Alles anzeigenHallo SGM,
Du hast vollkommen Recht, und ich bin dergleichen Meinung (Deine Antwort Nr. 9), während Du mich gleichzeitig missverstanden hast. Das liegt vermutlich daran, dass Du einer anderen spirituellen Praxis nachgehst und bei Dir der Begriff "Sadhana" (meine Antwort Nr. 4) nicht richtig angekommen ist.
Entschuldige bitte!
Ein Sadhana ist im Wesentlichen ein dynamischer Visualisationsprozess, wie er traditionell vorgegeben ist. und bezieht sich in der Regel auf einen bestimmten Yidam. Ein Yidam ist eine spezifische Meditationsgottheit, die persönliche Gottheit, deren Charakter der individuellen psychologischen Veranlagung des Übenden entspricht. Jedem Yidam ist eine spezifische Keimsilbe zugeordnet (Bija-Mantra), an der man erkennen kann, von welchem Dhyani-Buddha der spezielle Yidam emaniert ist.
Die fünf Dhyani-Buddhas sind: Vairochana (weiß), Akshobhya (blau), Ratnasambhava (gelb), Amitabha (rot) und Amoghasiddhi (dunkelgrün).
(Gelegentlich wird Vajrasattva als sechster Dhyani-Buddha dazugezählt, das ist aber nicht wirklich korrekt, da er eine Emanation Akshobhyas ist, was man an seiner Keimsilbe HUM erkennen kann).
Sie repräsentieren bestimmte Aspekte des erleuchteten Bewusstseins, gleichzeitig sind sie Manifestationen des einen Buddha-Prinzips.
Es gibt sowohl Sadhanas auf diese fünf transzendenten Grund-Buddhas, als auch auf deren Emanationen, sowie deren weibliche Aspekte.
Es kann auch sein, dass ein Sadhana im Wesentlichen lediglich das jeweilige Bija-Mantra eines solchen Dhyani-Buddhas zum Inhalt hat. Das spielt aber keine so große Rolle, da die Keimsilbe mit ihrem jeweiligen Yidam als identisch angesehen wird. Immer kommt es hierzu auf die psychologische Grundhaltung des Übenden an, und natürlich auf seine Fähigkeiten (zur Visualisation).
Ein Sadhana im Allgemeinen nun, das hat eine bestimmte dynamische Folge: es besteht aus Aufbau, dem "Halten" der Visualisation, und, ganz wichtig (!), der korrekten Auflösung. Es symbolisiert die Entstehung, Geburt, das Leben, Sterben und den Tod. Darum ist es so wichtig, dass man in der Übung dieser Dynamik in der richtigen Reihenfolge nachgeht.
Gleichzeitig ist es von größter Wichtigkeit, dass man eine innere Verbindung zu dieser Visualisation hat. Hat man trotz sehr guter Fähigkeit, solches zu visualisieren, keine innere Verbindung, so sieht man es innerlich nur "wie im Kino": so, wie ich es in meiner Antwort Nr. 4 nannte.
Große Meister haben zu solchen Visualisationen in ihren Sadhanas eine innere Verbindung, und darum können sie den Sterbeprozess "in echt" nachstellen. Wenn sie hoch verwirklicht sind, können sie so auf echte Weise sterben (können aber, eben weil sie hoch verwirklicht sind, diesen Prozess auch an einem bestimmten Punkt stoppen), um zum Wohl der suchenden Wesen ihnen betreffs des Sterbeprozesses zur Seite zu stehen. Nur auf diese Weise wurde es bekannt und wurde es aufgeschrieben, wie und in welcher Reihenfolge sich der Sterbeprozess zusammensetzt.
Wir können dem auf keine andere Weise nachgehen, als dass wir uns informieren und diese Aufzeichnungen nachlesen, denn im Normalfall begegnet man ja solchen hoch Verwirklichten gar nicht, bzw. aufgrund eigener Verschleierungen erkennt man sie nicht, falls sie einem mal gegenüberstehen.
Darum können wir das im Bardo Thödol, der "Befreiung durch Hören im Zwischenzustand", etwas missverständlich hier im Westen auch "Tibetisches Totenbuch" genannt, nachlesen.
Wir können hoffen, dass die dortigen Beschreibungen der stufenweisen Zustände uns die Angst vor dem Tod nehmen, und dafür sind diese Aufzeichnungen ja da. Aber eine Garantie gibt es nicht. Darüberhinaus soll es wohl auch so sein, dass die meisten Menschen den Sterbeprozess gar nicht so bewusst merken, und man kann nur hoffen, dass die zeitlebens geübten Sadhanas einem da etwas helfen, indem sie den eigenen Sterbeprozess etwas bewusster und transparenter machen. Es heißt, dass bei einem völlig Ungeübten diese Phasen blitzartig-schnell ablaufen und darum unbemerkt und nur reflexartig ablaufen.
Da ich ja nicht weiß, welcher Praxis Du nachgehst und ich jetzt vermute, dass es keine traditionstibetische Praxis ist, habe ich das hier für Dich und für alle, die ebenso wenig versiert in solchen Methoden sind, nochmal etwas ausführlicher dargestellt.
Gerne würde ich noch wissen, welcher Praxis Du, CLK93 als Themenersteller, nachgehst. Wenn es keine traditionstibetische Praxis ist, hoffe ich, dass ich mich für Dich nicht zu kompliziert ausgedrückt habe.
Ich danke Euch sehr für Eure Aufmerksamkeit!
Amdap
Hallo Amdap , danke für deine ausführliche Beschreibung. Habe ich mit Interesse durchgelesen.
Ich habe es auch so wie du verstanden und gelernt. Doch die Umsetzung in der Praxis ist für den Durchschnittsbürger nicht zu schaffen.
Jeder Mensch hätte das Potential in sich diese Erfahrung zu machen, aber nur unter der Voraussetzung, man lebt in Einsiedelei, Entsagung, empfindet tiefes Vertrauen in den Dharma und hat völlige Hingabe. Dazu stellt sich noch die Frage, welchen Nutzen man daraus zieht, hat man diese Erfahrung einmal gemacht. Ich weiß nicht, ob nicht Yogis einen letztendlichen tiefen Nutzen aus den Sadhanas ziehen können.
Das sind die Empfindungen die ich momentan habe, soll keine Kritik oder sonstwas sein.
Grüße Lukas