Liebe Anita,
ich persönlich verstehe diesen Ausdruck "Freude als verstecktes Leid" wie folgt.
Es gibt verschiedenen Arten der Einteilung der Leiden im Buddhismus, eine davon ist eine dreifache: Leiden des Schmerzes, Leiden des Wandels und Allesdurchdringendes Leiden.
Ersteres ist ziemlich klar, darunter fallen alle offensichtlichen körperlichen und auch geistige Leiden.
Zweiteres ist aber schon schwieriger zu fassen. Und ich denke es hat vielleicht mit deiner Frage zu tun. Es gibt Dinge und Zustände, die wir als Glück auffassen, die aber nur rein zeitweiliges Glück bedeuten und sich in Leiden wandeln können. Ein Beispiel: gutes Essen kann einen vorübergehend doch recht glücklich machen, isst man aber zuviel, geht es einem bald nicht mehr so gut. Und so geht es uns mit vielen Dingen - wir halten sie für wahres Glück und streben nach ihnen , ja haften sogar nach ihnen an - und verstehen nicht, dass sie uns kein wahres Glück bringen können.
Wäre so ein Ding in der Lage wahres Glück zu bringen, dann müsste man umso glücklicher werden, je mehr man davon hat oder zu sich nimmt. Das ist aber nicht der Fall, oder? Sogar Dinge, die einen kurzfristig sehr glücklich machen, langweilen einen nach einer gewissen Zeit oder gefallen einem sogar gar nicht mehr.
Manchmal geht's auch ganz schnell und deine Freude über ein neues Kleidungsstück, die du noch im Geschäft hattest, kehrt sich schon zuhause in Missmut, da es doch nicht so passt wie du geglaubt hast.
Überhaupt denk ich auch, dass sehr oft in unserer Gesellschaft das Stillen irgendwelcher Begierden und kurzfristige Lustgefühle mit Glück verwechselt wird und in Wahrheit Leiden bringen - und vor allem dann, wenn man denkt, dass sie das Potential besitzen einen glücklich zu machen. So gesehen versteckt oder tarnt sich so manches Leid als Glück und ist schwerer als ein solches zu erkennen. Im allgemeinen ist es vielleicht schwieriger, die Begierde als unheilsam zu erkennen als z.B den Hass oder die Wut. So gesehen ev. Freude als verstecktes Leid?
Ist man sich allerdings bewusst, dass die weltlichen Dinge nie zu dauerhaftem Glück führen können und haftet daher auch nicht mehr an ihnen an, dann wird man in der Lage sein, sie richtig genießen zu können. Man unterliegt keinen Illusionen mehr.
Also ist der Buddhismus keine lebensfeindliche Religion, die jeden Spass ausschließt - aber diese Diskussion hattest du ja schon - und auch verschiedenen Antworten dazu
Es würde mich freuen wenn ich dir mit meiner Antwort ein wenig helfen konnte bei deinem Verständnis.
Alles Liebe
pema