Beiträge von void im Thema „Wieviele tibetische buddhisten gibt es?“

    Svea:

    Was mich interessiert: Hat der Nichiren-Buddhismus Überschneidungen mit dem Amidismus?

    Ich glaube inhaltlich nicht. Aber so von der Struktur her - also dass beide von der mappō Idee beinflußt sind, nach der wir in einer Zeit leben, in der statt der älteren Praktiken eben eine Praxis der Verehrung und Hingabe in den Mittelpunkt rückt. Und dass diese Verehrung sich wiederum in einem "Mantra" konzentriert.

    Was ist denn für dich Volksbuddhismus, void? Da kann ich mir wenig drunter vorstellen gerade.

    In Japan war Buddhismus lange Zeit eine Sache von Ordinierten. Aber gerade der Amida Buddhismus richtete sich an die einfachen Leute, auch an Analphabeten und boten eine einfache für jeden mögliche Praxis. Der Unterschied zwischen Laien und Nonnen, Gebildeten und Ungebildeten wird in dem kindgleichen Vertrauen auf Amida bedeutungslos:


    Menschen, die auf das Nenbutsu vertrauen wollen, sollten sich wie törichte Personen geben, die nicht eine Zeile [aus den Schriften] kennen, selbst wenn sie etwa sämtliche Lehren [die Śākyamuni während] seines ganzen Lebens [dargelegt hat,] hinreichend studiert haben. Sie sollten sich genauso geben wie unwissende Nonnen oder Laienpriester und sich nicht wie Gelehrte benehmen, sondern nur von ganzem Herzen das Nenbutsu üben.

    Vielleicht hatte in Tibet "Om Mani padme Hum" so eine Verwurzelung bei allen Bevölkerungsschichten?

    Da es schwierig ist immer die gesammte Übertragung lebendig zu erhalten, ohne dabei in der äußeren Form zu erstarren wurde hier versucht die Essenz zu retten ,in dem man sich auf wesentliche Punkte konzentriert.

    Diese Methode hat den Vorteil, das man weiterhin tiefgründige Belehrungen praktiziert , aber halt den Nachteil das vieles verlohren geht und leider auch die Gefahr besteht ,das der Buddha Dharma weiter zersplittert.

    Sowohl Hōnen als auch Shinran als auch Dōgen studierten ja zuerst auf dem Berg Hiei der Tendai- Schule.


    In Japan war es so, dass gerade die Tien'Tai Schule ganz viele Überlieferungen ( Lotussutra, Vajrayana, Zen, Amitabha) transportierte ohne da so ein verbindendes Element wie den Lamrim-Stufenpfad zu haben. Außerdem gab es eine Zersplitterung in ganz viele unterschiedliche Übertragungslinien. Daraus entstand das Bedürfnis, da einen Fokus und Ankerpunkt zu haben.


    Ein weitere Punkt, ist dass sich in der Zeit der Buddhismus in weiten Teilen der Bevölkerung ausbreitete, der Trend also von einem monastischen Elite Buddhismus zum Volksbuddhismus ging.


    Die starken Reform­kräfte innerhalb des Bud­dhis­mus dieser Zeit sind wahr­schein­lich der Aus­brei­tung des Bud­dhis­mus in breitere Be­völke­rungs­schichten zuzu­schreiben. Vor allem der Amida-Bud­dhis­mus mit seinem starken Glauben an die Er­ret­tung in Amidas Reinem Land jōdo lässt sich als Antwort auf das Bedürfnis nach einer einfachen, für jeder­mann prakti­kablen Form der bud­dhis­tischen Religions­aus­übung auf­fassen. Im Unter­schied zu den etablierten Schulen hatten die amidis­tischen Reformer nicht mehr nur die ge­sell­schaft­lichen Eliten im Auge und waren nicht mehr bereit, sich in den Dienst ihrer Inte­ressen zu stellen. Sie predigten auf öffent­lichen Plätzen und scharten Anhänger aus allen ge­sell­schaft­lichen Schichten um sich. Das hatte einer­seits einen breiten Zulauf zur Folge, anderer­seits brachte es die Amidisten bald mit den staat­lichen Autoritäten in Konflikt.

    Von daher muss man den Amidabuddhismus in Japan vielleicht mit dem Volksbuddhismus in Tibet vergleichen, oder?


    Wer steht den da im Zentrum? Was ist da traditionell der Bodhisattva an den sich der Durchschnittstibeter wendet? Wobei ich es so verstehe, dass es bei Amida eben nicht nur um Sorgen und Nöte geht, sondern um die innige Hoffnung auf Wiedergeburt in dessen reinem Land.

    mir fällt gerade auf, dass ich offenbar recht wenig Überblick über die verschiedenen Strömungen des Mahayana habe.

    ich meine es gibt die "reines Land-Schulen" das ist ja einigermaßen klar, ich glaube davon gibt es schon sehr sehr viele Praktizierende.

    Dann die Nichiren-Schule . wo ich auch nur sehr sehr wenig weiß. Wenn ich mir da so ansehe, wo ist denn hier der unterschied zwischen einem Vajrayani, der gerne eine Amitabha-Praxis ausführt?

    Es gibt innerhalb der Amitabha Verehrung große Unterschiede. In China war der Amitabha Buddhismus sehr weit verbreitet und wurde gleichzeitig mit Chan, Tientai und Vajrayana praktiziert. Und auch in Japan war der Amida Buddhismus lange in Tendai und teilweise auch Shingon ( Vajrayana) integriert.


    In Japan würde zunehmend die Mappō Idee wichtig - die Idee dass wir in einem Zeitalter des Niedergangs des Dharma befinden und herkömmliche Methode (Meditation, Vajrayana) nicht mehr funktionieren, weswegen bei Hōnen und Shinran der Weg der Hingabe an Amitabha ( oder bei Nichiren das Lotussutra) zum einzig gangbaren Weg wird. In dieser exklusiven Sichtweise, ist Amida nicht einfach irgendein Bodhisattva unter mehreren sondern "die einzige Rettung".


    Daraus ergab sich ein Konflikt zwischen Hōnen, Shinran, Nichiren und den den "nicht-mappō Schulen" und die genannten sahen sich auch Verfolgung ausgesetzt.