Moin Hingabe.
Es ist oft ein gutes Zeichen, wenn Gefühle bei der Meditation aufkommen. Wenn es Dir gelingt, sie zu beobachten, ohne sie verdrängen, hervorrufen oder verändern zu wollen, können sie dazu beitragen, dass Deine "Seele" allmählich gesund wird. Gerade bei langen Retreats habe ich gemerkt, dass richtig alte und verdrängte Gefühle aufkommen, die oft auch recht belastend oder überfordernd sein können, sodass ich auch manchmal Angst bekam, dass es zu viel wird und ich die Kontrolle verliere.
Das ist der Prozess der Selbsterkenntnis von innen. Selbsterkenntnis, wenn ich mich selbst wie von außen beobachte und beurteile, kann bedeuten: Ich bin der und der Mensch, habe die und die Eigenschaften und diese und jene Macken. Diese Form der Selbsterkenntnis ist nicht schlecht, hinkt aber als Bild immer dem Menschen hinterher, der Du aktuell tatsächlich bist, und besteht aus Vorstellungen und Definitionen, die nur bedingt was mit Deiner lebendigen Realität zu tun haben (Der Finger, der auf den Mond zeigt, ist nicht der Mond).
Anders ist das beim Prozess der Selbsterkenntnis von innen heraus, bei der nach und nach bei der Meditation alles, was zu Dir gehört, in das, was Du jetzt bist, integriert wird. Es kommt aus dem großen Bereich dessen, wo wir nicht so gerne hingucken, hinein in das lebendige tägliche Sein, was zu einer zunehmenden Fähigkeit zu fühlen führt. Das (durch falsches Erwachsenwerden) versteinerte Herz beginnt wieder zu schmelzen. Das ist meiner Meinung nach ein sehr, sehr wichtiger Schritt, der durch die Praxis der Meditation ermöglicht wird, ein Schritt, durch den wir nach und nach zu ganzen Menschen werden können.