal activity.
Vielleicht verständlicher Ram Adhar Mall (in: Nagarjunas Philosophie interkulturell gelesen, Interkulturelle Bibliothek Band 57, Bautz 2006):
Die Lehre vom ›abhängigen Entstehen‹ bedeutet relationales Entstehen aller Dinge. Alles unterliegt einem Nexus der Bedingtheiten. Es geht um ein abhängiges Entstehen. Oft wird diese Lehre als die buddhistische Kausalitätslehre verstanden. Dies gilt jedoch nur, wenn unter Kausalität nicht die ontologische Version von einer Entität A, die eine andere Entität B verursacht, verstanden wird. In diesem Sinne ist die Lehre vom abhängigen Entstehen eher eine ›De-Ontologisierung‹ der Kausalität.
- da Mall in seinem Text (eben um kulturelle Hürden zu überbrücken) bewusst den abendländisch-geisteswissenschaftlichen Begriff der Kausalität aufgreift. Nicht ohne deutlich zu machen, dass dieser nicht ohne weiteres auf Nāgārjunas Denken übertragbar ist.
Es bleibt Dir natürlich belassen, das anders zu verstehen. So wie mir. Viel Spass noch beim weiteren Philosophieren. Nur Mut - die 1000 muss doch zu schaffen sein. Aber ohne mich - ich bin hier wieder raus
Nachträgliche Ergänzung:
Wenn man dann weiter liest und bis MMK XXIV durchhält
Wenn man schon weiterliest, dann schon bis MMK XXVI, der Darstellung des Konditionalnexus. Auch wenn die Authentizität dieses (und des folgenden) Kapitels unklar ist.