Beiträge von Leonie im Thema „Wiedergeburt“

    Verlust ist eigentlich die Verlustempfindung, ein Trauergefühl, kein 'Erwachen'.

    Eigentlich.

    Doch bei dem Zitat von Ushiyama Kosho geht es um den Verlust der Fesseln, die ans Dasein binden. Die ersten 5 samyojana dürften evtl. bei vielen eine Verlustempfindung auslösen. Und sicherlich ist das auch kein dauerhaftes Erwachen, aber immerhin schon mal ein Anfang.

    Soweit ich weiß, ist mit Weiterexistenz jener Vorgang gemeint, der mit dem körperlichen Tod einsetzt, wenn der Körper sich in seine Bestandteile auflöst und der Geist (Bewußtsein) seinen eigenen Weg geht.

    Woher weißt du das?

    Im Rahmen der relativen Wahrheit kann man ja einen großen Teil dessen, was der Buddha lehrt, praktisch nachvollziehen, kann eigene Erfahrungen sammeln und infolge dessen wächst das Vertrauen in die Richtigkeit der Lehre. Da Weiterexistenz zu jenem Bereich gehört, der nicht unmittelbar praktisch nachprüfbar ist, zumindest nicht unmittelbar, bleibt uns ja ohnehin nichts weiter übrig, als von dem bereits erworbenen Vertrauen (was anderes bedeutet Glaube?) zu zehren, welches wir in der Nachfolge bereits gewonnen haben. Alle Berichte über Weiterexistenz können nur ergänzende Beigaben sein, denn wie es wirklich ist, wissen wir bestenfalls erst nach dem eigenen Tod.

    Als bedingtes Wesen/Lebewesen komme ich aus der bedingten Lebensweise nicht heraus und meine Erfahrungen sind mehr oder weniger nutzlos. "Weiterexistenz" erfahre ich täglich, ist also praktisch nachprüfbar, denn immer wenn ich morgens vor meinem Schreibtisch stehe, erlebe ich den ganzen Kram, mich eingeschlossen, der einfach nicht verschwinden will, sondern weiter existiert. Das kann es also nicht sein.

    Mir scheint, gerade wenn man christlich sozialisiert ist, hat man besondere Probleme mit der Lehre, denn die bezieht sich ausschließlich auf das Diesseits und interessiert sich nicht für ein Leben nach dem Tod. Man findet dann zwar immer passende Stellen, die gewisse Ähnlichkeiten mit den gewohnten Ansichten haben, die aber durch die Vorurteile unserer Ansichten falsch gedeutet werden und somit in die Irre führen.


    Als bedingtes Wesen komme ich nicht zu dem Unbedingten, dem Nirvana, der Erleuchtung, dem Erwachen - es gibt da keinen Weg, weil es keinen Ort gibt. Der Weg den also Buddha gelehrt hat, ist kein Weg, der wie eine Gebrauchsanweisung oder Methode funktioniert, sondern es geht um die Einsicht „Gewinn ist Illusion, Verlust ist Erwachen“ , wie Uchiyama Kosho Roshi in seinen sieben Punkten der Praxis es formuliert hatte. Deshalb kann jeder sofort zum Unbedingten erwachen. Das geschieht auch, nur die meiste Zeit bemerkt das keiner, weil wir auch sofort wieder in der Unwissenheit landen und uns erst der rechten Anstrengung - der Mühen der Ebene - unterziehen müssen, um das Erwachen beständig zu realisieren. Das ist die Übung, die ununterbrochen ausgeübt wird.


    Wiedergeburt oder wie das sonst noch genannt werden kann, interessiert dann nur bezüglich des Leidens. Denn Leiden wird wieder, immer wieder. Solange Lebewesen sind.

    Wenn Materie und Bewusstsein nicht zwei unterschiedliche Phänomene wären, dann wären sie identisch. Das hätte zur Konsequenz, dass jedes Phänomen, sei es ein Mensch oder ein Stück Holz oder was auch immer, Erkenntnisfähigkeit besitzt, weil Bewusstsein als das Erkennende definiert ist.

    Ich habe länger gebraucht, bis mir klar wurde, dass der tib. Buddhismus Bewusstsein und Geist synonym versteht. In der Phänomenologie wird Bewusstsein als intentional verstanden und damit immer auf etwas bezogen. Körperlichkeit und Geistigkeit sind nicht getrennt, außer wenn es als Konzept betrachtet wird. Deshalb sieht Dogen Körper-Geist als untrennbare Einheit.

    Damit stimmt das auch mit manchen westlichen Philosophien überein, wie z.B. David Lewis in seiner Schrift "Die Identität von Körper und Geist".

    Bewusstsein ist im Buddhismus ein die Körperlichkeit und Geistigkeit verbindende Gruppe. Dafür gibt es das Beispiel der zwei Reisbündel, die sich wechselseitig aufrecht halten. Wenn das Bewusstsein weg fällt, fallen die beiden Bündel auseinander.

    Und es ist nun einmal kein 'Ich', das ergreift, sondern das Ergreifen selbst wird für ein 'Ich' gehalten.

    Und genau so - entsprechend dieses Beziehung von Ergreifen und Ich-Bewusstsein - zeigt sich die falsche Ansicht von einem Erkennenden (Ich)

    und einer Erkenntnis, wobei eben das Ich Resultat des Ergreifens ist und die verbindende Klammer von Körper-Geist. Fällt dieses Ich aus, dann entfällt die Getrenntheit von Körper-Geist.