Hallo zenbar,
ich habe etwas Erfahrung mit allen dreien: Leistungssport, Burnout und buddhistischer Praxis.
Aus dieser Sichtweise schreibe ich; ich hoffe, ohne Tipps zu geben, denn die jeweilige Situation ist doch recht individuell. Wenn Du fragen hast, nur zu!
Mein Ego möchte gerne Weltrekorde aufstellen und viele andere verrückte Dinge tun, weil es den Hals nicht vollkriegt und Angst hat was zu verpassen.
Genau. Das ist bei mir nicht anders. Dazu kommt, dass mir alle diese Dinge, die ich mir "aufbürde", grundsatzlich wirklich Freude bereiten.
Mein damaliger Weg in den Burnout: Ich war von Geburt an ein extrem neugieriger Mensch, und habe darüber hinaus von meinen Eltern (unabssichtlich) die Botschaft mitbekommen, nicht gut genug zu sein. Das hat dazu geführt, dass ich extrem viel gelernt habe und immer wieder neue Dinge angefangen habe, immmer mit dem Ziel, das jeweilige Thema zu beherrschen, sei es nun Physik, Sport oder Gitarrespielen. Viele Jahre ist das gut gegangen. Dummerweise wird man älter, und die verfügbare Energie wird weniger. Dazu kommen schöne und fordernde Dinge wie Familie und Kinder. Wenn man immer am Limit arbeitet, holen einen irgendwann diese Begrenzungen des Älterwerdens ein. Aus den positiven Erfolgserlebnissen und den Erfolgen wird unangemessene Anstrengung und schließlich Überforderung.
Ich habe das erst gar nicht bemerkt, wie sehr ich mich überfordere. Was ich bemerkt habe, ist, dass ich immer depressiver wurde. Und ich dachte erst, das läge daran, dass ich zuwenige Kicks habe. Also noch mehr spannende Projekte...
Wenn man noch nicht sooo alt ist, geht das erstaunlich lange gut, aber irgendwann sind alle Reserven aufgebraucht, geistig und körperlich, und man fährt herunter. Früher nannte man das Depression, dann Anpassungsstörung, heute oft Burnout.
Zum Glück habe ich von meinem Burnout eine schwere Krankheit bekommen (ernsthaft zum Glück; sie war wirklich beängstigend, aber nicht lebensbedrohlich. Die ideale Mischung!
), die mich auch körperlich dazu gezwungen hat, langsamer zu machen. Und sie war so ernsthaft, dass ich eine Psychotherapie angefangen habe. Das war für mich der Wendepunkt.
Heute, mit 57, bin ich am Ende effizienter als mit 30, aber das war ein langer Weg.
Das ist die andere Nachricht aus meiner Erfahrung: Die Erholungsphase kann sehr lange dauern, selbst, wenn man in der Zeit alles "richtig" macht (also sich wirklich um Veränderung bemüht). Bei mir hat die körperliche Erholung fast ein Jahr gedauert, die geistige eher zwei Jahre. Der gesamte Veränderungsprozess hin zu einem anderen Verhalten etwa 5 Jahre. In der Zeit die eigene Ungeduld anzunehmen, ist mir auch sehr schwer gefallen.
Und jetzt kann ich rumjammern über das was ich verpasse oder versuchen neu zu bewerten. Ich versuche letzteres irgendwie.
Das ist IMHO die einzige Möglichkeit, wenn Du nicht dauerhaft eingeschränkt bleiben willst. Buddhistische Praxis ist dafür nach meiner Erfahrung ein sehr guter Ansatz. Eine Therapie bei einer erfahrenen PsychologIn kann den Prozess deutlich beschleunigen. Es gibt mehr Methoden als Meditation, um Einsicht zu erhalten. Aber sie können sich gut ergänzen.
Ich habe hervorragende Erfahrungen mit Transaktionsanalyse gemacht (und das mittlerweile auch selbst gelernt). Was mir dort gefallen hat, ist, dass die psychiatrische Diagnose nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt, sondern die Frage im Mittelpunkt steht: Was willst Du heute verändern? (und dann: was hindert Dich daran).
Puh, das ist lang geworden.
Liebe Grüße,
Aravind.