Wo ist der Unterschied zwischem dem 'Theravadin an sich' und dem 'Mahayanamönch'? Ziel ist in diesem Sinn gleich: (mindestens) Erwachen/Nichtverstehen komplett überwinden.
Nach dem bisschen, was ich weiß, ist der Unterschied der, dass der Mahayana-Bodhisattva das Erwachen möglichst vieler anderer Menschen in den Mittelpunkt stellt, bevor er oder sie selbst erwacht. Oder, im Extremfall, auf das eigene Erwachen sogar verzichtet, wenn er oder sie dafür das Erwachen von möglichst vielen anderen Menschen erreichen kann.
Das halte ich für einen signifikanten Unterschied in der Zielrichtung. Wenn dieser Unterschied für Dich nicht relevant ist, auch ok. Oder ich habe das Mahayana-Bodhisattva-Idela falsch verstanden., ist durchaus möglich.
Liebe Grüße,
Aravind.
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Mein Punkt ist folgender. Sowohl der Theravadin als auch der Mahayanabuddhist haben sich jeweils einer Gruppe von Menschen angeschlossen. Hier unterstützen T und M andere Gruppenmitglieder, und sie erfahren von denen Unterstützung.
Das ist jeweils eine Praxis im Austausch und mit Unterstützung von anderen und durch andere.
Beide haben zum Ziel: (nach und nach) Überwindung von Nichtwissen.
Das Bedürfnis, anderen (je nach Situation und Gegenüber) zu mehr Einsicht verhelfen zu wollen, ist ein ganz natürliches Bedürfnis des seelisch einigermassen ausbalancierten Charakters. Ich würde es sogar so sagen: das ist ein menschliches Bedürfnis (neben im allgemeinen ... natürlich auch vorhandenen tierischen Bedürfnissen).
Ob nun so ein ausbalancierter Charakter (eine Person ...) sich als ein Theravadin oder als ein Zenni oder als ein Tibeter oder als ein Mahayani bezeichnet, ändert das nicht.
Um gut helfen oder auch zu einer Einsicht verhelfen zu können, muss man (jetzt kommt mein Punkt 'Mitgefühl') die Lage des anderen (also desjenigen dem man helfen will) erkennen können. (konkrete) Freude mitempfinden zu können, (konkretes) Leid mitempfinden zu können, (konkretes) Unverständnis erkennen zu können - das ist einfach eine Folge der richtigen Praxis. Und ich glaube, dass das hier wie auch dort feststellbar ist.
Ich finde es einfach nicht richtig (implizit) zu behaupten, dass den Theravadins anderere Wesen/Menschen (also deren Weg, deren Entwicklung) im Gegensatz zu den Mahayanis egal wäre. Und beweisen lässt sich das ja auch nicht: wer jetzt wem mehr geholfen hat. Dadurch, dass beide Buddhisten (also M und T) in einer Sangha organisiert sind, ist es von Natur aus schon keine individuelle Sache.
Das Ziel der Ms, eigenes Erwachen in gegenüber fremden Erwachen zurückzustellen ist doch nur theoretisch. Wie soll denn einer der nicht weiß, wie man gute Brötchen bäckt, ernsthaft das Ziel verfolgen, dafür aber anderen dabei zu helfen, richtig gute Brötchen zu backen.
Schöne und schön aussehende Ziele hin und her. Ich finde, die Unterscheidung zwischen Ms und Ts auf so einer Ebene ist bloss philosophisch. Man kann sich da mit dieser sehr einseitigen (also unangemessenen) Unterscheidung richtig schön in die Wolle kriegen und bestimmt toll an der Realität vorbeireden (ohne das zu merken). Die Realität ist ja so: weder der angehende T noch der angehende M ist in der Lage, anderen dabei zu helfen, Nibbana zu ermöglichen. Aber beide können sich und werden sich wohl, wenn sie es ernst nehmen, bemühen, ein guter Mensch zu sein. Das heisst: Rücksicht auf andere nehmen. Oder etwas grösser gesagt (ich zitiere Buddha aus dem Kopf, also: wird wohl nicht ganz richtig zitiert sein):
Auf die anderen achtend, achtet man auf sich selbst. Auf sich selbst achtend, achtet man auf die anderen.
Ich glaube auch nicht, dass das ein Theravadin sagen würde, oder eine höhere Autorität dort sagen würde: dass man in dieser Tradition 'individuellen Erwachungsprozess' (das ist mal ein Wort
) - gegenüber einem in der organisierten Lehr- & Lehrgemeinschaft vorzieht. Und die anderen Menschen (ausserhalb dieser Gemeinschaften) existieren für Angehörige beider Traditionen. Und in beiden geht es auch um den richtigen und guten Umgang mit denen.
Insofern finde ich diese eine (einseitige und nur der willkürlichen Trennung dienende) Unterscheidung nicht signifikant. Eben auch, weil sich zum Beispiel die grundsätzliche Praxis der fünf Silas nicht unterscheidet, und eben ähnliche Effekte (zum Beispiel Güte gegenüber den anderen) erkennbar sind.
Auch liebe Grüsse 