Randbemerkung (i): Der Durchschnittsdeutsche ist mit den Feinheiten christlicher Theologie nicht vertraut. Auch der Deutschedurchschnittschrist nicht. Es gibt auch keinen Grund, dies von Thais, Burmesen usw. zu verlangen. Der Buddha sah sich als Lehrer für Götter und Menschen. Entweder als Ethiklehrer, wie man ein gutes Leben führt und damit eine gute Wiedergeburt erlangt, oder als soteriologischer Ausstiegslehrer aus dem Samsara. Dies war die kleinste Gruppe, die aber am intensivsten betreut wurde. Die Theravada-Tradition übermittelt aber, dass der Buddha jede Nacht eine Götter-Sprechstunde hatte.
Randbemerkung (ii): Die uns bekannte Art der Auseinandersetzung mit dem Buddhismus - irgendein Buch aussuchen und losgeht's - ist für den Theravada erst etwas über 100 Jahre alt. Erst dann gab es in Südostasien günstigen Buchdruck mit buddhistischer Literatur in der Alltagssprache. Davor wurde Buddhismus immer durch Mönche vermittelt, die die Themen und das Setting bestimmten. Neben diversen Nachteilen hatte dies aber auch den Vorteil, dass man nicht so leicht wichtige Themen überspringen konnte. Hat der Buddha ebenfalls ein Setting zum Beispiel in Form von Anordnung o.ä. gesetzt? Hier wird die unten stehende Frage relevant:
Die Frage ist doch: Wie relevant ist das alles für die Praxis?
Der Buddha ist bekannt für seine stufenweise Darlegung, hier ein typisches Beispiel:
Santutthos Mahavagga (2017):
Dem zur Seite sitzenden Yasa gab der Erhabene eine stufenweise Belehrung wie folgt: ein Gespräch über das Geben, über Sittlichkeit, über den Himmel, dann über die Gefahren, die Schlechtigkeit und Verderbtheit der Sinnesgier sowie aller Befleckungen und dann zeigte er den Segen des Entsagens auf.
Als der Erhabene wusste, dass Yasa aufnahmefähig, sanftmütig, unvoreingenommen, begeistert und vertrauensvoll war, da verkündete er die Kernaussage der Lehrdarlegung der Buddhas ... (S. 40).
Der Buddha sprach zuerst über Geben, Sittlichkeit, den Himmel usw. Der Himmel deutet u.a. auf das nächste Leben als Frucht von Geben und Sittlichkeit hin. Dieses Thema-Setting findet sich auch in Buddhas Erleuchtungsbeschreibung: Wissen über vergangene Leben, Wissen über Karma und dann erst Erleuchtungswissen. Der Buddha will seine Kernlehre anscheinend im Kontext von Karma und Wiedergeburt - und nicht in einem säkularen Sinne - eingebettet haben. Reagiert man auf diese Themen "begeistert und vertrauensvoll" geht es mit der Kernlehre der vier Wahrheiten weiter.
Dem Buddha scheinen diese Themen so wichtig gewesen zu sein, dass er sie vor Meditationspraxis und philosophischen Abhandlungen setzte. Und anscheinend auch als Türsteher. War derjenige nicht "begeistert und vertrauensvoll" gab es auch keine Kernlehre.
Buddhadasas Themenbehandlung ist hier vielfach weder volkstümlich noch Frühbuddhismus-/Theravada-orthodox, sondern kreativ und innovativ.