Beiträge von Sudhana im Thema „Eine Regel aus dem Pali-Kanon/Vinaya?“

    Nach Thanissaros Buddhist Monastic Code II sind nicht alle pandaka von der hohen Ordination ausgeschlossen:

    Über die fünf Typen findet man auch bei Jackson etwas, der da Bunmi Methangkun (den mittlerweile verstorbenen Vorsitzenden der Abhidhamma Foundation in Bangkok) zitiert, der sich wiederum auf den Abhidhammapitaka bezieht. Freilich ohne nähere Quellenangabe - aber die fehlt ja anscheinend auch bei Thanissaro.


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    Diese strube Schlussfolgerung erscheint mir sehr stark an den Haaren herbeigezogen.

    Offensichtlich hast Du den Artikel Professor Jacksons immer noch nicht zur Kenntnis genommen. Falls doch, hätte ich gerne ein paar Gegenargumente von Dir gelesen. Der akademische Ruf Peter Jacksons als eines ausgewiesenen Fachmanns gerade auf diesem Gebiet ist mir bekannt - über Deine Qualifikation weiss ich nichts. Ich bitte also um Verständnis, dass ich für meinen Teil Professor Jacksons ausführliche Darlegung nicht "an den Haaren herbeigezogen" finde und nicht stattdessen Dir blinden Glauben schenke. Eine Widerlegung kann man Deine Einlassung ja nicht gerade nennen. Einmal davon abgesehen, dass Du ohne Not einen Widerspruch zwischen der Vinaya-Bestimmung, dass pandaka nicht upasampadā empfangen dürfen, und der upasampadā-Formel konstruierst - also einen Widerspruch innerhalb des Vinaya.

    Die sexuelle Orientierung hat doch nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun.

    Es geht bei pandaka auch nicht um "biologisches Geschlecht", sondern um gender. Solche Geschlechterrollen sind kulturell bestimmt. Profesor Jackson verweist da hinsichtlich Thailand auf die hier in diesem Thread schon angesprochenen Kathoey.Ein ähnliches Beispiel sind im heutigen Indien die Hijra, übrigens seit 2014 dort auch offziell rechtlich als "drittes Geschlecht" anerkannt. Und der Vinaya ist nicht nur Zeugnis einer räumlich weit entfernten Kultur, sondern auch einer, von der uns mehr als zwei Jahrtausende trennen. Dass diese außer von Mann und Frau noch von zwei weiteren gendern ausgeht ist immer noch weniger erstaunlich als das Postulieren von Schlangenwesen (nagas), die sich als Menschen tarnen - in diese Richtung zielt ja die 6. Frage der upasampadā-Formel.

    Aus der Frage 7 des Ordinationsritus (bist du ein Mann ?) solche Schlüsse zu ziehen, erscheint mir schon sehr homophob.

    Können wir bitte sachlich bleiben? Homophob sind allenfalls Theravada-Fundamentalisten, die unter Berufung auf die pandaka-Bestimmung des Vinaya Homosexuellen upasampadā verweigern. Sicherlich nicht Professor Jackson oder ich.


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    xxx zitiert hier lediglich die Formel der Ordinationszeremonie (upasampadā). Wobei diese zu den hier diskutierten Bestimmungen des Vinaya nicht in Widerspruch steht. Die entscheidende Frage ist hier die 7. Wer den von mir verlinkten Artikel von Peter Jackson gelesen und verstanden hat, könnte wissen, dass der Vinaya von 4 Geschlechtern ausgeht.

    Zitat

    The Vinaya identifies not two but four gender types, proscribing monks from having sexual relations with any of these four. The four gender types are male, female, ubhatobyanjanaka and pandaka. The latter two Pali terms are used to refer to different things in different sections of the canon and I attempt to define them precisely in the next section. But broadly it can be said that ubhatobyanjanaka 6 refers to hermaphrodites, while pandaka 7 refers to male transvestites and homosexuals.

    Wer also die 7. Frage bejaht, erklärt damit, nicht intersexuell und nicht homosexuell zu sein (kein ubhatobyanjanaka und auch kein pandaka). Verneint er diese Frage, darf er nach Vinaya nicht ordiniert werden.


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    Das Gegenteil ist richtig. In der Apostelgeschichte wird von der Taufe eines Eunuchen berichtet

    Richtig. Ergänzend dazu (aus der verlinkten Quelle geht das nicht hervor): in den meisten deutschen Bibelübersetzungen (u.a. Elberfelder, Schlachter 2000, Luther 2017) ist der Äthiopier ein "Kämmerer". Im griechischen Originaltext steht allerdings unmissverständlich εὐνοῦχος (eunuchos).

    Nenn mir bitte mal die Bibelstelle. Die muss ich übersehen haben.

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    Kenne ich auch nicht, aber weil es so wirr klingt, tippe ich auf Paulus! ;)

    Kenne ich auch nicht - auch nicht von Paulus, der aber dafür diverse "freundliche" Worte über Homosexuelle geäußert hat:

    Zitat

    Und gleichwie sie Gott nicht der Anerkennung würdigten, hat Gott auch sie dahingegeben in unwürdige Gesinnung, zu verüben, was sich nicht geziemt, als solche, die voll sind von aller Ungerechtigkeit, Unzucht, Schlechtigkeit, Habsucht, Bosheit; voll Neid, Mordlust, Streit, Betrug und Tücke, solche, die Gerüchte verbreiten, Verleumder, Gottesverächter, Freche, Übermütige, Prahler, erfinderisch im Bösen, den Eltern ungehorsam; unverständig, treulos, lieblos, unversöhnlich, unbarmherzig. Obwohl sie das gerechte Urteil Gottes erkennen, dass die des Todes würdig sind, welche so etwas verüben, tun sie diese Dinge nicht nur selbst, sondern haben auch Gefallen an denen, die sie verüben.

    (Römer 1, 28 - 32 - Schlachter-Übersetzung)


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    Andererseits sollte es im Orden ja eh keinen Sex geben bzw. überwunden werden,

    Thema verfehlt. Es geht hier um Bestimmungen, die die Aufnahme von homo- und intersexuellen Menschen in den Orden verbieten bzw. ihre Ausstoßung fordern - nicht um Bestimmungen, die sexuelle Handlungen untersagen. Bei letzterem wird hinsichtlich der Folgen kein Unterschied zwischen homo- und heterosexuellen Handlungen gemacht.


    Nur mal so als Hinweis - die katholische Kirche ist da mittlerweile deutlich vernünftiger. Da wird nämlich unterschieden zwischen homosexueller Veranlagung und praktizierter Homosexualität. Ersteres ist kein Hindernis für eine Priesterordination.


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    Kurze Anmerkung: die Übersetzung von pandaka mit 'Eunuch' ist insofern irreführend bzw. beschönigend, als Eunuchen nur eine von verschiedenen Formen von pandaka sind. Insbesondere sind mit pandaka selbstverständlich u.a. auch praktizierende Homosexuelle gemeint. Mehr zum Thema, als Ihr möglicherweise wissen wollt: md08-52.htm (englische Sprachkenntnisse erforderlich).


    Grundsätzlich reflektiert der Vinaya in diesem Kontext die Sexualmoral einer archaischen Gesellschaft und nicht zuletzt auch deren Mythen wie z.B. die moralische und spirituelle Inferiorität von homo- und intersexuellen Menschen.


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