Beiträge von Niemand im Thema „Leerheit in Bezug auf Menschen?“

    Für ‚opfer‘ gilt entsprechendes, dass das erleben Vergangenheit ist

    Natürlich gilt entsprechendes.

    Aber durch solche Sprüche verarbeiten die Opfer eine Tat wohl kaum.

    Und ich sprach ja von einer Tat, die traumatisierende Wirkungen hatte,

    also nicht von einem kleineren Verkehrsunfall.

    Meine Aussage gilt ja für die 'spirituelle Dimension'. Dass man zum Funktionieren einer Gesellschaft Täter und Konsequenzen für Täter braucht ist auch klar, aber das ist eben eine andere Ebene. Das ist auch nicht als Freifahrtschein gemeint, sondern bringt Verantwortung mit sich, dass man jeden Augenblick achtsam ist, weil man um die Potentiale weiß, die zu 'bösen Taten' führen können. Da ist es dann eben gut, wenn man das Ich in dem Moment los lassen kann, wo es zu etwas unheilsamem führen würde.

    Der Gegenansatz beim Glauben an ein festes Ich wäre, das Ich so umzubauen, dass es zu nichts Bösem mehr fähig ist. Das klappt aber nicht.

    Vielleicht kann man sagen: Es gibt einen Täter und gleichzeitig ist dieser Täter nichts Festes. Zum Zeitpunkt der Tat gibt es einen Täter, also ein Ich, das die Tat begeht. Klammert man sich an das Ich, bleibt die Illusion der Einheit von Tat und Täter solange bestehen wie die Illusion vom festen Ich.

    Eigentlich ist die Tat aber bereits Vergangenheit und der Täter kann nicht mehr Dingfest gemacht werden, weil er ja nicht unverändert weiter existiert. Alles geht neu und von vorne los.

    guter Einwand, finde ich.

    Ich seh es eher so, dass man sieht "Du hast das doch genauso wenig nötig wie ich, dieses Schauspiel beizubehalten". Da ist dann nichts respektloses dabei. Man weiß aus eigener Erfahrung wie schwer es ist, dahinter zu schauen und versteht auch, wenn es nicht hopplahopp gelingt. Es ist dann schade, aber nicht herabwürdigend. Man würde sich nur wünschen, dass jeder dahiner steigt. So kann man auch das Ego im Anderen respektieren, weil man weiß, dass es ja unterwegs ist und eine Zwischenstation darstellt, die nicht einfach übersprungen werden kann. Man selbst ist ja auch auf dem Weg - vielleicht an einer anderen Stelle, aber eigentlich gibt es kein "Fortgeschritten" oder "Zurückgeblieben". Da ist etwas, das von jedem in sich und allgemein entdeckt werden kann und auf dieser Entdeckungsreise kann man nur voran schreiten und nie zu einem Schlusspunkt kommen. Dieses Unterwegssein, selbst wenn es in jemandem gesehen wird, der selbst nichts davon weiß macht die Menschen ja grundsätzlich gleich.

    Ich erinner mich grad an Beispiel dazu von Joko Beck. Zum Glück hab ich's im Netz gefunden:

    Ruderboot


    Da kommt für mich sehr schön zum Ausdruck, dass wir, solange wir an unser Ich glauben auch an die Ichse in den Mitmenschen glauben. Solange kann man verletzen und verletzt werden und Emotionen aufkochen. Wenn man hingegen alles was gerade da ist ohne weitere Beeinflussung wahr nimmt und diesen Fluss, der in einem statt findet als einfach gegeben annimmt, dann löst sich gleichzeitig mit dem Glauben an eine feste Ich-Struktur auch der Glaube an ein festes Gegenüber-Ich auf.


    Man kann dann eigentlich viel besser in Kontakt mit seinen Mitmenschen treten, weil man darauf reagiert, was gerade 'gebraucht wird' und nicht auf logische Schlussfolgerungen aus eigener und fremder Geschichte samt Vorurteilen. Weder Ich, noch mein Gegenüber hat in diesem Moment eine Geschichte, sondern da ist nur die gegenwärtige Situation. Es gibt keine vorbestimmte, aus Erfahrung antrainierte Verhaltensweise, sondern das Erfahren der Situation und spontanes Handeln, das nicht aus einer Schublade gezogen wird.


    Vielleicht wäre auch ein Schneeball, der den Lebensberg hinunter rollt ein gutes Beispiel. Unser Ich ist der Schneeball, der immer größer wird und Erfahrungen ansammelt und auch immer wieder Steine, Äste und Dreck in sich aufnimmt. Wenn der Ball gegen den Bodhi-Baum prallt wird alles wieder gelöst. Es verschwindet nicht, aber da sind nur noch lose Elemente. Alles liegt offen da. Dann weiß man auch aus was die ganzen anderen, so bedrohlich anmutenden Schneekugeln gemacht sind. Wenn alles offen da liegt unterscheidet es sich nicht wirklich.