Beiträge von Sudhana im Thema „Keine Zen-Gruppe in der Nähe, trotzdem praktizieren?“

    Nachtrag noch zu den nachgefragten "Pujas". Im Zen nennt sich das "fugin", wobei hauptsächlich rezitiert wird (idR stehend) und es diverse Niederwerfungen gibt. In Klöstern drei Mal am Tag, wobei die Zeremonie am Morgen ziemlich dauert. Weswegen man schon zu nachtschlafender Zeit damit beginnt. Nicht, ohne vorher ein wenig gesessen zu haben, versteht sich. Wenn dann Sesshin ist, ist allerdings das fugin morgens stark verkürzt, so dass man etwas mehr Zeit zum Sitzen hat. So läuft es jedenfalls in Sōtō - Klöstern.


    Im Westen ist es nach meinen Beobachtungen ziemlich allgemeinüblich, dass das erwähnte kurze Morgen-fugin (ryaku chōka fugin) des Sesshin Verwendung findet, manchmal gekürzt um das Kannon / Avalokiteśvara gewidmete Daihi Shin Dharani und / oder mit deutschen Übersetzungen, z.B. des Herzsutras und / oder der Widmungen (eko). Auch sonstige Rezitationen halten sich da ziemlich in Grenzen. Vom Zeitaufwand ist das nur ein Bruchteil dessen, was in einem japanischen Kloster abgeht. Was ich in Ordnung finde, wenn man die so gesparte Zeit an Zazen wendet.


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    Um noch mal kurz auf das (ich versuch's mal im O-Ton): "es werd viel g'redd, es iss awwer aa viel wohr ..." zurück zu kommen. Das gilt nicht nur für Zen-Lehrer. Was durch einen Klick in der sog. 'Themen-Schlagwortwolke' der Startseite (mit nichts schlägt es sich so unblutig wie mit Wörtern) auf "Diamantweg" oder "DBU" zeigt. Ein paar Minuten für die folgende Lektüre muss man freilich mitbringen.


    Um ansonsten keinem Missverständnis Vorschub zu leisten: 'Diamantweg' und 'Vajrayana' sind nicht dasselbe. Auch, wenn es da gewiss Überschneidungen gibt. In diesem Kontext kommt mir ins Gedächtnis, dass Du wohl eine gewisse Neigung für Shikantaza hast erkennen lassen. Von daher wäre es, wenn es dann doch eine Vajrayana-Tradition sein soll, einen Versuch wert, sich mit Dzogchen oder Atiyoga zu befassen - das scheint mir ein dem Zazen sehr ähnlicher praktischer Zugang zu sein. Da wird man hinsichtlich eines Lehrers am ehesten bei den Nyingmapa fündig. Bei den Kagyuepa gibt es auch ein paar, aber im Diamantweg (die zu einer Kagyue-Untergruppe gehören) gibt es da meines (zweifellos lückenhaften) Wissens keine Unterweisungen.


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    Willkommen, @Arion ,

    es ist, gerade was das 'Sitzfleisch' angeht, durchaus sinnvoll, alleine zu beginnen. Das, was Du als Einführungsliteratur kennst, ist dabei auch durchaus brauchbar. Sekidas Didaktik schätze ich persönlich jetzt nicht so sehr, aber da fangen meine Probleme erst im Nach-Anfängerbereich an. Wobei das 'Anfänger' jetzt hier rein auf die 'gymnastische' Übung des Sitzens bezogen ist. Ansonsten ist man im Zen chronisch Anfänger - und es ist ein gutes Zeichen, wenn einem dies gelegentlich bewusst wird.


    Das ist dann natürlich erst der Anfang, die Grundlage. Wenn das einigermaßen 'sitzt', kann man das Verständnis dieses Sitzens vielleicht etwas vertiefen - mit dem Studium ganz praktischer Texte wie diesem hier, diesem und diesem. Das wirft dann in der Regel Fragen auf und dann wird es in der Regel auch sinnvoll, nach einem Weggefährten zu suchen, der auf dem Zenweg erfahrener ist als man selbst und einem zu helfen bereit ist. Was in aller Regel auch bedeutet, das dritte Juwel der Sanbo kennenzulernen - Sangha. Deren Wert und Unterstützung man im Laufe der Jahre zunehmend zu schätzen lernt.


    Es gibt so einen Spruch - wenn der Schüler bereit ist, erscheint der Lehrer. Da ist etwas dran - aber das bedeutet nicht, dass man nicht suchen muss. Sicherlich ist räumliche Nähe eines Lehrers oder einer Lehrerin ein großer Vorteil - aber nicht das Entscheidende. Entscheidend ist, ob Du den Eindruck hast, dass die oder der, den Du Dir als Lehrer/in aussuchst, Dir weiterhelfen kann - und dies aus einer uneigennützigen Motivation heraus tut.


    Hinsichtlich 'Zenmeistern' (und -meisterinnen) hier im Westen gibt es viel Tratsch, da ersetzt das Internet den Klosterhof. In meiner Gegend sagt man (ins Hochdeutsche übersetzt): "Es wird viel geredet. Es ist aber auch viel wahr ..." Ich habe jedenfalls im Laufe der Jahre gelernt, keinen lebenden Zenlehrer irgend jemandem zu empfehlen. Mich hat da zwei mal mein Urteil sehr getäuscht - glücklicherweise bei keinem meiner Lehrer. Dumm nur, dass ich für solche Leute gebürgt habe. Das soll jetzt nicht heißen 'traue keinem' - nur: schau Dir ein paar Leute unverbindlich an und urteile sorgfältig, ob Du einem von ihnen so vorbehaltlos vertraust, dass Du ihn darum bitten kannst, Dich als Schüler anzunehmen. Garantien gibt es in dem Geschäft freilich nicht. Das ist nun ein Koan (das einzige, das mir gerade einfällt), das man ohne Lehrer bewältigen muss: lass dich von nichts und niemandem täuschen.


    Aber es muss ja nicht gleich Mr. oder Lady Perfect sein. Meist ist es einfacher (und auch weniger riskant), jemandem zu folgen, der einem nur 20 Schritte voraus ist als jemandem, der außer Sichtweite ist. Wenn einem das nicht mehr reicht, merkt man es und sucht dann eben weiter. Und, wie gesagt, auch die Gemeinschaft der Übenden ist ein sehr wichtiger und unterstützender Faktor. Schau Dir nicht nur den Lehrer, sondern auch die Übungsgemeinschaft kritisch an - bevor Du zu ihnen gehörst. Oft zeigen sich Probleme da früher als beim Lehrer / der Lehrerin.


    Ansonsten - wie schon gesagt wurde, für Koan-Praxis brauchst Du einen fortgeschrittenen Partner. Alleine funktioniert das nicht. Und das ist auch nichts, was man auf dem 'Einsteigerlevel' betreibt. Und auch wirkliches Shikantaza erlernt sich nicht von alleine. Und: in einer Gemeinschaft Zazen zu üben - als Gemeinschaft Zazen zu üben, hat eine deutlich andere Qualität als das Sitzen alleine zu Hause. Es fordert gerade Neulingen auch einiges an Durchstehvermögen und Entschlossenheit ab - aber dies aufzubringen, lohnt sich nach meiner Erfahrung.


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    Dem Vorschlag von Tai möchte ich mich anschließen. Gute Zenlehrer / -lehrerinnen sind nicht so dick gesät, so dass es ein glücklicher Zufall (von mir aus auch 'gutes karma') ist, so etwas in der direkten Nachbarschaft zu finden.


    Die 'basics' kann (und sollte) man auch alleine lernen. D.h. täglich wenigstens eine halbe Stunde am Stück stillsitzen können (für viele Anfänger sind da 10 Minuten schon eine Herausforderung ...), bevor man sich zu einem Sesshin anmeldet. Für so ein paar Tage kann man dann auch eine längere Anreise in Kauf nehmen. Und da kann man sich dann auch nach und nach verschiedene Lehrer gründlich anschauen und von ihnen lernen, bis man 'seinen' gefunden hat. Die Entfernung zum eigenen Wohnort sollte da nicht wirklich ein Kriterium sein.


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