Beiträge von melong im Thema „Zuflucht ohne Richtung?“

    Dhammika:

    Erklärt mal bitte einer den Begriff "Stufenwegler".
    Was ist damit gemeint?


    :D


    Im Prinzip nichts anderes als die Lehre, dass der Fortschritt auf dem Weg kontinulierlich verläuft. Dass es also einen Weg gibt, auf dem man voranschreitet ... von "nieder" nach "hoch", vom "Tal" auf den "Gipfel", weswegen dann dieses kontinuerliche (metaphorische) Voranschreiten als ein Beschreiten von "Stufen" (andere Metapher) betrachtet werden kann. Anders: Es erfolgt eine Anhäufung von Qualitäten oder wieder anders: es erfolgt ein Abbau von Trübungen/Unwissenheit. Im englischen heißt es "gradual path". Nicht vergessen: Es ist eine Metapher. Es handelt sich nicht um definierte Stufen oder Schulklassen, die von unten nach oben besucht werden. Nichts verläuft linear.


    Wenn der bel davon spricht, dann hat das immer was von einer obsessiven Ablehnung von allen Vorstellungen, die mit "Fortschritt auf einem Weg", "Voranschreiten" oder "Praktizieren mit einem Ziel" zu tun haben. "um zu" bringt den bel ja regelmäßig zum Widersprechen. Lieber sagt er da, er hätte "nix Besseres zu tun". Das ist natürlich nur ein Problem seines Denkens. Aber (manche!) Zennies sind da so gefangen in Ablehnung aller konventionellen Redensarten. Ein Zeichen dafür, dass sich da alles auf der Ebene des Intellekts abspielt.


    Als einer, der den mittleren Weg geht, würde ich da sagen: der bel hat nicht erkannt, was der mittlere Weg darstellt, weil er in Ablehnung, d.h. Negation gefangen ist. Das ist eines der Extreme, welche nicht mit dem mittleren Weg vereinbar sind.
    Aus Sicht des Mahayana ist es auch so, dass jemand, der den mittleren Weg nicht erkennt, auch das Mahayana nicht betreten kann. Da für bel "Mahayana" aber sowieso ein Fremdwort ist (im übertragenen Sinne) scheint das ja zu passen.

    bel:

    ...
    Ganz genau.
    ...
    Genau, ...


    Du solltest noch ein bischen üben. "Genau" und "Ganz genau" ... das ist nun wirklich zu konventionell ...



    bel:

    Weil das der Buddha-Weg ist.


    Das ist weder Buddha-Weg, noch Nicht-Buddhaweg, noch (Buddha-Weg und Nicht-Buddha-Weg), noch (weder Buddha-Weg noch Nicht-Buddhaweg) :D

    bel:
    melong:


    Nein, da vermutest du falsch. Wenn ich auch entsprechende Bücher für Anfänger empfehle, weil ich sie für geeignet halte. Ich sehe mich da in Übereinstimmung mit Ost-Asiatischen Mahayana-Praktizierenden mit dem was ich zu Mahayana schreibe.


    Da gibts natürlich auch Stufenwegler.


    _()_


    Ja und für "nicht-Stufenwegler" geschieht alles sofort, wie ein Knall. Merkwürdig dass sie sich dann doch von Stufenweglern abgrenzen. Würden Sie das tut, wenn Erleuchtung/Befreiung/alles sofort passierte?
    Da gibt es keine Fortschrittsstufen bei nicht-Stufenweglern. Denn wohin sollte auch fortgeschritten werden? Und warum praktizieren die eigentlich? Oder ist ihr Praktizieren ein Nicht-Praktizieren? Aber irgendwann beginnen auch nicht-Stufenwegler mit ihrer Praxis oder Nicht-Praxis. Und wozu fangen nicht-Stufenwegler dann eigentlich erst an mit Praxis oder Nicht-Praxis und machen dann weiter Praxis oder Nicht-Praxis? Denn es ist ja bereits alles fertig sobald sie angefangen haben. Wozu eigentlich dann ein Weitermachen? Wozu ein Studieren von Texten. Einfach so, weil sie nichts Besseres zu tun haben, ja?
    Aber ja, ihr Weitermachen ist ja ein Nicht-Weitermachen. 8)

    bel:
    melong:

    Die Sichtweise des Mahayana ist, dass es "Primäres" immer nur in Bezug ein bestimmtes Publikum gibt, weil der Buddha gemäß den Eigenschaften seines Publikums gelehrt hat.


    Ich vermute mal inzwischen, daß Du tibetische Mahayana meinst oder vielleicht noch spezieller: Stufenweg-Mahayana.


    Nein, da vermutest du falsch. Wenn ich auch entsprechende Bücher für Anfänger empfehle, weil ich sie für geeignet halte. Ich sehe mich da in Übereinstimmung mit Ost-Asiatischen Mahayana-Praktizierenden mit dem was ich zu Mahayana schreibe.



    bel:
    melong:

    Und so gilt im Mahayana, welches den Weg der Bodhisattvas lehrt, dass die Mahayana Sutren und die Kommentare "primär" sind, aber nicht der Palikanon und auch nicht die Agamas.


    Primiär ist für uns, spätestens nach Nagaryuna, nur eines - nämlich Verwirklichung - und das, was diese Verwirklichung in vollem Umfang repräsentiert - das ist sogar Buddhawort - gewendetes (Plattform-Sutra, nähere Erläuterungen bei Dogen, Shobogenzo Kap: Bukkyo,
    http://www.shastaabbey.org/1dogen/chapter/050bukky.pdf.)


    Weisheit ist das eine, Methode das andere. Ohne beides kein Mahayana - ohne Bodhicitta kein Mahayana.
    Auf jeden Fall sind "Plattform-Sutra" und Dogen-Schriften weder Palikanon noch "Buddha-Wort" im Sinne der Pali-Tradition. Also zumindest da scheint es partiell eine Übereinstimmung zwischen uns zu geben, wenn sie auch bei wesentlichen Punkten für mich (noch?) nicht zu erkennen ist.

    bel:
    melong:

    Ich habe ja gesagt, dass der Palikanon Sekundärliteratur im Mahayana ist. Primärliteratur sind aber die Mahayana Sutren und die entsprechende Kommentarliteratur.


    Als "primiär" gilt alles was als Buddhawort angesehen wird, dabei spielt es keine Rolle, ob es von Shakyamuni kommt, weil das Wort "Buddha" im Mahayana eine andere Bedeutung hat - es bezeichnet, unabhängig von der Person, jeden Erwachten, also auch Arhats.


    Die Sichtweise des Mahayana ist, dass es "Primäres" immer nur in Bezug ein bestimmtes Publikum gibt, weil der Buddha gemäß den Eigenschaften seines Publikums gelehrt hat. Und so gilt im Mahayana, welches den Weg der Bodhisattvas lehrt, dass die Mahayana Sutren und die Kommentare "primär" sind, aber nicht der Palikanon und auch nicht die Agamas.


    Du selbst hast deine Sicht folgendermaßen beschrieben:

    bel:

    Zen betrachtet sich selbst ja auch nicht als etwas "Mahayana-Spezifisches". Ich kann mich auch nicht erinnern, daß einer meiner Lehrer jemals das Wort "Mahayana" auch nur erwähnt hätte.


    deswegen bezweifel ich, dass du die Sicht des Mahayana wiedergeben kannst. Das musst du nun aber nicht wieder falsch verstehen. Ich darf ja meine Zweifel äußern, oder?


    Und wenn du schreibst:

    bel:

    Mit dem PK hat man sich überhaupt nicht für eine Tradition entschieden, sondern man entscheidet sich durch einen spezielle Praxisausformung.


    dann muss ergänzt werden, dass man sich mit der Konzentration auf den Palikanon statt auf die Mahayana Sutren und die Kommentare eben sehr wohl für eine Tradition entschieden hat.

    Tamara:

    melong: Ich stimme mit dir überein das jede Tradition auf eine Frage eine andere Antwort geben wird. Aber auch jeder innerhalb
    der Tradition wird eine andere Antwort geben. Nach seinen eigenen Erfahrungen und Überzeugungen.
    Aber ich glaube am Anfang des Weges ist es möglich sich erst ein mal einen Überblick zu verschaffen, ganz traditionslos.


    Das glaube ich nicht. Also man kann zwar dran glauben, dass man das tue, aber tatsächlich tut man es nicht so wie man es glaubt.


    Tamara:
    wikipedia:

    Die sogenannten Agama-Sutras des chinesischen Mahāyāna entsprechen inhaltlich im wesentlichen dem Pali-Kanon.


    (ich weiss wikipedia soll man nicht glauben...hat auch nur eine Person geschrieben) :D


    Das mit den Agamas stimmt schon. Aber was hat das damit zu tun, dass sie nicht die wesentliche Rolle spielen? Ich habe ja gesagt, dass der Palikanon Sekundärliteratur im Mahayana ist. Primärliteratur sind aber die Mahayana Sutren und die entsprechende Kommentarliteratur.

    Tamara:
    melong:


    Aber mit Palikanon hast du dich ja bereits für eine Tradition entschieden. Der spielt nämlich nicht in jeder Tradition eine (große) Rolle.


    Oh das wusste ich nicht. Ich dachte der Pali Kanon sei so etwas wie die Grundlage des Buddhismus.
    Hab da wohl etwas falsch verstanden. :roll: Tut mir leid


    Liebe Grüsse
    Tamara


    Muss dir nichts leid tun. Du fragst und andere antworten. Und die Antworten die du erhältst spiegeln auch schon die Traditionen wieder, zu denen die Antwortenden gehören.
    Der Unterschied ist also das: Eine Tradition sagt, der Palikanon sei DIE Grundlage des Buddhismus, was heißt, dass daneben kein anderen Schriften akzeptiert werden, und andere sagen, es sei eine der Grundlagen, legen ihr Hauptaugenmerk auf anderen Schriften wie z.B. die Mahayana Sutren und sehen den Palikanon als nicht-widersprechende Ergänzung, welche allerdings nur auf der Grundlage der Mahayana Sutren richtig verstanden werden kann. Deshalb ist der Palikanon dann sekundärer Natur.
    Die Frage aber, welche der Schriften die Worte "des Buddha" tatsächlich so wie dort überliefert enthalten, ist aber wieder eine ganz andere Frage und wird sowohl zum Palikanon als auch zu den Mahayana-Sutren je nach Traditionszugehörigkeit der Antwortenden unterschiedlich beantwortet.
    Du siehst, dass es ohne Tradition bzw "Richtung" überhaupt nicht geht :)

    Tamara:
    melong:

    Zuflucht nimmt du nur zu den 3 Juwelen und nicht zu einer Richtung/Tradition.
    Aber was willst du hinterher machen? Praktizieren? Wenn ja, wie willst du das ohne Tradition machen? Das geht gar nicht ... Du kannst natürlich ein bischen was von dieser Tradition machen und ein bischen was von einer anderen ... etc ... Das ist aber nicht ratsam und wird dich eher verwirren als Verständnis schaffen.


    Ich will erst einmal die Grundlagen aller Richtungen praktizieren (Pali-Kanon, Ichlosikeit, Mitgefühl…-so wie ich verstanden habe kommt das in jeder Tradition vor)
    Und erst dann die zusätzlichen Dinge einer Tradition.


    LG Tamara


    Aber mit Palikanon hast du dich ja bereits für eine Tradition entschieden. Der spielt nämlich nicht in jeder Tradition eine (große) Rolle.

    Tamara:

    Namaste!


    Hab eine kleine Frage:
    Ist "offizielles" Zufluchtnehmen an eine bestimte buddhistische Richtung gebunden?


    Ja, weil es schon damit anfängt, dass du irgendwo hingehen musst um offiziell Zuflucht zu nehmen - wenn du den formellen Akt damit meinst.


    Tamara:


    Oder kann man ganz einfach zum Buddha, Dahrma und Sangha Zuflucht nehmen ohne
    gleichzeitig einen bestimmeten Weg einzuschlagen?


    Nein. Denn mit der Zuflucht schlägst du ja einen Weg ein und wenn du mit der Zuflucht keinen Weg einschlagen willst, dann solltest du nicht Zuflucht nehmen.


    Tamara:


    Die drei Juwelen kommen doch in jeder Richtung vor-oder?


    Zuflucht nimmt du nur zu den 3 Juwelen und nicht zu einer Richtung/Tradition.
    Aber was willst du hinterher machen? Praktizieren? Wenn ja, wie willst du das ohne Tradition machen? Das geht gar nicht ... Du kannst natürlich ein bischen was von dieser Tradition machen und ein bischen was von einer anderen ... etc ... Das ist aber nicht ratsam und wird dich eher verwirren als Verständnis schaffen.