Beiträge von Himmelsbaum im Thema „Buddhadasa“

    Um mal wieder zum Thema zurückzukommen: Gehe ich recht in der Annahme, dass Buddhadasa mit seinen Ansichten im Theravada generell und auch in der thailändischen Waldtradition im Speziellen ein Außenseiter blieb?


    Vereinfacht gesagt, mit mehreren seiner Ansichten ist er meines Wissens nach ein Außenseiter. Ich kann nicht sagen, ob er singulär war aber eben fringe. Was eben dieses Zitat "Der Buddha lehnte es ab ... nichts mehr zu tun hat." auch relativiert.

    Der Buddha mag die Karmalehre inklusive Wiedergeburt angenommen haben, weil sie zur damaligen Zeit in Indien einfach gebräuchlich war. Weder hat er dort wirklich etwas Neues zu gesagt, noch bildet sie den Kern seiner Lehre. Das sieht man doch schon daran dass sie im Gegensatz zu allen anderen Aspekten des Buddhismus rein spekulativ, eben eine "Glaubenssache" ist.


    Da ist ja jetzt jeder Satz falsch:


    "Der Buddha mag die Karmalehre inklusive Wiedergeburt angenommen haben, weil sie zur damaligen Zeit in Indien einfach gebräuchlich war." - Nein, wie ein oberflächliches Lesen der Lehrreden zeigt, war Wiedergeburt eine angefochtene Lehre unter den samana-brahmana.


    "Weder hat er dort wirklich etwas Neues zu gesagt, noch bildet sie den Kern seiner Lehre." - Das Neue ist Buddhas Erklärung von punabbhava trotz anatta mittels des bedingten Entstehens. Das bedingte Entstehe wird auch als majjhima-desana, also als mittlere Sicht/Lehre bezeichnet, und bildet damit im Kern das Gegenstück zum mittleren Weg (majjhima-patipada).


    "Das sieht man doch schon daran dass sie im Gegensatz zu allen anderen Aspekten des Buddhismus rein spekulativ, eben eine "Glaubenssache" ist." - Wenn man nur mit dem Arsch irgendwo in Deutschland auf dem Sofa sitzt, dann mag diesem einem so erscheinen. Komm und sieh selbst ist eine direkte Arbeitsaufforderung und kein Gedankensport. Pa Auk Sayadaw in Birma lehrt in der Meditation erfahrbare Wiedergeburt, Ajahn Brahm in Australien auch. Und sicherlich auch der Eine oder Andere im thailändischen Dschungel. Einfach machen!

    Mir scheint es, als ob du dich an einem deutschen Begriff abarbeitest, der mit dem Buddha nichts zu tun. Du nimmst das Konzept, welches du in 'Wiedergeburt' hineinliest und projizierst es dann zurück auf den Buddha. Die Übersetzung 'Wiedergeburt' kann man diskutieren. Für den Buddha war punabbhava und anatta aber kein Wiederspruch (sic!).

    Randbemerkung (i): Der Durchschnittsdeutsche ist mit den Feinheiten christlicher Theologie nicht vertraut. Auch der Deutschedurchschnittschrist nicht. Es gibt auch keinen Grund, dies von Thais, Burmesen usw. zu verlangen. Der Buddha sah sich als Lehrer für Götter und Menschen. Entweder als Ethiklehrer, wie man ein gutes Leben führt und damit eine gute Wiedergeburt erlangt, oder als soteriologischer Ausstiegslehrer aus dem Samsara. Dies war die kleinste Gruppe, die aber am intensivsten betreut wurde. Die Theravada-Tradition übermittelt aber, dass der Buddha jede Nacht eine Götter-Sprechstunde hatte.


    Randbemerkung (ii): Die uns bekannte Art der Auseinandersetzung mit dem Buddhismus - irgendein Buch aussuchen und losgeht's - ist für den Theravada erst etwas über 100 Jahre alt. Erst dann gab es in Südostasien günstigen Buchdruck mit buddhistischer Literatur in der Alltagssprache. Davor wurde Buddhismus immer durch Mönche vermittelt, die die Themen und das Setting bestimmten. Neben diversen Nachteilen hatte dies aber auch den Vorteil, dass man nicht so leicht wichtige Themen überspringen konnte. Hat der Buddha ebenfalls ein Setting zum Beispiel in Form von Anordnung o.ä. gesetzt? Hier wird die unten stehende Frage relevant:

    Die Frage ist doch: Wie relevant ist das alles für die Praxis?


    Der Buddha ist bekannt für seine stufenweise Darlegung, hier ein typisches Beispiel:


    Santutthos Mahavagga (2017):

    Dem zur Seite sitzenden Yasa gab der Erhabene eine stufenweise Belehrung wie folgt: ein Gespräch über das Geben, über Sittlichkeit, über den Himmel, dann über die Gefahren, die Schlechtigkeit und Verderbtheit der Sinnesgier sowie aller Befleckungen und dann zeigte er den Segen des Entsagens auf.


    Als der Erhabene wusste, dass Yasa aufnahmefähig, sanftmütig, unvoreingenommen, begeistert und vertrauensvoll war, da verkündete er die Kernaussage der Lehrdarlegung der Buddhas ... (S. 40).


    Der Buddha sprach zuerst über Geben, Sittlichkeit, den Himmel usw. Der Himmel deutet u.a. auf das nächste Leben als Frucht von Geben und Sittlichkeit hin. Dieses Thema-Setting findet sich auch in Buddhas Erleuchtungsbeschreibung: Wissen über vergangene Leben, Wissen über Karma und dann erst Erleuchtungswissen. Der Buddha will seine Kernlehre anscheinend im Kontext von Karma und Wiedergeburt - und nicht in einem säkularen Sinne - eingebettet haben. Reagiert man auf diese Themen "begeistert und vertrauensvoll" geht es mit der Kernlehre der vier Wahrheiten weiter.


    Dem Buddha scheinen diese Themen so wichtig gewesen zu sein, dass er sie vor Meditationspraxis und philosophischen Abhandlungen setzte. Und anscheinend auch als Türsteher. War derjenige nicht "begeistert und vertrauensvoll" gab es auch keine Kernlehre.


    Buddhadasas Themenbehandlung ist hier vielfach weder volkstümlich noch Frühbuddhismus-/Theravada-orthodox, sondern kreativ und innovativ.

    gegebenenfalls auch gerne mit entsprechenden Literaturempfehlungen.


    Als Einstieg empfehle ich Peter Anthony Jacksons Doktorarbeit zum Ehrwürdigen Buddhadasa: Buddhadasa and Doctrinal Modernisation in Contemporary Thai Buddhism. In seiner Conclusion weist er auf einen sehr wichtigen Punkt hin - daher auch so ein Einstieg, um ihm irgendwie gerecht zu werden:


    Zitat

    It simply is not possible to summarise the results of Buddhadasa’s fifty years of intellectual work in one or two pithy, easily digested statements (S. 260).


    Dem Anspruch bin ich selber sicherlich nicht gerecht geworden, als ich eine Teilkritik über Ajahn Buddhadasa in meinem Aufsatz zum bedingten Entstehen (ab S. 72) schrieb. Obwohl ich die inhaltliche Kritik größtenteils weiterhin beibehalte. Jackson schreibt in seiner Conclusion u.a. noch:


    Zitat


    [Buddhadasa's] complete restructuring of Theravada doctrine (S. 262)


    There are also numerous places in Buddhadasa’s books, such as in discussions of rebirth, heaven and hell where the interpretations developed with the phasa-tham - phasa-khon theory come precariously close to an outright denial of the Buddha’s own statements recorded in the core scriptures of the Suttapitaka. Because of his strong rationalist Approach Buddhadasa is prepared to reject sections of the scriptures which contradict or conflict, with his strictly doctrinal interpretations (S. 263).