Beiträge von void im Thema „Umgang mit Trauer von nahen Angehörigen“

    Eine Beerdingung ist ja in erster Linie ein Fest für den Toten. Von daher muß man sich fragen, was derjenige gewollt hätte.


    Der Muppet-Erfinder Jim Henson hatte verfügt, dass bei seiner Beerrdigung alle weiß tragen sollen und eine Diexieland Band spielt. Und natürlich marchierten alle möglichen Muppet-Figuren mit. Miss Piggy, der Fozzie Bär, Scooter und natürlich Statler und Waldorf und Kermit dem Frosch.

    Henson hatte sich explizit gewünscht, dass seine Beerdingung kein Trauerspiel sein sollte sondern er so beerdigt wurde wie er gelebt hatte:


    Hunderte Trauergäste hatten sich am 21. Mai 1990 in einer New Yorker Kathedrale eingefunden. Keiner von ihnen trug Schwarz. Auch sonst war es eine eher außergewöhnliche Zeremonie: Der Organist spielte keinen getragenen Trauermarsch, sondern improvisierte fröhliche Melodien. Es wurde getanzt, ein als riesiger gelber Vogel verkleideter Mann sang vor dem Altar und die Anwesenden schwenkten Schaumstoff-Schmetterlinge.

    Dann trat der Sohn des Verstorbenen nach vorne und verlas die letzten Worte seines Vaters an die Hinterbliebenen: "Das alles kommt euch vermutlich total albern vor. Aber was zur Hölle soll's, ich bin schließlich tot. Wer will sich da noch mit mir streiten?" Und: "Seid nicht traurig, weil ich gestorben bin."


    Der Name des Toten: Jim Henson. Der Erfinder der Muppets hatte genaue Regieanweisungen hinterlassen, die seine Beerdigung in ein kunterbunt-absurdes Singspiel verwandelten. Eine Beerdigung wie eine Fernsehshow - es hätte kein stimmigeres Ende für Hensons Leben geben können.

    Wie ein Geburttagsfest gehört eine Beerdigung dem Menschen. Und weil der Sohn da versuchte, dem Willen seines Vaters gerecht zu werden, wählt er da eher unübliche Worte.

    Viele Leute erwarten, dass ich leide und wollen scheinbar auch mitleiden...

    Das ich nicht "leide", können sie so gar nicht "leiden" (man verzeihe die Wortspiele).

    Wenn dir Leute Beileid wünschen dann geht es nicht nur um dich und deine Gefühle, sondern es geht auch immer um den Verstorbenen. Das Leid das mit seiner Abwesenheit verbunden ist zu betonen, lenkt unseren Blick auf die Lücke die er hinterläßt. Dadurch wird er in dem, was er für dich und für andere bedeutete geehrt und es wird klarer, wofür wir ihm dankbar sein müssen und wofür im Respekt und Anerkennung gebührt.


    In gewisser Weise trauerst du nicht mehr, weil du das alles schon gemacht hast und da für dich zu einer ausgeglichenen Geisteshaltung gefunden hast. Aber auch in diesem Prozess kam sicher viel Dankbarkeit gegenüber dem Toten auf. Und wenn du jetzt auf Trauernde triffst - die die Lücke in sich spüren, kannst du doch diese Lücke bei ihnen anerkennen und mit deiner eignene Dankbarkeit gegenüber dem Toten antworten.


    Eine Beerdigung ist eine Veranstaltung, wo man gemeinsam des Toten gedenkt. Dies kann in Traurigkeit geschen aber eben auch in einer Stimmung der Ehrerbietung und Dankbarkeit. Wenn ersteres nicht so klappt probiere doch letzteres.

    In dem Wort "Trauer" steckt so eine Wortwurzel, die "hart" bedeutet und auch in Worten wie "treu" oder "dur" vorkommt. In Trauer drückt sich also so eine gewisse Starrheit aus: Man ist an den anderen noch als Lebenden gewöhnt und muss mühsam damit umgehen, dass er weg und vergänglich ist. Von daher ist es nicht so sehr so, dass du nicht trauerst, weil du ein anderes Weltbild hättest, sondern weil du schon 5 Jahre "trauerst" - dich also mit Vergänglichkeit auseinandersetzt. Während die anderen das noch nicht gemacht haben, und jetzt noch müssen (Christen sollten ja eigentlich nich gedrückt sein, wenn jemand aus dem irdischen Jammertal in die himmlische Herrlichkeit enthoben wird)


    Normalerweise ist es bei eine Beerdigung so, dass gerade die engen Anghörigen stark trauern und weiter entfernte Bekannte weniger. Bei dir ist es jetzt eben umgekehrt. Und so wie ich als entfernter Bekannter bei einer Trauerfeier Respekt vor der starken Trauer enger Angehöriger habe, sollte es ja jetzt umgekehrt sein. Und es wäre dann sozial angebracht, wenn du respektvoll gegenüber dem stark empfundenen Verlust der anderen bist, auch wenn du selber ihn für dich selbst verarbeitet hast.


    Wobei da natürlich viel Anhaftung dabei ist. Wenn jemand stirbt trauern die Leute nicht nur aus Mitgefühl mit der Person sondern einerseits um ihren eigenen Verlust und auch weil der Tod in ihr Leben getreten ist, und ihnen die Angst um ihre eigene Sterblichkeit wachruft. Es geht also nicht so sehr um den Toten - manchmal trauern Leute ja sogar um Leute die sich nicht kennen- die aber einen ganz tragischen Tod hatten - sondern um ihre eigene Vergänglichkeit Sterblichkeit - sie sind also in einer sehr verletzlichen Position. Wo ein buddhitisches Lächeln als ein - "stell dich nicht so" rüberkommt, das viel von der Trauer als bloße Anhaftung sieht.


    Von daher würde ich - wenn möglich ein wenig von mir als Person ablenken - und den anderen zuhören. Wie es ihnen geht, was sie mit dem Toten verbinden, was sie mit ihm erlebt haben. Und ihnen den Raum geben, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen.