Beiträge von Aravind im Thema „Atman - Nagarjuna 18.Kapitel Mulamadhyamakavatarakarikas (MMK)“

    Bitte genauer lesen. Da steht nichts von aktivem Selbsttrost, sondern von "Gedanken im Hinterkopf", sprich schon verwirklicht, nicht konstruiert.

    Hab es nochmals gelesen, kann man so stehen lassen. Du hast recht


    Was ich eigentlich sagen will ist, dass Buddhas Lehre nicht tröstet und auch keine diesbezüglichen Strategien lehrt.

    Ja, das finde ich schon einen wichtigen Hinweis zur Klärung. Der Pfad bietet keine Troststrategie, das stimmt, und dient nicht dazu, Dukkha praktisch wegzudrücken.


    Sondern er enthält die Aufforderung, Situationen mit Dukkha zur Befreiung zu nutzen. Das kann sehr herausfordernd sein.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Zustimmung und praktische Ergänzung!


    Ich glaube, dieser Satz ist nicht klar genug:

    "Der Lernprozess besteht IMHO nicht darin, alles ständig als impermanent anzusehen, sondern zu erkennen, wo genau uns diese Annahme in die Irre führt, Dhukka erzeugt.", besonders das Wort "ansehen". Und der Bezug im Nebensatz ist nicht eindeutig. Helmut hat dafür eine schöne Quelle gefunden.


    Vielleicht wäre klarer:

    "Der Lernprozess besteht IMHO nicht darin, ständig so zu handeln, als wäre alles impermanent, sondern zu erkennen, wo genau uns die Annahme, Dinge wären permanent, in die Irre führt, Dhukka erzeugt.


    Wenn Dein Auto vor der Haustüre verschwindet, dann denkst Du ja nicht: Ach, kein Wunder, impermanent! Sondern Du gehst zur Polizei, weil es schon sehr unwahrscheinlich ist, dass Dein Auto die Impermanenz genutzt hat, um einfach von der Welt zu verschwinden. Aber Du kannst das Problem in zwei verschiedenen Stimmungen lösen. Entweder voll mit Dhukka (oh nein, mein geliebtes Auto ist weg. Ich kannte jeden Kratzer. So lange ich das nicht wieder habe, werde ich nicht glücklich sein), oder pragmatisch mit dem Wissen im Hinterkopf: "Selbst wenn das Auto sicher nicht einfach verschwunden ist, ich weiß, dass mein Besitz daran nicht-permanent ist. Shit happens! Mal sehen, was sich noch machen lässt."

    So wechselt man ständig zwischen der pragmatischen Annahme von Permanenz und dem grundsätzlichen Wissen um Impermanenz hin und her, und das ist "am Anfang" eine Herausforderung.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Ich sehe auch eine Schwierigkeit darin, dass wir das universelle Gesetz der Vergänglichkeit zwar erkennen (es ist nicht schwer, im Gegenteil, es ist super-offensichtlich), aber trotzdem ist es keinesfalls permanent in unserem Bewusstsein verankert.

    Das finde ich nicht so verwunderlich, weil die Annahme einer gewissen Permanenz sehr vorteilhaft für unser Dasein und Handeln ist.


    Du bist heute eben kein Fremder, sondern Schmu. Der Lernprozess besteht IMHO nicht darin, alles ständig als impermanent anzusehen, sondern zu erkennen, wo genau uns diese Annahme in die Irre führt, Dhukka erzeugt.


    Wenn ich annehme, dass Du heute nicht zu 100 % ein anderer als gestern bist, ist das die Grundlage dafür, dass wir überhaupt kommunizieren können.

    Wenn ich von Dir enttäuscht bin, wenn Du morgen nicht mehr gut zu Vögeln sein solltest, dann ist das Dhukka.


    Liebe Grüße, Aravind.

    Zu Beginn geht es schon vor allem um begriffliches Denken und Analysieren. Wir müssen erst einmal wissen, was bedeutet es denn, dass die Person kein Eigenwesen hat? Was wird denn mit der Negation des Eigenwesens der Person verneint und was nicht. Das erfordert eben auch, sich klar zu werden, wie erscheint uns unser Ich, wenn wir bedroht werden, stark kritisiert werden, stark gelobt werden? Existiert unser Ich so wie es uns in solchen Situationen erscheint? Das ist schon mal nicht ganz einfach.


    Dabei ist es auch notwendig zu unterscheiden, in welchen Punkten ist unsere Ansicht über unser Ich falsch, und wie unser abhängig bestehendes Ich wirklich existiert, damit man nicht zu viel und nicht zu wenig verneint durch die Negation des Eigenwesens der Person.

    Das ist eine mögliche und IMHO valide Herangehensweise, aber nicht die einzige.


    Mit diesem gründlichen Verständnis gehen wir dann ja in die Meditation, um diese Einsichten zu vertiefen und ins Herz wandern zu lassen. Dann müssen wir eben auf dem Pfad diese zunächst begriffliche Einsicht / Erkenntnis schrittweise in eine unmittelbare direkte Einsicht transformieren.

    Wie gesagt, eine Möglichkeit. Zu diesem "Wir" gehöre ich aber nicht. ;)


    Guckt man Lehrer wie beispielsweise Ajahn Brahm an, oder die meisten Vipassana-Richtungen, ist das Vorgehen ziemlich genau umgekehrt.


    Man kann auch un-intellektuell die folgenden Fragestellungen mit auf das Kissen nehmen, ohne intellektuelle Analyse, und die direkte Einsicht via Erfahrung gewinnen.

    (ich benutze mal "Selbst" als Begriff; das folgende ist keine Lehrbuchaufzählung, sondern frei spontan formuliert):


    * Das zumindest Teile des Selbst sich jeden Moment verändern oder verändern können, dafür braucht es, glaube ich, keine tiefere Analyse, sondern nur jemanden, der einen darauf hinweist. (vielleicht hast Du darauf auch mit Deinem Satz "Wer nimmt denn heute noch ein Eigenwesen der Person, des Ichs, des Selbst an?" hingewiesen?)

    * Was helfen kann, aber nicht unbedingt nötig ist: Was sind "Konzepte" im Gegensatz zu "Dingen".


    * Mal angenommen, das Selbst wäre unveränderlich, wie würde sich das ausdrücken? Welche Teile dessen, was ich erlebe, denke, fühle, von denen ich denke, sie machen mein Selbst aus, sind unveränderlich?


    * Welche Entscheidungen, Verhaltensweisen und Gedanken habe ich, die auf einem unveränderlichen Teil des Selbst beruhen?

    * Führen die ganz praktisch betrachtet zu Dhukka?


    Liebe Grüße,

    Aravind.