Die Frage ist ja immer: Was will ich von einem Fernstudium. Will ich meine Gelugpraxis vertiefen, so ist der Lamrim-Kurs sicher gut. Aber eben auch sehr speziell ...
Genauso ist es ja nicht. Lamrim ist nicht typisch Gelug-Tradition. Den Lamrim gibt es, wenn auch mit unterschiedlicher Begrifflichkeit, in allen Traditionen des tibetischen Buddhismus.
Die Lamrim-Tradition geht auf den indischen Meister Atisha (982-1053) zurück. Die Gelug-Tradition beginnt aber erst mit dem Wirken Dshe Tsongkapas (1357-1419). Aus Atishas Wirken entstand die Kadam-Tradition. Zu diesem Zeitpunkt bestand bereits die Nyingma-Tradition, die im Rahmen der ersten Übertragung des Buddhismus von Indien nach Tibet entstanden war. Durch andere Lehrer und Übersetzer entstanden die Kagyü- und die Sakya-Tradition. Gelug ist so etwas wie eine reformierte Kadam-Tradition.
Der Lamrim ist zwar eine tibetische Literaturgattung, aber im Grunde ist sie nur eine andere Darstellung des Dharma als die aus Indien bekannte Einteilung des Dharma in die Höhere Schulung der Ethik, die Höhere Schulung der Konzentration und die Höhere Schulung der Weisheit, die mit dem Tripitaka zusammenhängen.
Der Lamrim ist nichts Spezielles, sondern lehrt den gesamten Dharma, nur eben aus der Perspektive der Praktizierenden und deren Motivationen und Zielsetzungen. Im Lamrim sind die Lehren des Buddha eben unter dem Gesichtspunkt zusammengefasst und erklärt worden: Was muss jemand praktizieren, der eine hohe Wiedergeburt im Daseinskreislauf erlangen will; was muss derjenige üben, der den Daseinskreislauf verlassen und ein Arhat werden will; was muss derjenige üben, der den Bodhisattvapfad gehen will, um die Buddhaschaft zu erreichen.
Weil der Lamrim stark auf das zu Übende, also die Pfade, ausgerichtet ist, ist er ein guter Einstieg in die Lehre des Buddha. Gewisse Kenntnisse des Dharma sollte man aber schon haben. Philosophische Studien kann man dann anschließen, wenn man dies möchte.
Gruß Helmut