Nicht-Ich und Wiedergeburt

  • Echten Zufall scheint es ja auf einer bestimmten Ebene zu geben. Im Großen, für uns Relevanten, mittelt der sich aber wieder zum Vorherbestimmbaren. Ich halte es da mit Anton Zeilinger, der in einem Interview mal sagte, dass er noch nicht weiß, welche Schlüsse er aus der Zufälligkeit von Quantenereignissen für unser Leben ziehen soll. Oder einfacher: ich hab bislang keine Ahnung, was das für mein Leben bedeutet.


    Spannend ist es aber allemal ... weil auf der kleinsten Ebene das Konkrete erst durch Beobachtung aus dem Raum der Möglichkeiten heraustritt. Mir gefällt der Gedanke ausgesprochen gut ...


    Wer das Thema noch nicht kennt: hier eine ganz gut verständliche Einführung ... bitte nicht von der leicht albernen Aufmachung abschrecken lassen ...


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  • Schon, aber wenn es "echten Zufall" gibt, ist der Determinismus am Ende. Und dann heißt es auch bei der Frage nach einem freien Willen zurück zum Start.


    Kannst du mal allgemeinverständlich erklären was der angenommene "echte Zufall" im Quantenbereich mit dem Willen zu tun hat?

    :rainbow:

  • Wie du selber bemerkt hattest, sprach ich von Wahl, nicht von freiem Willen.

    Beides wurde von korx im traumabeispiel verneint. Wenn aber weder Wahl noch freier Wille da wären, wie könnte sich etwas ändern?

    Ich habe den freien Willen ausdrücklich nicht verneint. Nur in Frage gestellt, da ich es nicht weiß!

    Und: vieles in der Natur hat keinen freien Willen - und ändert sich trotzdem permanent. Sollte bekannt sein - oder ?

  • Schon, aber wenn es "echten Zufall" gibt, ist der Determinismus am Ende. Und dann heißt es auch bei der Frage nach einem freien Willen zurück zum Start.


    Kannst du mal allgemeinverständlich erklären was der angenommene "echte Zufall" im Quantenbereich mit dem Willen zu tun hat?

    Dass viele Wissenschafter einen freien Willen für unmöglich gehalten haben, weil eben alles irgendwelche Ursachen hat. Also determiniert ist. Dass man entdeckt hat, dass es tatsächlich zufällige Vorgänge gibt, die nicht determiniert sind, hat diese Haltung unmöglich gemacht. Damit kann auch ein freier Wille nicht ausgeschlossen werden.

    Es ist also kein Beleg FÜR einen freien Willen, sondern ein Argument gegen die bisherige Meinung.

  • Für den Determinismus hier ist die Ebene und Komplexität sehr wichtig. Determinismus heißt ja erstmal, dass wenn ich denselben Weg unter den selben Umständen gehe zum selben Ziel komme.

    Um Determinismus beweisen/widerlegen zu können, müssten wir erst einmal alle Umstände erfassen können. Die Zufälligkeit ist ähnlich. Zufall ist solange vorhanden, wie ich nicht eindeutig verstehen und nachvollziehen kann was, wie, wann geschieht (vereinfacht).


    Jetzt ist es so, dass wir als Menschen (aktuell?) einfach nicht in der Lage ist alles in seiner Gesamtkomplexität zu erfassen - vielleicht bin aber auch nur ich der, der da ein Problem mit hat. Da ich dazu eben nicht in der Lage bin, muss ich einen Alternativweg suchen um mit dem Ganzen zurecht zu kommen. Genau an diesem Punkt - spätestens - setzt für mich das Dharma ein: es bietet eine Lösung - zumindest eine mit der ich (bisher?) gut zurecht komme.

    _()_

  • Dass man entdeckt hat, dass es tatsächlich zufällige Vorgänge gibt, die nicht determiniert sind, hat diese Haltung unmöglich gemacht.

    Aber diese angenommene, vermutete Entdeckung tatsächlich zufälliger Vorgänge ist doch bisher nur im Quantenbereich passiert.

    Um dieses als Vermutung auf den Willen des Menschen und der Tiere zu übertragen, müsste man doch - um wissenschaftlich zu sein - wenigsten eine experimental gesicherte Verbindung nennen können, dass die Quanten in den Atomen des tierischen Körpers etwas mit dem Willensentscheidungen zu tun haben.

    Wenn diese Verbindung noch nicht entdeckt ist, dann ist es keine wissenschaftliche These sondern pure Spekulation.

    :rainbow:

  • Anlässlich der Bewältigung der ersten Hälfte der tausend-Antworten-Frage (die ich eingestandenermaßen nicht sonderlich aufmerksam oder auch nur interessiert verfolgt habe) eine offtopic-Überlegung, die mir gerade in den Sinn kam: was hat man davon, mit jemandem um des Diskutierens willens zu diskutieren - wenn es einem selbst darum gar nicht geht? Wobei ich das böse T-Wort gar nicht ins Spiel bringen will, schließlich hat jeder so seine Hobbies und wenn man die nicht teilt, muss man ja nicht mitspielen.


    Wenn denn ein Interesse an der Sache besteht, empfehle ich statt Gedankensports ein wenig solide Praxis. Ein Jahr oder so, dann können wir uns gerne wieder sprechen. Es geht hier um einen Yoga, nicht um eine Philosophie. Wenn man Philosophie ohnehin langweilig und schwurbelig findet, dann sollte man sich philosophische Fragen dazu ruhig verkneifen. BTW - hat eigentlich schon jemand MN.63 erwähnt? Falls nicht, sei diese Pflichtübung zum Thema hiermit erledigt.


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    OM MONEY PAYME HUNG

  • Dass man entdeckt hat, dass es tatsächlich zufällige Vorgänge gibt, die nicht determiniert sind, hat diese Haltung unmöglich gemacht.

    Aber diese angenommene, vermutete Entdeckung tatsächlich zufälliger Vorgänge ist doch bisher nur im Quantenbereich passiert.

    Um dieses als Vermutung auf den Willen des Menschen und der Tiere zu übertragen, müsste man doch - um wissenschaftlich zu sein - wenigsten eine experimental gesicherte Verbindung nennen können, dass die Quanten in den Atomen des tierischen Körpers etwas mit dem Willensentscheidungen zu tun haben.

    Wenn diese Verbindung noch nicht entdeckt ist, dann ist es keine wissenschaftliche These sondern pure Spekulation.

    Nochmal: Diese Quantenvorgänge sagen GAR nichts über den Willen von Lebewesen aus. Es hat nur gezeigt, dass es im Universum Vorgänge gibt, die eben nicht determiniert sind. Dadurch war die bisher oft vertretene Meinung: ALLES ist determiniert und daher KANN es gar keinen freien Willen geben widerlegt.


    Ob's nun einen freien Willen gibt sagt es natürlich nicht. Hat damit nichts zu tun. Aber es entkräftet halt das bisherige Hauptargument gegen die Möglichkeit eines freien Willens.

  • Sudhana

    Also ich finde den Thread eigentlich sehr interessant. Auch wenn mir hier (noch) keine Fragen wirklich beantwortet wurden, so habe ich doch viele neue Anregungen und Denkanstöße erhalten, worüber ich sehr glücklich (und dankbar) bin.

    Allerdings frage ich mich, was dich antreibt, in einem Thread abzuhängen, den du nach eigenem Bekunden "nicht sonderlich aufmerksam oder auch nur interessiert verfolgst". Dafür wäre mir meine Zeit dann doch zu schade.

  • Wenn du das meinst mit "Definition des freien Willens" verstehe ich nicht wo du den Aspekt "frei" definierst.

    Wenn Du nicht beim Zititeren genau den Teil darüber rausgelassen hättest, wo ich die Relativität und Bedingtheit des Willen beschrieben habe, kann auch kein ganzes Bild dabei rumkommen.


    Zitat

    Es gibt sicherlich viele Handlungen, gerade solche, die mit Muskelgedächtnis und dem Körper zu tun haben, die derart tief als Gewohnheiten oder eigenständige Systeme (vegetatives Nervensystem) verankert sind, dass sie stattfinden, bevor das Bewusstsein diese überhaupt wahrnimmt. Der Wille ist also nicht völlig frei. Der Wille ist aber in der Lage, solche und andere Gewohnheiten zu erkennen und dann Maßnahmen einzuleiten, um sie zu verändern. Auf der psychologischen Ebene sind die Übergänge fliessend: es gibt Emotionsmuster, die uns völlig entgleiten, solche die wir halb im Entstehen erkennen und abwandeln oder beeinflussen können, und Emotionen die uns so zugänglich sind, dass wir frei entscheiden können, ob wir sie ausdrücken oder nicht - und alles dazwischen.

    Nein, das ist Fatalismus.


    Determinismus ist synonym mit dem kausalen abhängigen Entstehen ohne Ausnahme, Und dies ist die Lehre des Buddha.

    Ja, da hast Du recht - da muss ich mich korrigieren. Ich habe im Moment viele Baustellen und bin manchmal etwas unkonzentriert.


    Zitat

    Dabei sind Änderungen unseres Willens (unseres Inneren) natürlich möglich. Aber nur kausal bedingt.

    Hier wird aber klar, dass Du selbst Determinismus inhaltlich gesehen mit Fatalismus verwechselst ;) Das würde ja heissen, dass die Entscheidung, aus dem Kreislauf von Samsara auszusteigen, nur möglich ist, wenn es mehr oder weniger zufällige Ursachen vorher gab, die dann diese Entscheidung bedingen. Das wäre dann so ähnlich wie bei den bekannten unzähligen Affen, die tagein tagaus auf Schreibmaschinen herumtippen, und wo gelegentlich mal ein sinnvoller Satz rauskommen könnte.


    Aus meiner Sicht schaffen die Kausalitäten die Umgebungs-Bedingungen, unter denen der Wille ein mehr oder weniger grossen Ausmaß an Freiheit bekommen kann, die Dinge zu beeinflussen. Das mag ähnlich klingen, ist aber doch etwas grundsätzlich anderes. Da geht es dann um Begriffe wie "kostbare Menschengeburt" usw.


    Nehmen wir ein Beispiel: Du wirst geschlagen. Grundsätzlich hast Du die Möglichkeit, so oder so zu reagieren. Nicht aber, wenn Du aus Gewohnheit ein aufbrausender Mensch bist, der zu Gewalt neigt. Dann ist der Reflex schneller als Deine Entscheidung. Jemand, der durch Erziehung zu Unterordnung oder Flucht konditioniert wurde verhält sich vielleicht unterwürfig oder rennt weg. Da ist auch der Reflex schneller, als die Entscheidung. Jemand der viel meditiert hat, hat aber selbst die Grundlage gelegt, zwischen Reiz und Reaktion eine Pause zu lassen und kann diese Pause dann nutzen, um seine Reaktion frei zu wählen. Sogar dann, wenn die Entscheidung zur Meditation noch eher zufällig bedingt war, irgendwann wird der Wille freigelegt. Was man damit macht, ist dann eine ganz andere Frage.

  • Sudhana

    Allerdings frage ich mich, was dich antreibt, in einem Thread abzuhängen, den du nach eigenem Bekunden "nicht sonderlich aufmerksam oder auch nur interessiert verfolgst". Dafür wäre mir meine Zeit dann doch zu schade.

    Das ist ein wenig wie bei der Kindergartentante während der Spielstunde. Da reicht ein gelegentlicher Seitenblick auf das Geschehen und ein Zwischenruf, dass sich die Kinder nicht zanken sollen.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Ein schönes Beispiel. Kindergartentanten entgeht nämlich sehr oft, dass sich die Kinder gerade sehr wertvoll austauschen. Bemerken sie aber nicht, weil sie nicht bei der Sache sind. :)

  • Auch wenn mir hier (noch) keine Fragen wirklich beantwortet wurden, so habe ich doch viele neue Anregungen und Denkanstöße erhalten, worüber ich sehr glücklich (und dankbar) bin.

    Das merkt man.


    Aber wusstest du auch, dass niemand außer du selbst deine Fragen beantworten kann? Viele machen dann ganz große Augen, wenn nach langen Jahren der Praxis und nach vielen Fragen, diese Erkenntnis ans Licht kommt. :idea:

    :zen:

  • Dadurch war die bisher oft vertretene Meinung: ALLES ist determiniert und daher KANN es gar keinen freien Willen geben widerlegt.

    Oh, nein. Das funktioniert nicht.

    Die Menschen, die aufgrund ihrer Philosophie überzeugt sind: "ALLES ist determiniert und daher KANN es gar keinen freien Willen geben" bleiben dabei und sagen: der "echte Zufall" in der Quantenphysik ist nur eine (hilflose) Vermutung. Die Physiker müssen halt noch weiter forschen, dann werden sie schon entsprechende Ursachen für die Quantenphänomene finden.

    "ALLES ist determiniert und daher KANN es gar keinen freien Willen geben" ist also nicht widerlegt.


    Es gibt übrigens zwei sehr gut begründete Philosophien, die zeigen, dass alle Ereignisse, alle Veränderungen nur kausal geschehen können:

    1) Immanuel kants Transzendentalphilosophie

    2) Nagarjunas Madhyamika-Philosophie


    Dagegen kommen die Quantenphysiker nicht an. Zumal in der Physik ganz allgemein gilt: eine Theorie ist nur so lange die beste Theorie bist ein neues Experiment dazu zwingt diese Theorie zu verändern.

    :rainbow:

  • Die unbedingte Kausalität gilt nur für die Ebene des Manifesten. Es gibt aber auch die Ebene des nicht bedingten, die man nur sehr schwer benennen kann. Das ist die Ebene, wo nichts ausgeformt ist, reines Potential. Aus einer Nicht-Dualen Sichtweise heraus ist die zwar ungetrennt von der Ebene der Form, aber genau da wird es interessant. Ungetrennt heisst ja nicht: komplett identisch. Je mehr man sich aus den samsarischen Kreisläufen befreit, umso mehr Raum bekommt die Ebene der reinen Potentialität in unserem Bewusstsein. Und umso mehr greifen Entscheidungen nicht mehr zwingend auf die Ebene der Kausalität zu.


    Ich muss, je mehr wir diskutieren, aber auch sagen, dass ich den anderen von mir nicht vertretenen Denkansatz zunehmend nachvollziehen kann. Daher versuche ich zu einer Synthese zu kommen; wobei ich aber in meinem Denken verankert bleibe. Ich vermute, am Ende bleibt es eine philosophische Frage, die nicht so leicht zu lösen ist.

  • Bestreit ich alles nicht. Es geht auch nicht darum, dass ich damit argumentieren will. Ich fasse nochmal zusammen:


    Während einige Zeit viele Wissenschaftler sehr deterministisch argumentierten und in der Wissenschaft als Resultat dieser Ansicht ein freier Wille verneint wurde, haben Erkenntnisse der Quantenphysik diese streng deterministische Sicht nach heutigem Stand des Wissens in Frage gestellt. Daher gibt es auch wieder mehr Wissenschaftler, die einen freien Willen für möglich halten. Nichts Genaues weiß man nicht, außer die Erleuchteten, aber die schreiben selten Artikel auf den Wissenschaftsseiten, die ich lese, weil sie einfach genug formulieren, dass ich den Inhalt kapiere. Ob sich Kant, Herr Nagar... und Quantenphysiker widersprechen oder nicht kann ich nicht beurteilen.


    Im persönlichen Alltag tangiert's mich auch nicht weiter, weil ich tatsächlich MN63 gelesen habe und mich bei all diesen Sachen an den Tipp Buddhas halte, einfach mal zu praktizieren und diese letzten Fragen für sich stehen zu lassen.

  • Gerade die Analogie zwischen Quantenphysik und der Ebene, von der ich geredet habe, macht es nochmal wieder interessant... Wissenschaft und Buddhismus mögen nicht unter einen Hut zu bringen sein, aber als komplementäre Systeme lohnt es sich schon, in einen Austausch zu treten.

  • Wenn Du nicht beim Zititeren genau den Teil darüber rausgelassen hättest, wo ich die Relativität und Bedingtheit des Willen beschrieben habe, kann auch kein ganzes Bild dabei rumkommen.

    Relativität und Bedingheit sind das Gegenteil von Freiheit.

    Wenn du aber diese Bemerkung meinst: "und Emotionen die uns so zugänglich sind, dass wir frei entscheiden können, ob wir sie ausdrücken oder nicht" - da hast du ja wieder nicht erklärt was "frei entscheiden" bedeutet.



    Hier wird aber klar, dass Du selbst Determinismus inhaltlich gesehen mit Fatalismus verwechselst ;)

    Nein, das verwechsle ich nicht.

    Fatalismus wird im Duden gut definiert als:

    Haltung, bei der die Ergebenheit in die als unabänderlich hingenommene Macht des Schicksals das Handeln bestimmt

    und woanders:

    ein passives Verhalten, das durch den Glauben bewirkt wird, das eigene (schlimme) Schicksal sei nicht zu verändern oder zu vermeiden


    Fatalismus wird immer, wenn ich auf dieses Wort treffe, so verstanden: ich kann gegen das Schicksal nichts machen, was auch immer ich tue, es wird nichts ändern daran was ich erleben werde. Also kann ich passiv bleiben.

    Und da hat ja der Buddha das Gegenteil gelehrt: unser eigenes Verhalten kann sehr wohl jetzt in der Gegenwart unser Schicksal verändern, wenn auch nicht beliebig, aber im Rahmen der realistischen Möglichkeiten unseres Charakters, unseres Wissens und gegenwärtigen anderen Hilfsmitteln. Es liegt nicht nur an unserem Karma und und an unabänderlichen äußeren Umständen was ich erlebe. Das wäre Fatalismus.

    Dagegen: unser eigener Wille ist mit dabei bei der Bestimmung unseres Erlebens bedeutet: Determinismus.

    Weil der eigene Wille natürlich nur bedingt entstehen kann. Ein Entstehen ohne Ursachen und Bedingung ist unmöglich, gar nicht denkbar.

    Wie soll denn etwas entstehen, wenn keine Ursachen Wirkungen hervorbringen? Welche Art von Entstehen gibt es denn sonst noch?



    Da ist auch der Reflex schneller, als die Entscheidung. Jemand der viel meditiert hat, hat aber selbst die Grundlage gelegt, zwischen Reiz und Reaktion eine Pause zu lassen und kann diese Pause dann nutzen, um seine Reaktion frei zu wählen.


    Das ist ja ok. Bis auf das drittletzte Wort. "frei" muss eine fixe idee von dir sein. Wieso ist das "frei" was du da geschildert hast?

    Durch die Meditation hat man doch eine andere Bedingung in sich geschaffen und dann wir die Wirkung (Reaktion) auch anders ausfallen.


    Was hältst du von der Formulierung:

    "Da ist auch der Reflex schneller, als die Entscheidung. Jemand der viel meditiert hat, hat aber selbst die Grundlage gelegt, zwischen Reiz und Reaktion eine Pause zu lassen und wird diese Pause dann nutzen, um eine andere Reaktion zu wählen."

    :rainbow:

  • weil ich tatsächlich MN63 gelesen habe


    habe ich auch.


    Zitat

    Was aber, Malunkyaputto, hab' ich nicht mitgeteilt?


    • 'Ewig ist die Welt', Malunkyaputto, hab' ich nicht mitgeteilt,
    • 'Zeitlich ist die Welt' hab' ich nicht mitgeteilt,
    • 'Endlich ist die Welt' hab' ich nicht mitgeteilt,
    • 'Unendlich ist die Welt' hab' ich nicht mitgeteilt,
    • .......................


    Zitat

    "Was aber, Malunkyaputto, hab' ich mitgeteilt?

    • 'Das ist das Leiden', Malunkyaputto, hab' ich mitgeteilt,
    • 'Das ist die Leidensentwicklung' hab' ich mitgeteilt,
    • 'Das ist die Leidensauflösung' hab' ich mitgeteilt,
    • 'Das ist Leidensauflösung führende Pfad', hab' ich mitgeteilt.


    Das letztere bedeutet: das Abhängige Entstehen hat der Buddha mitgeteilt: in der Zweiten und der Vierten Wahrheit. Gerade MN63 zeigt wie wichtig es ist, das wesentliche Wissen vom Unwesentlichen Wissen und Nachforschen zu unterscheiden.

    Dass alles nur in Abhängigkeit entsteht (und nicht "frei"), sowohl das Leiden (Zwölf Glieder des Bedingten Entstehens) als auch der Pfad zu Nirvana ist gemäß dem Buddha also wichtig zu erkennen und daher hat er es gelehrt.

    Schon deswegen, weil nichts aus sich selbst heraus besteht (ein "Selbst") sondern alles in Abhängigkeit entsteht und besteht, kann es keinen "freien" Willen geben. denn ein freier Wille müsste ja unabhängig sein.


    Das ist wichtig.

    :rainbow:

  • Da ist glaube ich wirklich wichtig, die Begriffe genauer zu definieren. Also was verstehst Du unter freier Wille? Habe ich die Wahl, ob ich heilsam oder unheilsam handle? Hab ich eine Wahl, ob ich bei einer Beleidigung zurückbrülle oder mich zurückhalte?


    So wie ich die Lehre verstehe, haben wir diese Wahl. Für mich gehen freier Wille und Wahlfreiheit Hand in Hand bzw. habe ich ohne freien Willen keine Wahlfreiheit.


    Im Alltag ist es egal, ich verhalte mich, als hätte ich freien Willen. Ob es denn so ist - keine Ahnung.

  • Also was verstehst Du unter freier Wille? Habe ich die Wahl, ob ich heilsam oder unheilsam handle? Hab ich eine Wahl, ob ich bei einer Beleidigung zurückbrülle oder mich zurückhalte?

    Gutes Beispiel ... genau solche Situationen lassen mich an einem freien Willen zweifeln. Wenn mich einer beleidigt, reagiere ich evtl. cool, weil ich weiß, dass mich das zum Gewinner macht. Wird einer meiner jugendlichen Straftäter beleidigt, gibt`s ein "ich fick deine Mutter" zurück, oder er langt halt gleich kräftig hin. Weil er die Wahl hatte`? Ich denke nicht ... er hat`s einfach so gelernt ...


    Aus dieser Erkenntnis heraus würde ich mich auch niemals für einen besseren Menschen halten. Allenfalls für einen, der mehr Glück mit seiner Herkunft hatte ...


    Anderes Beispiel ... einer meiner schlimmsten Klienten kam aus den letzten Ferien als anderer Mensch zurück. Höflich, wissbegierig, abgeklärt. Was war geschehen?

    Medikinet hieß das Zauberwort ... freier Wille? Pustekuchen ... Chemie!


    Solche Erlebnisse werfen schon Fragen auf ...

    Einmal editiert, zuletzt von Korx ()

  • Das ist ja ok. Bis auf das drittletzte Wort. "frei" muss eine fixe idee von dir sein. Wieso ist das "frei" was du da geschildert hast?

    Durch die Meditation hat man doch eine andere Bedingung in sich geschaffen und dann wir die Wirkung (Reaktion) auch anders ausfallen.


    Was hältst du von der Formulierung:

    "Da ist auch der Reflex schneller, als die Entscheidung. Jemand der viel meditiert hat, hat aber selbst die Grundlage gelegt, zwischen Reiz und Reaktion eine Pause zu lassen und wird diese Pause dann nutzen, um eine andere Reaktion zu wählen."

    Ich glaube wir müssen nur unsere Verwendung des Begriffs "frei" definieren, dann kommen wir zusammen.


    Ich sage: wenn ich nur die Wahl zwischen A und B habe, dann bin ich immerhin innerhalb dieser Wahl "frei". Eine Wahl beinhaltet für mich immer ein Element der Freiheit, je nach Umständen mehr oder weniger.


    Was Du vermutlich meinst, ist eine Freiheit, die darüber hinaus geht. Also dass ich immer die Wahl zwischen A, B, C oder irgendeinem anderen Buchstaben des Alphabets hätte, damit man es als "frei" bezeichnen kann.


    Die beiden Sätze mit dem Reflex - mit oder ohne das Wort "frei" - unterscheiden sich für mich in der Aussage nicht im geringsten. Die Möglichkeit, eine Reaktion zu wählen, beinhaltet für mich zwingend ein Element der Freiheit, sonst habe ich gar keine Wahl.


    Ich dachte allerdings, dass ich das durch meine Definition der Freiheit bereits deutlich gemacht habe, dass ich da Abstufungen sehe. Du greifst Dir daraus immer noch genau die Sätze heraus, die Du eher mit dem Wort "frei" verbindest, wie Du es liest. Die eingeschränkte Freiheit die ich dazwischen beschreibe ist für Dich vllt so weit von Deinem Freiheitsbegriff entfernt, dass Du gar nicht wahrnimmst, dass ich das noch als Teil der Abstufungen beschreibe? Deswegen sage ich aber am Ende ja auch: das Geschriebene - und alles dazwischen. Alles, was nicht total erzwungen ist, ob fatalistisch gedacht oder weil die inneren Zwänge so gross sind, hat für mich ein Element der Freiheit. Und wenn es auch nur einen Funken von Freiheit gibt, mit der sich "Wille" (oder Absicht, oder Wahl) ausdrücken kann, dann rede ich bereits von einem grundsätzlich "freien Willen".

  • Es gibt übrigens zwei sehr gut begründete Philosophien, die zeigen, dass alle Ereignisse, alle Veränderungen nur kausal geschehen können:

    1) Immanuel kants Transzendentalphilosophie

    2) Nagarjunas Madhyamika-Philosophie

    [...]

    Bestreit ich alles nicht.

    Dazu mal offtopic der Vorschlag, sich doch MMK I.1-2 (nach der Dedikation immerhin die eigentliche 'Eröffnung' des Werks und damit des Madhyamaka) noch einmal etwas genauer anzuschauen. Nāgārjuna verwirft Kausalität in Vers 1, in Vers 2 stellt er sein Gegenmodell der vierfachen Konditionalität vor. Wobei sich, wenn man das vertiefen möchte, etwa ein Vergleich mit Schopenhauers 'Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde' anbieten würde.


    Was nun Kant angeht, so weist dieser nach, dass Kausalität a priori nicht existiert, sondern einzig eine subjektive Anschauungsform ist.


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    OM MONEY PAYME HUNG

  • @kilaya , Rudolf


    Was ist die Freiheit eines komplexen Systems wie des Systems, das wir Mensch nennen, im Kontext des Willens?

    Die Freiheit definiert sich als die Anzahl der Freiheitsgrade, die alle möglichen Richtungen enthält, in die eine Entscheidung gehen kann.

    Ist die Anzahl der potentiell möglichen Freiheitsgrade zwar durch seine menschliche Natur beschränkt, so kann der Mensch selbst bis zu einem gewissen Grade die Anzahl seiner möglichen Freiheitsgrade im Rahmen aller potentiell möglichen erhöhen (Bildung, Förderung intellektueller Fähigkeiten oder Überwindung von beschränkenden Konventionen und Gewohnheiten).


    Interssant ist nun die Frage, ob oder wie eine einmal getroffene Entscheidung sich auf die Anzahl möglicher Freiheitsgrade aller weiterer Entscheidungen auswirkt, d.h. nimmt mit einer einmal getroffenen Entscheidung die Anzahl möglicher Freiheitsgrade, d.h. die relative Willensfreiheit ab, zu oder bleibt sie konstant?


    Innerhalb eines Daseins können bestimmte Entscheidungen die Anzahl möglicher Freiheitsgrade einschränken, z.B. wenn man wegen eines Deliktes ins Gefängnis kommt. Die Anzahl möglicher Freiheitsgrade kann auch erhöht werden, wenn man sich z.B. für eine gute Ausbildung entscheidet. Sie kann wahrscheinlich auch gleich bleiben.


    Im Buddha-Dharma ist es so, dass eine heilsame Entscheidung die Anzahl der potentiell möglichen Freiheitsgrade, also nicht notwendigerweise der möglichen Freiheitsgrade, für ein Götterwesen dadurch erhöhen kann als sie eine Wiedergeburt in dem Daseinsbereich der Menschen unterstützen kann und dass sie die Anzahl der potentiell möglichen Freiheitsgrade für einen Menschen dadurch konstant halten kann als sie eine erneute Wiedergeburt in dem Daseinsbereich der Menschen unterstützen kann, und dass eine unheilsame Entscheidung die Anzahl der potentiell möglichen Freiheitsgrade dadurch reduzieren kann als sie eine Wiedergeburt in einem niederen Daseinsbereich unterstützen kann.



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    Mein Motto: "Nur Materie ist real." Probier's mal aus :)

  • So wie ich die Lehre verstehe, haben wir diese Wahl. Für mich gehen freier Wille und Wahlfreiheit Hand in Hand bzw. habe ich ohne freien Willen keine Wahlfreiheit.


    Solange du nicht definierst was Willensfreiheit bedeutet, kann ich dich nicht verstehen, warum Willensfreiheit die notwendige Voraussetzung für Wahlfreiheit sein muss.

    Wahlfreiheit gibt es für mich, wenn ich bei der nächsten Bundestagswahl die Freiheit habe die AfD oder die Grünen oder die Linken zu wählen.

    Warum dann aber mein Wille dabei frei sein muss, verstehe ich beim "besten Willen" nicht. :)

    :rainbow: