Beiträge von void im Thema „Was ist säkularer Buddhismus?“

    ...und dennoch hat Sakyamuni seinen Nachfolger bestimmt. Eine Geste, ein Lächeln hat das tiefe Verständnis der Lehre bezeugt.


    Denn nur weil man der Lehre zuhört und einen Teil versteht, bedeutet das nicht, dass man weder a) die Einsicht des Buddha realisiert, noch b) wirklich Lehren kann. Hätte Sakyamuni damals die Blume nicht an Mahakasyapa, sondern an Fritz Fischer weitergegeben, hätte dieser durch sein mangelndes Verständnis die Lehre verfälscht. Und das obwohl er oberflächlich vielleicht das richtige vermittelt hätte (wie z.B. keine Ziegen zu opfern..)


    Es heißt, dass der 1. Zen Patriarch Mahākāśyapa von Buddha (im Tausch) dessen Robe und Bettelschale bekam und das diese Gegestände bis zum 6. Patriarch durchgereicht wurden, was angesichts eines Zeitunterschieds von 1200 Jahren entweder für eine hervorragende Verabeitungsqualität spricht oder dafür, dass das dieses Weiterreichen eher symbolisch zu verstehen ist.


    Viel später wird In den Aufzeichnungen von der Übertragung der Leuchte aus der Ära Jingde anhand der Biographien bedeutender Linienhalter geschildert, wie der Befreiungsgeist weitergegeben wurde. Wie eine Reihe von Kerzen die einander entzündet bringt ein Lehrer einen Schüler zu Befreiung so dass wir dann so eine einheitliche Zen-Übertragungslinie haben. Von Buddha geht es über:


    1. Mahakasyapa
    2. Ananda
    3. Sanakavasa
    4. Upagupta

    bis zu Bodhidharma und den Zen-Patriarchen. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob das wirklich eine Schilderung eines historischen Geschehens zu verstehe ist oder mehr ein mächtiges Symbol dafür dass da der Geist unverfälscht weitergeben wurde. In dem Buch "Seeing through Zen: Encounter, Transformation, and Genealogy in Chinese Chan Buddhism" zeichnet John McRae die Entwicklung des Chan ausgehend von dessen Genealogien und sein Ergebnis ist, dass es keine historischen Begebenheiten sind sondern oft Konstruktionen, die ausdrücken, an wen man als "geistigen Ahnen" anknüpft. Auch wenn einzelnen Gegenheiten einen wahren Kern habe ist das wunderschöne Gesamtbild historische nicht haltbar.


    Gerade in China, wo die Ahnenverehrung die ganze Kultur durchdringt, war es ja wichtig für alles was man macht an den Willen der Ahnen anküpft Statt zu sagen: "Ich habe die tolle neue Idee wir sollten in unserem dorf eine Mühle bauen" hätte ein chinesischer Bauer wohl eher gesagt "Ich habe alte Steine gefunden, die darauf hindeuten, dass der Ur-Urogrossvater vor langer Zeit eine Mühle hatte - wir sollten dahin zurück." Es ist also von zentraler Bedeutung, dass was man macht, von einer individuellen Handlung zu etwas zu machen, in dem man etwas was von Patriarch zu Patriarch weitergeben wurde zu machen.

    Das Wort "säkular" passt nicht gut, weil es so viel Konnotationen hat. Wenn man den Buddhismus säkular nennt, dann klingt es so, als hätte man damals schon ganz moderne Vorstellungen von Trennung zwischen Religion und Staat gehabt. Was man ja nicht hatte.


    Auch der Begriff "mataphysisch" ist ja gerade für vormoderne Gesellschaften schwer brauchbar. Oftmals repäsentiert etwas, was uns sehr esoterisch vorkommt einfach nur den Stand des medizinischen und biologischen Wissens der damligen Zeit. Das ein Baum einen "Baumgeist" hat, heißt manchmal einfach nur das er belebt ist - was man sich nicht anderes als eine in ihm lebende Lebenskraft vorstellen kann. Man glaubt also vilelicht nur so daran, wie wir an Viren und Bakterien glauben.


    Von daher ist die Frage, was für eine Unterscheidung sinnvoll ist. Nach Emile Durkheim hat Religion seinen Ursprung in den Dingen die das Individuum übersteigen - die "heiligen Dinge" sind nach ihm die, in der die Macht des Kollektivs wirkt. Religion hatte somit die Aufgabe einen rahmen an Riten und Institutionen (Stammesgesetzte, Ahnen, Rituale) zu schaffen, die ein kollektives Handeln möglich machen. Statt den Gegensatz "säkular-religiös" finde ich es wichtig, inwieweit einzelne Elemente so eine kollektiv-religiöse Funktion haben.


    Selbst unter einfachen Kulturen gibt es solche, bei denen dieses kollektive Element sehr wichtig ist und andere bei denen das nicht so ist. So berichten Athropologen darüber, dass sich die Kalahari-San (Buschmänner) sehr über die religiösen Zeremonien ihrer Bantunachbarn amüsierten. Während die San in sehr wechselnden Verbänden herumzogen waren den sesshaften umgebenden Bantuvölkern "Riten zur Aufrecherhaltung der Stammesidentität" viel wichtiger. Zu sagen die San wären "säkularer" oder weniger "metaphysisch" wirkt unpassend. Was man sagen kann, dass für sie Riten zur Aufrechterhaltung des Kollektivs unwichtiger waren.


    Durkheim hielt diese kollektive Funktion für die zentrale Funktion von Religion hielt. das ist wahrschienlich übetrieben, aber ich denke schon, dass die Mehrzahl aller Riten dienen dazu kollektive Ordnungen zu konstituieren und den einzelnen auf diese kolektiven Ordnungen auszurichten.

    Von daher ist es wichtig festzustellen, dass die Enstehung des Buddhismus in eine Zwischenzeit viel - einen kurzen Moment der Schwerelosigkeit in dem die alten gesellschaftlches Institutionen und Erzählungen ( das brahmanische Opfer) seine Macht verloren hatte, aber noch keine neuen Ordnungen etabliert hatten. Man befand sich in einem Zustand des Umbruch, in dem die Anhängern einzelner Stammeskulte plötzlich zu religiös heimatlosen Individuen wurden.


    Später dann - bei Ashoka wurde dann auch der Buddhismus eingefangen und für die Gesellschaft dienstbar gemacht. Buddhismus legitimierte die Herrscaft und die Herrschaft sponsorte den Buddhismus. Aber in der Zeit des frühen Buddhismus musste man auf die Aufgabe, der Gesellschaft eine Geschichte über sich selbst zu erzählen, nicht so eingehen sondern ging von dem Indviduum aus, das man als "hauslos" also als gesellschaftlichen Aussteiger sah.