Beiträge von Hendrik im Thema „Karma und Glaube“

    Die Sicht des Karma ist für mich eine recht mechanistische Sicht der Welt. Einerseits ist es für mich fraglich, inwieweit man physikalische Phänomene (die ja eher auf einer Ebene funktioniert/funktioniert nicht arbeiten), auf eine moralische Ebene (die auf eine gut/schlecht Ebene funktionieren, also eher auf einer interpretierenden Ebene) übertragen kann. Aber der Hauptpunkt ist, dass da hinter der Glaube steht, wenn ich mich so und so verhalte, ist alles verfügbar (z.B. Erwachen, Liebe). Aber Leben hat immer das Element der Unverfügbarkeit. (sehr schön dazu H. Rosa.) (Zudem entspricht sie nicht meiner Beobachtung, aber das Gegenmodell des sprichwörtlichen "Schlechten Menschen geht es immer gut" genauso wenig). (der 8-fache Weg, die Buddhanatur sind ja gerade Versuche, Erleuchtung zu etwas verfügbaren zu machen.)
    Ich denke ja, die Welt ist zu komplex, um sie in einfachen Modellen fassen zu können. (Daher bin ich eher bei Alan Watts, der meinte, wir sollen die Welt in Ruhe lassen und bei Varela, für den Meditation eben kein Geistestraining, sondern die Entsprechung zu Alan Watts ist: sich selbst in Ruhe zu lassen (Eben gerade nicht den Geist(gibt es einen solchen?) auszumisten, zu verbessern) ist. Die Sicht auf Karma ist eher das Gegenteil von sich selbst in Ruhe zu lassen.)

    Die Karma-Sache ist auch kein moralisches Konzept. Es ist eben einfach alles an Bedingungen geknüpft. Eine Tat (Karma) führt zu einem Ergebnis und wir können nie mit Sicherheit sagen, zu was für einem. Da kann man nur mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Karma wird oft zu einem moralischen Konzept gemacht. Aber auf physikalischer Ebene funktioniert das schon gar nicht, wie du richtig anmerkst.

    was ich nicht so ganz verstehe (und das gilt bei mir für einige der betont Säkularen) - was gibt es bei Karma zu glauben? Karma ist für mich eine Tatsache, eine der Kernaussagen der Lehre.

    Das Thema aus säkular-buddhistischer Sicht:


    Vorab: Ich kenne keinen säkularen Buddhisten, der Karma als "Glaube" sieht.


    Was ist also Karma aus sB Sicht? Karma ist die "Tat". Eine Tat bewirkt etwas. Wie groß diese Wirkung ist, kann niemand voraussehen.


    Buddhismus weiß, alle Erscheinungen sind bedingt, das heißt, sie sind durch unzählige Voraussetzungen prädisponiert (die Annahme steht übrigens in keinem Wiederspruch zu einem freien Willen). Diese sind die Basis von allem, was wieder und wieder auf materieller sowie auf geistiger Ebene wird. Geistig sind wir unter anderem durch die Erfahrungen unserer Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Ururgroßeltern usw. geprägt. Wir wissen nicht erst seit heute, dass etwa Traumata aber auch positive Eigenschaften, die sich unsere Vorfahren angeeignet haben, über Generationen hinweg weitergegeben werden. Das ist uraltes Menschheitswissen. Neurologen und Psychologen bestätigen dies heute. Wenn wir durch die liebevolle, zärtliche Aufmerksamkeit der Urgroßmutter für ihre Kinder, die deshalb selbst zu empathischen Wesen heranreifen konnten, als Enkel zu psychisch gesunden Menschen werden, hat die Großmutter durch ihre "Taten" einen Teil der Voraussetzungen für das geschaffen, was die Enkel heute sind. So pflanzen sich einzelne Bewusstseinsinhalte, wie etwa Verhaltensmuster, über Generationen hinweg fort.


    Was ist Karma NICHT? Karma ist nicht monokausal für unser Schicksal verantwortlich! Wenn Du heute eine Krankheit hast oder mit einer körperlichen oder psychischen Einschränkung lebst, dann ist das nicht auf "schlechtes" Karma, dass Du Dir in einem vorherigen Leben eingebrockt hast, zurückzuführen. Du bist NICHT selbst schuld.

    Das war eine OT-Diskussion. Aber dann doch interessant: „Was ich nicht so ganz verstehe (…) was gibt es bei Karma zu glauben?“ Offenbar gibt es hierzu ganz unterschiedliche Zugänge.